Die selbstherrlichen Hexenjäger vom WDR

Der Westdeutsche Rundfunk ist längst ein Staat im Staate. Er versucht auch gar nicht mehr, sein anmaßendes Selbstverständnis zu verbergen. Unaufgefordert, aber völlig ungeniert spielt er sich als Strafverfolgungsbehörde auf – und verfolgt selbstherrlich Handlungen, die gar nicht strafbar sind.

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Es kommt ja nicht oft vor, dass wir an dieser Stelle Gutes über den Deutschen Journalisten-Verband DJV zu berichten haben. Heute ist eine Ausnahme – eine halbe Ausnahme, wie wir gleich sehen werden.

Der DJV hat, völlig zu Recht und in unerwartet klarer Sprache, die BILD-Zeitung wegen ihrer Sylt-Berichterstattung kritisiert. Europas größtes Boulevardblatt hatte die Bilder der fünf jungen Leute, die auf Sylt erkennbar heftig angetrunken blödes Zeug gesungen haben, unverpixelt veröffentlicht. Das machen die ja insgesamt wenig zimperlichen Springer-Leute sonst noch nicht einmal mit schlimmsten Sexualstraftätern.

Der DJV kritisiert das nicht von ungefähr: Ziemlich eindeutig hat BILD hier nicht nur das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in schwerster Weise verletzt. Die steckbriefartige Auflistung und Veröffentlichung der persönlichen Daten des schrägen Sylter Sängerchors (zum Beispiel der Namen) könnte nicht nur medienrechtlich unzulässig sein, sondern sogar als sogenanntes „Doxing“ gewertet werden – also als Straftat (§ 126a StGB).

Doch wo Licht ist, ist ja meistens auch Schatten. Das ist in diesem Fall leider nicht anders. Denn so massiv der DJV die BILD-Zeitung attackiert, so dröhnend schweigt der Journalistenverband zum eigentlichen Halunken in der ganzen Sache: dem WDR.

Es war auch der Westdeutsche Rundfunk, der in der Berichterstattung über den Party-Abend auf Sylt vorgeprescht ist – und die Bilder aus Sylt unverpixelt zeigte. Der WDR war und ist darin keinen Deut besser als BILD.

Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass der DJV mit zweierlei Maß misst. Der Laden ist bekannt dafür, dass er BILD gerne verteufelt und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerne verhätschelt. Das liegt an der Mitglieder- und Finanzstruktur des DJV: Da tummeln sich, vor allem in den zahlreichen Gremien, wahre Heerscharen von festangestellten und tariflich entsprechend gutbezahlten ARD-Mitarbeitern oder -Pensionären.

BILD-Leute findet man beim DJV praktisch gar nicht. Das kann auch nicht weiter verwundern, denn obwohl die Springers nicht selten zweifelhafte Methoden wählen, arbeiten sie branchenbekannt viel und hart. Für Gewerkschaftsgedöns ist da keine Zeit.

Mithilfe des DJV will der WDR nun offenbar so tun, als stünde man auf einer höheren berufsethischen Stufe als bei BILD – obwohl man mit den Schweinereien gegen das Persönlichkeitsrecht der jungen Leute auf Sylt nicht nur angefangen hatte, sondern damit auch völlig ungeniert weitermacht: Der WDR zeigt die unverpixelten Bilder bis heute (zum Beispiel hier).

Die Begründung, die der Sender dafür liefert, oszilliert zwischen abenteuerlich und lachhaft:

„Der WDR hat sich entschieden, die Personen in dem Video nicht unkenntlich zu machen, da es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis handelt und dies stärker wiegt als die Interessen der gezeigten Personen. Außerdem haben sie sich selbst in eine zumindest halb-öffentliche Lage gebracht und mussten damit rechnen, dass diese Bilder an die Öffentlichkeit gelangen.“

Nicht nur Juristen haben jetzt Lachtränen in den Augen.

Es fängt damit an, dass der Sender das Gegröle von fünf bis dahin völlig unbekannten (und unbescholtenen) betrunkenen jungen Leuten ironiefrei als „zeitgeschichtliches Ereignis“ bezeichnet – also als etwas auf der Ebene einer Papst-Wahl oder der Ermordung von John F. Kennedy. Es geht damit weiter, dass die Anstalt so tut, als sei in so einem Fall das Persönlichkeitsrecht außer Kraft gesetzt. Ist es aber natürlich mitnichten.

