Hart aber Fair: Hart am Thema vorbei

Diese Woche immerhin kein Skandal um falsche Faktenchecks oder getarnte Grünenpolitiker. Doch man gibt sich einer Diskussion hin, die aus der Zeit gefallen scheint. In einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen fragen müssen, ob sie Arbeit finden können, diskutiert man darüber, wie viel man arbeiten möchte.

Screenprint ARD Mediathek

Bei der ARD gehen die Uhren langsamer. Im kuschligen Gebührennest ist es leicht, die wirtschaftliche Realität da draußen auszublenden: Die Gäste, die man sich in das Studio holt, stören diese Geborgenheit auch nicht. Titel der Sendung am Montagabend lautet: „Die neue Macht der Arbeitnehmer: Mehr Geld für weniger Arbeit?“

Doch der Titel ist kurzsichtig. Man muss kein Crashprophet sein, um zu sehen, dass die deutsche Wirtschaft ächzt und stöhnt. Die Vielzahl der kleinen Krisen droht zum Infarkt zu werden. Inflation, Abgabenlast und wirtschaftsfeindliche Politik schädigen die Volkswirtschaft. Fast täglich wird gemeldet, wo ein neues Werk schließen muss, welcher Konzern seine Investitionen in Deutschland stoppt. Linde ist ganz in die USA ausgewandert. BASF will in Deutschland vorerst nicht investieren. Die letzten Aluminiumhütten Deutschlands wollen nur noch Recycling machen – das ist nicht so energieintensiv. Das sind die großen Betriebe, die man hört, wenn sie fallen. Kleine Zulieferer verlagern die Produktion oder verkaufen die Betriebe an ausländische Investoren, ganz still und leise. Gut bezahlte Industriejobs werden durch Paketboten und Essenslieferanten ersetzt, glaubt man den Stellenanzeigen.

Der Minister ohne Opposition

Aber, „Deutschland hat eine so hohe Beschäftigung wie noch nie“, brüstet sich Arbeitsminister Hubertus Heil, der zwar IG Metall-Mitglied ist – in der SPD gehört das zum guten Ton – aber Werkskantinen nur vom Spaziergang mit der Geschäftsführung kennt. Das kann Hubertus Heil in der Diskussionsrunde sogar ungestört verkünden, weil es stimmt.

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Noch nie haben so viele Menschen in Deutschland gearbeitet. Also, Deutschland hatte auch noch nie so viele Beamte, Politiker und NGOler, die von Steuergeld leben. Alleine im öffentlichen Dienst arbeiten fünf Millionen, mehr als einer von zehn Erwerbstätigen. Die Agentur für Arbeit meldet 183.000 Personen in Kurzarbeit, 703.000 in „Förderung“ und 800.000, die als „unterbeschäftigt“ zählen. All diese Leute gelten im Sinne der Statistik nicht als Arbeitslose. Unterm Strich sind sie aber nicht produktiv tätig. Dazu kommen 2,6 Millionen offiziell Arbeitslose nicht zu schweigen. Eine Zahl, die durch Frühverrentungen und ein Herausrechnen von über 58-Jährigen Langzeitarbeitslosen weiter geschönt wird. Dagegen stehen 15 Millionen Nettosteuerzahler, die auch noch Renten, Kranke, Kinder und Ausgabeorgien der Bundesregierung finanzieren müssen.

Blasse Figuren für eine blasse Diskussion

Aber diese Zahlen werden nicht besprochen bei Hart aber Fair, wer soll sie denn nennen? In der Runde ist keiner, der sich mit Wirtschaft auskennt. Also, Steffen Kampeter, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände könnte solche Zahlen kennen. Aber von Interessensvertretern kann man in Deutschland nicht erwarten, dass sie die Interessen ihrer Mitglieder auch vertreten. Mit Hubertus Heil ist er im Übrigen per Du, wie sich im Lauf der Sendung herausstellen wird, denn Heil verspricht sich mehrfach im Eifer des Scheingefechts.

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Es ist eine öffentlich-rechtliche Diskussion. Als „Mensch von der Straße“ ist Karen Malsy dabei, Linke-Mitglied und Erzieherin. Erzieher leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Doch es ist vorhersehbar, dass als Vertreter des „kleinen Malochers“ in der Talkrunde eine Person eingeladen ist, die nach Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlt wird. Der öffentliche Dienst verlangt 10 Prozent mehr Lohn in dieser Lohnrunde und hat bereits Warnstreiks angekündigt.

Solche hohen Lohnforderungen wollen die Quasi-Beamten wegen der hohen Inflation. 6,8 Prozent beträgt sie, nachdem die Regierung sie von über 10 Prozent heruntergerechnet hat. Da sind solche Lohnforderungen auch nicht unangemessen. Auch die Forderung Malsys, nach besseren Arbeitsbedingungen für überlastete Erzieher ist verständlich. Aber diese Forderungen sind nicht Grundlage der Diskussion. Klamroth stellt immer wieder die Frage, gewollt salopp: „Haben die jungen Leute einfach keinen Bock?“

Es ist eine bemerkenswerte Diskussion in ihrer Irrelevanz. Das Angebot: „Willst Du weniger arbeiten bei dem gleichen Geld?“, wird wohl niemand ablehnen. Frank Thelen bringt es auf den Punkt: „Soll jeder so viel oder so wenig arbeiten wie er will, solange er es sich leisten kann“.

