Tichys Einblick
Twitter, Musk und die Linken

Das Ende der Doppelstandards: Die De-Muskierung von Linkstwitter

Kaum ein Tag vergeht, an dem Elon Musk linke Journalisten auf Twitter nicht auf die Palme treibt. Der Kampf um die Wiedererlangung kultureller Hegemonie im Netz soll nun zur linken Chefsache werden, die EU erwägt – wie könnte es anders sein – bereits Sanktionen. Von David Boos

IMAGO/Zuma Wire

In den letzten 10 Jahren hatten Konservative und Rechte aller Couleur in sozialen Netzwerken nur wenig zu lachen. Ihre Accounts wurden oftmals unter fadenscheinigen Vorwänden gesperrt, ihre Reichweite wurde fast immer unterdrückt und linke Journalisten verteidigten die Zensur unliebsamer Meinungen als „digitales Hausrecht­“. Kurzum: Es herrschte eine Hegemonie linker Debattenkultur, die nicht nur dem freien Austausch von Gedanken im Wege stand, sondern dabei auch noch furchtbar humorlos war.

Doch die als rechts eingestuften Internetnutzer bewahrten sich dennoch ihren Humor. Die wachsende Meme-Kultur war aufmüpfig und hielt der Linken einen trefflichen Spiegel vor. Ob nun Pepe der Frosch, animierte GIFs von kreischenden Linken, die die Wahl Donald Trumps nicht verkrafteten, oder die zahllosen Variationen der sogenannten Wojak-Memes, die beinahe schon tiefenpsychologisch die emotionale Fragilität der Linken demaskierten – sie alle hatten gemein, dass sie zwar kein ernsthaftes politisches Gegengewicht darstellten, aber einen satirischen Dorn im Auge der Linken bildeten.

Diese Meme-Kultur bildete nicht nur die Speerspitze politischer Satire, sie half, die Zeit zu überdauern, bis sich die Dinge änderten. Mit der Übernahme Twitters durch Elon Musk war das vorerst gelungen. Diese Übernahme bedeutete für viele Linke den sprichwörtlichen „Fehler in der Matrix“. Es war nicht vorgesehen, dass die mediale Hegemonie im Internet jemals durchbrochen werden sollte. Die Reaktionen waren so hysterisch wie erwartbar und bestätigten damit viele der stereotypen Memes über Linke.

Wie bereits bei Trump zuvor, griffen frustrierte Linke und Journalisten auch hier erst einmal auf ihr Standardrepertoire zurück: Sie drohten mit der (digitalen) Emigration, nur um nach mehrfachen Androhungen, „jetzt sei es wirklich bald so weit“, dann doch den richtigen und wichtigen Kampf nicht aufzugeben. Keiner der Hollywood-Stars, die vor der Wahl Trumps drohten auszuwandern, hatte diese Drohung je wahr gemacht. Und während sich die meisten Linken zwar mittlerweile ein digitales Zweithaus auf Mastodon gönnten und lautstark zum Umstieg aufriefen, will kaum jemand so recht den resoluten Schritt machen und in das digitale Vakuum einer Plattform mit weitaus geringerer Reichweite vorangehen.

Rechte kennen derlei Gefühle nur zu gut. Wer unliebsame Videos auf Youtube erstellte, dachte bereits seit Jahren über eine Alternativpräsenz auf Plattformen wie BitChute nach. Doch wer Hunderttausende Ansichten auf Youtube verzeichnete und davon seinen Lebensunterhalt bestritt, konnte mit einigen wenigen Tausend auf einer kleinen Plattform nie und nimmer ein Auskommen finden. So blieb man letztendlich auf Gedeih und Verderb dem Wohlwollen Youtubes ausgeliefert, wobei eine etwaige Sperre wegen Hassrede das Ende des Lebensunterhalts bedeuten könnte.

Von Doppelstandards und dem unerhörten Verlust von Privilegien

Wohlgemerkt: Solchen Repressalien ist kein linker Journalist auf Twitter ausgesetzt, auch wenn sich die Blase entsprechend geriert. Denn die Aufregung dreht sich nicht um die Benachteiligung linker Meinungen auf Twitter, sondern lediglich um den Entzug ihrer Privilegien, wodurch auch sie erstmals mit Konsequenzen für ihr Verhalten konfrontiert werden. Als Elon Musk mehrere Journalisten wegen „Doxxings“ (dem Preisgeben des Standorts einer Person) sperrte, da diese damit nicht nur seine persönliche Sicherheit gefährdet hatten, hagelte es Empörung aus dem linken Lager. Vergessen war das jahrelang vielbemühte „digitale Hausrecht“, mit dem Plattformen selbst bestimmen konnten, welche Meinungen willkommen waren, mit einem Schlag wurde die freie Meinungsäußerung, die in Zeiten von Hassrede fast schon zu einem Code für rechte Gesinnung geworden war, wieder hervorgekramt.

