dpa-Kampagne: Trauen Sie nur der dpa

Junge Influencer sollen die Generation Z dazu bewegen, nur den traditionellen Medien zuzuhören und „Desinformationen“ zu entlarven. Dass eben jene Medien selbst hinter der vermeintlich unabhängigen Initiative stecken, ist nur eine der vielen Facetten der vermeintlichen Aufklärungskampagne.

IMAGO - Collage: TE

Die Jugend mag die traditionellen Medien nicht. Ob Fernsehen oder Print. Das beunruhigt die alten Platzhirsche, die von Abonnements leben. Denn nicht erst seit der Generation Z, sondern schon seit der Generation Y („Millennials“) informieren sich weite Teile dieser Zielgruppen im Internet. Das betrifft nicht nur die Informationssuche, sondern auch die Freizeitgestaltung – der Tatort als Lehranstalt der ARD erreicht die jüngeren Generationen so gut wie gar nicht. Meistens sind es erst die Spiegelungen auf X oder Instagram, welche die Meldungen der Mediendinosaurier an das jüngere Publikum herantragen.

Auch das sollte man wissen, bevor man auf die Initiative #UsetheNews zu sprechen kommt, die sich als „Allianz für Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter“ bezeichnet. Sie hat ein „Jahr der Nachricht“ ausgerufen. Womöglich nicht zuletzt, weil mit einer EU-Wahl und drei Landtagswahlen Ungemach droht, und die Generation der vermeintlich Informationslustlosen nicht in den richtigen Bahnen denkt.

Das gemeinnützige #UsetheNews-Projekt konstatiert dabei: Nur 21 Prozent der Internetnutzer ab 16 Jahren nutzen Faktencheck-Dienste. Dazu müsste man eigentlich sagen: Gratulation an diese vielgescholtene Generation. Die allgegenwärtigen Faktenchecker bei ARD, Quarks und BR, denen der Fernsehzuschauer ausgeliefert ist, so er nicht den richtigen Knopf auf der Fernbedienung drückt, erreichen die Gen Z erst gar nicht.

Und hier gilt es anzusetzen. Dass ausgerechnet jene Gruppe, deren Bild von den Medien seit Jahren zur grünen Vorstoßgruppe – ob in Form von Fridays for Future oder Letzter Generation – verzerrt wird, sich so gar nicht auf die richtigen Nachrichten des Massenstroms einlässt, ist eine Gefahr. Nicht etwa für die in die Krise taumelnden Verlage oder Nachrichtenagenturen; sondern – klar – eine Gefahr für die Jugend selbst. Denn die liefert sich geradewegs der Desinformation aus.

Das „Wording“ lässt bei #UsetheNews bzw. „Jahr der Nachricht“ aufhorchen. Faktencheck-Empfehlungen, Desinformation – da klingelt etwas. Und natürlich gehört zu einer der erwählten Institutionen, auf die man verweist, um auch die Wahrheit von der Unwahrheit zu unterscheiden: Correctiv.

Vor diesem Hintergrund nehmen sich einige Wertungen und Wendungen des letzten Gefechts für den dpa- und Madsack-Journalismus ausnehmend komisch aus. Desinformation sei gefährlich, weil sie Meinungen manipuliere und die Gesellschaft spalte. Sie werde verbreitet, um die eigene Weltsicht zu transportieren oder andere zu diskreditieren. Sachverhalte würden aus dem Zusammenhang gerissen und dramatisch dargestellt. Gerne nutzten die Verbreiter emotional besetzte Worte und Manipulationstechniken.

All das ist so ziemlich die Definition dessen, wie das Handwerk des legendären Artikels „Geheimplan gegen Deutschland“ aussieht. Doch um auch ganz sicher zu gehen, dass ein Artikel keine Desinformation enthält, verweist „Jahr der Nachricht“ auf die „Faktencheck-Profis“, namentlich AFP, dpa, den Faktenfuchs des BR – und Correctiv.

