Neuer Optimismus

Zu den wenigen Verlierern im Dax gehörten am Freitag die Deutsche Telekom mit 0,7 Prozent Abschlag waren sie Index-Schlusslicht. Mit dem Mobilfunker 1&1 Drillisch erwächst der Deutschen Telekom ein weiterer Kontrahent in der Versteigerung der Lizenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G.

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Die Bilanzsaison in den USA verläuft unauffällig, trotz vieler Warnrufe im Vorfeld. Bis Redaktionsschluss hatten 174 der 500 Unternehmen aus dem US-Index S & P 500 ihre Ergebnisse für das vierte Quartal 2018 vorgelegt. 48 Enttäuschungen beim Gewinn gab es, dem standen 126 positive Überraschungen gegenüber. Die Konsumgüterbranche rangierte mit rund 40 Prozent Negativmeldungen am unteren Ende der Skala, die Technologiebranche mit knapp 90 Prozent positiven Meldungen oben. Beispiel IBM: Die Geschäfte des IT-Konzerns laufen zwar nur mäßig gut, weil Big Blue aber die Schätzungen übertraf, sprang die Aktie deutlich an.

An der Wall Street ließen diese Zahlen die Skepsis weiter schwinden. Die Anleger gingen denn auch mit einer positiven Grundstimmung ins Wochenende. Gefragt waren am Freitag insbesondere die konjunktursensiblen Technologiewerte, obwohl der Chipriese Intel mit seinen Geschäftszahlen enttäuscht hatte. Die Investoren hofften Börsianern zufolge, dass die Berichtssaison der Unternehmen alles in allem weiterhin positiv verläuft. Zudem verbreiteten jüngste Maßnahmen der chinesischen Notenbank zur Stützung des heimischen Finanzsektors die Zuversicht, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht allzu sehr schwächeln wird.

Der Dow Jones Industrial stieg um 0,8 Prozent auf 24.737 Punkte. Am Donnerstag und vor allem am Dienstag war die Erholung noch ins Stocken geraten. Auf Wochensicht ergibt sich somit nur ein Plus von 0,12 Prozent. Der marktbreite S&P 500 zog am Freitag um 0,9 Prozent auf 2.665 Punkte an. Der technologielastige NASDAQ 100 gewann 1,3 Prozent auf 6.787 Zähler.

Die Experten der Bank JPMorgan rückten auch Aktienrückkäufe als kurs- und marktstützend in den Fokus. In dem von Unsicherheiten geprägten Klima seien Aktienrückkäufe zunehmend wichtiger geworden und auch im vierten Quartal 2018 sehr stark gewesen. Dieser Trend dürfte sich ihrer Ansicht nach auch 2019 fortsetzen.

Wenig Beachtung fand derweil, dass US-Präsident Donald Trump fünf Wochen nach Beginn des „Shutdowns“ einen Durchbruch in dem erbitterten Haushaltsstreit mit den Demokraten verkündete. Beide Seiten einigten sich auf eine Übergangsfinanzierung bis zum 15. Februar. In dieser Zeit soll über Maßnahmen zur Grenzsicherung beraten werden. Trump drohte mit einem erneuten „Shutdown“, sollte dabei die Mauer nicht finanziert werden.

An der Frankfurter Börse sprachen Händler von einer schon „fast euphorischen Stimmung“. „Die Kaufbereitschaft der Anleger ist vergleichsweise groß“, sagte auch Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank. Es passe ins Bild, dass sich Investoren zuletzt weniger gegen Kursverluste abgesichert hätten. Der Stress an den Märkten habe nachgelassen.

Selbst eine immer düsterere Stimmung in Deutschlands Unternehmen konnte die Anleger nicht aus der Ruhe bringen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex war im Januar auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gefallen.

Im Dax waren vor allem konjunkturempfindliche Werte gefragt: Anteile von Covestro etwa gewannen an der Dax-Spitze knapp fünf Prozent, BASF rückten um 2,5 Prozent vor. VW-Papiere kletterten um 4,2 Prozent. Der Autobauer bündelt Aufgaben rund um E-Auto-Batterien in einer neuen Konzernsparte und gab Sparpläne bekannt.

Siemens-Aktien schlossen mit einem Aufschlag von 1,3 Prozent. Ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach der Dax-Konzern und Alstom zu weiteren Zugeständnissen zur Rettung ihrer geplanten Zugallianz bereit sein sollen, gab den Papieren der Münchenern Rückenwind.

