Kirche: Prophetie oder Totalitarismus?

Die Klimaschutzdebatte wird radikaler und unduldsamer. Die Bischöfe sollten das sehen - und sich mit konkreten Positionierungen maximal zurückhalten. Gastbeitrag von Oliver Maksan, Die Tagespost.

Stephanie Keith/Getty Images

Mit dem UN-Gipfel für Nachhaltigkeit in New York hat die internationale Klimaschutzdebatte einen neuen Höhepunkt erreicht – und ist um einen ikonischen Moment reicher. Während sich an Angela Merkels Rede wahrscheinlich auch sie selber nur noch schemenhaft erinnern kann, bleibt Greta Thunbergs tränenreicher Auftritt – „how dare you!“ – im Gedächtnis. Von sich darin ausdrückender prophetischer Wucht sprechen die einen, von quasi-sowjetischem Totalitarismus die anderen.

Kirche muss im Blick haben, dass Radikalität zunimmt

Derweil gewinnt auch die innerdeutsche Polarisierung neue Qualität. In Berlin haben Linksextremisten einen Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn verübt, um den Zugang zum Flughafen zu erschweren. Wächst hier ein Ökoterrorismus von links heran? Von Instrumentalisierung der „Fridays for Future“-Bewegung beeilen sich die Medien zu sprechen. Interessant, dass Linksextremisten linke Bewegungen offenbar grundsätzlich gegen ihren Willen kapern, während Bewegungen rechts der Mitte immer eine Scharnierfunktion haben, extremistische Ausschläge gleichsam bruchlos aus ihnen hervorgehen. Gleichviel, Radikalität und Unduldsamkeit nehmen zu. Und die Kirche täte gut daran, das im Blick zu haben. Die Glocken läuten zu lassen und mit wässrigen Augen auf eine Jugend zu schauen, die etwas unbedingt will, ist zu wenig. Die Bischöfe schießen klimapolitisch derweil aus allen Rohren. Kardinal Marx sandte ein Schreiben nach New York. Der Papst warnt vor der Leugnung des Klimawandels. Und Jugendbischof Oster lief gar bei den „Fridays for Future“-Demos mit.

Majestätsbeleidigung
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Keine Frage: Die Sorge um das gemeinsame Haus der Erde ist berechtigt und Bischöfe dürfen und müssen hier ethische Orientierung geben. Die „Fridays for Future“-Bewegung ist aber nicht so unschuldig, wie manche Bischöfe meinen – sie muss es auch nicht sein. Aber man sollte nicht übersehen, dass sie konkrete politische Forderungen hat, die mit radikal noch zurückhaltend umschrieben sind. Alternativlosigkeit und Radikalität vertragen sich aber schlecht mit dem politischen Gespräch der Demokratie. Diese lebt vom Austausch der Argumente, vom Für und Wider. Es kann, entwickeln sich die Dinge weiter in dieser Geschwindigkeit, sehr gut sein, dass die Umwelt geschützt wird, die Demokratie aber als das neben der Natur zweite gemeinsame Haus schweren Schaden nimmt.

Die Bischöfe sollten maximale Zurückhaltung üben

Anders als beim unbedingt geltenden Lebensrecht von seinem natürlichen Anfang bis zum Ende handelt es sich beim Umweltschutz zudem im Einzelfall um Abwägungsfragen, die auf prinzipiell bestreitbaren Tatsachenbehauptungen basieren. So ist schon jetzt die Diskussion erlaubt, ob die gigantischen Anstrengungen zur Begrenzung der globalen Temperaturzunahme zwar notwendig sind aber unrealistisch, ob die finanziellen und politischen Ressourcen also nicht lieber in die Dämpfung der Folgen des Klimawandels investiert werden sollten. Darüber nachzudenken ist kein Verbrechen. Wie es vorher noch trotz des großen und natürlich ernst zu nehmenden Konsenses unter Klimawissenschaftlern erlaubt sein muss, Skepsis walten zu lassen, ob die Grundannahmen überhaupt stimmen. Immunisierung gegen Einwände schadet Wissenschaft und Demokratie gleichermaßen. Von den Folgen des Klimaschutzes für Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt hat man da noch gar nicht geredet. Kurzum: Bischöfe sollten auf dem Feld legitimen Streits maximale Zurückhaltung üben.

Der Beitrag von Oliver Maksan erschien zuerst als Leitartikel in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur, der wir für die freundliche Genehmigung zur Übernahme danken.


