Börsen starten mit Kursfeuerwerk ins neue Jahr

Die Zykliker sind auf dem Vormarsch. Im medialen Wirbel rund um die Ereignisse in der US-Hauptstadt ging eine Meldung fast unter: Mit Zulassung des Impfstoffs des US-Unternehmens Moderna haben auch die Europäer eine zweite Waffe gegen das Coronavirus. Börsianer jedenfalls sind optimistisch.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Colin Ziemer

Der DAX überstieg die bislang noch nie berührte Marke von 14.000 Punkten, getrieben von seinen konjunktursensiblen Mitgliedern. Werte wie der Baustoffhersteller HeidelbergCement preschten nach vorn, auch Pandemie-Verlierer wie die Lufthansa waren gefragt. Die Stimmung in Frankfurt ist weitaus besser als in Berlin, das neue Jahr hat aus Anlegersicht famos begonnen. Die Aussicht auf eine Konjunkturerholung dürfte den Leitindex weiter treiben, von der Wall Street kommen trotz der Wirren in Washington positive Impulse.

Am Ende einer starken ersten Börsenwoche nahm der Leitindex Dax gleich am Freitagmorgen mühelos die Marke von 14.100 Punkten und sprang bis auf 14.132 Punkte. Im weiteren Handelsverlauf bröckelten die Gewinne allerdings etwas ab, und der Dax rettete noch ein Plus von 0,6 Prozent auf 14.050 Punkte ins Wochenende. Auf die Woche gerechnet zeugt der Gewinn von 2,4 Prozent vom guten Jahresauftakt.

Weiterhin stützen die globalen Corona-Impfkampagnen aktuell die gute Börsenstimmung in weiten Teilen der Welt. Erfreuliche Daten aus der deutschen Industrie trugen ebenfalls zur allgemein freundlichen Stimmung bei. Nach starken Auftragseingängen im November fielen nun auch die Daten zur Industrieproduktion besser als von Analysten erwartet aus.

Mit eIner Milliardenabschreibung und weiterer Vorsorge für mögliche Kreditausfälle in der Corona-Pandemie bereinigt die Commerzbank ihre 2020er-Bilanz. „Nach dieser bilanziellen Maßnahme sehen wir uns gut für den weiteren Weg gerüstet“, erklärte der seit 1. Januar amtierende Vorstandschef Manfred Knof am Freitag. „Unser Ziel ist es, die Bank nachhaltig profitabler zu machen.“

Der Dow Jones Industrial berappelte sich am Freitag nach Anfangsverlusten und brachte mit 31.098 Punkten ein Plus von 0,2 Prozent über die Ziellinie. Für die erste Jahreswoche 2021 verbuchte er damit einen Gewinn von 1,6 Prozent. Andere Indizes setzten erneut höhere Bestmarken: Am Ende stieg der S&P um 0,6 Prozent auf 3.825 Punkte. Der Nasdaq-Auswahlindex stellte seine Indexkollegen mit einem Anstieg um 1,3 Prozent auf 13.105 Zähler erneut in den Schatten.
Laut Analyst Chris Hussey von Goldman Sachs sahen die Anleger über einen enttäuschenden US-Jobbericht und steigende Virus-Infektionszahlen hinweg und konzentrierten sich stattdessen eher auf zuletzt ermutigend ausgefallene Stimmungsindikatoren und die Hoffnung auf zusätzliche staatliche Hilfsmaßnahmen unter dem neuen Präsidenten Joe Biden. Biden strebt zur Bekämpfung der Corona-Krise ein weiteres billionenschweres Konjunkturpaket an, dessen Details er Ende kommender Woche vorstellen will.

Von Tesla bekamen die Anleger auch am Freitag nicht genug. Das Thema E-Mobilität zieht sie weiter in Scharen an. Die Papiere des Elektroautobauers setzten ihre Rekordrally mit einem weiteren Kurssprung um fast acht Prozent fort. Nach dem im August vollzogenen Aktiensplit wurden sie erstmals über der Marke von 850 Dollar gehandelt.

