Warum werden „Ministerpräsidenten“ gegendert, nicht aber „Deppen“?

Am Mittwoch konferierten wg. Corona per Videoschaltung die - O-Ton Tagesschau und heute – „Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin“. Nach den Beschlüssen werden sich viele Bürger, vor allem im Süden des deutschen Sprachgebietes, fragen: Sind wir Deppen?, aber niemand wird sagen: Sind wir Deppinnen und Deppen? Gendern ist also relativ.

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In dem Roman Die Rumplhanni von Lena Christ (1881-1920) sagt eine Münchnerin zur Hauptfigur, der Bauernmagd Johanna Rumpl: „Unseroana is und bleibt der Depp. Im Lebn und im Sterbn“. Der Ausdruck Depp (eine Ableitung von tapp-en „unbeholfen, unsicher gehen“) bedeutet hier nicht abwertend „ungeschickter, einfältiger Mensch“ (DUDEN), sondern „Verlierer“, neudeutsch: „Loser“.

Es heißt zwar der Depp, aber die Bedeutung ist geschlechtsneutral: „Ich bin doch kein Depp (= nicht blöd)!“ kann ein Mann oder eine Frau ausrufen. Gibt es sprachlich auch die Depp-in? Als theoretische Wortbildung ja; im tatsächlichen Sprachgebrauch kommt sie aber sehr selten vor, weil man beim Gendern negative Bezeichnungen vermeidet. Zum Beispiel ist in allen Ausgaben der ZEIT (1947-2017) Depp 432 mal belegt und Depp-in kein einziges Mal. Auch der DUDEN – der ansonsten bei Personenbezeichnungen die maskuline und feminine Form (Ministerpräsident; Ministerpräsidentin) aufführt – bucht Deppin nicht.

Am Folgetag der Bund-Länder-Beratungen über die Coronakrise berichtete die Süddeutsche Zeitung (26.11.2020): „Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach nach der mehrstündigen Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten von einem Teilerfolg“. Aber warum nennt die SZ als Teilnehmer nur die „Ministerpräsidenten“ und nicht, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR), die „Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten“? Vermutlich, weil eine Zeitung auf die Sprachgewohnheiten ihrer Nutzer Rücksicht nehmen muss. Die Pluralform Ministerpräsidenten bezeichnet eine Personengruppe aus Männern und/oder Frauen, und im konkreten Beispiel handelt es sich weder um eine Anrede noch muss die Geschlechtszugehörigkeit hervorgehoben werden. Alle, Männer und Frauen, waren sich ja einig.

Im ÖRR ging es um dieselbe Information, aber plus Symbolik: Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten klingt gewichtiger als einfach Ministerpräsidenten. Die Paarform wirkt wie ein sprachlicher Kotau: sechzehn Silben lang – länger als Kaiserlich-königliche Majestät – zieht sich die Wortschleife hin, und der Effekt kann noch verstärkt werden, wenn man (wie eine Moderatorin) Ministerpräsidentínnen betont.

Fazit: Die Gebührenzahler, die den ÖRR und seine Nachrichten aushalten müssen, sind wieder einmal die „Deppen der Nation“. Aber vielleicht sind die „letzten Deppen und Deppinnen“ andere.

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Kommentare ( 18 )

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kopfschuettelnder Buerger
4 Jahre her

Und das WDR-Fernsehen schaffte in seiner aktuellen Stunde (18.45h bis 19.30h) in der vergangenen Woche – leider kann ich den Wochentag nicht mehr erinnern – bei seiner täglichen Corona-Alarmberichterstattung folgende neue Sprachschöpfung: „… Einzelhändler und Einzelhändlerinnen …“, wobei sich der Moderator Michael Dietz bei „-innen“ deutlich hörbar verschluckte oder war das vielleicht ein unterdrücktes Lachen, weil er sich beim Ablesen von seinem Sprechzettel selber etwas deppert vorkam?

Alter weiser Mann
4 Jahre her

„Warum werden „Ministerpräsidenten“ gegendert, nicht aber „Deppen“?“ ist für mich evident. Denn nur Deppen gendern „Ministerpräsidenten“, etc. aber nie sich selbst. Es ist das Eingeständnis über sich selbst, wie deppert das Gendern ist.