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Kommentare ( 55 )

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Richard Beuthler
4 Jahre her

Zurückhaltung ? Die evangelische Kirche hat doch eben erst beschlossen, ein eigenes Schleuserboot anzuschauen, damit noch mehr Wirtschaftseinwanderer nach Europa und damit vorzugsweise nach DE kommen können ! Da diese Schiffe immer ihre Positionsdaten ins Netz senden, kann man m.E. doch nich vorn einer „Rettung“ sprechen … eher von einer mehr oder wenige koordinierten Übergabe außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer … Soviel Wirklichkeitsverleugung muß man als Kirchvertreter auch erst mal hinbekommen ! Da kann ich allen nur den Austritt aus den Kirchen empfehlen, sonst geht die eigenen Rente Stück für Stüch für die Grundsicherung dieser so eingeschleusten Ausländer drauf … wie… Mehr

Wolfsohn
4 Jahre her

Die Kirche hat sich im 3. Reich den Mächtigen angebiedert, sie wird es auch im 4. tun.

Ich bin heilfroh, ausgetreten zu sein!

Di Limonati
4 Jahre her

Gretas Ansprache war sehr beeindruckend. Sie sprach vielen aus der Seele. Man hätte sich zwar gewünscht, dass sie länger redet, aber sie hat es geschafft und in der Kürze alles gesagt.

Die Mächtigen der Welt aber, wurden mit Verachtung gestraft. Greta hat sie schuldig gesprochen. Das zentrale Thema ihrer Rede war nicht das Klima, sondern die Schuld der Politiker und Wirtschaftskapitäne. Es war eine generelle Abrechnung mit den Eliten.

Sie haben nicht nur beim Klima versagt, sondern in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Holzdrache
4 Jahre her
Antworten an  Di Limonati

Eine Bitte werter Forist, Sie sollten Ihren Kommentar deutlicher als Ironie kennzeichnen. Gruß & Dank Tom

Di Limonati
4 Jahre her
Antworten an  Holzdrache

@Holzdrache Hier die Rede von Greta im Wortlaut und ganz: „Meine Botschaft ist, dass wir Euch beobachten! Das hier ist alles falsch, ich sollte hier nicht sein, ich sollte zurück in der Schule sein auf der anderen Seite des Ozeans – aber Ihr kommt immer noch zu uns jungen Menschen, um Euch Hoffnung zu geben! Wie konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit Euren leeren Worten? Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens und alles, worüber Ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum – wie könnt Ihr es… Mehr

Richard Beuthler
4 Jahre her
Antworten an  Di Limonati

Warum legt der IPCC dann nicht die Rohdaten und seine Modellierungen für alle offenlegt ? Michael Mann hat in Kanada deswegen kürzlich einen Prozess verloren, den er selbst angestrengt hat. Hr Mann hatte einen Kritiker seiner „Hockeystick“-Grafik auf Verleumdung verklagt, als das Gericht ihn aufforderte, seine Rohdaten und seine Modellierung für eine Prüfung durch das Gericht und dem Beklagten offen zu legen … Hr Mann versäumte die vom Gericht gesetzte Frist; seine Klage wurde abgewiesen und er muß alle Kosten auch der Gegenseite übernehmen. Für mich sind das Verhaltensmuster von Menschen, die etwas zu verbergen haben … soetwas schafft m.E.… Mehr

Politkaetzchen
4 Jahre her
Antworten an  Di Limonati

Wenn das kein Trollpost ist. Fehlt nur, dass solche Leute ein Altar bauen und sich für jeden Atemzug vor Gretas Foto selbst auspeitschen 😀

Di Limonati
4 Jahre her

Dazu schrieb Thunberg: „Ich bin mit diesem Klima-Ding durch…. Von jetzt an werde ich nur noch Death-Metal machen!!“

I have moved on from this climate thing… From now on I will be doing death metal only!! https://t.co/mYqXxFuE77
— Greta Thunberg (@GretaThunberg) September 28, 2019

Ursula Schneider
4 Jahre her

„Von prophetischer Wucht sprechen die einen, von quasi-sowjetischem Totalitarismus die anderen.“ Da fehlen noch diejenigen, auf die dieser „ikonische Moment“ völlig überzogen, egoman, peinlich und richtig krank wirkte …
Man denke an die vielen Kinder in den Elendsvierteln und Flüchtlingslagern, an die, welche hungern müssen, missbraucht und misshandelt werden … sie hätten weiß Gott mehr Grund zu beklagen, dass ihnen Kindheit und Jugend gestohlen werden …

