Wirbel um 100 Millionen Euro: Hertha BSC Berlin und Investor Windhorst

Der Bundesligist Hertha BSC Berlin zofft sich mit Lars Windhorst. Zwischen dem Verein und dem Investor, der jetzt schon 274 Millionen Euro in die alte Dame investiert hat, gibt es große Differenzen.

imago images / Matthias Koch
Hertha-BSC-Investor Lars Windhorst

Als hätte Hertha BSC Berlin nicht schon genügend sportliche Probleme in der Fußball-Bundesliga, kommen nun kommunikative und wirtschaftliche Diskrepanzen zwischen der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA und der Tennor Holding zum Vorschein, die bereits 274 Millionen Euro in den Club investiert hat. Es geht um eine weitere Windhorst-Rate von 100 Millionen Euro, die gemäß einer gemeinsamen Verlautbarung vom 1. Juli 2020 bis spätestens Ende Oktober an die Hertha überwiesen werden sollte. Erst nach einem forschen Nachhaken der Sport-Bild und der Berliner Lokalpresse antworteten die Lager zuerst sehr unterschiedlich und dann einträchtig. Man habe sich mit der Tennor Holding bezüglich der ursprünglichen Zahlungsplan verständigt, teilten die Blau-Weißen mit und weiter: “Somit ist gewährleistet, dass der gesamte Betrag innerhalb eines laufenden Geschäftsjahres der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA zufließt.” Die Tennor Holding pflichtete bei: “Wir können bestätigen, dass es jetzt eine Vereinbarung über einen Zahlungsplan gibt”. Der Zeitpunkt und die Art und Weise, wie beide Seite über die Vereinbarung denken, ist irritierend. Will heißen: Eine Zahlungsvereinbarung, wie sie am 1. Juli 2020 kommuniziert wurde, habe es also gar nicht gegeben. 

Es knarrt gewaltig beim Hauptstadtclub und immer mehr kommt zum Vorschein, dass es große Differenzen gibt zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim Team Hertha BSC/Tennor Holding. Wer 274 Millionen Euro für 49,9 Prozent der Anteile des Clubs kauft, will, dass mit diesem Geld nicht nur Schulden abgebaut werden, sondern in den Kader investiert wird. Erst Ende Oktober hatte Finanzchef Ingo Schiller bekannt gegeben, dass man weiterhin die Verbindlichkeiten abbauen und das Eigenkapital stärken will. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man bedenkt, dass seit Ausbruch der Pandemie weitere Mindereinnahmen von mehr als 35 Millionen Euro entstanden sind. 

Die Tennor Holding erhöht zurecht ihre Ansprüche

Man mag Lars Windhorst und seiner Investorengruppe Dank sagen für die insgesamt 374 Millionen Euro, doch war schon vor dem Einstieg in Berlin klar, dass das Engagement weit mehr Mühen bedarf als ehemalige Lichtgestalten des deutschen Fußballs (zuerst Klinsmann, jetzt Lehmann) zu installieren. Für die Pandemie sind weder Hertha BSC noch die Tennor Holding verantwortlich, doch hätten Experten, die nicht nur auf den schnellen Euro aus sind, warnen können, dass ein Einstieg in den Profifußball mehr sein muss als einen Investition von 374 Millionen Euro. Schon gar nicht bei einem Verein, der seit Jahren erfolglos ein reines Fußballstadion bauen will. Und schon gar nicht in einer Stadt, die mehr zu bieten hat als Hertha BSC Berlin. Da hätte sich das Nachfragen bei den Scheichs und Oligarchen dieser Welt gelohnt, die in den vergangenen 20 Jahren in Großclubs wie Manchester City, FC Chelsea, Red Bull Leipzig oder Paris St. Germain investiert haben. Denn vor der Rendite kam zuerst die horrende Investition in den Standort und in diese Struktur des Vereins. Lars Windhorst, der in den vergangenen Jahren schon sehr viele Höhen und auch Tiefen durchlebt hat, tut gut daran, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen und nicht nur als Investor zu glänzen. 

Ex-Sky Deutschland Chef Schmidt wird der neue starke Mann

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Den ersten Schritt hat er nun gemacht und wird Carsten Schmidt zum 1. Dezember zum neuen starken Mann bei der Berliner Hertha machen. Der langjährige Chef von Sky Deutschland übernimmt dann den Vorsitz der Geschäftsführung und wird somit Vorgesetzter von Finanzchef Ingo Schiller und Manager Michael Preetz. Lars Windhorst erhofft sich vom 57-jährigen Niedersachsen Schmidt eine Zeitenwende bei der verstaubten alten Dame: “Seine Vita und seine Kompetenz passen sehr gut zu dem neuen Weg, den Hertha BSC eingeschlagen hat. Er ist ein Medien- und Marketingprofi”, sagte der 43-jährige Windhorst gegenüber der Berliner Zeitung. Somit betonte er aber auch zwischen den Zeilen, dass er nun mehr verlangt für seine Investition. Ausreden wie Pandemie oder Standortsuche für ein neues Stadion lässt er nur noch bedingt gelten. Es ist für ihn nun eine neue Chance, weitere Investoren für die Berliner Hertha zu gewinnen. Vielleicht die letzte.

