Automobilindustrie schlägt Alarm: Jedes fünfte Unternehmen verlagert ins Ausland

Deutschland droht der Verlust zahlreicher Betriebe der Autoindustrie. "Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland verschlechtert sich in einer dramatischen Geschwindigkeit", sagt VDA-Chefin Hildegard Müller. Indirekt fordert sie auch den Weiterbetrieb der Kernkraft und Fracking in Deutschland.

IMAGO / aal.photo
Hildegard Müller, Präsidentin des Verband der Automobilindustrie

Die Chef-Lobbyistin der deutschen Autoindustrie dringt wegen der steigenden Energiekosten auf eine rasche Entlastung der Firmen. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ruft allerdings nicht nach dem, was Robert Habeck verspricht, nämlich ein gigantisches, letztlich schuldenfinanziertes Hilfspaket, sondern fordert in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Wir müssen vor allem runter mit Steuern, Abgaben und Umlagen.“

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Müller zeichnet ein finsteres Bild ihrer Branche: „Noch werden angestaute Aufträge abgearbeitet, die vor allem wegen des Halbleitermangels und des Rohstoffmangels warten mussten. Aber die neuen Aufträge gehen spürbar zurück, das haben mir viele Hersteller gesagt. Man merkt in dieser Branche, dass sich die volkswirtschaftlichen Erwartungen gerade wöchentlich verschlechtern – und dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bei Neukäufen zögern.“

Zehn Prozent der Mitgliedsunternehmen im VDA hätten bereits jetzt Liquiditätsprobleme, ein weiteres Drittel erwarte signifikante Probleme in den kommenden Monaten. „Die Hälfte unserer Mitglieder hat deshalb bereits geplante Investitionen gestrichen oder verschoben – und mehr als ein Fünftel verlagert nun ins Ausland.“

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Müller spricht von einer „Achsenverschiebung“. Das bedeute: „Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland verschlechtert sich in einer dramatischen Geschwindigkeit. Zur Wahrheit gehört dabei, dass die Hersteller ihr Geld in erheblichem Umfang in ausländischen Märkten – außerhalb Europas – verdienen, ihre Gewinne aber sehr stark für die Transformation einsetzen und dadurch Rekordsummen investieren können.“

Müller, eine politische Freundin von Ex-Kanzlerin und Atomaussteigerin Angela Merkel, nimmt das Wort Kernkraftwerke nicht in den Mund. Aber indirekt fordert sie doch deren Weiterbetrieb, indem sie sagt: „Alle Energieträger müssen laufen.“ Dazu zählt für sie auch Fracking in Deutschland: „Wir nehmen gefracktes Gas aus allen Teilen der Welt, aber wir selbst lehnen schon die Debatte über Fracking bei uns ab. Bisher konnten wir in Deutschland Unbequemes auslagern – das geht nicht mehr. Fakt ist: In Zukunft werden wir uns wieder selbst mehr helfen müssen. Dabei gilt: Wir müssen die Debatten entideologisieren. Es werden harte Zeiten auf uns zukommen.“

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Kommentare ( 67 )

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Atheist46
1 Jahr her

Die Südkoreaner (Hyundai/KIA/Genesis) holen deutsche Spitzenkräfte in den Vorstand (Peter Schreyer von VW/Audi für Design, Albert Biermann von BMW M für Fahrzeugentwicklung) und lassen sie den Weltmarkt aufmischen, die Deutschen hieven zweitklassige Manager in den Vorstand (Markus Duesmann bei Audi), die mit Forderungen nach Fahrverboten beim drittklassigen Politpersonal um gut Wetter betteln – wer wird da wohl das nächste Jahrzehnt besser überstehen?

ImmerSemper
1 Jahr her

Bravo, auch ich halte viel von Hans Werner Sinn. Der hat den ganzen grünen Energie-Mumpf an seinem Institut durchrechnen lassen und ad absurdum geführt. Für die Köpfe in der Industrie ist schon lange klar, was hier in Deutschland gespielt wird. Und die arbeiten nicht erst seit gestern mit Zehnjahresplänen.

