Hilmar Hoffmann hat viele Kulturschaffende versorgt, also durfte das NSDAP-Mitglied behalten, was dem Nichtmitglied Heinz Rühmann aberkannt wurde, die Ehrenmedaille der deutschen Filmwirtschaft.
picture alliance / Sammlung Richter | -
In Deutschland, hatte Johannes Groß schon vor Jahren festgestellt, wächst der Widerstand gegen Adolf Hitler von Tag zu Tag. Jetzt hat sich die Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft der Bewegung angeschlossen und Heinz Rühmann den ihm vor mehr als fünfzig Jahren verliehenen Ehrenpreis aberkannt. Er sei ein Nazi gewesen, hieß es zur Begründung. Die Antifa ist an der Macht, und wer was werden will, muss sein Mäntelchen in den Wind hängen.
Rühmann, aus Filmen wie der Feuerzangenbowle oder dem Hauptmann von Köpenick immer noch wohlbekannt, hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Er hatte nur das Pech, zu einer Zeit zu leben, als in Deutschland die Nationalsozialisten an der Macht waren; war allerdings im Unterschied zu Hilmar Hoffmann, dem Leit- und Schreckbild der deutschen Kulturindustrie, nie Mitglied der Partei geworden. Dieser Unterschied macht es zu einem Gebot der Gerechtigkeit, die beiden Herren miteinander zu vergleichen.
Über Rühmann gibt es erheblich mehr und Besseres zu berichten als das, was ein williger Gutachter am Münchner Institut für Zeitgeschichte ausgegraben und zusammengetragen hat. Es gibt das Zeugnis eines Zeitgenossen, der wusste, wie es im Dritten Reich zuging, der dieses Reich deshalb verlassen und in Amerika Zuflucht gefunden hatte. Es stammt von dem Dramatiker Carl Zuckmayer und entwirft von Rühmann, dem geborenen Schauspieler, ein ganz anderes Bild als der Beckmesser aus München.
Wohlvertraut mit der Kultur- und Künstlerszene seiner Zeit, erinnert Zuckmayer an die beträchtlichen Schwierigkeiten, die Rühmann auf sich genommen hatte, um den Nationalsozialisten aus dem Weg zu gehen. Mehr, schreibt er, brauche über Rühmanns einwandfreien Charakter „und seine wirklich bezaubernde Persönlichkeit“ nicht ausgesagt zu werden. In der ihm eigenen Noblesse begnügt sich Zuckmayer mit ein paar Andeutungen über Rühmanns private Verhältnisse und und beschließt sein kurzes Porträt mit dem schönen Satz: „Charakterlich ist er in jedem Fall ein vorzüglicher Mann“.
In dem Gutachten, auf das sich die erwähnte Spitzenorganisation für ihre Ehrabschneiderei beruft, findet sich davon nichts. Rühmann, so der Verfasser, habe sich angepasst, und das genügt ihm, um den Daumen zu senken. Auch Hoffmann hatte sich angepasst, viel gründlicher sogar als Rühmann. Mit 17 Jahren war er Mitglied der NSDAP geworden, eigener Auskunft zufolge am 20. April, „Führers Geburtstag“ also. Aber das zählt nicht, denn anders als Rühmann hat Hoffmann sich nicht nur einmal, sondern gleich zweimal angepasst. Und zweimal ist eben besser, führt weiter und bringt mehr ein als einmal.
Nachdem es mit dem „Führer“ nichts geworden war, hatte Hoffmann nicht nur bereut. Er hatte tätig bereut, und das hat sich nun ausgezahlt. In Oberhausen hatte er mit den Kurzfilmtagen, in Frankfurt mit dem deutschen Filmmuseum, europaweit mit seiner Dauerpräsenz in allen möglichen Preisgerichten seine Klientel, die Filmschaffenden, mit Geld und Stellen versorgt. So etwas vergisst die Szene nicht, so etwas wird belohnt. Und darum durfte Hilmar Hoffmann behalten, was Heinz Rühmann abgesprochen worden ist, die Ehrenmedaille der deutschen Filmwirtschaft.



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