Immer noch kein neuer Hauptsponsor

Lange Zeit war es ruhig im Berliner Westend. Nach dem Hollywood-Gebaren von Jürgen Klinsmann Anfang des Jahres war Ruhe rund ums Olympiastadion eingekehrt. Trainer Bruno Labbadia und Manager Michael Preetz konnten mit den Millionen von Lars Windhorst ein schlagkräftiges Team zusammenstellen und sprachen unisono vom internationalen Geschäft und den gemeinsamen Zielen mit dem neuen Investor und den Geldgebern. Aus Imagegründen hatte man sich auch vom langjährigen Hauptsponsor TEDi getrennt, der jährlich 7,5 Millionen Euro bezahlt hatte. Auf der Brust sollte es schon mehr sein als ein deutscher Non-Food Händler. Man sprach von globalen Unternehmen wie Tesla, Amazon oder Google. Doch Pustekuchen. Das Jersey der Hertha hatte bisher als Hinweis auf die AHA-Regeln in der Pandemie gedient und das wird sich auch nach dem 3:0-Auswärtssieg in Augsburg am letzten Bundesliga-Spieltag noch nicht so schnell ändern. Denn solange der Spitzensport vor leeren Rängen stattfindet und dementsprechend auch die TV-Einschaltquoten stagnieren oder sogar sinken, werden starke Player keinen Grund dafür haben, bei Hertha BSC Berlin zu investieren. Vielleicht hat Lars Windhorst nun mit Carsten Schmidt eine passende Antwort gefunden. Der ehemalige Sky-Chef genießt eine guten Ruf in der Branche und scheut nicht davor, mit eisernem Besen durch zu kehren. Vielleicht wäre das eines der Erfolgsrezepte für eine rosige Zukunft von Hertha BSC Berlin. 

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Kommentare ( 13 )

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Andreas aus E.
3 Jahre her

Wir brauchen einen Hauptstadtclub, in dem die Söhne (oder, divers, auch Töchter*Innen) verdienter Genossender um die Meisterschaft kicken, und wer es wagt gegen die ein Tor zu schießen darf im Endlager die Aschenbecher leeren.

Es ist wirklich ein Jammer: Die machen auf dick-totalitäre Hose, haben aber keinen Schimmer das auch umzusetzen. Mei-o-mei, geht mal beim FC Pjöngjang schnuppern, die in Berlin kriegen nichtmal anständig korrupten Fußballspitzenreiter hin, es ist eine Schande.

A. Griessmann
3 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

„Wir brauchen einen Hauptstadtclub, in dem die Söhne (oder, divers, auch Töchter*Innen) verdienter Genossender um die Meisterschaft kicken, und wer es wagt gegen die ein Tor zu schießen darf im Endlager die Aschenbecher leeren.“
Hatten „wir“ doch schon- der Verein wurde von einem wahren Fussballfan Erich Mielke „betreut“ und BFC Dynamo genannt.

CIVIS
3 Jahre her

Ehrlich gesagt,

  • seitdem im Vereinsfußball als auch in der Nationalmannschaft das „Deutsche“ mit zunehmender Vehemenz gestrichen und getilgt wurde
  • seitdem es nur noch „Die Mannschaft“ gibt
  • seitdem in allen Mannschaften mehr Ausländer und mehr ´farbige Buben` mit Migrationshindergrund als mit deutschen Wurzeln auflaufen
  • seitdem sich die Spieler mehr der „Black-Lifes-Matter- Hymne“ verpflichtet fühlen als der „deutschen Nationalhymne“
  • seitdem habe ich an Fußball -auch schon lange vor Corona- jegliches Interesse verloren.

Mag jeder investieren wo und für wen es will; …nicht (mehr) mein Problem !

Aegnor
3 Jahre her

Wenn es „nur“ um Fußball geht, hat Berlin schon etwas zu bieten. Bei Union wird richtig gute Arbeit gemacht. Muss man neidlos anerkennen. Die halten sich, anders als die Hertha, allerdings auch von der Berliner Politik fern.

badmoon
3 Jahre her
Antworten an  Aegnor

Union, waren das nicht die Rebellen gegen den Stasi Staat ? Und heute ? Union ist für mich der Club der die Flagge der DDR hochhält.

