Konsumklima in Deutschland fällt auf Rekordtief – Bürger so pessimistisch wie noch nie

Die Neigung der Deutschen, Geld auszugeben, sinkt angesichts von Inflation und Energie-Unsicherheit auf den tiefsten Stand seit 1991. Den Beruhigungsmaßnahmen der Bundesregierung trauen die meisten Bürger offenbar kaum.

IMAGO / Future Image

Die Stimmung der deutschen Verbraucher erreichte schon im Juli einen historischen Tiefpunkt. Für August prognostiziert die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) trotzdem eine abermalige Verschlechterung des Konsumklimas – auf minus 30,6 Punkte, also noch einmal 2,9 Punkte unter dem Wert für Juli. Seit Beginn der Verbraucherstimmungs-Erhebung im Jahr 1991 hatte die GfK keinen tieferen Wert gemessen.

Auch die Einkommenserwartung der Deutschen stürzten auf den pessimistischsten Stand seit 1991. Der Index verlor laut GfK allein im Juli 12,2 Zähler und fiel auf einen Stand von minus 45,7 Punkten. Die Inflation von etwa 8 Prozent, die beginnende Rezession und vor allem der Blick auf die unkalkulierbar steigenden Gas- und Strompreise führt offenbar bei sehr vielen Verbrauchern quer durch die Einkommensschichten dazu, dass sie für die nahe Zukunft mit einem deutlich geringeren finanziellen Spielraum rechnen, und deshalb jetzt schon viele Anschaffungen verschieben – oder ganz verzichten.

Gekommen, um zu bleiben
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„Zu den Sorgen um unterbrochene Lieferketten, den Ukraine-Krieg und stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise kommen nun Befürchtungen um eine ausreichende Gasversorgung von Wirtschaft und privaten Haushalten im nächsten Winter. Dies drückt derzeit die Stimmung der Verbraucher in den Keller“, kommentiert GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl die Zahlen.

Laut GfK-Erhebung erwarten die meisten Verbraucher für die kommenden Monate keine Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage. Ihre Konjunkturerwartungen gingen im Juli gegenüber dem Vormonat noch einmal um 6,5 Punkte zurück – auf einen Gesamtwert von minus 18,2 Punkte. Das markiert den tiefsten Stand seit April 2020, als in Deutschland der erste Corona-Lockdown begann.

Die Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung die schlechte Stimmung bekämpfen will, konnten also bisher wenig an der Einschätzung der meisten Bürger zur eigenen Situation und der Wirtschaftslage ändern – auch nicht die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Koalition werde niemand mit den Belastungen durch die Energiekrise allein lassen („You never walk alone“). Nach Schätzungen von Experten muss eine vierköpfige Familie allein für 2022 mit Mehrkosten für Wärme und Strom von 3000 Euro und mehr rechnen. Realistischerweise nehmen die meisten Deutschen an, dass der Staat diese Belastungen nicht kompensieren kann.

Am deutlichsten zeigt sich der rasante Abschwung der Anschaffungslaune beim Neubau von Wohnungen. Angesichts von stark steigenden Kosten und deutlich höheren Bauzinsen, aber auch wegen der wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit geben viele ihr Bauvorhaben auf – von einzelnen Häuslebauern bis zu Unternehmen. Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sieht im Juli 2022 eine massive Abwärtsbewegung. “Der Wohnungsneubau bricht massiv ein. Die Mehrzahl der Unternehmen stellt ihre geplanten Projekte zurück oder hat sie bereits ganz aufgegeben. Das ist keine Delle beim Neubau, das ist die Vollbremsung einer ganzen Branche“, so BFW-Präsident Dirk Salewski.

Siebzig Prozent der befragten Unternehmen, so der Branchenverband, hätten angegeben, sie würden die Hälfte ihrer geplanten Projekte unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht mehr realisieren. Deutschlandweit bedeute das einen Rückgang zwischen 50.000 und 75.000 Wohnungen beim Neubau.
Für diejenigen, die ohnehin skeptisch in die nähere Zukunft blicken, dürfte die aktuelle Steuerdiskussion innerhalb der Koalition die Stimmung noch zusätzlich drücken. Die Grünen stellen den für 2023 in Aussicht gestellten Abbau der sogenannten kalten Progression in Frage, der Bezieher mittlerer Einkommen immerhin um wenige hundert Euro im Jahr entlasten würde. Das Argument von führenden Grünen, etwa von Vize-Fraktionschef Andreas Audretsch: Das würde Spitzenverdiener zu sehr begünstigen – und wäre deshalb ungerecht.

