Die staatlichen Subventionen steigen übermäßig

Auf dem Weg in die Staatswirtschaft schreitet Deutschland mit großen Schritten voran - auch ohne die Corona-Maßnahmen. Laut Subventionsbericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wären rund 10 Milliarden Euro einzusparen.

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Laut jüngstem Subventionsbericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) steigen 2020 im Vergleich zum Vorjahr vor allem die Finanzhilfen des Bundes für Unternehmen von 59,3 Mrd. Euro im Vorjahr auf 63,8 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Plus von gut 7,5 Prozent. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt wuchs um rund 1,5 Prozent. Am stärksten steigen die Ausgaben des Energie- und Klimafonds (plus 1,8 Mrd. Euro) und die Kosten für die Altlastensanierung des Steinkohlebergbaus (plus 1 Mrd. Euro). An neuen Subventionen hinzu kamen der Ausbau von Breitband- und Giganetzen (plus 1,3 Mrd. Euro). Die Steuervergünstigungen steigen leicht von 65,5 auf 66,5 Mrd. Euro. Die im Zuge der Corona-Krise entstehenden Subventionen in Höhe von 72,6 Mrd. Euro sind in dieser Summe nicht enthalten.

„Es ist für Deutschland dringend an der Zeit, seine enormen Subventionszahlungen zu kürzen, um damit auch einen Teil der Corona-Hilfen zu finanzieren. Eine Einsparung von rund 10 Mrd. Euro jährlich ist realistisch möglich“, sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr.

Das IfW Kiel definiert den Subventionsbegriff sehr viel weiter als die Bundesregierung in ihrem amtlichen Subventionsbericht, der etwa bei den Bundesfinanzhilfen nur knapp ein Fünftel ausweist (14,5 vs. 63,8 Mrd. Euro).

Kieler Institut für Weltwirtschaft
Die Finanzhilfen der Länder und Gemeinden können aufgrund einer geänderten Buchführung seit 2015 nicht mehr erfasst werden. Das IfW Kiel unterstellt hierfür eine Steigerung analog zu den Haushaltsausgaben. Nach dieser Schätzung betragen die Finanzhilfen in diesem Jahr 69,1 Mrd. Euro. Hinzu kommen noch die Subventionen der EU für die Landwirtschaft (4,9 Mrd. Euro) und die Finanzhilfen der Bundesagentur für Arbeit (0,7 Mrd. Euro). Insgesamt fließen damit in Deutschland 2020 laut Haushaltsplanung rund 206 Mrd. Euro an Subventionen, das entspricht circa 2.500 Euro pro Kopf der Bevölkerung oder rund 90 Prozent des gesamten Lohnsteueraufkommens.

„Am Ende findet sich für jede einzelne Subvention eine Rechtfertigung, aber insgesamt werden damit Mittel tendenziell von strukturstarken auf strukturschwache Sektoren und Regionen verteilt, davon profitieren in der Regel nur einzelne Interessensgruppen, gesamtwirtschaftlich leiden Wachstumsdynamik, Innovationskraft und Wohlfahrt“, sagte Studienautor Claus-Friedrich Laaser.

Verkehr, Gesundheit und Landwirtschaft größte Subventionsempfänger

Größter Subventionsempfänger ist der Verkehrssektor mit Finanzhilfen über insgesamt 23,4 Mrd. Euro, die in erster Linie der Deutschen Bahn zufließen. Größter Einzelposten bei den Finanzhilfen ist der Bundeszuschuss an die gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 14,5 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Bei seiner Einführung 2004 betrug er nur 1 Mrd. Euro.

Traditionell hoch sind die Subventionen an die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei. Finanzhilfen von Bund, Ländern und der EU sowie Steuervergünstigungen summieren sich 2020 hier auf rund 12,2 Mrd. Euro.

Steuervergünstigungen werden in erster Linie durch eine Befreiung von der Umsatzsteuer gewährt. Mit insgesamt 18,5 Mrd. Euro profitierten Ärzte, Kliniken, Pflege- und Wohlfahrtseinrichtungen sowie die Sozialversicherungsträger am stärksten.

IfW: 10 Milliarden Euro Subventionen einsparbar

„Im Zuge der Corona-Krise ist die Streichung von Subventionen keine akademische Diskussion mehr, vielmehr ist sie nach Abflauen der Krise zwingend zur Finanzierung der Hilfspakete erforderlich, um unnötige Steuererhöhungen zu vermeiden“, sagt Felbermayr. „Um gesellschaftliche Konflikte zu verhindern, sollten nicht einzelne Subventionen komplett gestrichen werden. Wir schlagen vor, alle von uns als gesamtwirtschaftlich schädlich eingestuften Subventionen um 20 Prozent zu kürzen, alle prinzipiell begründbaren Subventionen, bei denen jedoch Kürzungspotenzial besteht oder deren Ausgestaltung widersprüchlich ist, um 10 Prozent. Dies brächte dem Bund pro Jahr fast 10 Milliarden Euro zusätzlichen finanziellen Spielraum.“

Das IfW Kiel teilt die Subventionen in seiner „Subventionsampel“ in vier Kategorien ein. Als gesamtwirtschaftlich schädlich identifiziert es Subventionen in Höhe von 21,7 Mrd. Euro – die rote Kategorie. Hierzu zählen mit 2,4 Mrd. Euro diverse Zuschüsse und Vergünstigungen für die Landwirtschaft, die Umsatzsteuerermäßigung für Hoteliers (1,6 Mrd. Euro) oder die Förderung von Elektromobilität (0,85 Mrd. Euro).

