Dow Jones erstmals über 28.000 Punkte

Entscheidend, vor allem für die deutschen Unternehmen, werden die Zahlen des vierten Quartals und die Entwicklung im Export und in der Handelspolitik sein.

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Nach einer kurzen Verschnaufpause am Vortag hat neue Hoffnung im Handelsstreit mit China am Freitag die Rekordrally an den US-Börsen wieder aufleben lassen. Als Treiber für neue Bestmarken bei den bedeutenden New Yorker Indizes nannten Börsianer Aussagen des US-Wirtschaftsberaters Larry Kudlow. Dieser sieht ein erstes Abkommen zwischen den USA und China in Reichweite.

Der Dow Jones Industrial nahm zunächst die Marke von 27.900 Punkten und schaukelte sich dann immer weiter nach oben. In den Schlussminuten fiel mit 28.000 Punkten sogar noch die nächste Tausenderschwelle. Am Ende rückte der Leitindex der Wall Street um 0,8 Prozent auf 28.005 Punkte vor, womit er sein Wochenplus noch auf mehr als ein Prozent ausbaute. Auch der S&P 500 und der NASDAQ 100 schraubten ihre Rekorde weiter nach oben: Der marktbreite S&P rückte am Ende um 0,8 Prozent auf 3.120 Zähler vor. Der technologielastige Nasdaq 100 gewann 0,7 Prozent auf 8.316 Punkte.

Eine Reihe eher schwacher Konjunkturdaten konnte der Rally am Aktienmarkt nichts anhaben. Zuerst hatte sich der Empire State Index, der die Industriestimmung im Bundesstaat New York misst, überraschend eingetrübt. Anschließend wurde die US-Industrieproduktion für Oktober deutlicher rückläufig vermeldet als erwartet. Experten sprachen davon, dass dies wieder den Handlungsdruck auf die US-Notenbank Fed erhöhe.

Auf Unternehmensseite spielte die Musik im Chipsektor, wo Applied Materials seine Anleger mit einem überraschend guten Ausblick auf das laufende Quartal in Feierlaune versetzte. Die Papiere schossen an der Nasdaq um neun Prozent hoch. Analyst Ingo Wermann von der DZ Bank sprach von einem Indiz dafür, dass eine Durststrecke für Halbleiterausrüster vor dem Ende steht. Davon profitierte auch die drei Prozent festere Aktie des Konkurrenten Lam Research.

Allerdings gab es im Halbleitersektor auch eine klar negative Ausnahme: Bei NVIDIA reichte den Anlegern ein solides Ergebnis im dritten Quartal nicht aus. Die Aktien des Prozessorherstellers fielen als Schlusslicht im Nasdaq 100 um 2,7 Prozent. Im Gegensatz zu Applied Materials überzeugten hier die Aussagen zum kurzfristigen Umsatzausblick die Anleger nicht.

Im Dow waren vor allem Gesundheitswerte gefragt. Die Aktien des Krankenversicherers UnitedHealth profitierten an der Dow-Spitze mit plus 5,3 Prozent von einem Erlass des US-Präsidenten Donald Trump für mehr Preistransparenz im Pharmasektor.

Der Gesundheitssektor war derweil insgesamt gefragt, nachdem die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren ihre Pläne für eine Reform des Gesundheitssystems vorstellte. Die Pfizer-Aktien zählten im Dow ungeachtet der Trump-Verfügung mit zwei Prozent zu den größeren Gewinnern.

Aktien von Walt Disney dagegen zollten ihrer jüngsten Rally wegen der vielversprechenden Einführung des Streaming-Dienstes Disney+ mit einem Abschlag von 1,7 Prozent Tribut.

Nach einer schwächeren Wochenmitte erholte sich auch der DAX und verabschiedete sich mit 0,5 Prozent Plus bei 13.242 Punkten ins Wochenende.

Volkswagen steckt weitere Milliarden in E-Autos und Digitalisierung. Der Aufsichtsrat beschloss am Freitag die entsprechende Investitionsplanung für die kommenden fünf Jahre. Der ehemalige BMW-Vorstand Markus Duesmann (50) wurde am gleichen Tag zum neuen Audi-Chef berufen worden. Duesmann werde den Vorstandsvorsitzenden Bram Schot zum 1. April ablösen, teilte VW am Freitag in Wolfsburg mit. VW-Konzernchef Herbert Diess, der auch den Audi-Aufsichtsrat leitet, hatte den Maschinenbau-Ingenieur schon im Sommer 2018 kurz nach der Verhaftung des damaligen Audi-Chefs Rupert Stadler bei BMW abgeworben. Der Münchner Autobauer hatte Duesmann sofort freigestellt, hob aber erst jetzt seine vertragliche Sperrfrist für einen Wechsel zur Konkurrenz auf.