Milliarden von Galaxien
3 Jahre her

„Zu einem Investment von über 300 Millionen in einen schon seit Jahrzehnten (immer?) wegen seiner Inkompetenz berühmten (berüchtigten?) Klub, fehlen mir, ehrlich gesagt, die Worte.“
Sie haben ja so recht. Ich möchte noch dazu mal auf den (nicht direkt bestehenden, aber offensichtlichen) folgenden Zusammenhang verweisen.
Berlin Inkompetenz Finanzprobleme/-unklarheiten rot-rot-grün
Ein Teufelskreis, aus dem man nicht mehr herauskommt.
Ich spare mir den Hinweis auf einen totgeborenen Flughafen.

Chris_Muc
3 Jahre her

Wieviele Insolvenzen – privat wie geschäftlich – hat denn der Herr Windhorst eigentlich schon hinter sich?
Wer sich als Verein von so einer Luftnummer wie den Windhorst abhängig macht, der hat weder eine rosige noch schwarze Zukunft, der hat überhaupt keine Zukunft.

Andreas aus E.
3 Jahre her
Antworten an  Chris_Muc

Windhorst mag windig sein, aber eins muß man ihm lassen: Der hat vielen Jungunternehmern seinerzeit Mut gemacht, es auch zu versuchen.
Er als Hänfling im Anzug neben dickem Kohl – da spottete unsereins natürlich, aber da war auch Neid dabei, man dachte doch: Respekt, der etwa gleichen Alters, der traut sich was.

Chris_Muc
3 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Ja verkaufen konnte er sich immer gut, schon als Teenager. Schon damals war es aber mehr Schein als Sein. Und Kohl hat dieses „Wunderkind“ als PR-Geschenk natürlich dankend angenommen, indem er ihn mit im Flieger auf Wirtschaftsreisen nahm.
Wenn man aber mal ein bisschen über Windhorst und seine „Geschäfte“ so in den letzten 20 Jahren im Netz recherchiert, dann frag ich mich wie die Hertha-Bosse so einen ins Boot holen und sich so von ihm abhängig machen konnten. Meine einzige Erklärung ist, daß es der Hertha finanziell wohl ziemlich mies ging und man froh über jeden Rettungsanker war.

Chris_Muc
3 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Ich habe Herrn Windhorst übrigens mal vor 5 oder 6 Jahren auf einer Konferenz in Berlin reden hören. Schon damals wunderte ich mich, daß ihm 3 Bodyguards auf Schritt und Tritt folgten. Wie gesagt, wenn man sich dann mal über seine Geschäfte schlauer macht, wundert es dann nicht mehr so arg..

Detlef Rogge
3 Jahre her

Ausser ein paar alten deutschen Zauseln, denen die Uhr vor Jahrzehnten stehen geblieben ist, interessiert sich in Berlin kein Mensch mehr für Hertha. Schon in frühere Zeit hielt sich die Begeisterung der Berliner für ihren Club in engen Grenzen. Überhaupt war Berlin zu keiner Zeit das, was man eine Fussballhochburg nennen konnte. Profifussball ist auf dem absteigenden Ast, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Zielgruppe für derartiges Amüsement – deutsche Unterschicht – langsam ausstirbt. Der Ersatz, fussballbegeisterte Türken und Araber, spielt in eigenen Clubs, da bleiben auch die Fans ethnisch unter sich.

Wolf Koebele
3 Jahre her

Ich glaub’s nicht! Woher kommt all der Zaster, damit irgendwelche Dagoberts sich drin suhlen können? Das hat wirklich schon Dimensionen wie unter Justinian in Byzanz. Wer hat diese Summen erwirtschaftet? Wieso bekommt ein Journalist ein Honorar für SO WAS?

B. Meyer
3 Jahre her

Tja, da haben sich die Vereine alle so tolle Geschäftsmodelle erarbeitet, geplant, Finanzierungskonstrukte geschaffen, Infrastrukturen modernisiert ….. und dann kommt die Corona-Merkel! Glaubt denn wirklich noch jemand, dass die Stadien wieder voll besetzt werden unter Angela – wie freuen sich wohl die Investoren hinsichtlich ihrer mit vielen Millionen neu erbauten Stadien (ich denke da bspw. an Bremen, Saarbrücken usw. ….) – wer zahlt denn da den Kapitaldienst?! Wenn keiner auf Dauer mehr ins Stadien kann (oder auch nur zu 10% besetzt), dann fehlt doch jeder Bezug zur Mannschaft; da spielt der Fan die Saison virtuell mit Fifa 20 oder wie… Mehr