Wie so häufig verwendete die Linke dabei aber einen Großteil ihrer Energie auf die Empörung denn auf die Argumentation. Doxxing ist auf beiden Seiten des politischen Spektrums ein ungern gesehenes Mittel und entsprechend verpönt. Doch während linke Journalisten und Politiker ein Anrecht auf Privatsphäre einfordern, scheinen sie dasselbe Recht Elon Musk und seiner Familie nicht zugestehen zu wollen. Fast schon mit Schadenfreude wurde über Musks Bedenken bezüglich eines Stalkers gespottet, der ein Auto, in dem Musks Sohn saß, verfolgte. Wie auch in der Vergangenheit bei Trump, bewegt sich der linke Mob konsequent an der Grenze zum Aufruf zu Gewalt gegen einen unliebsamen politischen Gegner.

Doch wo Trump einen New Yorker Businessman alter Schule (gemeint sind die 80er) repräsentiert, ist Elon Musk ein „digital native”, ein geborener Internetnutzer. Seine Wirtschaftsmacht, die Trumps um ein Vielfaches übersteigt, ist der Linken ein Dorn im Auge, zumal er im Gegensatz zu vielen „Milliardärssozialisten“ ein Vertreter des freien Marktes und der freien Rede ist. Wie Trump fürchtet auch Musk nicht das Urteil des Mobs, im Gegensatz zum vormaligen Präsidenten der USA ist Musk aber auch imstande, seine Meinung öffentlich zu revidieren und einige seiner Entscheidungen selbst öffentlich zur Debatte zu stellen. Während der weltweite Feuilleton wegen der Sperrung der Journalisten noch zum Angriff blies, stellte Musk seine Entscheidung kurzerhand in einer Umfrage auf Twitter zur Debatte. Eine Mehrheit stimmte für eine sofortige Aufhebung der Sperren und Musk setzte den digitalen Volkswillen um.

Die deutsche Pflege journalistischer Traditionen

Mit Aktionen wie diesen demaskiert Musk die Internetlinke und zwingt sie zum Offenbarungseid. Auch in Deutschland teilten führende Journalisten, wie die Leiterin des Hauptstadtbüros des Spiegel, Melanie Amann, einen Tweet, der angeblich von Elon Musk stammte und in dem dieser darauf verwies, dass unliebsame Journalisten in manchen Teilen der Welt dafür ermordet würden, wenn sie sich mit den falschen Leuten anlegen. Die Mär vom verrückten Internetdespoten war um ein weiteres Kapitel erweitert worden, zu dumm nur, dass sich dieser Tweet als Fälschung und glatte Lüge herausstellte, womit Frau Amann als Spiegel-Redakteurin zumindest in guter Relotius-Tradition stand. Den Knopf zum Löschen scheint sie aber zu kennen, im Gegensatz zum Wort „Entschuldigung“.

Doch auch der CDU-Politiker Ruprecht Polenz konnte der verlockenden Fälschung nicht widerstehen und teilte diese mit einem Hinweis darauf, dass Musk Journalisten, die „er nicht mag“ von „seiner Plattform“ verbannt. Dieser Hinweis erwies sich als doppeltes Fettnäpfchen, denn nicht nur erlag er damit einem gefälschten Zitat, er ließ sich von dieser Fälschung sogar dazu verleiten, in direkten Widerspruch zur heiligen Kuh des „digitalen Hausrechts“ zu treten. Das „cuius regio, eius religio“ des Internets gilt offensichtlich nur in linken Fürstentümern. Selbstverständlich löschte auch Polenz später seinen Kommentar zur Fälschung, und selbstverständlich war auch er zu keiner Entschuldigung fähig. Stattdessen suchte er sein Heil in einer zweifelhaften Offensive. Mit seiner Behauptung, „Demokratie ist für viele lediglich, dass die Mehrheit entscheidet“, verteilte Polenz einen Seitenhieb gegen eine Reihe möglicher Kontrahenten, nicht zuletzt auch gegen Musk, der es offensichtlich wagt, dem Willen der Twitter-User nachzugeben, selbst wenn dieser nicht seine eigene Meinung widerspiegelt. Wie genau Polenz stattdessen die Demokratie definieren möchte, bleibt allerdings sein Geheimnis.

Damit aber nicht genug: In einer weiteren Umfrage stellte Musk seinen Vorsitz über Twitter zur Debatte. Nicht wenige seiner treuen Anhänger rieten ihm, nachdem er den Laden Twitter auf Vordermann gebracht hatte, die Leitung abzugeben und sich wieder vermehrt seinem Kerngeschäft bei Tesla zu widmen. Musk hatte angekündigt, das Resultat dieser Entscheidung als bindend zu betrachten. Als schließlich eine Mehrheit für dessen Rückzug stimmte, konnten Linkstwitteraner ihre Freude nicht verhehlen, sodass wohl kaum Zweifel darüber aufkommen konnten, wofür sie gestimmt hatten.

