Oben-Ohne-Gate in Berlin: Aus „arm aber sexy“ wurde pleite und prüde

Die Ökos und Hippies sind die feinen Leute von heute. Und sie wollen das gleiche, was die prüden Schnösel von damals wollten. Nur mit anderen Vorzeichen.

TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images
Badesee Berlin, Symbolbild

Vielleicht haben Sie von dem Fall von Gabrielle Lebreton gehört, einer in Berlin lebenden Fränzösin, deren Brüste störender sind, als die Polizei erlaubt – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn aus dem, was eigentlich ein ruhiger Familienausfug an einer Plansche im Plänterwald werden sollte, wurde für sie ein Polizeieinsatz. Sie hat es nämlich gewagt, sich oberkörperfrei in die Sonne zu legen. Zuerst kamen deswegen zwei Parkaufseher zu ihr, die sie noch vergleichsweise freundlich dazu aufforderten, sich einen BH anzuziehen, „Sie haben Brüste, das ist störend.“ Nachdem sie sich weigerte, kamen die Parkaufseher wenig später mit Polizeiverstärkung zurück. Die Polizisten ließen nicht mit sich reden und Gabrielle Lebreton musste schließlich ihre Sachen packen und gehen. Jetzt plant sie, juristisch gegen diese Diskriminierung vorzugehen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Nun, ich würde an dieser Stelle gerne mal wissen, wer nackte Brüste als störend empfindet. Andere Frauen? Wohl kaum. Kinder? Ich glaube, dass die die vorbeifliegende Libelle viel interessanter finden. Also Männer? Mir hat noch nie ein Mann gesagt, dass ihn meine Brüste stören. Also in wessen Interesse ist es, dass Frauen ihren Körper bedecken müssen? Wer ist so prüde? Sie erwarten nun sicher, dass ich das auf die islamische Zuwanderung zurückführe. Und sicher, ich halte das für einen Faktor. Muslimische Männer halten nackte Brüste sicher für störend, wenn sie schon mit sichtbarem Haar oder Knöchel überfordert sind. Allgemein scheinen streng religiöse Menschen ein Problem mit nackter Haut zu haben. In den USA gibt es zum Beispiel eine große Debatte, ob Frauen in der Öffentlichkeit stillen dürfen. Scheinbar halten es viele Männer für unanständig, ekelhaft und anstößig. Ich lese oft, dass sie sich beschweren, dass ihre Kinder das ja sehen könnten. Was sehen? Ein anderes Kind, dass eine Brust dafür nutzt, wofür sie gemacht sind – nämlich die Versorgung von Kindern? Was kommt als nächstes, wird das Stillen abgeschafft, weil es Kinder-pornografisch ist?

Nennen Sie mich feministisch, aber für mich hat das etwas besitzergreifendes. Da finden die Männer Gefallen an der weiblichen Brust und jetzt darf sie niemand anders mehr haben. Jedenfalls kann ich mir nicht anders erklären, warum die Brust im privat sexuellen Kontext erstrebenswert ist, aber wenn sie einfach nur da – im Berliner Fall – oder für andere Zwecke im Einsatz – wie beim Stillen – plötzlich ekelhaft oder anstößig wird. Oder vielleicht, können diese Männer einfach ihre vier cm nicht in der Hose behalten und wollen das aber hinter Moralapostelei verstecken. In diesem Fall muss ich an eine Bibelstelle denken, die Frauenrechtlerinnen in den USA gerne heranziehen, wenn Männer verlangen, dass Frauen sich verdecken sollen. In Matthäus 16:9 sagt Jesus nämlich: „Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg!“ Eins vergessen die Christen, die sich immer nur die Rosienen rauspicken, nämlich gerne, aber die Bibel weist die Menschen an, den Fehler bei sich selbst statt bei anderen zu suchen. Ich glaube nur leider nicht, dass ich eine ähnliche Stelle im Koran finden kann. Wenn es sie aber doch gibt, sagen Sie mir gerne Bescheid, dann bin ich gewappnet, wenn ich das nächste Mal meinen Minirock durch Neukölln spazieren trage.

Skandal: Junge Leute wollen Spaß haben
Verstoß gegen Corona-Regeln: Wenn prüde Linke von der "missratenen Jugend von heute" anfangen
Nun habe ich viel auf Religionen und Religiösen herumgehackt, allerdings muss man heutzutage gar nicht religiös sein, um auch prüde zu sein. Unsere ganze Gesellschaft ist von eine Prüderie befallen – und ich hasse es. Das fängt mit Gendern an. Ein unglaubliches Wirrwarr, das doch nur zur Selbstdarstellung dient und nicht um im ernst Diskriminierung zu bekämpfen. Ich muss bei den Gendersternchen und dem Canceln von bestimmten Wörtern immer an eine Dokumentation denken, die ich vor langer Zeit einmal gesehen habe. Da ging es um Adlige an einem Königshof, die sich aus Langeweile ausgedacht haben, das bestimmte Buchstaben nicht mehr benutzt werden dürfen.