„Es geht uns an dieser Stelle nicht um Kritik an der Elektromobilität per se, sondern um Kritik am Zustandekommen der Förderung, bei der sich der Staat durch das Küren einer Zukunftstechnologie per Beschluss ein Wissen anmaßt, das er nicht haben kann. Wir fordern eine technologieoffene Förderung, von der alle potenziell klimafreundlichen Mobilitätskonzepte – die Elektromobilität eingeschlossen – profitieren können“, so Laaser.

Der Großteil der Subventionen in Höhe von 92,9 Mrd. Euro – orange und gelbe Kategorie – ist laut IfW zwar prinzipiell begründbar, allerdings gibt es Einsparpotenziale, oder die Ausgestaltung ist widersprüchlich, so dass das mit der Subvention verfolgte Ziel auf anderem Wege effizienter erreicht werden könnte. In diese Kategorie fallen etwa die Subventionen für den Schienenverkehr, den Breitbandausbau oder das Baukindergeld.

Nur Subventionen in Höhe von 10,7 Mrd. Euro – grüne Kategorie – sind dem IfW zufolge völlig gerechtfertigt und sollten von Kürzungen unberührt bleiben. Entweder weil es rechtliche Hürden gibt, wie bei den Pensionszahlungen für ehemalige DB-Beamte, oder weil ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht, etwa bei Ausgaben für demokratische Bildung.

Ob letztere allerdings diesen Anspruch tatsächlich erheben können, dürfte jenseits der Kompetenz und Zuständigkeit der Kieler Volkswirte liegen.

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Kommentare ( 9 )

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Gottfried
3 Jahre her

Da sind aber nicht Ausgaben für die völlig überflüssigen 250 Genderlehrstühle, Staatspropaganda und anderen Unsinn enthalten.

Maria Jolantos
3 Jahre her

Die „Ausgaben für demokratische Bildung“ oder besser linke Indoktrination sieht das IfW als gerechtfertigt? Dann muss es der Logik nach auch die planwirtschaftlichen Maßnahmen als gerechtfertig ansehen.

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Weil ich irgendwie auch die nach EU-Brüssel gehenden Steuergelder als „Subventionen“ sehe, bin ich dafür das zuerst einmal diese nacg Brüssel gehenden Gelder mehr als stark gekürzt oder besser noch ganz gestrichen werden. Letzteres gilt auch für die „Subventionen“ die an die vor allem islam. und afrikan. Welt u. Dikaturen großzügig verteilt werden. Und nicht auch zu vergessrn die „Subventionen“ von ~50 Mrd. Euro/Jahr für die Monat für Monat immer mehr werdende bunte „Bereicherung“ im Land.

Thorsten
3 Jahre her

Die Corona-Krise ist willkommen für die höhere Staatsfinanzierung, die den Parteien mehr Macht gibt. Es ist kein Wunder, dass die Medien in das selbe Horn blasen, da sie auch Gelder abbekommen.

Es ist damit zu rechnen, dass die Corona-Krise ein bequemer Dauerzustand für die Politik wird. Es erinnert an das Orwellsche „1984“ wo auch von einem Krieg zwischen Eurasien und Ozeanien gefaselt wurde, um die Grundrechteeinschränkungen zu begründen.

Gernoht
3 Jahre her

Den Sozialismus in seinem Lauf hält auch das IfW nicht auf (frei nach Originalität vom Onkel Erich).

StefanB
3 Jahre her

Die linksgrüne Staatswirtschaft nimmt immer mehr Gestalt an. Das Ende ist bekannt.

elly
3 Jahre her

„Verkehr, Gesundheit und Landwirtschaft größte Subventionsempfänger“ Verkehr: meist ist immer nur die Pendlerpauschale gemeint. Wenn alle Selbständigen ihre Fahrten zum Kunden ebenso nicht mehr geltend machen können, dann gerne. Tesla kann mit Hunderten Millionen Euro Subventionen rechnen für das neue Werk in Brandenburg. Gesundheit: gerne. Entrümpelt die gKVs endlich von versicherungsfremden Leistungen, denen keine Beiträge entgegen stehen. Für jeden Hartz IV Empfänger zahlt der Bund lediglich ca. 100€ den gKVs. Kostenlose Familienmitversicherung nicht nur der Kinder auch des nicht berufstätigen Ehepartners ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Die Befähigung der Krankenhäuser am Angfang der Corona… Mehr

Altchemnitzer
3 Jahre her
Antworten an  elly

„Wieso werden nur diegKVs für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe belastet? Ja, weil auch nur diese die ca. 14 Milliarden Steuermittel erhalten. Sicher jährlich mehr. Und weil alle nicht gKV Versicherten über Steuern sich daran beteiligen. Da wird niemand bevorteilt, bei diesem Fakt.

GP
3 Jahre her

Die Planwirtschaft der DDR entsprach doch viel mehr dem Deutschen Wesen (Staats gläubig) als die Marktwirtschaft der alte BRD. Von daher ist die Entwicklung hin zur DDR 2.0 nur folgerichtig und wird von der Mehrheit unterstützt. „Energiewende“, „Verkehrswende“, „Klimaschutz“ sind doch alles Synonyme einer Staatsgläubigkeit die mit einer freien Marktwirtschaft gar nicht kompatibel ist.