Ralf Poehling
1 Jahr her

Ich will, dass die deutsche Wirtschaft rebelliert, anstatt abzuwandern. Der Wahnsinn in diesem Land ist politisch verursacht. Das kann man ändern. Man muss nur anders wählen. Wer Steuersenkungen und die Rückkehr zu Kernkraft will, der kann die Alternative wählen. Wir leben in einer Demokratie und der Wähler selbst entscheidet, was für ihn gut ist. Man darf sich nur nicht andauernd von den Claqueren der Altparteien einreden lassen, dass wir der Satan wären. Das ist nicht so, das war nie so und wird auch nie so sein. Man muss nur mal mit uns das Gespräch suchen und sich selbst davon überzeugen,… Mehr

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  Ralf Poehling

Natürlich haben Sie recht, aber die heutige Politikerkaste „überzeugen“! Ideologen kann niemand überzeugen, sie sind Sektierer, sie kennen nur eine „Wahrheit“, nämlich ihre zusammengebastelte. Und wenn ein Industrievertreter die Wirklichkeit darlegt, wird er nicht gelitten, er wird zur Seite geschoben, alles, was er sagt, als „nicht hilfreich“, als idiotisch abqualifiziert, und die Stakeholder machen ihn mitsamt der Firma fertig. Er hat also überhaupt keine Chance, mit Vernunft durchzudringen. Der Ball liegt im Feld der Bürger, die müssen diese furchtbaren Leute vom Spielfeld jagen und dafür sorgen, dass die mit ihren dummen Sprüchen, zu denen u. v. a. „Speicher ist das… Mehr

Mausi
1 Jahr her

Das läuft doch nach Plan. Wieso sich jetzt beschweren? Um gut da zu stehen? Ja, unsere Bürger werden darauf reinfallen. Sie fallen immer drauf rein. Sieht man an den von Gewerkschaften organisierten Protesten, die immer erst kommen, wenn der Sozialplan vor der Tür steht.

Das läuft wie beim BVerfGE mit Herrn Harbarth. Jahrelang, jahrzehntelang zusehen, unterstützen und sich äußern, wenn es nicht mehr um „Aktivisten“, sondern um die Grund-Bedürfnisse unbescholtener Bürger geht. Um die jahrelange Verletzung von Regierungsverantwortung und die Aushebelung der eigentlichen Staatsaufgaben. Dann delegitimieren plötzlich die Bürgerrechte.

Unglaublich. Resultat unseres ideologisierten Bildungssystems.

Last edited 1 Jahr her by Mausi
LF
1 Jahr her

Deutsche Autos gehören Qualitativ zu den besten. Darin ist begründet das einiges „noch“ in Deutschland produziert wird, auch die Automobilindustrie hat vom Wirtschaftswunder ab 1950 profitiert. Doch ab Ende der 80 iger verlagerten die Hersteller ihre Produktionslinien immer mehr ins Ausland. Der Grund ist offensichtlich. Bessere Steuern und niedrigere Lohnkosten, oftmals auch mit immensen Fördergeldern verbunden lohnt sich die Produktionsverlagerung. Was jetzt passiert ist der Ausverkauf, die letzten Zelte werden in Deutschland abgebrochen und außerhalb neu aufgestellt. Mit der Autoindustrie wandern auch sehr viel Zulieferfirmen ab, das ist die logische Konsequenz. Wie viele Arbeitslose das Deutschland bringen wird, steht auf… Mehr

Last edited 1 Jahr her by LF
Lizzard04
1 Jahr her
Antworten an  LF

Einfach irre, was die sogenannte Regierung veranstaltet. An ihren Taten sollt ihr sie messen! Und da fällt den Herrschaften keinerlei Problemlösung ein. Das Einzige was der Habeck zu bieten hat, sind immer neue „Stützungspakete“ aus der Druckerpresse, zu kompensieren vom Steuerzahler, ohne dass die Ursachen bekämpft werden. Wie auch, entsprechen die Entscheidungen doch dem Grünen Parteiprogramm, egal wie es dem Land, seinen Bürgern und der Wirtschaft damit geht. Böse Ideologen haben das Land gekapert und da schließe ich diesen Scholz mit ein, denn dessen Statements klingen ebenfalls wie von einem Grünen Parteitag!

