Linke diffamieren Hitler-Attentäter Stauffenberg

JuSos und Linkspartei wollen am Gedenktag den Stauffenberg-Mythos abräumen. Ihm wird vorgeworfen, kein „anständiger Antifaschist“ oder selbst Teil der „Nazi-Bande“ gewesen zu sein. Hinter der Kampagne steckt eine Geschichtsauffassung, die an die DDR erinnert.

IMAGO / Jürgen Ritter
Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Bendlerblock in Berlin

Es hatte lange gedauert, bis die Attentäter des 20. Juli und ihr Aushängeschild Claus Schenk Graf von Stauffenberg auch in der deutschen Bevölkerung nicht mehr als Verräter, sondern als Kämpfer für die Freiheit anerkannt wurden – noch in den 1950ern hatte nur ein Drittel der Deutschen eine positive Meinung zu den Verschwörern, die mit einem Sprengstoffattentat Adolf Hitler beseitigen wollten. Doch mit der Geschwindigkeit, in der neuerlich die Geschichte des 20. Juli und seiner Protagonisten umgedeutet wird, dürften sie in spätestens fünf Jahren wieder den Status von Vaterlandsverrätern haben – lediglich unter einer anderen diffamierenden Bezeichnung.

Bis in die jüngste Geschichte der Bundesrepublik galt der 20. Juli als Gedenktag, an dem ein Konsens über das Narrativ der Hitlergegner bestand. Doch der zunehmend linksextreme Drang zur Geschichtsdeutung und zum Geschichtsrevisionismus lassen erkennen, dass man sich wohl so mächtig fühlt, eine der Stützen der Erinnerungskultur abzuräumen. Der Anspruch lautet, nicht nur zu definieren, wer Nazi war und ist; sondern auch, wer ein guter Nazi-Gegner war und wer nicht.

Stauffenberg „wie der Rest der Nazi-Bande“

Den Aufschlag machten die JuSos. Sie sprachen den Attentätern vom 20. Juli ab, einen „anständigen Antifaschismus“ vertreten zu haben. Die SPD-Jugend verunglimpfte Stauffenberg als „Nationalist, Antidemokrat und Antisemit, wie der Rest der Nazi-Bande auch“. Anständiger Antifaschismus sei, wenn „unsere Genoss*innen (besonders im ländlichen Raum und Teilen ‚des Ostens‘) sich jeden Montag bei Wind und Wetter rechten und verschwörungsideologischen Aufmärschen entgegenstellen“.

Man muss sich klar machen, was hier behauptet wird: Stauffenberg im Grunde nicht besser als der falsche Führer, den er zu ermorden trachtete – und das alles nur, um in der eigenen Moral zu baden, weil man im Osten gegen Querdenker demonstriert. Die Erosion von (echtem) Anstand zugunsten parteipolitischer Bauchpinselei hat dabei auch für historische Amnesie gesorgt – gehörten doch zu den Verschwörern, die angeblich nicht besser als die Nazi-Bande waren, auch die SPD-Männer Julius Leber und Wilhelm Leuschner. Auch sie wurden verhaftet und hingerichtet.

Doch dem Hass auf Stauffenberg taten solche historischen Details keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die deutsche Linke verrannte sich an diesem Gedenktag in einen ikonoklastischen Rausch, als wollte man die Cancel Culture der Black-Lives-Matter-Bewegung mit zwei Jahren Verspätung in Deutschland nachholen und das Denkmal eines der letzten deutschen Helden zertrümmern. Hanning Voigts, Journalist der Frankfurter Rundschau, stieß in ein ähnliches Horn wie die JuSos: „Am Attentatsversuch vom 20. Juli 1944 waren Antisemiten, Kriegsverbrecher, Monarchisten, Völkermörder und überzeugte Nationalsozialisten beteiligt.“

„Stauffenberg war vor allem Rassist und Antisemit“

Die Bundestagsabgeordnete Clara Anne Bünger (Linkspartei) sagte: „Stauffenberg war vor allem Rassist und Antisemit, der aktiv an Shoah, Porajmos und dem Vernichtungskrieg in Osteuropa mitgewirkt hat und eine Militärdiktatur errichten wollte.“ Sie sprach von „Geschichtsvergessenheit“, weil Kanzler Olaf Scholz öffentlich den Mut der Attentäter hervorhob. Sarah Dubiel von der Linksjugend erklärte: „Und jetzt einmal für alle: Stauffenberg war ein Faschist und hat jahrelang Hitlers Regime gestützt.“

Auch weitere Accounts, insbesondere von Vertretern der Parteijugend von SPD und Linken kritisierten die Gedenkkultur oder diffamierten die Attentäter. Eine bemerkenswerte Volte ist das auch deswegen, weil linke Parteien damit einen fatalen Dekonstruktivismus befördern. Der Stauffenberg-Mythos gehört zum Konsens der krisengeschüttelten und in seiner Identität zutiefst verunsicherten Bundesrepublik.

