Maischberger in der ARD: Die einhellige Sehnsucht nach mehr Waffen

Die Sendung in wenigen Zeilen – Maischberger: Guten Abend! Koll: Waffen! Bubrowski: Waffen! Aust: Moment mal… Masala: Waffen, mehr Waffen! Von Fritsch: Waffen! Westernhagen: Alle bekloppt geworden. Maischberger: Auf Wiedersehen! Bei Maischberger waren sich alle einig - andere Meinung? Fehlanzeige. Von Michael Plog

Screeprint: ARD / Maischberger

Ah, Sie möchten noch weiterlesen? Und es begab sich also zu der Zeit, dass eine Talkshow mal wieder klären wollte, was diesen unsäglichen Ukraine-Krieg wohl am besten beenden könnte. Diplomatie vielleicht? Oder doch lieber Waffen, immer mehr Waffen? Der Zuschauer ahnt die Antwort. Denn die Protagonisten sind handverlesen.

Eine Mehrheit der Deutschen ist gegen weitere Waffenlieferungen und für die sofortige Aufnahme von Friedensgesprächen. Das zeigen die jüngsten Umfragen. Kein Grund natürlich für eine Sandra Maischberger, ihre Gäste vielleicht entsprechend auszuwählen. Stattdessen sitzen da vier Waffenfreunde und ein halber. Und dass ausgerechnet ein wendehalsiger Sänger am Ende noch zur Besonnenheit mahnen sollte, stand so sicher nicht im Manuskript. Es ist diese Einseitigkeit, die stört. Gemeinsames Kopfnicken macht keine Diskussion.

Die Entscheider bleiben der Diskussion fern
Hart aber Fair: Frieden schaffen ohne Waffen?
Wie verdreht die Welt in diesen Talkshows mittlerweile ist, zeigt das Eingangs-Statement des Militärexperten Carlo Masala. Die Gesellschaft habe endlich „gemerkt, dass Krieg durchaus ein Instrument der Politik ist“. Für den Waffenmann ist das „ein ganz wichtiger Schritt“. Gespräche first, Diplomatie, Neutralität? Wo kämen wir da hin! Man könne „nicht so eine große Schweiz sein“ und sich aus allem raushalten. Man müsse sich engagieren. Ha, nehmt das, Ihr Schweizer!

Wie unendlich das Leid der Menschen ist, die auf beiden Seiten sterben, das betrachtet ein Masala aus der Ferne des deutschen Talkshow-Sessels und entsprechend nüchtern. Doch seine Sprache ist frivol wie die eines Feldherrn: Bachmut, wo gerade die blutigste Seite dieses Krieges zutage tritt, sei „ein Fleischwolf für beide Seiten“. Es gehe darum, „so viele Kämpfer zu töten wie möglich“. Masala sagt es völlig emotionslos. Mehr noch, er erklärt auch, was dahintersteckt: „Wenn die ukrainische Gegenoffensive es schafft, die südliche von der östlichen Front zu trennen, dann kollabiert der russische Versuch, vom Osten über die Landbrücke bis zur Krim alles zu halten und damit auch die Ukraine vom Wasser abzutrennen. Wenn die südliche Front kollabiert, dann kann die Ukraine einen größeren Druck auf die Krim ausüben.” Ah gut, dann wissen wir Bescheid. Dann kann man so einen Fleischwolf auch mal akzeptieren. Oder etwa nicht?

Masala redet, als würde sein Gewehr noch rauchen. „Munition ist zentral. Kampfflugzeuge werden der Ukraine helfen, aber sie sind nicht so wichtig wie Munition, Artillerie, Ersatzteile. Das sind die zentralen Sachen. Und natürlich Luftverteidigungssysteme.“ Ende der Bestellung. Man sollte ihm dankbar sein dafür. Die klare Sprache zeigt, worum es geht. Keine grüne Bemäntelung des Kriegs mit Begriffen wie Werten usw. Es geht ums Sterben in großer Zahl. Krieg ist Krieg, keine Ausreden, keine Beschönigung der Menschenopfer.

