Maischbergers Gäste betreiben Maaßen-Bashing auf Faktenchecker-Niveau

Sandra Maischberger und ihre Gäste versuchen sich in der Zerstörung des Hans-Georg Maaßen. Doch wie kann man jemanden diskreditieren, ohne sich gründlich mit den Inhalten seiner Aussagen zu beschäftigen? Von Michael Plog

Sreenshot via ARD.de / Maischberger

Faktenchecker arbeiten nach einem einfachen Prinzip: den eigentlichen Inhalt des zu prüfenden Textes ignorieren und stattdessen etwas widerlegen, was gar nicht behauptet wurde. Gern in Überlänge und mit einem Übermaß an Nebensächlichkeiten – auf dass der Leser möglichst nachhaltig verwirrt werde. Die Aufgabe übernehmen gern junge Schreiberinnen und Schreiber, die offenbar nach Zeile bezahlt werden. Und denen man bisweilen anmerkt, dass sie nicht einmal eine fundierte journalistische Ausbildung haben.

Sandra Maischberger sollte weit über diesem Niveau arbeiten. Sie ist 56 Jahre alt, hat im Ausland gelebt, zahlreiche Sendungen moderiert und dreht mit der eigenen Produktionsfirma Dokumentationen.

Der Talk vom Dienstagabend
Maischberger in der ARD: Die einhellige Sehnsucht nach mehr Waffen
Man könnte also erwarten, dass in der Talkshow Maischberger ein heißes Eisen wie Hans-Georg Maaßen objektiv behandelt wird. Zur Erinnerung. Den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten will die CDU gerade aus der Partei werfen. Man wirft ihm AfD-Nähe und rechtsradikale Äußerungen vor. Er hatte auf Twitter etwa geschrieben, die Stoßrichtung der „treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum“ sei ein „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“. In einem Interview sprach er von „rot-grüner Rassenlehre“.

Vor diesem Hintergrund war die Sendung am gestrigen Dienstag ein Desaster. Zunächst: Wo ist der Mann, um den es geht? Warum wird über jemanden gesprochen, nicht mit ihm? Aber seien wir nicht zu hart: So etwas ist heutzutage schon zu viel verlangt.

Was sich allerdings die eingeladenen Journalisten erlauben, ist ungeheuerlich. Unter den Augen der Moderatorin. Ohne ein einziges Wort der Einordnung, Mäßigung, Objektivität. Und sei es auch nur einer versuchten Objektivität.

Zweierlei Maß?
Der CDU-„Wahlsieg“ in Berlin und die Causa Maaßen
Helene Bubrowski, Redakteurin der angesehenen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, würde vermutlich widersprechen, wenn man ihren Arbeitgeber nicht als „angesehen“, sondern als „umstritten“ bezeichnen würde. Denn das wäre, obwohl vielleicht korrekt, exakt das Niveau jener Faktenchecker, die mittlerweile jeden als „umstritten“ bezeichnen, der nur eine andere Meinung hat. Doch Bubrowski selbst geht sogar noch einen Schritt weiter. Maaßen, sagt sie, habe „eine offenkundige Radikalisierung hinter sich“. Sie attestiert ihm, es sei „ein gekränkter Narzissmus, der sich jetzt Bahn bricht“. Es sei „völlig unstreitig, dass er sich Gedankengut bedient und Codeworte benutzt, die wirklich ganz offenkundig dem Vokabular von Antisemiten und Verschwörungstheoretikern entstammen“. Sie nennt zum Beispiel „Great Reset“. Aber vom Great Reset spricht das Weltwirtschaftsforum.

Stefan Aust, Herausgeber der Welt-Gruppe, widerspricht Bubrowski nur zögerlich. „Ich kenn den (Maaßen) eine ganze Zeit. Aus dem jetzt einen Rassisten, einen Antisemiten oder sonstwas zu machen, finde ich reichlich übertrieben“, sagt Aust. Doch auch er empfiehlt Maaßen: „Bei seinen Twittermeldungen, da wäre es besser, wenn er sich zurückhalten würde.“

Und was macht Maischberger? Sie ordnet nicht ein, sie zeigt keine Hintergründe auf. Sie fragt Aust lediglich: „’Rotgrüne Rassenlehre‘ finden Sie nicht rassistisch?“ Auch die Aussage des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der Maaßen offen rechtsradikales Gedankengut vorwirft, bleibt unreflektiert stehen.

