„Umsatzplus trotz Corona“, „Ja zu mehr Steuern“ – wie ARD und ZDF Frames setzen

Dem Einzelhandel geht es gold in Corona-Deutschland mit Umsatzplus. Die Bürger finden, die Steuern sind zu niedrig. Wie ARD und ZDF die bittere Realität ins Gegenteil verkehren, um der Bundesregierung gefällig zu sein.

Getty Images | Screenprint: Tagesschau

War der Lockdown im Frühjahr und zum Ende des Jahres 2020 für die Ladeninhaber gar nicht so schlimm? Das suggeriert jedenfalls die Hauptnachrichtensendung der ARD, die für das vergangene Jahr meldet:

„Trotz Corona: Einzelhandel macht sattes Umsatzplus“

Screenprint: tagesschau.de

Weiter heißt es: „Der Einzelhandel in Deutschland hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Umsatz gemacht – trotz der Corona-Krise. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes wuchs der Umsatz preisbereinigt zwischen 3,9 Prozent und 4,3 Prozent. Bei den Zahlen handelt es sich um vorläufige Werte.“

Das passt auf den ersten Blick zu der Versicherung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Kein Arbeitsplatz in einem gesunden Unternehmen wird wegen Corona verloren gehen“. Wer nur der Überschrift folgt – was allerdings viele Medienkonsumenten tun – der bekommt den Eindruck: So schlimm trifft der Lockdown die Geschäftsinhaber nicht. Offenbar sind deren Klagen übertrieben.

Weiter unten wird dann allerdings klar, was die Redakteure der Tagesschau zu „Einzelhandel“ zählen: Den Versandhandel. Denn auf den Boom bei Amazon und anderen, die keinem Lockdown unterliegen, geht der Zuwachs zurück:
„Zu den Profiteuren der Corona-Krise gehörte vor allem der Online- und Versandhandel, auf den viele Verbraucher angesichts der Lockdowns auswichen. Von Januar bis November erzielte er das größte Umsatzplus mit 23,4 Prozent.“

Und ganz zum Ende des ARD-Textes: „Deutlich unter Vorjahresniveau dagegen schnitt der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren ab – er büßte von Januar bis November 21,5 Prozent des Umsatzes ein. Beim Einzelhandel mit Waren verschiedener Art – zum Beispiel Waren- und Kaufhäuser – betrug das Minus 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.“

Während kleine Läden vor dem Ruin stehen oder schon Insolvenz angemeldet haben, profitieren erwartungsgemäß Versand-Riesen, vor allem Amazon mit seinem flächendeckenden Angebot. Amazon kann 80 Prozent des Wachstums im Online-Handel auf sich verbuchen und gewinnt eine beherrschende Stellung, während die stationäre Konkurrenz vor die Hunde geht. Genau das war zu erwarten, und diese Entwicklung wurde beispielsweise bei TE in mehreren Beiträgen als negative Folge des Lockdowns beschrieben, der das Bild der Innenstädte dauerhaft verändern dürfte. Die Tagesschau macht eine Erfolgsmeldung daraus – verbunden mit einer indirekten Bestätigung, dass der Regierungskurs richtig ist.

Was ein passend gesetzter Frame leisten kann, zeigt auch das ZDF:
„78 Prozent“, beweist der Sender mit Hilfe einer Umfrage, wollen höhere Steuern für „sehr hohe Einkommen“.

Allerdings ohne Definition, was als „sehr hohes Einkommen“ gilt. Viele Politiker ziehen dafür schon den Spitzensteuersatz heran, der knapp über 50.000 Euro zu versteuerndem Jahres liegt.

In der Umfrage dürften die meisten bei den höher zu Besteuernden nicht an sich gedacht haben, sondern an andere.