Rüdiger von Fritsch stimmt mit ein in diesen Kriegs-Kanon. Er war mal Diplomat, doch das merkt man ihm nicht so direkt an. Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau sagt, Putin habe sein gesamtes Land in Geiselhaft genommen. Und wenn irgendwer auf die Idee käme, mit dem Mann reden zu wollen – einfach absurd! Aber es gebe doch in Deutschland „eine große Friedenssehnsucht“, wirft Maischberger ein. Von Fritsch wischt das beiseite. Das Friedens-Manifest der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Feministen-Ikone Alice Schwarzer ist für ihn nur der Ausdruck einer „sehr deutschen Denke“. Der Aufruf ignoriere „auf fatale und vorwerfbare Weise die Realität dieses Krieges“. Auch die Argumente der beiden Frauen findet er absurd. „Die Ukraine kann nie den Krieg gegen die Atommacht Russland gewinnen? Die Atommacht Sowjetunion hat gegen Afghanistan verloren, die Atommacht USA gegen Vietnam. Das Ganze ist in sich nicht stimmig.“ Mit diesem Manifest würde „das Signal in die Welt gesendet werden: Gewalt lohnt sich“. Dass Deutschland keine Waffen mehr liefern würde, mag sich von Fritsch kaum vorstellen: „Das wäre die Unterjochung der Ukraine!“

Geheimoperation vor Bornholm
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Überhaupt, das Friedens-Manifest. Darüber kann sich die Runde herrlich aufregen. Masala sagt, das hätten „Leute unterschrieben, die nicht in Sorge um den Weltfrieden sind, sondern ihre Ruhe haben wollen“. Bubrowski nennt die Unterzeichner eine „merkwürdige Allianz“ von „sogenannten Intellektuellen“. So schnell wird man „sogenannt“. Bald kommt „umstritten“, die nächste Eskalationsstufe der Ausgrenzung. Wagenknecht etwa „nutzt dieses Thema, weil sie an ihrer eigenen Profilierung arbeitet“. Es sei ein Manifest, das „russische Propaganda pur wiedergibt“. Das alles sei „erschütternd“ und „zutiefst irritierend“. Doch auch die zarte Blonde mit dem Pagenkopf kann Feldherrn-Sprech: „So lange die Ukraine bereit ist, diesen Blutzoll zu zahlen, so lange dürfen wir nicht entscheiden, was die Ukraine zu tun hat.“ Das wird so harmlos vorgetragen wie ein Aufruf zu Blutspende.

Stefan Aust hat das Glätteisen dabei: „Jeden sofort in die Ecke des Kremlpropagandisten zu schieben, finde ich ein bisschen übertrieben“, sagt er. „Irgendwie muss dieser Wahnsinn jetzt mal zu Ende sein. Im Endeffekt wird es darauf hinaus laufen, dass verhandelt wird. Aber bitteschön, auf Augenhöhe. Und nein, gegen Waffenlieferungen will auch Aust sich nicht aussprechen. „Wer könnte vermitteln, wer startet Gespräche?“, will Maischberger wissen. „Es gibt einen großen, schwarzen Fleck auf der Karte“, antwortet von Fritsch. „Wo ist denn eigentlich der UNO-Generalsekretär?“

Ein paar interessante Gedanken bringt Marius Müller-Westernhagen ein. Wer erwartet hatte, der Sänger würde ähnlich engstirnig argumentieren wie zu Corona-Zeiten, als er Ungeimpfte öffentlich diffamierte, sieht sich getäuscht. „Ich meine, zu beobachten, dass hier in diesem Land sehr viel Propaganda ist. Genau wie auf der anderen Seite. Man erfährt nicht mehr genau, was los ist.“ Solche Sätze kommen bei Maischberger gar nicht gut an. Sie versucht sofort ein neues Thema. Doch Westernhagen hat noch mehr in petto: „Was mich ankotzt, ist diese Kriegseuphorie, die auch hier in den Medien herrscht.“ Maischberger lenkt ab: Was ist die Rolle von Künstlern in dieser Zeit? Aber Westernhagen ist noch nicht am Ende: „Man darf nicht so blauäugig sein und denken, es wird ein friedliches und befriedetes Europa ohne Russland. Das wird nicht passieren. Wir haben dieses amerikanische Schwarzweiß-Denken übernommen. Wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich. Wenn man nicht mehr miteinander spricht – ist das Arroganz oder was? Wir verlernen, miteinander zu reden.“

A propos Reden. Theo Koll hat auch etwas gesagt an diesem Abend. Zum Beispiel, dass Franziska Giffey die populärste der drei Berliner Spitzenkandidaten gewesen sei. Die Frau, die nicht mal den eigenen Wahlkreis gewonnen hat. Und dass die SPD keinen Grund habe, „sich als Juniorpartner unter einer CDU einzusortieren“. Mehr muss man nicht wissen.