Denn, und das genau ist das Problem: Niemand beschäftigt sich mit den eigentlichen Inhalten, mit dem, was Maaßen kritisiert. Nur damit, dass er es tut und mit welchen Worten. Weder die CDU noch Sandra Maischberger oder ihre Gäste gehen darauf ein. Die CDU rühmt sich, nicht einmal zehn Minuten gebraucht zu haben, um über den Parteiausschluss zu entscheiden. Wohl kaum genügend Zeit also, um sich mit der detaillierten Erwiderung des Hans-Georg Maaßen zu beschäftigen. Er hatte auf 26 Seiten (!) den Vorwürfen widersprochen.

Auch die Runde bei Maischberger interessieren keine Hintergründe. Was Maaßen an der US-amerikanischen „Critical Race Theory“ kritisiert und welche Parallelen er zur Argumentation linker Parteien herstellt, ist den Anwesenden nicht wichtig. DASS er es tut, wird als infam empfunden. Wenn also ein Axel Steier, Chef der „Seenotrettungsorganisition“ namens „Mission Lifeline“, offen darüber twittert, es gehe weniger um das Retten von Menschenleben, als vielmehr darum, dass es in Europa möglichst bald keine „Weißbrote“ mehr geben solle, dann soll dies niemand kritisieren dürfen? Wenn aber ein Hans-Georg Maaßen solche Aussagen als rassistisch bezeichnet, dann gilt dies als rassistisch. Motto: Kill the Messenger.

Bubrowski sagt: „Ich glaube, da würden wir ihn zu sehr zum Waisenknaben machen, wenn wir so tun würden, als wisse er nicht, was er da sagt.“ Ein Satz, der auch ihr selbst gut stehen würde.

Was die Runde bei Maischberger polemisiert, müsste also dem Verursacher gelten, nicht dem Kritiker. Aber auf diese Idee kommt offenbar niemand. Und schon gar nicht auf die Idee, vielleicht einmal Hans-Georg Maaßen selbst einzuladen und zu hören.

Wie sagte Marius-Müller-Westernhagen in derselben Sendung: „Wir verlernen, miteinander zu reden.“

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Kommentare ( 28 )

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Werner Brunner
1 Jahr her

Ja , guten Morgen !
Sie glauben anscheinend immer noch an das Gute
im Menschen ….
Es geht doch nicht um Objektivität , Genauigkeit , etc. in
den Medien , schon gar nicht bei den öffentlich Rechtlichen !
Noch nie !
Dieses Gesocks wird man / frau nur in einer Revolution los .

WandererX
1 Jahr her

Das ist das übliche Neusprech- Spießertum, das bereits in den 1970er Jahren fanatische feministisch- puritanische Frauen mit US- Kontakten in die deutsche Alternativbewegung eingeführt haben, dann bei den Grünen 1980 etabliert wurde und sich später zuerst in der SPD, dann auch seit Merkel in der CDU ausgebreitet hat. Nur hat das Bildungsbürgertum immer zuwenig Sensibilität entwickelt, umd diese neue Spreche und Denkweise zu verspotten: es waren ja bürgerliche Frauen – die leben in einem Schutz- Kokon – die knöpft man sich nicht hart vor und läßt sie gewähren! Das war ein grober Fehler vieler von euch, Leute! Fazit: bürgerliches Denken… Mehr

Dellson
1 Jahr her

Alle Talksendungen im ÖRR sind Diätprogramme! Es sind ja auch nur diese angepriesenen Kochshows wo die Devise der Moderatoren und Gäste lautet: Nur selber essen macht satt! Es werden raffinierte Gerichte aufgetischt, die eine Ausgewogenheit und einen Nährwert haben wie Holländische Tomaten, also schnittfestes Wasser! Zuschauer fragen und Journalisten antworten nicht, weil zwischen ihnen die Trennscheibe des Reinraumlabors der vorherrschenden Politikhygiene steht. Weil die närrische Zeit gerade aktuell ist, eine Art Zuspitzung: „Im Führerhaus schaut der Fahrer raus, rechts vor links gilt hier und als Rechtshänder hält er das Lenkrad fest. Im Funkgerät verabschiedet sich der Funker mit 88! Liebe… Mehr

Haedenkamp
1 Jahr her

Wann kommt die Sendung zum Thema #Die Ablehnung des Eigenen oder wo kommt all der Selbsthass her#? – Dann würde ich probeweise wieder einschalten.

powerage
1 Jahr her

Eigentlich müsste man bei Journalisten, die bewusst andere Aspekte verschweigen oder Aussagen verdrehen, wie bei Ärzten oder Rechtsanwälten die Lizenz entziehen, beim ÖRR würde dann aber fast niemand mehr übrig bleiben.