An einem Vorstoß in das Spezialgebiet von Tesla könnte Spekulationen zufolge aber Apple beteiligt werden – in einer am Markt gehandelten Kooperation mit Hyundai bei der Entwicklung eines selbstfahrenden Elektroautos. Dies hatte die Aktien des südkoreanischen Autobauers am Freitag zuerst mächtig nach oben getrieben, Apple folgten dem immerhin mit einem Anstieg um 0,9 Prozent.

Boeing dagegen geriet ins Schlingern, weil das Desaster um den Absturzflieger 737 Max den Flugzeugbauer nun doch teuer zu stehen kommt. Der Konzern zahlt eine Strafe von mehr als 2,5 Milliarden Dollar zur Beilegung strafrechtlicher Verfahren. Die Aktien gingen daraufhin 1,3 Prozent tiefer aus dem Handel.

Positive Meldungen stützten dagegen die Aktien des Impfstoff-Entwicklers Biontech, dessen Aktien in New York nach einigen Flautewochen mit einem Kurssprung um 7,2 Prozent knapp über die 100-Dollar-Marke zurückkehrten. Zum Einen schloss die EU-Kommission einen Vertrag über weitere 300 Millionen Dosen. Zum Anderen wirkt der Impfstoff laut einer ersten Analyse auch gegen die neuen Virusvarianten, die zuerst in Großbritannien und Südafrika nachgewiesen wurden.

Angesichts der Erwartung einer wieder zunehmenden Inflation steigt die Beliebtheit von Alternativwährungen aller Art. Insbesondere die Cyberwährung Bitcoin profitiert derzeit von diesem Trend. Der Preis pro Bitcoin kletterte seit Jahresanfang um 28 Prozent auf über 37.000 US-Dollar. Während viele Finanzmarktexperten längst von einer Blase sprechen, traut JP Morgan in einer aktuellen Studie dem Bitcoin auf lange Sicht einen Anstieg auf 146 .000 Dollar zu.

Die neuerlichen Corona-Turbulenzen im November und Dezember haben das Meinungsklima der Analysten in internationalen Finanzleitmedien nicht besonders negativ berührt. Die Analyse des Züricher Analyseinstituts Media Tenor International zeigt, dass die meisten Branchen im vierten Quartal deutlich positiver eingestuft wurden. Im Vorjahresvergleich ist das Sentiment vor allem zu Rohstoffen stark angestiegen. „Kamen diese im vierten Quartal 2019 noch auf einen ausgewogenen Saldo von positiven und negativen Wertungen, so stieg der Wert im vierten Quartal 2020 auf plus 36,8 Zähler“, so Matthias Vollbracht, Leiter Research bei Media Tenor. Einer der Treiber ist das anziehende Geschäft mit E-Mobilität. Passend dazu verbesserte sich auch das Sentiment für Industrietitel und Chemiewertedeutlich. All dies spricht eher für Wirtschaftswachstum als für einen weiteren Einbruch. Im Vorjahresvergleich sehen die Analysten auch den Autosektor stabilisiert (von minus 16,4 auf plus 13,5). Der Handel gilt trotz der Einschränkungen im Präsenzgeschäft als starker Krisengewinner, weil ein erheblicher Teil des privaten Budgets in Konsum statt in Reisen geflossen ist. Für die Reisebranche und zyklischen Konsum gibt der Sentiment-Wert der Analysten noch keine Entwarnung, auch wenn Impfhoffnungen zuletzt einzelne Titel beflügelten. Und das Betongold? „Im Hinblick auf die Bau- und Immobilienbranche ist der Trend uneinheitlich“, so Vollbracht. Das Sentiment zur Immobilienbranche hat sich im Vorjahresvergleich verschlechtert, der Bau wird dagegen sehr positiv gesehen. Technologie- und Telekomtitel wurden zuletzt weiterhin positiv beurteilt, die Stimmung gegenüber der Versicherungsbranche hat sich stark verschlechtert. Insgesamt wurden 23.022 Aussagen für die beiden Quartale ausgewertet.

