Dax mit neuem Rekord, Amerikas Tech-Konzerne schwimmen auf der KI-Welle

Vor einem Jahr noch machten die Tech-Konzerne Schlagzeilen mit Sparpaketen und Entlassungen. Bei der Präsentation der Quartalsberichte in dieser Woche war das komplette Gegenteil zu hören. So unterschiedlich ihre Geschäftsmodelle auch sein mögen, ihnen ist gemein: Der aktuelle Boom in der KI lässt ihren Umsatz explodieren.

IMAGO / STPP

Vor einem Jahr noch machten die Technologiekonzerne der Schlagzeilen mit Sparpaketen und Entlassungen. Das Werbegeschäft war schwer angeschlagen. Bei der Präsentation der Quartalsberichte in dieser Woche war das komplette Gegenteil zu hören. So unterschiedlich die Geschäftsmodelle als Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft sein mögen, ist ihnen allen doch gemein, dass der aktuelle Boom in der künstlichen Intelligenz ihren Umsatz explodieren lässt.
Besonders trifft das auf Microsoft zu. Dessen Investition in die Firma Open AI von rund 13 Milliarden Dollar erweist sich immer mehr als Glücksfall. Microsoft verzeichnete zwischen Oktober und Dezember das stärkste Gewinnwachstum seit zwei Jahren (auf knapp 22 Milliarden Dollar).

Besonders bringen KI-Anwendungen das Software-Paket Microsoft 365 in Schwung. Ein Assistent namens Copilot unterstützt die Anwender von Word, Excel und Teams, die das offensichtlich begeistert annehmen. Microsofts Aktien haben in den vergangenen zwölf Monaten um 70 Prozent zugelegt, deutlich mehr als der Vergleichsindex Nasdaq. Vergangene Woche kletterte der Börsenwert des Konzerns erstmals auf mehr als drei Billionen Dollar. Microsoft löste damit Apple als wertvollste Firma der Welt ab.

Auch Microsofts größter Konkurrent Google profitiert zurzeit vom KI-Boom. Der Konzern vermeldete diese Woche einen im Jahresvergleich um 13 Prozent gestiegenen Umsatz von 86,3 Milliarden Dollar, der Gewinn stieg überprortional sogar um 30 Prozent auf 23,6 Milliarden Dollar. Vor einem Jahr hatte sich Alphabet-Chef Sundar Pichai vorhalten lassen müssen, dass Google es verschlafen habe, seine Forschungsdurchbrüche im Bereich der KI zu kommerzialisieren. Nun sagte Pichai am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Investoren, er sei „stolz darauf“ darauf, dass Google KI nun in zahlreiche Produkte – von der Suchfunktion über Arbeitssoftware bis hin zur Cloud – integriert habe. Insgesamt konnte Alphabet nun das vierte Quartal hintereinander steigende Umsätze verzeichnen. Auch im Werbegeschäft hatte Pichai gute Nachrichten: Das Geschäft wuchs im Jahresvergleich um elf Prozent auf 65,5 Milliarden Dollar. Insbesondere die Videoplattform Youtube wächst.

Ähnliches meldete Meta, nach Google zweitgrößter Anbieter von Digitalwerbung in der Welt. Meta hat für seine Werbekunden eine Art KI-Werkzeugkoffer gebaut, der sie beim Erstellen der effektivsten Anzeigen unterstützt. Zudem entscheidet die KI nun, welche Inhalte den Facebook-Nutzern in ihrem Newsfeed gezeigt werden, wodurch sie länger auf den Plattformen der Facebook-Familie verweilen. Mit Anzeigen verdiente der Konzern im letzten Quartal rund 39 Milliarden Dollar – rund 97 Prozent seines Umsatzes. Das Werbegeschäft läuft nun wieder so gut, dass Meta den Durchschnittspreis pro Anzeige angehoben hat. Meta verzeichnete zwischen Oktober und Dezember einen Umsatzzuwachs von 25 Prozent auf rund 40 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg auf 14 Milliarden Dollar. In der vergangenen Woche hat Meta erstmals eine Marktkapitalisierung von einer Billion Dollar erreicht, der Aktienkurs steht auf einem Allzeithoch; erstmals in der 20-jährigen Firmengeschichte soll den Anlegern eine Dividende – von 50 Cent – ausgezahlt werden.