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Kommentare ( 64 )

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Monika Medel
3 Jahre her

Auch im Radio gehört: Eine Umfrage hätte ergeben dass 70% der Befragten es richtig gefunden hätten die Corona-Impfungen mit „Europa“ abzustimmen …

Maria Jolantos
3 Jahre her

Wenn Kommunisten keine Taschen zum reingreifen finden, dann schneiden sie welche rein – auch ins Fleisch. Das zeigt die Geschichte.

lalaland
3 Jahre her

Ja, etliche Menschen wissen nun mal nicht wie reich sie denn eigentlich sind 😀 Da gibt es einen schönen Artikel dazu. 1958 griff der Spitzensteuersatz bei damaligen 56 200 Euro was heute 255 000 entspräche und damals dem 20fachen des Durchschnitts. Heute greift er beim ca. 1,3fachen des Durchschnittseinkommens. Wo ma 1958 zur Bank gehen, von Bank und FA als reich eingestuft wurde, konnte man als Reicher sicher ohne Probleme ein Haus kaufen weil man das Geld bekam. 2021 dürfte aber nur noch das FA einen ob des Einkommens als „reich“ ansehen. ABER: Chapeau, es war ein grandioser Schachzug die… Mehr

SteffX
3 Jahre her
Antworten an  lalaland

Nebenbei wird die Beitragsbemessungsgrenze immer höher angesetzt, selbst zu Zeiten der Vollbeschäftigung.
Wohin wandert all das Geld? Diese Frage sollten die ÖRR mal stellen.

Thomas Mairowski
3 Jahre her

Zu „Spitzensteuersatz bei gut 50.000 Euro“:
Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,
es wäre schön, wenn Sie, im Gegensatz zu den Mainstreammedien, den Spitzensteuersatz mit etwa „45% + Soli bei 255.000 Euro“ angeben würden und nicht mit etwa „42% + Soli bei ca. 55.000 Euro“.
Auch wenn ich es schade finde: Wenn in der Bundeliga Bayern München auf Platz 1 steht und Leipzig auf Platz 2, dann ist Bayern München Spitzenreiter und nicht Leipzig.

Holzdrache
3 Jahre her
Antworten an  Thomas Mairowski

Formal haben Sie natürlich Recht geschätzter Herr Mairowski, ich halte das Argument „der Spitzensteuersatz (45%) greift erst ab 255.00 Eur/anno“ dennoch für BILLIGSTE Regierungsrethorik.
Der Skandal sind nicht 45% für > 255.000 Eur / anno sondern 42% > 55.000 Eur /anno.
Viele Grüsse und einen guten Start in neue Woche

elly
3 Jahre her

„„78 Prozent“, beweist der Sender mit Hilfe einer Umfrage, wollen höhere Steuern für „sehr hohe Einkommen“. das glaube ich sogar in unserer Neidgesellschaft. „Allerdings ohne Definition, was als „sehr hohes Einkommen“ gilt. “ auch das passt zu unserer Neidgesellschaft, viele Ideologien, zahlen sollen immer die Anderen. „Viele Politiker ziehen dafür schon den Spitzensteuersatz heran, der knapp über 50.000 Euro zu versteuerndem Jahres liegt.“ und auch das passt zu unserer Gesellschaft, die nur noch auf Platituden, Narrative hört. Hinterfragen, einen Schritt weiter denken, ist zu anstrengend, also plappern sie die Phrasen nach. „In der Umfrage dürften die meisten bei den höher zu Besteuernden nicht an… Mehr

Britsch
3 Jahre her

Für mich absolut nachvollziebar.
Ich kenne aus Bekanntenkreis ähnliches Vorgehen des FA

Franziskus S
3 Jahre her

Sehr gut!

Mausi
3 Jahre her

Ja, klar. Höhere Steuern und dann über Armut jammern. Stehlen und dann haltet den Dieb rufen. Ringelpietz mit Anfassen.

kdm
3 Jahre her

„wuchs der Umsatz preisbereinigt zwischen 3,9 Prozent und 4,3 Prozent.“

Auch so ein kleines Wort wie „preisbereinigt“ sollte mal erklärt werden. Das steht ja da nicht umsonst, oder?

jansobieski
3 Jahre her

Es wird jetzt Zeit die legalen Protestmöglichkeiten gegen die Propagandamaschine öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu starten. Dazu hat ja RA Steinhövel eine gute Anleitung gegeben, wie man über Barzahlungsstrategie der Zwangssteuer oder über die Überweisung von Teilbeträgen zeitversetzt in wechselnder Höhe die Gegenseite zur Weissglut bringen kann ohne, dass sie eine Chance hat einen zur Raison zu bringen.