Die extrem lockere Geldpolitik der Notenbanken infolge der Corona-Pandemie treibt die Bewertungen von Immobilien und Wertpapieren immer weiter in die Höhe. Vor allem Vermögende profitieren davon, wie Datendienstleister Bloomberg nun berichtet. Demnach ist das Vermögen der 500 Reichsten der Welt im vergangenen Jahr um 1,8 Billionen US-Dollar auf 7,5 Billionen US-Dollar gewachsen. Das bedeutet ein Plus von 31 Prozent sowie den größten Jahreszuwachs des Bloomberg Billionaires Index. Seit dem Börsentiefpunkt im März 2020 schoss das Vermögen der reichsten 0,001 Prozent der Weltbevölkerung sogar um drei Billionen US-Dollar nach oben.


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CIVIS
3 Jahre her

Auch wenn viele die Nachricht >Börsen starten mit Kursfeuerwerk ins neue Jahr< begrüßen und sogar jubeln, …mich stimmt dieses mittlerweile Allzeithoch im DAX äußerst bedenklich.

Wie lange soll die Diskrepanz zwischen „spekulativem Kapitalmarkt“ und „werteschaffendem Realmarkt“ noch gut gehen, …zumal wie aktuell kaum noch Werte geschaffen und Investitionen getätigt werden.

Je größer die Diskrepanz, je lauter der Knall und der harte Crash am Ende dieser markt- und finanzwirtschaftlich ungesunden Entwicklung; …denn am Ende kann nur der totale Crash stehen (!)

tube
3 Jahre her

wenn man der Elliottwellen-Theorie vertraut, ist das Feuerwerk genau jetzt in diesen Tagen erloschen, jedoch auch unter den EW-Gurus gehen die Meinungen etwas auseinander.

Rick Sanchez
3 Jahre her

Sorry, aber rational ist das nicht mehr zu erklären, oder?
Vieles ist zu und trotzdem wird mehr Geld „verdient“? Auch wenn die Industrie noch gute Geschäfte macht, Maschinenbau zb, aber wenn deutlich weniger Verkauft wird (normaler Konsum) braucht man doch auch keine neuen oder bessere Maschinen…
Auf der einen Seite Krall, Sinn, Otte, die vor schlimmsten Verwerfungen an den Märkten warnen und auf der anderen Seite Friede, Freude, Eierkuchen?
Kann TE mein Logikloch füllen?
Ich komm da nicht mehr mit!

fatherted
3 Jahre her

Nicht zu vergessen….der Bitcoin hat sich binnen zwei Wochen fast verdoppelt….stürzt zwar gerade wieder etwas aber…aber bei dem Höhenflug sind Gewinnmitnahmen wohl normal. Es scheint als ob die Coins aus der Schmuddelecke herauskommen…sogar Musk will investieren….und wenn der das macht, ziehen sicher alle Tesla Jünger nach. Das wird noch richtig heftig dieses Jahr…ziemlich viele Auguren sind der Meinung, dass der BTC auf über 100.000 steigt….Alternative zum EURO?

thinkSelf
3 Jahre her

Was für ein Stuß. Selbst wenn morgen 100 Millionen Europäer tot umfallen würden gehen die Kurse weiter rauf. Denn da die Zentralbanken weiter Geld ins System pumpen bis der Arzt kommt wird sich daran auch nichts ändern. Gleichzeitig hat die Vermögenskonzentration den Turbo eingeschaltet, was den Dagobert Duck Effekt verstärkt und die Geldumlaufgeschwindigkeit unten hält. Weshalb ich zumindest in absehbarer Zeit nicht mit einer explodierenden Inflation außerhalb der Assetklassen rechne. Solange China Dollar und Euro akzeptiert wird da nicht viel passieren. Und die akzeptieren das weiterhin weil sie die Kohle verwenden um ihren Einfluss weiter auszubauen. Die haben den Satz… Mehr