Dabei geht es um mehr als nur um Fakten oder eine spezielle Geschichtsdeutung. Die Linke in Politik wie Metapolitik erkennt in den Attentätern des 20. Juli eine schwer erträgliche Tatsache, auf die sich Reaktionäre, Konservative, Patrioten und Nationalisten gleichermaßen berufen können. Die Person Stauffenberg steht nicht nur für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, sondern auch für jenes alte, konservativ-nationale und christliche Deutschland, das sich in einem letzten Aufbäumen gegen die totalitäre Gewalt stemmte.

Schwer erträglich ist das deshalb, weil gerade dieses traditionelle Deutschland von der linken Intelligenz mit dem Nationalsozialismus und allen Irrwegen der deutschen Geschichte gleichgesetzt wird. Stauffenberg zeigt dagegen, dass diese Gleichung nicht aufgeht: Soldatische Tugend, Patriotismus, Christentum und Tradition waren im Gegenteil das stärkste Vehikel im vielversprechendsten Attentat gegen die Tyrannei.

Die Linke weiß um die Macht der Erzählung – gegen Stauffenberg kommt Elser nicht an

Stauffenberg reißt deswegen Wunden auf. Die bekanntesten und beliebtesten Gegner der Nazis waren eben keine Kommunisten oder woken Weltverbesserer. Das gilt nicht nur für die Attentäter vom 20. Juli, sondern auch für die Geschwister Scholl und die „Weiße Rose“ mit ihrem dezidiert christlich-abendländischen Fundament, das ebenso konservatives wie reaktionäres und patriotisches Profil aufweist.

Jedem Mythos haften Erzählungen an. Sie wecken bekannte Muster im Kulturgedächtnis. Stauffenberg war lange Zeit Teil des Systems. Während die Linke darin einen Mangel erblickt und genau diesen Umstand angreifen will, ist speziell der Wandel vom Saulus zum Paulus die große Stärke eines facettenreichen Charakters. Im christlich geprägten Europa wecken Themen wie Reue, Buße und Erlösung einen Nerv. Stauffenbergs Verrat an Hitler ist auch eine Sühnetat, seine Erschießung im Bendlerblock ist ein Martyrium, sein letzter Ruf nach dem „Heiligen Deutschland“ bringt die Ikonographie auf den Punkt.

Die Linke weiß darum: Kein linkes Attentat und kein linker Widerstand gegen das Dritte Reich kann gegen einen solchen Mythos bestehen, der mit tieferliegenden menschlichen und kulturellen Topoi seinen unwiderstehlichen Reiz ausübt. Das mindert nicht den Verdienst linker Attentäter wie etwa den von Georg Elser. Aber Elser wird aufgrund des mangelnden Mythos niemals die Strahlkraft eines Stauffenbergs und seiner Verbündeten erringen können.

Der Mythos Stauffenberg ist ein Mythos der Bundesrepublik – und soll zerstört werden

Zugleich führt die Causa Elser den geringen Organisationsgrad des linken Widerstands vor Augen: Es ist eine Aneinanderreihung kleiner Aktionen von Einzeltätern. Die Verschwörer vom 20. Juli hatten dagegen ein weitflächiges Netzwerk im Deutschen Reich gespannt, zu dem eine ganze Reihe von Funktionsträgern der alten Elite gehörten, ob militärisch oder zivil. Man bereitete einen Umsturz samt neuer Regierung vor. Nach Kriegsausbruch sind Attentats- und Umsturzversuche nur noch Sache der Wehrmacht. Dass der Widerstand Sache der Elite war, macht es aus Sicht der nach Egalität strebenden Erben der Jakobiner umso schlimmer.