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Kommentare ( 30 )

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Helfen.heilen.80
1 Jahr her

Tja, wenn unsere Top-Politiker nicht mal wissen, was ein Brot oder der Liter Sprit kostet, oder aufgetakelt und maskenbefreit in der Ukraine rumstöckeln, dann brauchen die sich nicht fragen, wo das „wir“-Gefühl geblieben ist. Vielleicht mal bei UVDL nach ner Beraterfirma fragen. Der Ich-verdien-im-Monat-25.000€-Robert wirds nicht wissen.

StefanZ
1 Jahr her

Versteh ick nich, dass ist doch ein riesiger Erfolg der gewählten Politik. Ich kann mich an keine Regierung erinnern, die ihr verkündeten Ziele in so einem Tempo erreicht hat. Das „Klima“, wird es uns danken. Was interessieren da die heute hier lebenden Menschen? Sie sind längst schuldig gesprochen und haben doch nichts anderes verdient. „Wir“, retten schließlich die nachfolgenden Generationen und nicht die jetzigen! Es gibt also gar keinen Grund pessimistisch zu sein. Keine Fachkräfte, kein Wohnungsbau, keine Autos, kein Fleisch etc., ist doch super. Selbst Putin hilft doch mit. Ok, die 20% Klimaschädliches Gas die er immer noch nach… Mehr

AnSi
1 Jahr her

Es dürfte ja mittlerweile auch der letzte Depp schon mal etwas vom „Great Reset“ gehört haben. Auch wenn 80% sich noch weigern, diese „krude VT“ endlich als Wahrheit anzuerkennen (die Ähhhliten geben es ja offen in ihren Statements zu!), werden sie die Umsetzung am eigenen Leib erleben dürfen. Das ist mein einziger Trost dabei! Alle Ignoranten und Bessermenschen werden mit in den Abwärtsstrudel gezogen und enteignet. „Sie werden nichts mehr besitzen und glücklich sein!“
Und wehe, nachher jammert einer!

humerd
1 Jahr her

langlebige Wirtschaftsgüter anzuschaffen , ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen Harakiri. Nicht nur Unternehmen benötigen Planungssicherheit, Privatleute auch. Heute ein Auto kaufen, das morgen vielleicht nicht mehr gefahren werden darf, weil die Pattexkids und FFF Kinder es so wollen? Im TV sagte ein Vorstand einer Wohnungsbaugenossenschaft, dass sie nicht mehr bauen können. Die Preise für Baumaterial sind derartig durch die Decke gegangen, dass sie ihren potentiellen Mietern keine kostengünstigen Wohnungen mehr anbieten können. Zur Erinnerung: vor der Pandemie prangerten unsere Kinder & Jugendlichen beim freitäglichen Schule schwänzen, den privaten Konsum als Klimakiller an. Also weniger Konsum freut die FFF Kinderschar. Jetzt… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Es sollte sich niemand täuschen. Das Ergebnis der Politik, die schon seit gut 30ig Jahren neben der Spur läuft, ist das was wir jetzt sehen. Immer wieder wurde im Gespräch gesagt:. Das kann so nicht weitergehn und ist doch von den meisten auf die Spitze getrieben worden. Als es klar wurde, daß das westliche Wirtschaftsmodell auf der schiefen Ebene dabei war, seine Faszination aus Betrug und Vorteilsnahme zu verlieren, begann es brenzlig zu werden und das eigene Versagen wurde hinter fremden Büschen versteckt die da hießen: Corona, Lieferkettendilemma, Rohstoffverknappung und letztendlich auch noch ein Krieg in Europa, der andere Ursachen… Mehr

chez Fonfon
1 Jahr her

An der Côte d‘Azur machen auch in diesem Sommer wieder die von Ihnen erwähnten ukrainischen Oligarchen und ihre Entourage aus Freunden und Hausangestellten unbeschwert Urlaub. Jeder dritte fette SUV am Cap Ferrat hat ukrainisches Kennzeichen. Das soll das Leid der im Kriegsgebiet wohnenden Ukrainer nicht relativieren, aber es gibt auch in diesem Krieg nicht nur Opfer, sondern auch solche, die sich die Säcke voll machen und das Leben im Ausland genießen. Ich sehe deshalb auch nicht ein, in Deutschland für die Ukraine Opfer zu bringen, während eine nach wie vor steinreiche korrupte ukrainische Clique nicht bereit ist, ihren Beitrag zu… Mehr