SamText
4 Jahre her

Ja, genau! Die Konsequenz der GendererInnen vermisse ich auch schon lange! Ich fordere, dass ab sofort sämtliche, zumeist männlichen Schimpfwörter politisch, sex- und gendergerecht gebraucht werden, Ihr ArmleuchterInnen! Außerdem müßte es auch schon lange MenschInnen heißen! Herrgöttin nochmal!

Hugo Treppner
4 Jahre her

Das heißt seit neustem gegendert Ministerpräsident*innen, der *, der für das dritte Geschlecht steht, wird mit dem „Glottisschlag“ politisch Korrekt akustisch verbalisiert. Dieser vokalische Anlaut, ein alle Geschlechter umfassender Minirülpser, gehört jetzt zum guten Tone und hat in die Talkshows schon Einzug gehalten .
Übrigens: Die am besten gegenderten Reden hält Recep Tayyip Erdoğan, da die türkische Sprache kein grammatikalisches Geschlecht kennt. Ein Machogesellschaft, wie die türkische- hat die vorbildlichste Gendersprache. Sollte das den politisch korrekten Sprachvergewaltiger*innen nicht zu denken geben?

hp
4 Jahre her

Mal abgesehen davon, dass beim gängigen feministischen Gendern ständig das Dritte Geschlecht ignoriert wird, das zeitweilig in der öffentlichen Diskussion so wichtig schien, von dem man/frau/x ja trotzdem nicht weiß, wie und wo es verbreitet ist,
… wird tendenziell eher Positives gegendert als Negatives. In Zeiten des anbrechenden Matriarchats werden gerechte Frauenquoten ja auch nur für Vorstände und führende toll bezahlte Positionen gefordert, nicht für die Müllabfuhr und Grundschullehrer*innen. Wo bleiben die Rechtsextrem*innen und Verschwörungstheoretiker*innen? Merke: Das Böse ist eher männlich.

bessy
4 Jahre her

Ich frage mich wer zu dieser Sprachänderung Impuls gab? Was ist hier los, wenn ein paar Dep;innen die Sprache vergewaltigen kann? Werden Bücher der Dichter und Denker umgeschrieben?

HGV
4 Jahre her

Ganz einfach – „Männer sind Schweine!“ bis dass die Ärzte kommen!

muthlos
4 Jahre her

Selbst die Zementsäcke im Baumarkt werden schon gegendert: Zement/innen.Ich lese zwar von „islamistischen Gefährdern“ aber nie von Gefährderinnen bzw Terroristinnen.Gibts die nicht?Gendern ist Unsinn.

Anstaltsdirektor
4 Jahre her

Ich komme grad von der A 2, eine Falschfahrer_in kam mir entgegen. Wo bleiben nur die Bull_innen, wenn man sie mal braucht ? Die Trümmer müssen wieder mal die Trottel_innen der Autobahnmeister_in abräumen. Ich bin empört, da kann man glatt zur Täter_in werden !

Deutscher
4 Jahre her

So ist es halt, wenn man Idiotinnen und Idioten ein Mikro unter die Nasen und Nasern hält.

Micci
4 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Ergänze: „… ein Mikrofon oder eine Mikrofonin …“!

Ein billiger Kalauer? Schön wär’s! Nein, so stand das allen Enstes (und nicht als Druckfehler!) im Programmheft des Deutschen Evangelischen Kirchentags Stuttgart, Juni 2015. Man forderte auf, sich einzubringen über „Saalmikrofoninnen und -mikrofone“!

Tja, der selige FJS hat genau davor gewarnt, aber dieses Land hat sich trotzdem entschieden, nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip umgeformt zu werden. Mit 87% Zustimmung. Und? Läuft!

Deutscher
4 Jahre her
Antworten an  Micci

Im Ernst? Ich sag ja: Das Kabarett kann der Realität nur noch hinterherhinken. Nur wenige vermögen es, der galoppierenden Verblödung satirisch noch gerecht zu werden. Da braucht es dann schon die geniale Analyse, das große Wissen und das rasiermesserscharfe Mäulchen einer Lisa Eckart.