Und jetzt aber wirklich: Auf Wiedersehen!

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Kommentare ( 68 )

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Del. Delos
1 Jahr her

Diese Talkshow-Meister sind doch alle EITEL. Sie lesen gern über sich – selbst wenn es etwas Negatives ist.
WAS wäre denn, wenn man mal GAR nichts mehr über sie schreibt? Wenn man ihnen auf solche Weise zeigte, welche Bedeutung sie in Wahrheit für uns haben – nämlich KEINE.
Es gibt sie doch nur deshalb, weil es eine Zwangsgebühr gibt. Warum also tun wir uns das immer wieder an und ADELN diese Typen auch noch, indem wir die Sendung anschauen bzw. hinterher darüber schreiben?!

Riffelblech
1 Jahr her

Den Masala und die Überigen kriegsfreudigen Befürworter an den Kragen nehmen und an die vorderste Front nach Bachmut verschicken . Was dann nach einer Woche Kriegseinsatz zurück kommt noch mal bei Maischberger vorstellen !

Konservativer2
1 Jahr her
Antworten an  Riffelblech

Ich stimme Ihnen da voll und ganz zu! Ich stelle mir häufig vor, wie solche Schreibtischtäter unter Beschuss reagieren würden. Wer scharf auf Krieg ist, muss auch kämpfen können!

Last edited 1 Jahr her by Konservativer2
Phil
1 Jahr her

Was diese Dummschwätzer und Sesselfurzer alle einigt ist ihre mangelnde persönlicher Erfahrung mit dem Krieg, ebenso wie mit redlicher Arbeit, daher Grüne und sonstige Kriegsbefürworter an die Ostfront, denn „ab heute wird zurückgeschossen“ (sofern Munition vorhanden). Krieg ist nicht nur ein Instrument der Politik, sondern wie der kluge Clausewitz völlig richtig erkannt hatte, die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Lässt man Politiker nur lange genug wursteln, ist Krieg immer die letzte Option und Konsequenz ihres Handelns. Der Krieg gegen die eigenen Bürger, sowie gegen die Insassen anderer Staaten und auch gegen den Klimawandel oder Corona, erfordert eine Kriegswirtschaft (Mangel-… Mehr

Konservativer2
1 Jahr her
Antworten an  Phil

„Von „Solidarität“, „Opferbereitschaft“ und vom „Heldentod“ sprechen nur Menschen welche persönlich zu keinen Opfern bereit sind, auch sonst nichts anderes anzubieten haben als ihr dummes Geschwätz und einen Deppen brauchen der den Kopf hinhält, wenn es auf Grund ihrer Entscheidungen wirklich hässlich wird.“

Genau. Wenn es dann auch noch Grüne sind, fällt einem aber auch wirklich alles aus dem Gesicht.

Peter Gramm
1 Jahr her

Solange man Ursache und Wirkung nicht klar benennt kann man sich den Mund fusselig reden. Die Wirkung geschah im Februar 2022, die Ursache weit vorher im Jahre 2014. Genau dies hört man aber nicht so gerne im Zwangsgebührenfunk. Wenn wir uns permanent in die eigene Tasche lügen werden wir immer tiefer in einen möglichen 3. WK hinein gezogen.

Steve Acker
1 Jahr her

Ist schön und gut im Recht zu sein. Nur, wenn man nicht die Möglichkeiten hat das umzusetzen, ohne dabei selbst zugrunde zu gehen, hilft einem das auch nicht weiter.
Immer mehr Waffen aus dem westen werden auch nicht helfen.
So viel kann der Westen gar nicht liefern.
Man sieht es ja grad was aus den vollmundigen panzerversprechungen wird.
Nach und nach ziehen sich viele Länder wieder zurück.

Eine Atommacht kann man so mit offenen Feldschlachten nicht besiegen.
Das ist eben nicht so wie in Vietnam oder Afgahnistan.