Solange er es sich leisten kann. Aber wie lange noch?

PS: Hart aber Fair hat traditionell fünf Gäste. Der fünfte Gast in der Runde war die ehemalige Journalistin Sara Weber. Sie hat tatsächlich einmal viel gearbeitet, für LinkedIn baute sie zwei Redaktionen auf. Doch dann kündigte sie und schrieb ein Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“. Ohne Klimabezug kann eben nichtmal über Arbeit gesprochen werden.

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Kommentare ( 40 )

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kaffeetante
1 Jahr her

Die Sendung sollte Bitte nicht mehr „Hart aber Fair“ heißen. Denn allein die Tatsache das der Moderator mit der Krawall Lady Frau Neubauer leiert ist, dazu noch die Greta als Freundin sprich der ganze Verein der Aufmüpfigen, passen nicht zur Sendung sprich zum Moderator, er ist komplett „Befangen“ was man auch an der Gästeliste sieht. Absetzen dieser & nicht nur dieser Sendung, denn der Rest der so genannten Talkshows braucht kein Mensch….Spart zudem verdammt viel Geld. 

Klaus D
1 Jahr her

Da lässt tichy aber was weg! Deutschland soll vom arbeiter-land zum dienstleistungs-land werden. Wichtig daran ist der teil mit dem dienen! Den schwitzenden arbeiter der die heizung einbaut wird nicht mehr gebraucht denn dieser wurde durch den dienstleister sanitär ersetzet WO der junge man im top „arbeits“anzug die heizung einstellt. Nur so funktioniert das ganze nicht und jetzt wachen die träumer so langsam auf und fragen doch glatt WER die heizung denn überhaupt bauen soll siehe stromnetzausbau, wind/solaranlagen, wohnungen für flüchtlinge, opern usw usw….WER soll das alles bauen wenn es den schwitzenden arbeiter nicht mehr gibt und voallem man diesem… Mehr

Kassandra
1 Jahr her

Es muss doch auch einen ganzen Berg nicht gezählter neu Eingereister geben, der zwar einen anderen Berg solcher, die sich aus Steuergeldern bezahlt um diese kümmern, hervorruft – der aus der besprochenen „Faktenlage“ jedoch vollkommen ausgeblendet wird? Dass der Stuttgarter OB Nopper die schleichend in Arbeitsprozesse eingliedern will, wird wohlweislich verschwiegen. Und in solche Sendungen wird der CDU-Mann mit seinen Vorschlägen auch nicht eingeladen: „Nopper schlägt vor, erwerbsfähige bleibeberechtigte Geflüchtete im Bereich der öffentlichen Daseinsversorgung zu beschäftigen. Dabei denkt er konkret an die Grünflächenpflege, die Straßenreinigung, die Straßen- und Wegeunterhaltung, die Altenpflege, den Küchenbereich öffentlicher Einrichtungen oder die Tätigkeit in… Mehr

Kontra
1 Jahr her

Wer HaF schaute, der „verpasste“ auf phoenix Sarah-Lee Heinrich, ihres Zeichnens Bundesvorsitzende der Grünen Jugend. Erstaunlich wieviel Schwierigkeiten die Klimaaktivistin beim Denken hat.

Peter Gramm
1 Jahr her

Lang, Nouripour, Bärbock, Roth, KGE, Bütikofer….Die Leuchttürme unserer Leistungsgesellschaft. Man steht im Büro auf der Leiter, postwendend wird man dann zum Büroleiter. Macht sich im CV besonders interessant und erklärt die fehlenden Studien – und/oder Berufsabschluß. Solche Diskussionsrunden könnte man sich sparen samt Moderator.

Boudicca
1 Jahr her

Alle Diskussionen in den ÖR sind Augenwischerei, weil es keine Zahlen und Statistiken gibt, die nicht geschönt sind. Zählt man alle Menschen zusammen, die in irgendeiner Form von Transferleistungen leben, die von ca.15 Millionen erarbeitet werden, sind es ca. 10 Millionen Menschen. Dabei sind Rentner, Pensionäre und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, Beamte und Politiker noch nicht mit gezählt. Die Frage ist eher, warum eine Kindergärtnerin von ca. 3000 € Bruttolohn (bei welcher Arbeitszeit?) nicht mehr gut und gerne leben kann. (Dieser Lohn hätte vor Einführung vom Euro noch ca. 6000 DM entsprochen.) Dieser Staat braucht einen Kassensturz und einen knallharten… Mehr

Joe4
1 Jahr her
Antworten an  Boudicca

Die Ansprüche der Menschen hier im Lande sind gestiegen. Jeder will mehr vom Kuchen. Die Lohnforderungen der Angestellten des ÖD halte ich für maßlos überzogen. Sie sollten stattdessen dankbar für ihren sicheren Arbeitsplatz sein und nicht regelmäßig neue Forderungen stellen. Finanziert wird das Ganze schließlich von jedem Steuerzahler.

