Ende August 2014 machte das Kanzleramt mit einer Stellenausschreibung Schlagzeilen: Gesucht wurden Psychologen, Anthropologen und Verhaltensökonomen. Dabei ging es nicht um irgendein Projekt, sondern um Stellen in Stab „Politische Planung“. Es geht also durchaus um das, was man die „Richtlinien der Politik“ nennt, deren Bestimmung die Aufgabe des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin ist. Vielleicht ist sogar mehr im Spiel – eine schleichende Umdefinition dessen, was unter Politik überhaupt zu verstehen ist.
Auf den ersten Blick ist die Berufswelt in Deutschland so heil wie lange nicht mehr. Es sind mehr Menschen in Arbeit und Brot als je zuvor. Doch die Zukunft dieser heilen Welt ist auch so unsicher wie lange nicht mehr. Eine wachsende Zahl privater und öffentlicher Arbeitgeber findet kein passendes Personal mehr, das Wort von der Fachkräftelücke macht die Runde.
Die günstigen Arbeitsmarktzahlen können also ein Übergangsphänomen sein: Eine Nachfrage nach Arbeitskraft stößt zwar „gerade noch“ auf ein Angebot an Arbeitskräften, aber schon jetzt hält dies Angebot nicht mehr, was es verspricht.
Seit Jahresbeginn findet in Deutschland ein Übergriff auf das Wirtschaftsleben statt, den selbst skeptische Geister kaum für möglich gehalten hätten. Mit dem Start des gesetzlichen Mindestlohns ist die Pflicht eingeführt worden, jede einzelne in diesem Lande geleistete Arbeitsstunde schriftlich zu dokumentieren und auf Verlangen einem amtlichen Betriebsprüfer vorzulegen. Das bedeutet einen wahrhaft höllischen Aufwand, denn es müssen Tag für Tag jene unzähligen Fluktuationen des Arbeitsgangs protokolliert werden, die in der heutigen Arbeitswelt normal sind.