Donald Trump beherrschte auch in anderer Hinsicht in der vergangenen Woche die Schlagzeilen. Vor dem US-Kongress wurden die ersten Zeugen im Impeachment-Verfahren gehört. Für manchen an der Wall Street wäre die Absetzung des US-Präsidenten das Worst-Case-Szenario. Es war schließlich Trump, der die Unternehmenssteuern senkte und damit die Kurse beflügelte. Allerdings ist eine Amtsenthebung bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen im Senat mehr als unwahrscheinlich. Der erstaunlich agile 73-Jährige steht jedoch auch woanders an vorderster Front: Seine Importzölle sind zentraler Streitpunkt in den Gesprächen zwischen den USA und China. Hier dürfte sich bald zeigen, ob der Präsident weiter pokert oder man sich tatsächlich der fundamentalen Neuordnung der Verhältnisse annähert.​

„Die Bullen sind zurück.“ So lautet das simple wie eindrucksvolle Resümee von Michael Hartnett, Chefanlagestratege der Bank of America Merrill Lynch, zur neuesten Fondsmanagerumfrage seines Hauses. Die Cashquote der befragten Fondsprofis sank stark, von fünf Prozent im Oktober auf 4,2 Prozent im November. Stattdessen gingen die Fondsmanager in Aktien und hier besonders in zyklische Titel. Der Konjunkturoptimismus nahm so kräftig zu wie zuletzt vor 20 Jahren und erreichte den höchsten Stand seit 18  Monaten. 52 Prozent der Befragten erwarten nun, dass Aktien als Anlageklasse im kommenden Jahr die höchsten Erträge abwerfen. Dahinter folgen Rohstoffe. Netto 21 Prozent der Fondsmanager haben Aktien übergewichtet, 20 Prozentpunkte mehr als noch vor einem Monat. Ganz ohne Sorge sind die Fondsprofis, die insgesamt 700 Milliarden US-Dollar verwalten, aber nicht. Eine Eskalation der Handelskonflikte steht weit oben auf der Liste der größten Angstfaktoren — noch vor einer möglichen Anleiheblase, der geldpolitischen Ohnmacht der Zentralbanken und einer wirtschaftlichen Verlangsamung in China.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex stabilisierte sich zuletzt, wie in den Wirtschaftssentiment-Daten von Media Tenor International in Zürich antizipiert. Der DAX ist von seinem Jahrestief im August um über 1.500 Punkte gestiegen und erreicht seit Tagen neue Jahreshöchststände. War das R-Wort (Rezession) nur ein böses Gespenst, das inzwischen verscheucht ist? Manches spricht dafür, dass Geschäftsklima und Börse im Spätsommer nach unten übertrieben haben. Die jüngste Analyse zum Meinungsklima von Finanzanalysten in den wichtigsten globalen Finanzmedien gibt aber auch Anlass, weiter vorsichtig zu sein. Die Untersuchung von rund 7.900 Aussagen im September und Oktober zeigt mit Blick auf die Branchen nur wenig Euphorie. „Für den Autosektor verschlechterte sich das Sentiment von minus 22 auf minus 28 Punkte, für die Chemiebranche von plus 19 auf minus sieben“, so Matthias Vollbracht, Leiter Research bei Media Tenor. Auch bei Gesundheitswerten ging das Sentiment von plus eins auf minus 14 hinunter. Die Bankenwerte stagnieren im negativen Bereich (um minus zwölf). „Für eine -Entwarnung ist es nach Ansicht der Experten zu früh“, so Vollbracht. Entscheidend, vor allem für die deutschen Unternehmen, werden die Zahlen des vierten Quartals und die Entwicklung im Export und in der Handelspolitik sein.

Das von der deutschen Fondsbranche verwaltete Vermögen ist seit Jahresbeginn bis Ende September um knapp 13 Prozent auf rund 3,3 Billionen Euro gewachsen. Dazu haben insbesondere die Kurssteigerungen an den Börsen weltweit beigetragen. Publikumsfonds flossen in Deutschland seit Jahresanfang 9,6 Milliarden Euro zu, davon allein 8,3 Milliarden in Offene Immobilienfonds. Dass das Betongold bei den Anlegern beliebt ist, zeigt das verwaltete Nettovermögen der Offenen Immobilienfonds. Dieses stieg in den vergangenen zwölf Monaten von 188 Milliarden Euro auf 213 Milliarden Euro.​


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