Christa Wallau
4 Jahre her
Antworten an  Ursula Schneider

Gretas Rede wirkte auch auf mich „völlig überzogen, egoman, peinlich und richtig krank“. Das sind die passenden Adjektive, liebe Frau Schneider. Wenn es überhaupt jemand gibt, der dieser jugendlichen Aktivistin die Kindheit gestohlen hat, dann sind es wohl am ehesten ihre eigenen Eltern! Sie schreiben zu recht, daß die Kinder, die in bitterster Armut leben oder für unterschiedlichste Zwecke mißbraucht werden, weit mehr Grund dazu hätten, sich anklagend an die UNO zu wenden. Die heuchlerischen Kirchenvertreter, die nun auch noch auf den „Greta-Zug“ aufspringen, kann man nur noch mit Verachtung strafen. Sie sollten sich lieber mal darauf besinnen, was ihre… Mehr

Ursula Schneider
4 Jahre her
Antworten an  Christa Wallau

Leider gibt es nur noch eine ökologische Heilslehre, liebe Frau Wallau!

horrex
4 Jahre her

Ja, es ist Öko-Terrorismus! Wie auch in anderen Beiträgen nicht nur auf TE deutlich wird. Es ist in Wahrheit sogar noch schlimmer. Es ist Totalitarismus! Unter Menschenfreundlichkeit nur heuchelndem „grünem Segel“ segelt ein eindeutig tief(!!!)-Rotes Schiff. Nicht nur von bekennenden Tief-Roten (und Roten), den Kirchen (Mutter aller ideologischen Schreckensherrschaften) „patronisiert“. – Die Zündler sind „nur“ der marxistisch-leninistischen Arm. Sozusagen das heute schon sichtbare WAHRE totalitäre Gesicht von „Grün. Wenn das heutige „Grün“ das grüne Mäntelchen denn einmal fallen gelassen hat, sozusagen aus dem Trojanischen Pferd ausgestiegen ist. – Ewas was LEIDER, selbst hier auf TE, längst noch nicht alle an… Mehr

honky tonk
4 Jahre her

How dare you!Die Kirchenoberen bekommen ihre Wahrheiten und Anweisungen direkt von oben.Gut,unter Adolf waren die Wahrheiten etwas anders gelagert aber diesmal hat man ihnen sicher keine gefakten Handlungsanleitungen zukommen lassen.Ich bin immer wieder erstaunt welcher Sachverstand und Expertise sich in den Kirchen findet.Zu jedem Thema hat man dort eine Meinung,ähm ich meinte natürlich eine von ganz oben bestätigte Erkenntnis.

Kassandra
4 Jahre her

Ist aber schon klar, dass Schellnhuber bei Merkel und der Queen, der EU und hoch bis zu den UN direkten Zugang hat und dort einflüstern durfte und an der Ausarbeitung der Umweltenzyklika für Papst Franziskus wohl maßgeblich Treibender/vielleicht sogar Schreibender war. https://www.faz.net/aktuell/wissen/klimaforscher-schellnhuber-im-interview-diese-papst-schrift-ist-eine-regierungserklaerung-13653951.html
Man lasse sein Bild auf sich wirken und mache sich vielleicht Gedanken über Physiognomie und darüber, was es Stand heute alles bedeutete, wenn Computer mit falschen/nicht ausreichenden Zahlen gefüttert worden wären…
Inzwischen bewerte ich was hier um uns vorgeht immer mehr als komplett irre.

John Farson
4 Jahre her

„Der Papst warnt vor der Leugnung des Klimawandels.“

Er warnt auch vor dem Errichten von Mauern, verschanzt sich aber selbst hinter welchen, umgeben von gehorteten Kunst, – und Kulturschätzen, die er von einer Privatarmee aus Elite Soldaten bewachen lässt.
Der Papst ist ein Pharisäer und ein nerviger noch dazu.

Lena M.
4 Jahre her
Antworten an  John Farson

Der derzeitige Papst ist ein Pharisäer, nervig **

Gerda Hesse
4 Jahre her

So werden die Kirchenfürsten nicht ihre Kirchen füllen, denn es gibt ja eine Klimareligion anstatt.