Wer diese Buchstaben aus Versehen doch ausgesprochen hat, galt als verpönt. Als nächstes die ganzen Leute, die furchtbar stolz betonen müssen, dass sie die Grünen wählen. Das fängt bei Sebastian Vettel an und endet bei meiner Nachbarin. Ich bezweifle, dass die alle ein Herz für das Klima haben, denn sowohl Vettel als auch meine Nachbarin fahren sehr viel Auto und sie werden auch so schnell nicht damit aufhören. Vielmehr gehört es sich heute so. Wer weiß, ob sie ihr Kreuzchen am Ende tatsächlich dort machen, aber sie versprechen sich Prestige von dieser Kundgebung. Die Ökos und Hippies sind die feinen Leute von heute. Und sie wollen das gleiche, was die prüden Schnösel von damals wollten. Nur mit anderen Vorzeichen. Die Alt-Snobs meckern ihre Nachbarn an, weil sie den Garten nach 15:27 Uhr mähen: „Manche Leute versuchen hier zu schlafen“, die Neu-Snobs meckern, weil sie ihren Rasen überhaupt mähen: „Denken Sie doch an die ganzen Insekten“. Und ob sie Brüste nun anstößig finden, weil ihre verbitterte Frau sie an ihre nicht mehr ranlässt oder aus Respekt vor den neuen Zuwanderern, kommt dann auch auf das gleiche raus.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 52 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

52 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Peter Silie
2 Jahre her

Eine Frau oben ohne, die sich sonnt, ist i.d.R. ästhetisch und somit schön anzusehen. Das weiß sie und das will sie auch so und das ist völlig ok. Eine stillende Frau ist all das nicht. Eine Frau, die in der Öffentlichkeit stillt, ist kulturell ein Rückschritt und wenig zivilisiert.

Johann Thiel
2 Jahre her

Nackte Brüste in der Öffentlichkeit und unangemessene Nacktheit im allgemeinen sind ein typisches Unterklassenmerkmal, aufgrund mangelnder Kenntnis richtigen Benehmens. Da breite Schichten der Gesellschaft dies für sich in Anspruch nehmen, offenbart es deren ganze Scheinbildung und steht für den in vielen Bereichen allgegenwärtigen Hang zum Exhibitionismus.

H. Priess
2 Jahre her

Ich lach mich schlapp!! Kohorten von Feministinnen und Grünen haben dafür „gekämpft“, weibliche Geschlechtsmerkmale deutlich in der Öffentlichkeit zeigen zu dürfen. Ein Kind zu stillen und dabei seine Brust teilweise zu entblößen wurde als Menschenrecht dargestellt und das mit Recht, sage ich als Mann und Vater. Nein, es muß nicht Abends in einem Restaurant sein wenn ich am Nebentisch esse, da können die Mütter schon mal darauf verzichten ihre kleinen Babys in die Lokalität zu schleppen. Aber am Tag, wenn das Baby Hunger hat? Bei Little Britain wurde das auf die Spitze getrieben: Hapy hapy!!! Nun denn, eine blanke Brust… Mehr

Deutscher
2 Jahre her
Antworten an  H. Priess

„Ich lach mich schlapp!! Kohorten von Feministinnen und Grünen haben dafür „gekämpft“, weibliche Geschlechtsmerkmale deutlich in der Öffentlichkeit zeigen zu dürfen.“

Ja, aber nur, wenn „Femen“ oder so was draufgeschrieben steht.

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
G.H.
2 Jahre her

Leider leidet dieser Artikel an dem was so populär geworden ist: Menschen, die eine Andere Meinung haben, sind nicht nur Personen mit denen man diskutieren könnte und ausloten wie sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen sind. Nein, sie sind gleich prüde, altgestrig und können einen 4-cm-Teil nicht in der Hose halten. Es gibt durchaus gute Gründe, warum gewisse Regeln und Normen auch von konservativer Seite bevorzugt werden können. Ob die Frau in Berlin Nachricht bekommt, Darüber wird das Gericht entscheiden.

MrRobot
2 Jahre her

Von mir aus können alle nackt rumlaufen, dann aber bitte nicht beschweren, wenn in der Öffentlichkeit die anderen draufgucken. Da sollten sich die Frauen, und vor allem Feministen, einig werden, bevor sie Vorschriften für das Verhalten aller Männer machen.

donpedro
2 Jahre her

stiere ich als mann einer frau im aufzug auf ihren busen, bin ich ein schweinischer sexist.
zeigt die gleiche frau aber ihren nackten busen und ich fuehle mich nun vera…, bin ich pruede.
meine damen, wie haettet ihrs denn gerne?

Karl Schmidt
2 Jahre her

Die Frau im Gespensterkostüm ist so anstößig wie die Frau, die ihren Körper ohne Kleidung zeigt. Ein interessantes „Problem“. Warum ist das eigentlich so? Zunächst einmal fällt auf, dass Frauen mehr im Blickpunkt stehen als die Männer, die zumindest bei der Verhüllung die treibende Kraft sind. Das übrigens ein wesentlicher Unterschied: Eine Frau, die Brüste zeigt, tut dies aus eigenem Entschluss – hier vermutet man keine Hintermänner. Warum darf frau sich dazu nicht entscheiden? Hier handelt es sich um ein soziales Phänomen, welches in unterschiedlichen Regionen der Welt allerdings unterschiedlich bewertet wird. Es ist also antrainiert und keine natürliche Reaktion.… Mehr

EinBuerger
2 Jahre her

Ja und? Was wurde von den Ordnungskräften bzw. der Polizei als Grund angegeben. Einfach nur „Das ist hier halt so“ oder wurden spezielle Gründe angegeben? Sonst ist alles doch nur Mutmaßung.

Don Martin
2 Jahre her

Einen passenden Link hab ich heut bei Achgut gefunden:
Zurück in die Zukunft

josefine
2 Jahre her

Liebend gern werden auch Damen am FKK-Strand photographiert oder gefilmt.
Diese Photos werden dann weiter versandt an Freunde und männliche Verwandte.
Das geschieht nicht nur am FKK-Strand, selbst Textilstrände werden ausführlich „beglotzt“.