RandolfderZweite
1 Jahr her

Da muss sich ja die Ampel richtig anstrengen, damit sie die 400 000 Wohnungen jährlich bauen können – die „Hinzukommenden“ sehen es nicht gerne ohne Dach und Heizung dazustehen!:) Wer seine Koalitionsvorhaben trotz Energiekrise weiter durchziehen will, der sollte auch das obengenannte Ziel nicht aus den Augen verlieren! Zynismus beiseite, diesen Satz fand ich nett: „Realistischerweise nehmen die meisten Deutschen an, dass der Staat diese Belastungen nicht kompensieren kann.“ Wohlwissend der Umlage zur Ünterstützung von uniper, der aufgehobenen Preisbindung durch Habeck und der Gasmangellage ein Satz mit Sprengkraft, da er doch „übersetzt“ so etwas wie „wenigstens das kapiert der Dummmichel“… Mehr

mari
1 Jahr her
Antworten an  RandolfderZweite

Die Wohnungen werden nicht entstehen, da durch die steigenden Zinsen und erhöhten Materialpreise der Ertragswert der Investition nicht mehr passt.
Einfach gerechnetes Beispiel: Neubau Mietshaus, Kosten 2 Mio. davon haben Sie 1 Mio, eine weitere Mio wäre ein Kredit. Angenommen, ein Ertragswert (Kaptialkosten plus Instandhaltung plus Steuern plus kalk. Mietausfälle abzüglich der Mieteinnahmen)von z.B. 20.000 EU wird erzielt. Dann setzen Sie die 20.000 Eur in Relation zu der eingesetzten Mio. Eigenkapital. Das wären nur 2%. Sinnvolle Investition heute?

Georg J
1 Jahr her

Der Durchschnittsverdiener und Durchschnittsrentner braucht keinen „Konsumklimaindex“. Es liegt doch auf der Hand, dass bei horrenden Energiepreisen und einer Inflation von 8 % kein Konsum, außerhalb der zum Lebensunterhalt notwendigen Einkäufe, mehr möglich ist. Und es ist nach WEF ja auch gewollt: „2030, Du besitzt nichts…“. Auch ich habe es zuerst nicht ernst genommen. Doch der „Great Reset“ ist bittere Realität und viele Regierungsmitglieder in westlichen Staaten sind „Young Global Leader“ des WEF. Genügend Gas könnten wir haben wenn die deutsche Regierung Northstream 2 nicht blockieren würde, genügend Nahrung auch, wenn die Bauern produzieren dürften. Ein zutiefst perfides Spiel der… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Georg J
mari
1 Jahr her
Antworten an  Georg J

Der immer wieder genannte „Great Reset“ soll wohl die Schulden auf Null setzen und damit natürlich auch die Guthaben. Denn die Guthaben der einen sind die Schulden der anderen.
Die Rücksetzung muss wohl kommen, weil die Zinseszinseffekte eine Rückzahlung der Schulden unmöglich macht.

Stephan K.
1 Jahr her

Wenn die Warmmiete 2 Monate nicht bezahlt wird, kann der Vermieter die Wohnung zwangsräumen lassen, dann werden vermutlich Flüchtlinge die neuen Mieter sein, da kommt das Geld, egal in welcher Höhe, sicher vom Sozialamt. Die dann obdachlosen deutschen Trottel dürfen dies natürlich mit ihren Steuergeldern bezahlen und werden dankbar sein, wenn man sie in einer Turnhalle unterbringt.

Bernd W.
1 Jahr her
Antworten an  Stephan K.

Die von Ihnen benannten „neuen Mieter“ dürften dann jedoch bei vielen Vermietern des Öfteren für Überraschungen sorgen, da ihr mitgebrachtes Verständnis von Sauberkeit, Instandhaltung und Rücksichtnahme durchaus nicht selten von dem des Vermieters divergieren kann. Ich hoffe, das war für eine evtl. Zensur vorsichtig genug formuliert…

abel
1 Jahr her

Die Bürger handeln doch rational. Warum soll man für Güter die man strecken kann total überhöhte Preise zahlen. Einzig und allein Lebensmittel benötigt der Mensch jeden Tag aufs neue.