Stauffenberg löst daher bei solchen Linken, die bis heute immer noch einen Kampf gegen ein imaginäres Drittes Reich führen – in Form der AfD, von EU-Skeptikern, Migrationskritikern, Ungeimpften, oder „Delegitimierern des Staates“ (Opfer von Inflation, Preissteigerung und Energiekrise inklusive) – einen Minderwertigkeitskomplex aus. Das Denkmal Stauffenberg muss daher gestürzt werden, um dem politischen Gegner ein wichtiges Identifikationsfundament zu rauben und die eigene Geschichtsdeutung durchzusetzen. Es erinnert an den DDR-Geschichtsunterricht, in dem Stauffenberg als reaktionärer Agent des Imperialismus diffamiert wurde. Bezeichnend, dass ausgerechnet die Erben der SED die Rote Armee als Befreier vom Faschismus feiern, aber die eigenen Helden als Faschisten brandmarken wollen.

Der neueste Clou der linken Geschichtsrevisionisten zielt daher auf die Zerstörung eines Mythos, der heute jedoch nicht nur konservative Kreise immer noch beseelt, sondern sich spätestens ab den 1960ern Jahren auch zu einem Mythos der Bundesrepublik entwickelte. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz heute der Täter gedachte, zeugt davon, dass selbst unter einer Ampelkoalition daran nicht gerüttelt wird. Manche Dinge sind eben deutlich größer als kleinkarierte linke Parteipolitik, die in ihrer Zerstörungswut nicht nur den politischen Gegner, sondern die Erinnerungskultur eines ganzen Landes zermalmen will. Dazu zählt nicht nur die Erinnerung an die Attentäter des 20. Juli, sondern auch die Werte, für die sie standen, die der grün-linken Schickeria ein Dorn im Auge sind. In diesem Sinne: Lang lebe das Heilige Deutschland.

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Kommentare ( 58 )

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Rene Meyer
1 Jahr her

In der Tat ist gerade Stauffenbergs Kehrtwende, das Eingestehen seines vorhergehenden Irrtums und seine radikale Umkehr, besonders bemerkenswert. Heute wird ja kein einziger, noch so offensichtlicher Fehler mehr zugegeben. Elser dagegen war niemals rechts, brauchte hier also kein Erkennen und Umdenken. Er sympathisierte mit Linken und unterstützte sie eine zeitlang, hat sich letztlich aber auch von ihnen distanziert, weil er auch deren brutale Gewaltbereitschaft miterlebte und zu der Einsicht kam, dass die Linken keine Lösung bieten würden. Für mich ist er, wenn man überhaupt diese Kategorien noch anwenden will, eher ein (suchender) Mann der Mitte. Gerade mit ihm tat man… Mehr

Franck Royale
1 Jahr her

Wer sich darüber wundert, daß Linke Stauffenberg diffamieren, hat immer noch nicht verstanden, daß die Nationalsozialisten eben genau dort zu verorten sind: links. Zum besseren Verständnis kopiere ich einfach mal was aus Wikipedia: Der junge Goebbels verstand sich als Sozialist. Er verherrlichte den Arbeiter und wollte sich innerlich mit ihm verbunden fühlen. Sein Abscheu galt dem „Bourgeois“: Dies war nicht nur der Kapitalist, sondern auch der Kleinbürger. An Kommunisten gefiel ihm ihr revolutionärer Eifer und der Hass auf das Bürgertum. Die Gruppe um Stauffenberg war genau das: Bürgertum. So divers, widersprüchlich und facettenreich wie es zur damaligen Zeit eben war.… Mehr

Joerg Baumann
1 Jahr her

All diese Nazi Vergleiche sind doch nur aufgrund einer durchgängigen Unwissenheit über die damalige Situation möglich. Grade wenn man mit jungen Leuten darüber spricht, stellt man fest, dass sie Nazi Deutschland gedanklich einfach in unsere Zeit portieren. Die Welt war aus ihrer Sicht wie heute, mitten drin Nazi Deutschland, dass alle überfallen und terrorisiert hat. Natürlich hätte die Gruppe um Stauffenberg bei einem erfolgreichen Attentat kein parlamentarisches System mit Grünen und Linken Parteien etabliert. Im Gegenteil, die Linken (Kommunisten) standen Hitler in ihren verbrecherischen Handlungen in nichts nach. Auf Stalins Konto gehen nach Schätzungen weit mehr Opfer als auf Hitlers… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Joerg Baumann
Schwabenwilli
1 Jahr her

Was immer man über Staufenberg zu berichten hat muss man selbstverständlich im Zusammenhang mit der jeweiligen Zeit sehen.
Dazu fähig sind diese Kritiker nicht.
Weitaus bedenklicher ist jedoch das all jene die nun an Staufenberg herumnörgeln in ihrer eigenen Zeit nicht im Ansatz in der Lage oder Willens sind den immer mehr um sich greifenden und noch gefährlicher und gewalttätiger werdenden Islamismus im Lande entgegenzutreten und zu bekämpfen.