Waldorf
1 Jahr her

Es kommen nicht erst demnächst harte Zeiten auf uns zu, sie sind schon da! Vielleicht haben viele Betriebe noch Auftrags- und Liquiditätspolster, Millionen Bürger haben weder noch und bluten gerade über explodierte Preise, Inflation, Kosten, „Klima“Abgaben und Steuern aus. Es bleibt Millionen schon zur Monatsmitte (oder gleich zum Anfang) einfach nix mehr zum „normalen“ (aka sowieso schon sehr bescheidenen) Leben. Und unsere Regierung pennt, als ob sich bald alles in Bullabü und Klima-Kumbaya auflösen wird, wenn erst ein paar Windräder mehr in gerodete Wälder gestellt worden sind… Die Ignoranz und Blindheit dieser scheinbar deutlich überversorgten „Berufspolitiker“ aka Schwätzer ist einfach… Mehr

Auswanderer
1 Jahr her

Die Automobilindustrie interessiert der Standort Deutschland schon lange nicht mehr! Wieso sich mit der Politik anlegen, wenn man günstiger woanders produzieren kann? Und die Japaner und Koreaner verkaufen doch auch hier ohne große Assets! Dann kommt in Zukunft der Verbrenner-VW aus México. Erdogan hilft bestimmt auch bei Investitionen! BMW wird z.B. auch in Ägypten zusammengebaut. Dann kommen die Komponenten eben nicht aus Deutschland! Warum sich mit dummen Kindern anlegen! Die Welt wartet auf deutsche Investoren!

WGreuer
1 Jahr her

Ach, das fällt denen JETZT auf? Und das konnte man vorher nicht wissen, als man jubelnd den Linksgrünen hinterher gerannt ist? Man konnte nicht wissen, dass die Energiewende den Strom und Energie insgesamt verteuert? Man konnte nicht wissen, dass all die exzessiven Sozialausgaben die Steuern nach oben treiben? Dass die Flüchtlinge zu 90% in eben diesen landen? Man konnte nicht wissen, dass das Abschalten von AKWs kontraproduktiv ist? Dass Corona und die völlig depperten Maßnahmen einen massiven Einfluss auf die Wirtschaft, Lieferketten und die Arbeitsmoral der Leute haben würde? Dass die Abhängigkeit von russischem Gas bedingt, dass man zu Russland… Mehr

Gilbert Brands
1 Jahr her

Das ist Augenwischerei! Ins Ausland verlagern können nur die großen Unternehmen. Die vielen Kleinen, und das sich die Unternehmen 1-4, gehen halt pleite und verschwinden ebenfalls auf Nimmerwiedersehen.
Machen wir uns nichts vor: der Fall geht nicht vom Industrie- zum Agrarland, der Fall geht viel tiefer, denn wie man ein Feld bestellt, weiß hier ohnehin niemand, zumal weder Trecker noch Pferde zum Pflugziehen vorhanden sein werden.

elly
1 Jahr her

Rezession:„Deutschland droht eine Deindustrialisierung“Der US-Ökonom Barry Eichengreen rechnet mit einer schweren Wirtschaftskrise im kommenden Jahr – vor allem in Deutschland. “ https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-09/rezession-wirtschaftskrise-barry-eichengreen-interview
Luisa, Carla, Greta und die FFF JüngerInnen freuts, die letzte Generation auch.