Wenn Unsicherheit bestehe: einfach bei Correctiv anrufen. Die Telefonnummer bzw. den Whatsapp-Kontakt preist die Broschüre schließlich überall in dem sich selbst erhaltenden Mediensystem an.

Alles andere – so könnte man meinen – sind Fake News. Aber auch den Begriff Fake News will die Aktion umfahren, denn er sei nur wenig definiert und würde „oft benutzt, um andere Meinungen oder die Arbeit der Medien abzuwerten“. Richtig gelesen: Wenn man selbst als Fake News bezeichnet wird, dann ist das eine Abwertung, bezeichnet man andere Formate als Desinformation, dann ist das keine Abwertung anderer Meinungen, sondern höchst seriös. Da hat jemand sein „Framing-Manual“ der ARD sauber gelernt.

Das Format lässt sich dabei feierlich von möglichst jungen und attraktiven „Influencern“ bewerben, die klarmachen: alles Desinformation, außer Mutti.

Dabei sind auch einige Beispiele in der Broschüre durchaus nicht unproblematisch. Etwa, wenn ein Video, das die Initiative selbst als „Satire-Video“ bezeichnet, als Desinformation wertet – denn mit Satire ist ja eben nicht die Absicht verbunden, gezielt zu desinformieren. Ähnlich auch eine Bewertung zu Kriegsgeschehen: In einem Krieg würden die seriösen Medien klarmachen, von wem ihre Informationen stammen. Dass in Gaza auch von öffentlich-rechtlicher Seite jene ominösen „palästinensischen Angaben“ herangezogen wurden, die sich häufig als Hamas-Angaben entpuppen, wäre in diesem Zusammenhang ein klassisches Eigentor.

„Angesichts der zunehmenden Gefahren durch Desinformation und rückläufige Nachrichtenkompetenz ist es wichtig, die Kräfte zu bündeln, um wirksam gegenhalten zu können. Dafür wollen wir die Vernetzung mit Partnern im In- und Ausland vorantreiben“, erklärte UseTheNews-Geschäftsführer Meinolf Ellers 2022. #UseTheNews habe seit seinem Start im Jahre 2020 die Erwartungen und Ziele der Initiatoren mehr als erfüllt und sich zur ersten Adresse rund um das Thema Nachrichtennutzung und Nachrichtenkompetenz junger Menschen entwickelt. Das enge Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis habe sich „überaus bewährt“. So konnte 2021 die Studie „Nachrichtennutzung und Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter“ veröffentlicht werden. Das im gleichen Jahr herausgegebene #UseTheNews-Playbook liefere „Inspiration und konkrete Handlungsempfehlungen“ für die Entwicklung neuer Nachrichtenangebote.

Freilich könnte man es auch „Nudging“ unter dem Deckmantel der Aufklärung nennen. Es stellt sich neuerlich die Frage: Wer korrigiert im Zweifel die Corrective?

In diesem Kontext folgt eine weitere Wendung, wie man sie von der „Rechercheplattform“ kennt. Desinformation ist schädlich, weil sie dem Staat und der Demokratie schadet. Zugleich soll Journalismus auf Missstände hinweisen. Dass die eigentliche Aufgabe der Presse die Kontrolle der Regierung ist, geht da leicht unter. Regierungskritik scheint wohl ebenso eine große Rolle zu spielen wie beim Faktencheck-Vorbild.

Dieser sich selbst gegenseitig befruchtende Faktenchecker- und Antidesinformationsreigen hat nicht umsonst die Bezeichnung eines dpa- und Madsack-Journalismus verdient. Denn die dpa empfiehlt sich de facto selbst als Wahrheitsadresse. Sie hat #UsetheNews zusammen mit der Hamburger Behörde für Kultur und Medien ins Leben gerufen.

