hart aber fair: Ein Schrei nach Liebe!

Ist Integration das, was Migranten leisten müssen - oder was die Einwanderungsgesellschaft anzubieten hat wie eine der üblichen Sozialleistungen? Bei Plasberg zeigt sich ungewollt, wie sich die Maßstäbe verschoben haben.

„Gekommen um zu bleiben – wie werden aus Einwanderern Deutsche? Deutschland streitet über die Integration der Flüchtlinge. Bei „hart aber fair“ diskutieren die, die sich schon integriert haben und die jetzt mittendrin sind: Als Rockstar, Top-Fußballer, Fernsehmoderatorin. Was können die Neuen erwarten, was sollten wir verlangen?“

Eine gute Idee: Diejenigen sprechen zu lassen, die eigentlich nicht jammern können, weil Deutschland für sie das Land des Erfolgs wird.

Wenn Millionäre weinen

Aber zwei jammern, dass jedem Normalo die Tränen kommen: Der Jurist, Philosoph, Unternehmensberater und frühere FDP-Spitzenpolitiker Mehmet G. Daimagüler allen voran. Wie ihn Mitschüler und Lehrer blöd angeredet haben. Wie er „endlich ankommen“ will. Bei so viel Tränen spürt man, wie die RTL-Moderatorin Nazan Eckes, eine der Queens des TV-Boulevards, noch meint, schnell die Kurve zu kriegen, dass sie zwar persönlich nie diskriminiert worden sei – aber im TV gebe es ja so viel Globales und daher sowieso keine Diskriminierung. Doch draußen … Neven Subotic hat da vermutlich anderen als Kind schon die Beine weggehauen und ist Profi-Fußballer geworden; eine klassische Aufsteiger-Karriere im Ruhrgebiet. Nur dass die Ruhrpolen auf Schalke nicht so gejammert haben übers Diskriminierung, sondern sich Anerkennung erspielt haben. Hat ja Subotic auch; aber warum ist Deutschland so böse auf das Land? Wäre er statt Fussballstar lieber Herzchirurg geworden, ohne Studium, versteht sich? Nur Peter Maffey, mit 13 aus Rumänien gekommen, versucht seinen Erfolg nicht klein und sich hilfsbedürftig zu reden, sondern hilft einfach Migranten. Wobei er dauernd über Obergrenzen der Aufnahmefähigkeit spricht, was ihm pflichtschuldig böse Blicke vom erfolgreichen Unternehmensberater Mehmet G. Daimagüler einbringt. Der variiert Merkels „Wir schaffen das“ grandios. Das ist perfekter Power-Point-Blabla. Und bringt uns auf die Spur, wenn er Söder wie ein Dackel an die Wade springt.

Wer integriert wen?

Bayerns Finanzminister Markus Söder lächelt sich durch die Rolle des Bösen, spricht von den massiven Übergriffen in Schwimmbädern. Das ist Neu. Dass Migranten Vergehen begeben wird ja sonst eher weggeredet. Es treffen halt Werte aufeinander, und die tragen nicht alle unangefaßt  Bikini. Tatsächlich: Wer integriert wen? Ist es nicht eher so, dass in weiten Bereichen Deutschland sich den Normen einer arabisch-islamischen Zuwanderungsgesellschaft zu unterwerfen hat? Dass Frauen sich längst auf dem Rückzug aus der gefährdeten Zone befinden? Irgendwie schafft es der arrivierte Erfolgsmensch Daimagüler, dem Erfolg und Testosteron aus allen Knopflöchern tropft, Söder für das Betreuungsgeld zu beschimpfen. Aber stellen wir uns mal vor, es gäbe eine Arbeitspflicht für Migrations-Muttis? – bis deren Erwerbsquote so hoch ist wie die der Deutschen? Da wäre das Gejaule laut. Denn natürlich darf die Migranten-Mami, was man einheimischen als Gaga vorwirft: dabeim bleiben. Also Integration durch die Integration der türkischen und arabischen Mama in den Arbeitsmarkt, was ja durchaus geschieht, wenn man sich die Putzkolonnen so anschaut? Ist das Integration, oder Schinderei? Oder einfach: gleiche Rechte – gleiche Pflichten?

Ein Mädchentraum wird wahr

Es wird an den Erzählungen von Frau Eckes deutlich, was Integration ist – nämlich eine ziemliche Leistung von Migranten. Bei ihrem Vater ist es am Arbeitsplatz geglückt; bei ihrer Mutter in der Küche nicht. Bei ihr selbst hätte es besser nicht klappen können – sie ist ein Fernsehstar, hat eine Rolle, von der Millionen einheimischer Mädchen nur träumen können. Wäre eigentlich ein Punkt, um zu sagen: Toll, was in Deutschland möglich ist. Wie durchlässig das Land eben doch ist, auch wenn das immer bestritten wird. Dass man dafür was beitragen muss, Härte gegen sich selbst braucht, auch Fortune, Förderer. Klar, dass die Töchter von TV-Moderatoren es da leichter haben. Aber es geht doch.