„Wenn der WDR dabei meint, dass die anprangernde Berichterstattung aufgrund eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gerechtfertigt sei, ist der WDR presserechtlich nicht oder schlecht beraten.“

Das schreibt der angesehene Rechtsexperte Carsten Brennecke. Er hat zusammen mit Fachkollegen aufgeschrieben, warum die Veröffentlichung der unverpixelten Bilder rechtswidrig ist (nachzulesen hier).

Natürlich weiß das auch der WDR. Dort sitzen Armeen von bestens bezahlten Juristen, und nicht ausnahmslos alle sind unfähig. Dass der Sender dennoch solchen Unsinn in die Welt setzt, liegt daran, dass sie sich in Köln unantastbar fühlen.

Der WDR ist unangefochten die größte, reichste und mächtigste aller ARD-Anstalten. Bis heute erzählt man sich, dass der Sender zeitweise mehr Planstellen in der Besoldungsgruppe B6 hatte als die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (immerhin dem größten aller Bundesländer). B6, das sind jetzt knapp 11.400 Euro im Monat.

Der Westdeutsche Rundfunk ist also längst ein Staat im Staate. Er versucht auch gar nicht mehr, sein anmaßendes Selbstverständnis zu verbergen. Unaufgefordert, aber völlig ungeniert spielt er sich zum Beispiel auf Sylt als Strafverfolgungsbehörde auf – und verfolgt selbstherrlich Handlungen, die gar nicht strafbar sind.

Denn auf Sylt haben sie gesungen: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Dazu soll bitteschön jeder seine eigene persönliche Meinung haben. Meine behalte ich hier für mich, weil es um die nicht geht. Worum es geht, ist: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich nicht strafbar, sondern eine zulässige Meinungsäußerung.

Der WDR spielt sich als Strafverfolgungsbehörde auf. Das für sich ist schon eklig anmaßend. Aber obendrein verfolgt der Sender Menschen, die gar nichts Strafbares getan haben.

Das ist der elementare Wesenszug des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unserer Zeit: Haltung ist wichtiger als geltendes Recht.

Das Wetter.

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Kommentare ( 47 )

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Andreas Sewald
1 Monat her

So dumm wie die jungen Leute waren, wäre dies normalerweise eine Lehre für Sie. Ausgenommmen dem Typen mit dem Hitlergruß. Rechtlich ist aber an ihrer Meinungsäußerung nichts auszusetzen. Wenn sie aber ohne eine strafbare Handlung begangen haben, jetzt ihren Job verlieren oder anderen Repressalien unterliegen, würde ich als dummer Betroffener die Medien schadensersatzpflichtig machen. Jede einzelne Berichterstattung. Ich glaube, damit ließe sich viele Monate Kampen finanieren. Hat Deutschland keine anderen Probleme?

kilroy
1 Monat her

Anlass zur Hoffnung gibt es tatsächlich erst wenn dieser, und andere Sümpfe trockengelegt sind.

Deutscher
1 Monat her

Naja, bei aller Kontroverse muß ich der BILD zugute halten, dass sie doch viele Ereignisse von zeitgeschichtlicher Bedeutung, die sonst nur im Polizeibericht irgendeiner Provinzzeitung vergammeln würden, bundesweit bekannt macht.

Peter W.
1 Monat her

Der WDR und alle anderen deutschen Sender sind längst zum Problem geworden, extrem teuer, lausige Qualität, unkontrollierbar und selbstherrlich.
Da hilft nur die ersatzlose Streichung der unter Merkel eingeführten Zwangsabgaben an den „Beitragsservice“ der Fernseh-und Rundfunkanstalten, um diese Leute endlich zur Räson zu bringen.

Ein Mensch
1 Monat her

Wäre ich einer dieser jungen Menschen, ich würde mich persönlich bei den Mitarbeitern des wdr vorstellen.

Zonen-Gaby
1 Monat her

Wofür gibt es den Straftatbestand des Doxings überhaupt, falls er hier nicht zur Anwendung kommt? Niemand hat die sog. Journalisten des WDR beauftragt Politik zu betreiben, geschweige denn als Richter oder als Rufmörder aufzutreten. Ich zumindest hoffe, dass sich die reichen Papis der Schnösel ein Herz fassen und die WDR-Figuren in Grund und Boden klagen.