Monika Vogel
1 Jahr her

Nur Schlagwörter zu verwenden ohne überzeugende Begründung und ohne den Beschuldigten vor Ort selbst zu Wort kommen zu lassen bzw. ihn überhaupt ernst zu nehmen, ist die typische Behandlung von Kritikern in totalitären Systemen. Das ist die bittere Wahrheit, geschuldet der maßlosen Arroganz einer falschen Macht. Dass Sahra Wagenknecht ihr Anliegen im ÖR selbst verteidigen kann, mag mit ihrer linken Parteizugehörigkeit zusammenhängen. Linke „Verirrte“ erhalten eine Gnadenfrist. Müller-Westernhagen versuchte, die dogmatische Spaltung in Schwarz-Weiß vorzubringen als auch die fehlende Meinungsvielfalt. Maischberger reagierte darauf schmallippig, ungewillt darauf einzugehen. “ Als Künstler sagt man so etwas.“ Beleidigend ihrem Gast gegenüber, aber in… Mehr

Marcel Seiler
1 Jahr her

Der jetzige Rassismus richtet sich nicht (hauptsächlich) gegen die Juden, sondern gegen die Weißen. Aber der Grund könnte ähnlich sein: Die Juden symbolisierten damals die Moderne: Geldwirtschaft, Leistungsprinzip, „herzlose“ Rationalität, Aufbrechen traditioneller Strukturen, Konflikt mit der romantisierten Natur. Alles Kräfte, die die traditionelle Gesellschaft nicht verstand und ablehnte.

Heute symbolisiert die gesamte „weiße“ Kultur diese Moderne: Geldwirtschaft, Leistungsprinzip, „herzlose“ Rationalität, Konflikt mit der romantisierten Natur. In die „edlen Einwanderer“ wird (irrigerweise) die Naturharmonie hinein projiziert. Die Träger der eigenen Kultur werden (bis zum rassistischen Hass gehend) abgelehnt. Herr Maaßen spricht nur aus, was passiert.

Carrera73
1 Jahr her

Chefankläger und Richter unter sich. Ein „Audiatur et altera Pars“ (Höre auch die andere Seite) gibt es beim Volks-fernseh-gerichtshof nicht. Hier gilt der Unrechtsgrundsatz: „Recht ist, was dem Volke nützt.“
Wo? In Nordkorea? Nein! in Deutschland!

Andreas aus E.
1 Jahr her

Die offenbar an Haltungsjournalismusschule fundiert radikalisierte Bubrowski, Redakteurin der umstrittenen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, läßt ihren gekränkten Narzissmus Bahn brechen, welcher selbst bei der Schriftleitung des „Stürmer“ auf nur wenig Begeisterung getroffen wäre, zu primitiv sind die verschwörungstheoretischen Behauptungen, Maaßens Aussagen seien antisemitisch, weil man seinerzeit noch wußte, daß ein Zitat nicht zwingend Meinung des Zitators sein muß. Aber angesichts schrumpfender Auflage muß es wohl auch im Wahrheitsministerium endlich zum Great Reset kommen, abweichende Meinungen oder gar Zitate sind zu verbieten, und darum gehört ein Exempel statuiert! Mei-o-mei, die selbsternannten „Qualitätsmedien“ sind längst zur Gosse geworden, anspruchslos dumm, selbstgefällig und selbstgerecht.… Mehr

RUEDI
1 Jahr her

Das ist der Geierjournalismus auf allen Kanälen in der Hand des Politisch – Medialen – Komplexes : Wer das bestehende System anzweifelt oder dem nur widerspricht wird als „umstritten“ markiert und zum Abschuss freigegeben. Hier arbeiten die Sittenwächter in den „un“-soziale Medien als Multiplikatoren und Stichwortgeber Hand in Hand in den ÖRM informell zusammen – verpackt in „Talkshows „, um die erlegte Beute zu zerhacken und sich große Stücke dabei herauszureißen. Solange das P. M. K. nicht zerschlagen wird geht es immer WEITERSO. Statt Widerstand, ohnmächtige Wut und innere Immigration, Depression. Leider muss es erst wieder an die Wand laufen,… Mehr