Im Gespräch wird die Verantwortung dafür einseitig auf die Einheimischen abgewälzt. Das zeigt die kurze Debatte über ein „Integrationsgesetz“: In Bayern soll, wer sechs Jahre in Deutschland lebt, danach einen notwendigen Dolmetscher am Amt selber bezahlen. Da stellt man sich die Frage: Wie soll Integration funktionieren, wenn der Zugang zur Sozialkasse in allen Dialekten Arabiens und Sprachen der Welt erleichtert wird? Wenn 10-sprachige Broschüren erklären, wie man an Sozialleistungen kommt, zu deren Finanzierung der Empfänger meist nie angemessen beitragen wird? Wie soll Integration stattfinden, wenn eine Anspruchshaltung gezüchtet wird, wonach Sprachkurse natürlich der deutsche Staat zu bezahlen hat, niemals aber der Einwanderer? Es ist die logische Fortführung von Merkels „Wir schaffen das“. Ja, die Deutschen werden es schaffen, die anderen zu integrieren. Wenn die wollen, Spaß daran haben und mitmachen. Migration wird so von dieser Gesellschaft zur Einwanderung in den Sozialstaat umgedeutet, zur hiesigen Anpassung an Verschleierung, Machismo und fremde Sprache.

Assimilation ist Voraussetzung

Der Soziologe Ruud Koopmans hat dazu Berge von Studien publiziert, zuletzt am Wissenschaftszentrum Berlin. Von England über Schweden nach Frankreich und bis Deutschland bilden muslimische Einwanderer-Jugendliche das Schlusslicht bei den Beschäftigten; im belgischen Molenbeek sind 35 Prozent arbeitslos. Koopmans Botschaft verkürzt: Ohne Assimilation klappt es nicht. Sprachkenntnisse allein reichen nicht. Er zeigt, dass muslimische Einwanderer untereinander heiraten, Freundschaften pflegen, die wenigsten Kontakte aller Gruppen zu Menschen außerhalb ihrer Ethnie haben. Nicht Diskriminierung, die es auch gibt, grenzt die jungen Muslime aus, sondern ihre Begrenzung auf „interethnischen sozialen und familiären Kontakt“. Daran hat die Religion erheblichen Anteil. Von 7.000 befragten Muslimen in sechs westeuropäischen Ländern sind, so Koopmans, nicht weniger als 65 Prozent der Meinung, dass religiöse Gesetze für sie wichtiger sind als säkulare Gesetze. Fast 60 Prozent wollen ausdrücklich keine homosexuellen Freunde, 45 Prozent sagen, dass man Juden nicht trauen dürfe.

Der großzügige Sozialstaat ist ein weiterer Hemmschuh bei der Integration: Viele Neuankömmlinge kämen mit großer Begeisterung und Ehrgeiz – und lernen sehr schnell, dass sich Arbeit nicht lohnt. Es gibt eh alles vom Amt. Tatsächlich ist es für eine ungelernte, des Deutschen nicht mächtige Arbeitskraft praktisch unmöglich, soviel Geld zu erwirtschaften, wie einem Ehepaar vom Amt zusteht; bei ein paar Kindern ist es allemal rentabler, das Amt zu besuchen, die Ansprüche auf Staatskosten sich dolmetschen zu lassen und wieder gemütlich nach Hause zu spazieren. „Viele Zuwanderer sind anfangs hochmotiviert. Doch die Erfahrung zeigt, dass ein stark ausgebauter Wohlfahrtsstaat ihre Motivation in kürzester Zeit untergräbt“. Koopmans, so analysierten die kühlen Köpfe der Neuen Zürcher Zeitung kürzlich, werde in Deutschland nicht wahrgenommen, nicht rezipiert. Weil Assimilation ein Teufelswort ist, Rassismus pur. Also wird verbal integriert, und der Wagen, der rollt dahin.

Ein Schrei nach Liebe

Davon spricht bei Plasberg keiner. CSU-Söder lobt, wie viel Geld Bayern für Migranten ausschüttet. Das ist natürlich eine Hilfskonstruktion und in der üblichen Talk-Show Gefechtslage „Vier gegen Einen“ erlaubt. Und Daimagüler ist am Ende ganz zerknischt, weil ihn offensichtlich die Menschen, alle Deutschen, nicht so lieben, wie er es sich wünscht. Dabei merkt er gar nicht, dass er längst den Prototyp des neuen westeuropäischen verwöhnten und überpsychologisierten Versorgungsempfängers abgibt: Er hat alles, jedes Spielzeug, das es zu kaufen gibt. Aber der verwöhnte Junge will bis ans Ende seiner Tage noch mehr Liebe, Liebe, nicht von seiner Mutter alleine, sondern von uns allen. Sein Agitieren und Pöbeln offenbart sich gegen Ende der Sendung als ein einziger Schrei nach Liebe.

Ich warte auf die nächste hartaberfair-Sendung. Dort wird dann verlangt werden, dass circa eine Million Psychotherapeuten eingestellt werden zur Behandlung der Frustrationsgefühle nicht geliebter Migranten und Migrantinnen.

Man möchte Daimagüler einen Satz des sozialdemokratischen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zurufen: „Ich liebe nicht mein Vaterland. Ich liebe meine Frau.“ Denn, lieber Herr Daimagüler, das ist Liebe, nicht ein abstraktes „Deutsche, ihr seid vom Grundgesetz verpflichtet, jeden traurigen Wirrkopf zu lieben.“

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