Kleinstaater
1 Jahr her

Maischberger war in den 90ern auf ntv mal gut. Seit mehr als 20 Jahren macht sie Propaganda für Ungebildete, mir ein Rätsel, wie man sich das mit einem IQ über Raumtemperatur geben kann. Was Russland+80% der Welt vs Ukraine+20% der Welt angeht: Ja, es wäre schön, wenn Russland in Kleinststaaten aufgeteilt wäre. So wie es gut wäre, wenn die USA in 500 Teilgebiete zerstückelt werden würden. Oder China. Oder Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Nigeria, Türkei. Usw. Großmächte richten großen Schaden an, Lokalmächte nur kleinen. Ist eine einfache Rechnung. Leider leben wir in keiner idealen Welt. Alle schließen immer größere militärische und… Mehr

Reini
1 Jahr her

Ob Maischberger, Lanz, Will u.a., es reicht die Liste der Eingeladenen zu sehen, um das Ergebnis dieser „Diskussionen“ voraussagen zu können. Seit Jahren habe ich es vermieden, mir den Abend mit diesem Geschwätz zu vermiesen, selbst ein mehrstündiger Blick in einen leeren Wassereimer bringt da mehr Erhellendes.

Last edited 1 Jahr her by Reini
Dr. Rehmstack
1 Jahr her
Antworten an  Reini

Das ist nicht ganz richtig: gestern lockte eine gewiefter Landrat aus Franken Lanz in eine Falle, in dem er daraufhin wies, daß türkische Mädchen in der Schule von ihren männlichen Begleitern beobachtet und wenn nötig auch verpetzt werden, wenn sie mit anderen Männern sprechen würden, das konnte Gutmensch Lanz nicht stehen lassen und fragte, wie der das denn belegen könnte. Der pfiffige (und auch noch Grüne) Landrat wies trocken daraufhin, daß türkische Mädchen nicht mit Juden sprechen dürften. Da war Lanz aber ganz still.

Johannes R. Brecher
1 Jahr her

Wenn dieses Blutvergießen auf beiden Seiten so weiter geht, ist es eine Frage der Zeit bis der Ukraine die Soldaten ausgehen. Das nennt man kriegs-demographische Lage. Das Rekrutierungsreservoir der Russen ist um vieles größer als das der Ukrainer. Diesen Krieg mit dem der Sowjetunion gegen Afghanistan zu vergleichen zeugt von militärischer Ahnungslosigkeit. Afghanistan ist ein Land mit einer der höchsten Geburtenraten der Welt und einem fast unerschöpflichen Reservoir junger, kampffähiger Männer. Die Ukraine ist eine überalterte Gesellschaft mit nur wenigen jungen Menschen. Schon allein aus diesen Gründen sollte eine diplomatische Lösung angestrebt werden.

Kleinstaater
1 Jahr her
Antworten an  Johannes R. Brecher

Zudem scheinen die meisten jungen Männer der Ukraine längst im Ausland zu sein (auch die, die auf Seiten Russlands sind. Selbst Melnyks Sohn hat sich spontant für ein Studium im verhassten Deutschland entschieden, obwohl er doch als Patriot über 18 „freiwillig“ an die Front müsste…).

Steve Acker
1 Jahr her
Antworten an  Kleinstaater

eine kleine Anfrage im Bundestag vor 2-3 monaten ergab dass ca. 27 % der Ukrainer in D. Männer sind, ca. 180.000
ich kann die voll verstehen, dass sie sich nicht verheizen lassen wollen.

Konservativer2
1 Jahr her
Antworten an  Kleinstaater

Mir wird aber jeden Abend erzählt, dass sie voller Inbrunst ihr Land verteidigen, und die, die hier sind, sind Frauen und Kinder.

Eine weitere Lücke in der sowieso lückenhaften Berichterstattung?!

Steve Acker
1 Jahr her

Völlig richtig.
Mach ich schon lange so. Lese nur Zusammenfassungen, wie hier.
Insbesondere, ein Adrenalinstoss am Abend, ist sicher ungesund und führt zu schlechtem Schlaf.

Konservativer2
1 Jahr her

Zum Thema Waffenlieferungen: wer sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass massenweise deutsche Leoparden im Zuge der Kastration der Bundeswehr an die Türkei gegangen sind; mittlerweile sind es (Stand 2020) fast 700 Leoparden verschiedener Baureihen (einige hatte der IS bereits weggeschossen, mittlerweile vielleicht auch ein paar mehr), dazu kommen noch rd. 2500 M60/M48, dazu massig Panzerhaubitzen und Schützenpanzer (Quelle: Wikipedia). Wer kann also liefern??? [Und: wer im Westen möchte, dass die Russen live üben können, wie man Leos knackt???]

Darüber wird NICHTS verlautbart. Merkwürdig. Weshalb wird das so beharrlich verschwiegen?

Last edited 1 Jahr her by Konservativer2