Da kommt schon die Frage auf, was hätten die gleichen Leute von heute damals gegen das Hilter Regime unternommen?

Michael M.
1 Jahr her
Antworten an  Schwabenwilli

Zu ihre Frage hätte ich folgende Antwort: Sie hätten gar nichts unternommen. Warum, weil sie in vorderster Reihe dazugehört hätten!

Zack
1 Jahr her

Natürlich war Stauffenberg KEIN Antifaschist. Den Anti-Faschisten von damals konnte er nichts abgewinnen, er war in erster Linie Deutscher, Patriot und Soldat. Und die „Antifaschisten“ von heute, sprich, die feigen, autoanzündenden Asozialen, die an der Brust des verhassten Landes leben, indem sie sich trotzdem nicht zu schade sin, Stütze zu kassieren, die gab es damals noch nicht. Und genau diese großfressigen Rotzlöffel von heute, die sich dieses Haufens zugehörig fühlen, wären vor Angst gar nicht mehr unter dem Stein hervorgekrochen, unter dem sie sich wahrscheinlich gleich ´33 versteckt hätten! Das sind Leute, die keine oder wenig Kenntnisse von Geschichte haben.… Mehr

Ich bin RECHTS
1 Jahr her

1. Stauffenberg und die Geschwister Scholl waren zunächst glühende Anhänger von Hitler und der NSDAP. Beispiel: Brief von Stauffenbergs an seine Frau aus Polen im September 1939: „Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt. Die Tausenden von Gefangenen werden unserer Landwirtschaft recht gut tun“. 2. Entscheidend für die „moralische Wende“ war die Tatsache, dass Hitlers Blitzkrieg in Russland scheiterte, was nicht nur den Anfang vom Ende einleitet, sondern die unvorstellbaren Gräueltaten incl. des Holocaust eskalieren ließ. 3. Wäre der Russlandfeldzug, analog zu den Blitzkriegen in… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Eines vermisse ich in der Debatte, gerade heute wird ein Urteil wegen einer Vergewaltigung an einem11- jährigen Mädchen geführt: Urteil richtig/ Urteil falsch. Unter dem Aspekt einem noch sehr jungen Menschen die Möglichkeit einzuräumen sich zu bessern, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden, wird ein Urteil postuliert, das sehr vielen Bürgern nicht gefällt. Aber wenn man Soziologen folgt, ist das besser als Racheurteile zu fällen. Wenn Stauffenberg für seine Mitwirkung im Nationalsozialismuskritisiert wird, er sei den Bösen zuzurechnen, dann entzieht man der Zeit die Basis zu klären, ob die Annahme der Besserung bei Stauffenberg zutreffen würde. Ich frage mich,… Mehr

HeRo
1 Jahr her

Warum die solche „Vorreiter“ und Helden der Demokratie ungerne sehen wundert mich nicht… Weg mit denen- bevor sie als Beispiel genommen werden!

Werner Geiselhart
1 Jahr her

Ausgerechnet die grünlinken Vertreter der woken Schneeflöckchengeneration, die beim leichtesten Gegenwind in Tränen ausbrechen, und deren einziger Mut der Gratismut ist, meinen sich ein Urteil bilden zu können über Leute, die im Krieg dauernder Lebensgefahr ausgesetzt waren und deren Bestreben es war, durch ihre Pläne den Krieg zu beenden und damit Millionen Menschenleben zu retten. Leute, die wussten, dass ein Scheitern für sie tödlich sein würde. Ich habe nur Verachtung übrig für solche Agitatoren, muss aber konstatieren, dass die sich gerade auf dem Vormarsch befinden durch die Institutionen, Faeser ist ein gutes Beispiel für diese Spezies, die brutalstmöglich vorgeht, wenn’s… Mehr

Rosalinde
1 Jahr her

Oberst von Stauffenberg wollte den Krieg rasch beenden.
Das kann den Linken, die immer noch vom deutschen Volkstod träumen nicht gefallen.