Hohe Kreditausfälle bedrohen die Profitabilität der Banken

Die Kreditrisikovorsorge der deutschen Banken könnte 2020 je nach wirtschaftlicher Entwicklung um bis zu 150 Prozent steigen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Deutschlands Banken steht ein unangenehmes Déjà-vu-Erlebnis bevor. Etwas mehr als ein Jahrzehnt nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 bedrohen hohe Kreditausfälle wieder die Profitabilität des Firmenkundengeschäfts. Nach aktuellen Prognosen von Bain & Company könnte die Kreditrisikovorsorge 2020 je nach wirtschaftlicher Entwicklung um bis zu 150 Prozent steigen und damit ein neues Rekordniveau erreichen.

„Wenn die Kreditrisikovorsorge explodiert, erodieren die Gewinne im Corporate-Banking“, erklärt Bain-Partner Christian Graf. „Dies ist umso bedenklicher, da dieses Segment schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie unter erheblichem Margendruck stand.“ So sank im zweiten Halbjahr 2019 der Bain-Corporate-Banking-Index in puncto Profitabilität auf den niedrigsten Stand seit 2009, die Erträge stagnierten. Neben dem harten Wettbewerb belastete die bereits Ende 2019 steigende Risikovorsorge die Gewinne im Firmenkundengeschäft. „Die hohe Abhängigkeit vieler deutscher Banken vom Kreditgeschäft wird in der Rezession zur Achillesferse“, betont Graf. Zwar hätten die Institute im Firmenkundengeschäft den Anteil des Provisionsüberschusses an den Erträgen in den vergangenen Jahren steigern können. Doch mit 69 Prozent im zweiten Halbjahr 2019 sei der Zinsüberschuss in Deutschland unverändert der wichtigste Ertragsbringer geblieben.

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„Allerdings“, so Marktbeobachter Graf, „kommt es im Corporate-Banking-Markt zu einer immer stärkeren Differenzierung.“ Auf der einen Seite gebe es Banken, die mit einem skalierbaren und breiten Portfolio auch im Niedrigzinsumfeld profitabel wachsen würden. Auf der anderen Seite fänden sich Institute, die vom Kreditgeschäft abhängig seien und mit unzureichenden Margen zu kämpfen hätten. „Viele Banken haben noch ungenutzte Potenziale, um Kundenbeziehungen rentabler zu gestalten und höhere Provisionseinnahmen zu erzielen“, stellt Bain-Partner Jan-Alexander Huber fest.

Ein weiterer Hebel zur Stabilisierung des Corporate-Bankings bietet sich auf der Kostenseite an. Trotz aller Sparanstrengungen ist der Verwaltungsaufwand im Firmenkundengeschäft in den vergangenen Jahren gestiegen. „Die Kreditinstitute müssen sich noch stärker bemühen, ihre Kosten zu reduzieren und ihre Kapitaleffizienz zu steigern“, so Huber.

Dass die Banken Handlungsbedarf haben, unterstreicht die Entwicklung der Eigenkapitalrendite. Sie lag 2019 im Corporate-Banking zum ersten Mal seit zehn Jahren unterhalb der Eigenkapitalkosten und erreichte gegen Ende des vergangenen Jahres nur noch sechs Prozent. „Deutschlands Banken verbrennen im traditionell margenstarken Firmenkundengeschäft weiterhin Geld“, kritisiert Branchenexperte Huber. Und er fügt hinzu: „Das darf kein Dauerzustand sein.“ Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor in der Rezession ist die Minimierung der Kreditausfälle. Die sogenannten Non-performing Loans bedrohen die Profitabilität der Banken nicht nur in Deutschland. Vielmehr werden sie laut der aktuellen Bain-Studie „How Banks Can Defuse the Non-performing Loan Time Bomb” in allen wichtigen Industrie- und Schwellenländern das Niveau der globalen Finanzkrise 2008/2009 übersteigen und das zum Teil deutlich.