„Unser Ziel ist es, dass viele junge Menschen im Verlauf von 2024 mit #UseTheNews in Kontakt kommen, gerade auch im Schulunterricht. Die Kooperation mit Westermann als einem der größten Bildungsmedienanbieter in Deutschland stimmt uns zuversichtlich, dass dies gelingt“, sagt Meinolf Ellers, Geschäftsführer von #UseTheNews. Die Schulbuchverlagsgruppe Westermann ist ein weiterer Förderer der Initiative.

Auch die Madsack-Stiftung wird als weiterer Förderer angegeben. Die Verlagserbin Sylvia Madsack ist Vorsitzende, die Organisation besteht erst seit 2023. Sie will die „freie Presse“ und den „unabhängigen Journalismus“ stärken. Geschäftsführer der Stiftung ist Hendrik Brandt. Er ist Chefredakteur der Verlagsgesellschaft Madsack, deren bekanntester Vertreter das Redaktionsnetzwerk Deutschland ist. Die größte Kommanditistin der Mediengruppe ist bekanntlich die SPD.

Unter den zahlreichen Partnern listet „Jahr der Nachricht“ Platzhirsche wie ARD und ZDF, den Spiegel, das Deutschlandradio, RTL, die FUNKE-Gruppe, WDR und NDR auf, aber eben auch Correctiv oder die ZEIT-Stiftung.

Von Desinformation und SPD war bereits die Rede. Da ist natürlich auch ein dritter Stein in der Assoziationskette nicht weit: Nancy Faeser. Das Bundesinnenministerium und deren bildungspolitischer Arm, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), sind ebenfalls als Förderer ausgewiesen. Welche Summen damit also der Steuerzahler in das politische Projekt investiert, ist derzeit noch unbekannt. Eine Anfrage an das Bundesinnenministerium vonseiten TE ist allerdings bereits gestellt.

Aber was ist schon schnöder Mammon wert, wenn es um die Gatekeeper-Funktion bei der deutschen Jugend geht? Schließlich geht es ja um freien, unabhängigen, faktenorientierten Journalismus. Dass das Bundesinnenministerium, verlagsnahe Stiftungen, eine Nachrichtenagentur und eine Mediengesellschaft mit starkem SPD-Anteil im Boot sitzen, kann das Bild da wohl kaum trüben.

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Kommentare ( 28 )

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Michael M.
1 Monat her

Wenn ich von den selbsternannten Faktencheckern höre/lese, muss ich immer gleich an die Zitronenfalter denken. Sachen gibt’s 🤔😉🥳.
Ich frage diejenigen, die die genannten Portale/Institutionen etc. als wichtig erachten, immer gleich wer den eigentlichen schlußendlich bestimmen bzw. festlegen soll was wahr ist und was falsch (das ist wie mit dem Hass, wer legt denn bitte fest was Hass ist und was Meinung bzw. persönliche Einschätzung).
Tja, dann höre ich meistens nichts mehr …

Last edited 1 Monat her by Michael M.
Peter W.
1 Monat her

Das Maß der Desinformation der Bürger durch die derzeitige Bundesregierung trägt nicht nur zunehmend kriminelle Züge sondern verstösst wieder einmal gegen das Grundgesetz.

GR
1 Monat her

Linke verknüpfen immer eine Wahrheit mit einer Lüge (James Lindsay, new discourses, how we fight the left). Oben, sinngemäß: Desinformation ist gefährlich, weil sie Meinungen manipuliert (wahre Aussage, wenn einige Annahmen getroffen werden, allerdings, was ist Desinformation, gibt es nur eine Meinung, die der Regierung, wieso wird die Meinung manipuliert und nicht eine falsche Meinung richtig gestellt, z. B. daß Covid nicht schlimmer als eine Grippe ist?), sie werde verbreitet, um die eigene Weltsicht zu transportieren und andere zu diskreditieren (falsche Aussage, wenn die eigene Weltsicht die richtige ist und wenn der andere Blödsinn von sich gibt). Dieser eine Satz… Mehr

Freiheit fuer Argumente
1 Monat her

AFP, Bloomberg und Reuters sind Partner (Mitglieder) von „CoveringClimateNow.org“, einem Kartell der Klimaberichterstattung.