Boudicca
1 Jahr her
Antworten an  Joe4

Ein Problem liegt darin, dass man keine Stufenmodelle einführt. Beim Bundeskanzler sind es bei 10 % Lohnerhöhung bereits ca. 2000 € monatlich mehr auf sein Dienstgehalt (ohne seine Abgeordnetenentschädigung) dagegen bekommt z.B. eine Kindergärtnerin mit ca. 3000 € sind 10% mehr Lohn ca. 300 €. Der Kanzler würde dann auf das Jahr gerechnet mehr als die Hälfte mehr Lohn bekommen, als das Jahresgehalt von der Kindergärtnerin ausmacht.

Last edited 1 Jahr her by Boudicca
Joe4
1 Jahr her
Antworten an  Boudicca

Ich stimme Ihnen zu. Das Problem ist jedoch, dass damit das Äquivalenzprinzip ausgehebelt würde. Gehälter sind bestimmten Aufgaben zugeordnet; diese Zuordnung wäre damit aufgeweicht. Bsp. Beamte (Verdis Errungenschaften werden wahrscheinlich auf die Beamten übertragen): Nach weiteren Erhöhungen wären z. B. A7 und A9 annähernd gleich bezahlt. So wie es jetzt läuft, kann es jedenfalls auch nicht richtig sein: 10, xx% mehr für A10 und höher wären unverschämt. Ein Lehrergehalt (A13) erhöhte sich dann um ca. 500 €. Etc. Von den enormen Preissteigerungen im Alltag sind alle Bürger betroffen; die Mehrheit der Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft und Rentner müssen sich… Mehr

Politkaetzchen
1 Jahr her

Die Deutschen leben in einer Traumwelt und realisieren noch nicht, dass die Zeiten des entspannten Arbeitslebens längst vobei sind.

Der Wohlstand ist aufgefressen. Produktivität wurde gegen ideologische Wirrideen ausgetauscht.

Es gibt nichts mehr.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Politkaetzchen

Doch. Von Tag zu Tag gibt es mehr Kostgänger, die vom erarbeiteten „Reichtum“ profitieren dürfen.

Klaus D
1 Jahr her
Antworten an  Politkaetzchen

Man könnte die sendung auch als zeichen sehen das wir hier „unten“ wieder mehr arbeiten müssen damit die mitte und oben weiter party feiern kann. Man könnte „Die neue Macht der Arbeitnehmer: Mehr Geld für weniger Arbeit?“ auch als kampfansage deuten denn wem wird die frage eigentlich gestellt?

humerd
1 Jahr her

Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats zur wirtschaftlichen Entwicklung, im Volksmund »Wirtschaftsweise« genannt, hat mal wieder die Ahnungslosigkeit unserer Wissenschaftlerinnen bewiesen. „wie Berlin in Zukunft die Staatsfinanzen sanieren könnte: mit einer rigorosen Streichung von Subventionen ab dem kommenden Jahr. Insbesondere solle es dabei um klimaschädliche Subventionen gehen, sagte Schnitzer der Tageszeitung »Welt«. „»Konkret wäre zu denken an die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Kerosin und für internationale Flüge, an die Steuervergünstigung für Diesel und die steuerliche Begünstigung privat genutzter Dienstwagen gegenüber Privatwagen«, sagte Schnitzer der Zeitung. Auch die Entfernungspauschale werde vom Sachverständigenrat unter Klimaaspekten kritisch gesehen. “ https://www.spiegel.de/wirtschaft/sanierung-der-bundesfinanzen-wirtschaftsweise-will-subventionen-streichen-a-c3b7cb4e-5f2b-464b-bcfe-88463d1a5a8f .Diesel noch teurer machen,… Mehr

Lotus
1 Jahr her

„Alleine im öffentlichen Dienst arbeiten fünf Millionen, mehr als einer von zehn Erwerbstätigen.“

Und da rollt mit der diesjährigen Tarifrunde die nächste Kostenwalze auf die öffentlichen Arbeitgeber zu. Also auf den Steuerzahler.

Joe4
1 Jahr her
Antworten an  Lotus

Nicht zuvergessen, dass die mit Hilfe von verdi erreichte Lohnerhöhung voraussichtlich auf die Beamtenschaft übertragen wird. Da darf der Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft schon ‚mal jubeln …

Johannes R. Brecher
1 Jahr her

Es wird immer schwerer in diesem Land, die Heerscharen an Dampfplauderern gegen zu finanzieren. Die Hinterlassenschaften der ideologischen Weltenretter türmen sich mittlerweile zu einem kaum noch zu überwindenden Krisengebirge. Nicht nur Deutschland wird vielfältiger, nein, auch die Rufe nach der „Chefsache“ und bei dem Chef bin ich mir sicher, wo das endet.

Last edited 1 Jahr her by Johannes R. Brecher