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Diese Problemkredite könnten sich – unter Einbeziehung der Darlehen an Konsumenten – in Großbritannien beispielsweise um das Vierfache erhöhen, in Japan um das Fünffache und in China sogar um mehr als das Zwanzigfache. Um die Kreditrisiken einzugrenzen, sollten auch deutsche Banken gezielt agieren – und nicht erst reagieren, wenn es zu Ausfällen kommt. So lassen sich mithilfe maschineller Lernverfahren ausfallgefährdete Kredite frühzeitig identifizieren. Schon zu diesem Zeitpunkt sollte die Zuständigkeit hierfür direkt an eine spezialisierte Einheit gehen. Diese kann mithilfe standardisierter Verfahren klar erkennen, welche Maßnahmen zum besten Ergebnis für Kreditnehmer und -geber führen. Im Zuge der Corona-Krise haben bereits viele Banken Kreditzeiträume verlängert, Tilgungsraten gesenkt oder die Rückzahlung für einige Monate ausgesetzt. Ein Verkauf empfiehlt sich lediglich in Ausnahmefällen. Tatsächlich haben zahlreiche Banken in den vergangenen Jahren Kreditpakete unter Wert veräußert.

„Dass Kreditausfälle in einer Rezession zunehmen, ist unausweichlich“, fasst BainPartner Graf zusammen. „Deshalb gilt es entschlossen und überlegt zu handeln. Bereiten sich Banken strategisch vor, sind sie im Fall der Fälle nicht zu Ad-hoc-Entscheidungen gezwungen und können zudem die Loyalität ihrer Kunden vertiefen.“ Branchenkenner Huber ergänzt: „Wer Unternehmern durch eine schwere Krise hilft, gewinnt für viele Jahre treue Kunden.“


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Kommentare ( 8 )

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Cubus
3 Jahre her

Wenn ehrlich bilanziert werden würde, müssten alle Banken ihre Geschäfte einstellen.
Deswegen gibt es ja „Corona“.
„Zweite Welle“?
Es wird immer mehr getestet und dennoch ist die Anzahl der Infizierten nur homöopathisch nachweisbar (0,6 % – Quelle RKI).
Kann sich jeder angucken, wenn er denn will. Aber soviel kognitive Dissonanz ist nicht jedermanns Sache.
Wir werden alle verarscht.
Je größer die Lüge, desto unsichtbarer wird sie ..

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  Cubus

Die Leute schlucken eben eine richtig dicke Lüge viel leichter als eine kleine.

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

…..what does it matter?

Nibelung
3 Jahre her

Da kommt noch ein Finanzcrash biblischen Ausmaßes auf unser Land zu. Wenn die Banken Kreditausfälle in bestimmter Größenordnung hinnehmen müssen, kann es ihre eigene Substanz angreifen und in der Regel ist dann nicht nur der Verlust zu verkraften, sondern sie werden auch nicht mehr bereit sein oder garnicht mehr können, wenn es um weitere Kreditvergaben geht, ohne die Daumenschrauben stärker anzudrehen und da werden nach den finanziell schwachen Unternehmen weitere ins Gras beißen, die sich noch so mit Ach und Krach über Wasser halten können. Somit gerät der Stein ins Rollen und das werden die Regierenden nicht mehr ausgleichen können… Mehr

Tizian
3 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Wenn Sie sich da mal nicht irren. Die USA lassen schon mal einen ihrer einstmals Big Player pleite gehen, wenn der nicht ordentklich wirtschaftet (Lehman). In Deutschland hat der Steuerzahler einzuspringen und wird eher verstaatlicht, als freie Marktregulierung zu betreiben. Glauben Sie ernsthaft, die lassen DB oder Coba pleite gehen?

mucko
3 Jahre her

Im Artikel wird die hohe Abhängigkeit der deutschen Banken vom Kreditgeschäft thematisiert, um nicht zu sagen, beklagt. Meines Wissens ist es Kerngeschäft einer Bank aus dem Verleihen von Geld Erträge zu generieren. Das Problem der Banken ist, dass der Staat über die Notenbank die Zinsen in negatives Terrain manövriert hat, mit der Folge, dass auch die Zinsen für Darlehen jedweder Art auf ein historisch niedriges Niveau gefallen sind. Die niedrigen Zinsen sorgen für eine Erosion der Margen und vermöglichen es den Banken ausreichend Risikovorsorge für Kreditausfälle zu treffen. Die nächste Bankenkrise ist also nur eine Frage der Zeit. Und diese… Mehr

Wilhelm Cuno
3 Jahre her

Die EZB wird schon dafür sorgen, dass kein systemrelevantes Institut über die Wupper geht. Da bin ich inzwischen relaxed…

Protestwaehler
3 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Cuno

Stellt sich die Frage wann die EZB selbst über die Wupper geht 😉