Sennekind
1 Monat her

Nabend. Die Spanne wird immer größer zwischen dem Sagen und dem Denken. Die Meinungswächter bekommen den Deckel nicht mehr das Fass. Dieses Fass ist nun im Stande genügend Druck abzulassen, welches man seit geraumer Zeit versucht hat durch Reglements vieles zu kanalisieren und aufzustauen Ich schätze mal, innerhalb kürzester Zeit werden sich Viele, ( ob Medien und Politiker) , die sich schuldig gemacht haben in Schutt und Asche wiederfinden. Für den wissenden Bürger wird es Zeit, sich den Zeichen der Gegenwart, an zuschliessen um dem ganzen Zinnober ein Ende zu bereiten, s.h.hier heute die Offenlegung der RKI – Protokolle. Ich… Mehr

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Sennekind

Wird eine schamlose Veranstaltung werden – wie alle anderen Befragungen auch.
Fragen sind lange vorab einzureichen – und die Nudgingabteilung im Kanzleramt oder ressorteigene Wortverdreher werden sich bereit zeigen, auswendig zu lernende Antworten vorzugeben, die das hohe Haus auf der linken Seite zu Schadenfreude veranlassen werden.
Broders Wort, live zu betrachten: „Wenn ihr euch fragt, wie das damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid.“
Wann werden sie beginnen, endlich ihren Verstand wieder einzusetzen?

Joerg Gerhard
1 Monat her

In den USA waere Springer und der WDR jetzt bald bankrott aufgrund der faelligen Milliardenstrafe.
S. MAGA hat youngster/native American encounter and media lawsuit.
Das Schlimmste ist das nachwievor voellig fehlende Unrechtsbewusstsein der Medien und die Gleichgueltigkeit, wenn nicht gar sensationsgeile, geifernde Unterstuetzung der ekelhaften, unmenschlichen Vernichtungskampagne von ein paar betrunkenen, harmlosen Twens, seitens der mittlerweile komplett gehirngewaschenen und abgestumpften deutschen Bevoelkerung.
Aber in einem bin ich mir sicher: diese hirntote Bevoelkerung wird noch einen sehr, sehr hohen Preis dafuer zahlen muessen.

karl.biermann
1 Monat her

Ich wiederhole mich hier zum zigsten Mal. Der öffentlich rechtliche Rundfunk und der WDR ist keine Presse, weil sie nichts „gedrucktes Pressen“, also gibt es hier auch kein Presserecht. Der WDR betreibt Rundfunk und fällt deshalb unter das Rundfunkrecht und die Rundfunkfreiheit. Bitte macht Euch endlich mal über den rechtlichen Unterschied zwischen Rundfunk und Presse schlau!!!

EURO fighter
1 Monat her
Antworten an  karl.biermann

Das ist korrekt (Danisch hat sich dazu auch schon ausführlich geäussert), dazu kommt, dass der ÖRR gemäss Rundfunkstaatsvertrag einen eindeutigen Informationsauftrag hat (und keinen Propaganda-. oder Erziehungsauftrag). Und deshalb haben zwar Mitarbeiter des ÖRR das Recht auf Meinungsfreiheit, aber nur als Privatleute.

hoho
1 Monat her
Antworten an  karl.biermann

Ich denke der Begriff ist insofern falsch, weil es hier um Persönlichkeitsrecht geht, das haben Journalisten sowohl der Presse wie auch der anderen Medien zu beachten. Ob die Runfunksrecht das anders regelt als Presserecht, bezweifle ich, deshalb ist es auch egal, was das genau ist. Die Journalie die jemand gedoxt hat, sollte vor Gericht, um sich für den Schaden verantworten zu können. Nun das ist D. die Gesetze egal komplex oder einfach unterliegen der Interpretation der politisch gefügigen Richter. Dazu nicht jeder hat so viel Kohle wie eine bekannte Metallband, die sich so diese Bande von dem Hals halten konnte.… Mehr

Biskaborn
1 Monat her

Zum wdr erübrigt sich eigentlich jeglicher Kommentar. Alle politisch angehauchten Sendungen sind stramm auf links- grün- und klimaextremistischer Linie. Dort ist jegliche Objektivität und journalistischer Anstand längst verloren gegangen! Das Schlimme aber ist, dieser Sender wird trotzdem, auch und besonders diese Art Sendungen, wird nach wie vor umfangreich konsumiert, also kann der Sender weitermachen wie bisher!