GP
1 Monat her

Was kommt als nächstes? Vielleicht das hier?

Ein Sprachrohr der NS-Propaganda war der Rundfunk im Dritten Reich. Um Nachrichten von außen zu bekommen, mussten die Menschen ausländische Sender wie BBC hören. Doch wer beim Abhören der „Feindsender“ erwischt wurde, musste mit der Todesstrafe rechnen. Vor 65 Jahren wurde das erste Todesurteil bekannt gegeben.

EinBuerger
1 Monat her

Es ist doch so: In den Mainstream-Medien vernimmt man Tag und Nacht, dass „das Klima ganz ganz schlimm“ wird. Die „Letzte Generation“ nimmt diese Aussage in Dauerschleife für bare Münze (wie vermutlich die meisten BRD-Normies) und ziehen die logische Konsequenz daraus: „Wenn das die schlimmste Katastrophe ist, die jemals geschehen ist, müssen wir auch alles machen, um das zu verhindern. Und dass die Leute nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen, ist lächerlich in Angesicht dieser Megakatastrophe.“
D.h. die „Letzte Generation“ ist sch…egal. Der „Feind“ sind die Mainstream-Medien, die Altparteien, die NGOs und die „Zivilgesellschaft“. Also alles, was die BRD ausmacht.

Paprikakartoffel
1 Monat her

Die werden es vereint noch hinbekommen, daß niemand einer deutschen staatlich geförderten Stelle auch nur die Uhrzeit glaubt.

Und was die Jugendlichen angeht, mache ich mir keine Sorgen. Bei denen klatschen die Haltungsmärchen längst mit der ungefilterten Wirklichkeit zusammen. Danach sieht die Haltungsnummer nicht mehr gut aus…

Nordwind
1 Monat her

„AFP, dpa, den Faktenfuchs des BR – und Correctiv.“

Genau jene Medien, die grundsätzlich das Verschweigen, was nicht ins Bild passt. Sei es der Täter mit Migrationshintergrund, der Zuwachs von Stimmen der Alternative, die Versprecher und sonstigen Blamagen einer Praktikantin im Aussenministerium, …. . Wer sich auf solche Faktenchecker oder besser Wahrheitsverdreher verläßt, der ist verlassen.

Klaus D
1 Monat her

„Desinformationen“….wenn es nur um echte desinformationen ging wäre das ja ok – 1+2=4! Hier sollen ja auch meinungen als „Desinformationen“ hingestellt werden zb wenn ich der meinung bis das die jetzige massenzuwanderung uns mehr kostet als sie bringt. Was ich auch für gefährlich halte ist wenn umfragen in auftrag gegeben werden und diese als fakt hingestellt werden. Gerade wenn diese umfragen von lobbyisten gemacht werden! Hier ein beispiel dazu: In einer repräsentativen Studie wurden Kinder und junge Erwachsene nach Reaktionen zur CORRECTIV-Recherche zum Geheimplan befragt. Von den Befragten mit Migrationshintergrund geben 73 Prozent an, besorgt zu sein. Bei der Frage,… Mehr

Nibelung
1 Monat her

Die Genannten sind das Zentrallager für Informationen wo allenfallsnur noch umgepackt wird, bevor es an die Verteilung ihrer Konserven geht und kein Wunder, wenn die Nachrichten gleichlautend in jedem Blatt erscheinen, denn die alle bedienen sich dieses geistigen Einheitsbreis und somit ist die Diversifikation über eigene Recherchen nahezu am Ende, mit Ausnahme des Regionalen es sei denn, daß es noch Redaktionen gibt, die sich selbst bewegen um etwas zu eroieren, weil es ihnen spanisch vorkommt und da reicht der Radius gerade nur noch bis zur Kreisgrenze, darüber hinaus wird eingeholt, egal welchen Schwachsinn man dabei verbreitet.