Doch auch dieser vermeintliche Sieg könnte sich nachträglich als Niederlage herausstellen, denn Gerüchten zufolge könnte ausgerechnet der Trump-Schwiegersohn Jared Kushner als designierter Nachfolger in den Startlöchern stehen. Noch aber ist es nicht soweit, denn nach Ende der Abstimmung erhoben einige Nutzer den Verdacht, dass diese öffentliche Abstimmung massiv durch den Einsatz von Bots, unter anderem vom „tiefen Staat“, manipuliert wurde. Musk kündigte an, die Abstimmung deshalb wiederholen zu lassen, nun aber nur noch unter jenen Twitter-Usern, die für ihre Verifikation bezahlt hatten.

Linke & Bots: Zwei wie Pech und Schwefel

Seit seiner Übernahme von Twitter hat Musk die Bot-Problematik auf Twitter thematisiert. Für linke Kommentatoren galt dies als Verschwörungstheorie, ebenso wie die Praxis des „Shadowbanning“, also der Reichweitenreduktion unliebsamer Accounts. Doch mit den Veröffentlichungen interner Daten in den letzten Wochen hat Musk – größtenteils ignoriert von der linken Mainstream-Presse – viele der jahrelang verbreiteten Befürchtungen bestätigt.

Es bleibt bemerkenswert, dass Linkstwitter und sogar weite Teile der Rechten an der Aufarbeitung solcher Meinungsmanipulation wenig bis gar kein Interesse haben. Umso wichtiger ist die Betonung und Offenlegung dieser Problematik durch Musk. Mit jedem Skandal, den Musk seit seiner Übernahme von Twitter offen legt, mit jeder Umfrage, die die wahren Prioritäten seiner Feinde aufzeigt, reißt Musk den linken Meinungsbildnern die Maske vom Gesicht. Man kann sich des Eindrucks nur schwer verwehren, dass er Spaß an der Sache hat, wenngleich er sich wohl bewusst ist, mit welchen Leuten er sich dabei anlegt. Wo immer die Linke gegen Musk schießt, scheint er dies bereits geahnt zu haben und lässt sie ins offene Messer laufen. Zumindest bisher. Empörung über das Twitter-Verbot von Crossposting (dem Teilen derselben Inhalte auf verschiedenen Plattformen)? Pech nur, dass die ausgelobte Alternative Mastodon dieselbe Regel hat.

Immer mehr entblößt sich der linke Meinungszirkus und ruft nun offen und händeringend nach der höchsten moralischen Instanz, die Linke kennen: dem Staat! Genauer gesagt, dem übernationalen Staat, der EU. Gut dressiert, wie die Volksvertreter sind, eilten sie auf Zuruf der empörten Journalistenschar zur Hilfe, als Musk einige Journalisten wegen Doxxing kurzfristig gesperrt hatte. Selbst UN-Generalsekretär António Guterres äußerte öffentliche Kritik (wo blieb diese, als Trump als amtierender Präsident damals von Twitter verbannt wurde?), eine der wenigen EU-Parlamentspräsidentinnen die momentan nicht in einen Skandal verwickelt ist, Roberta Metsola, zitierte Musk sogar vor das EU-Parlament, um Rede und Antwort zu stehen. Die EU tut nebenbei das, was sie immer tut, das Einzige, was ihr scheinbar immer zu einer Sache einfällt: Sie droht mit Sanktionen.

Es ist kein Geheimnis, dass Linkstwitter nichts lieber sähe als eine überstaatliche Enteignung von Musk, ja, es lechzt förmlich nach der Zerschlagung Musks, den sie an ihrem elektromobilen Busen genährt hatten und der sie mit seinem Bekenntnis zu freier Meinungsäußerung und freiem Unternehmertum so fürchterlich hintergangen hatte. Die Abtrünnigen trifft der Zorn noch härter. Musk spielt ein gefährliches Spiel, aber andere Spiele scheinen ihn nicht zu interessieren. Mit jedem Tag präsentiert uns Musk mit seinem unberechenbaren Trolling das wahre Gesicht der Linken. Sie, die ansonsten uneingeschränkt ihre kulturelle Hegemonie ausbreiten konnten, bekommen nun eine Kostprobe ihrer eigenen Medizin. Und das Beste daran? Man kann sogar herzlich dabei lachen, wenn öffentlich-rechtliche Journalisten wie Dennis Horn sich verrenken, um erst ihren Abschied mit viel Drama anzukündigen, nur um sich dann letztendlich – wie das weinende Wojak-Meme – die lächelnde Maske wieder aufzusetzen und dem Meinungsdschungel Twitter doch irgendwie erhalten zu bleiben.


Hinweis: Eine Passage über eine Studie der Universität Adelaide wurde entfernt, da sie sich als fragwürdig erwiesen hat und die Ergebnisse nicht bestätigt werden konnten.

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