Zu den wenigen Verlierern im Dax gehörten am Freitag die Deutsche Telekom mit 0,7 Prozent Abschlag waren sie Index-Schlusslicht. Mit dem Mobilfunker 1&1 Drillisch erwächst der Deutschen Telekom ein weiterer Kontrahent in der Versteigerung der Lizenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G. Das könnte die Preise für die Rechte nach oben treiben. Aktien von 1&1 Drillisch stiegen derweil um 2,7 Prozent.

Abseits der großen Indizes rauschten die Aktien von Gerry Weber um knapp 65 Prozent auf 0,61 Euro in die Tiefe. Der seit langem angeschlagene Modehändler gab bekannt, dass er einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt habe.

Auch wenn in Europa einige ­politische und wirtschaftliche Probleme existieren, gibt es auf dem alten Kontinent für Anleger dennoch Chancen. „Wir gehen davon aus, dass sich die europäischen Volkswirtschaften im Jahr 2019 weiter erholen werden, wenn auch nur langsam“, erklärt etwa Philip ­Dicken, Leiter für euro­päische Aktien bei der Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle. „Zudem rechnen wir bei Unternehmen mit einem Gewinnwachstum von durchschnittlich fünf bis zehn Prozent.“ Und auch auf der Dividendenseite besteht Potenzial. Laut Allianz Global Investors (AGI) erwarten Investoren 2019 Dividendenzahlungen der Unternehmen im MSCI Europa in Höhe von rund 350 Milliarden Euro. Das wären rund 16 Milliarden Euro oder rund fünf Prozent mehr an Ausschüttungen für Aktionäre als im Vorjahr. Laut AGI haben Ausschüttungen seit 1973 einen Anteil von rund 41 Prozent an der Gesamt­rendite europäischer Aktien. Und: Europäische Unternehmen sind im internationalen Vergleich besonders ausschüttungsfreudig. So lag ­deren Dividenden­rendite Ende 2018 marktweit bei durchschnittlich 3,8 Prozent.

Streit unter den Hauptaktionären, Ungewissheit um die Zukunft des ­Infrastrukturnetzes und zunehmende Konkurrenz: Die Telecom ­Italia (TIM) ist an der Mailänder Börse diese Woche arg unter Druck geraten. Das Papier sank auf ein Fünfjahrestief von rund 50 Cent. Die Börsenkapita­lisierung fiel unter die Schwelle von zehn Milliarden Euro. Grund für den Kurssturz sind Bedenken der italienischen Regulierungsaufsicht bezüglich der Absicht von TIM, die Festnetzsparte in eine eigenständige Gesellschaft auszugliedern. Dieser Plan sorgt seit über einem Jahr zwischen den beiden stärksten TIM-Aktionären, der französischen Mediengruppe Vivendi und dem Hedgefonds Elliott, für Streit. Auch die Konzernergebnisse enttäuschen. Telecom Italia gab bekannt, dass das organische Ebitda-­Ergebnis 2018 auf dem Heimatmarkt um etwa fünf Prozent zurückgegangen ist. Das Unternehmen bekommt unter anderen die Konkurrenz des französischen Mobilfunk­betreibers Iliad zu spüren, der im vergangenen Mai in Italien einstieg und bereits zwei Millionen Kunden gewonnen konnte. TIM-CEO Luigi Gubitosi will bei der Präsentation der Jahreszahlen Ende Februar einen neuen Dreijahresplan vorstellen.

Juan Guaidó hat sich als Chef des ­Parlaments von Venezuela in der abgelaufenen Woche zum Staatschef des krisengeschüttelten Landes erklärt. Der Putsch sorgt global für Aufsehen und steigende Notierungen venezolanischer Staatsanleihen, die zuletzt bei rund 30 Prozent ihres Nennwerts vor sich hin dümpelten. Die Wette der Bondspekulanten: Sollte Guaidó, der von vielen westlichen Staaten schon anerkannt wurde, den Machtkampf gegen den sozialistischen Autokraten Maduro gewinnen, steigt die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung der Schulden des südamerikanischen Landes deutlich. Dennoch ein gewagtes Unterfangen zum jetzigen Zeitpunkt. So steht der Machtapparat, vorneweg das Militär, weiterhin in Treue fest zu Maduro.


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