Auch bei Amazon scheint die Durststrecke vorerst vorbei: Das Weihnachtsquartal des Online-Riesen fiel besser aus, als es Marktbeobachter erwartet hatten, und war das profitabelste seit zwei Jahren. Amazons Umsatz stieg im Jahresvergleich um 14 Prozent auf 170 Milliarden Dollar. Damit findet die Entlassung von Zehntausenden Mitarbeitern und die Einführung von Werbung auf seinem Streaming-Dienst ihren Niederschlag in den Zahlen. Amazon ist inzwischen der drittgrößte Anbieter von Digitalwerbung. Nachdem die Firma aus Seattle zunächst im Bereich KI in Rückstand geraten war, kooperiert sie nun mit der KI-Firma Anthropic. Jüngst stellte sie den hauseigenen Chatbot Amazon Q vor. Ein KI-Assistent namens Rufus soll den Konsumenten künftig beim Einkaufen helfen.

Nur Apple lässt sich bis jetzt in Sachen KI nur wenig in die Karten schauen. Bei der Vorstellung der Quartalszahlen am Donnerstag sagte CEO Tim Cook lediglich, dass wir „später im Jahr Genaueres bekanntgeben werden“. Allerdings ist das jetzt in den USA in die Läden kommende Virtual-Reality-Headset voller KI-Anwendungen. Nach vier Quartalen mit rückläufigem Umsatz konnte Cook den Investoren wieder positive Nachrichten bringen: Der Umsatz stieg zwischen Oktober und Dezember um gut zwei Prozent auf 120 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg gar um 13 Prozent auf 34 Milliarden Dollar. Das jüngste iphone-Modell hatte sich im Weihnachtsgeschäft wesentlich besser als erwartet verkauft und trug allein 60 Prozent zum Konzernumsatz bei. Allein im chinesischen Markt schwächelt das iPhone-Geschäft. Immer mehr chinesische Behörden und Firmen verbieten ihren Mitarbeitern, Smartphones ausländischer Hersteller mit ins Büro zu bringen. Der Umsatz dort fiel um 13 Prozent.

Die starken Quartalsberichte der Technologie-Giganten waren die Grundlage für die auch am Freitag anhaltende Rekordstimmung an den US-Börsen. Sogar der ausgesprochen starke Arbeitsmarkt im Januar wurde zu guter Letzt positiv für Aktien interpretiert. Der Bericht setze ein Fragezeichen hinter das Narrativ einer „sanften Landung“, zitiert die dpa einen Marktexperten. Die aktuellen Jobdaten machten vielmehr deutlich, dass die Wirtschaft auf Hochtouren laufe. Auch wenn eine Zinssenkung bereits im März angesichts dieser Daten nochmals unwahrscheinlicher sein dürfte und auch ein erster Schritt im Mai eher unsicher, stärkten die Daten die Aussicht auf solide Unternehmensgewinne, hieß es.

Alle drei wichtigen US-Indizes erklommen Bestmarken. Der bekannteste Wall-Street-Index Dow Jones Industrial steuert inzwischen auf die Marke von 40.000 Punkte zu, zeitweise stieg er bis knapp unter 38.800 Punkte. Mit einem Aufschlag von 0,4 Prozent auf 38.654 Punkte ging er aus dem Tag. Sein Wochenplus beträgt damit 1,4 Prozent.

Der marktbreite S&P 500 bewegt sich auf die Marke von 5000 Punkten zu und schloss mit plus 1,1 Prozent auf 4.959 Punkte. Der ebenfalls zeitweise auf ein Rekordhoch gestiegene Nasdaq 100 beendete den Handel 1,7 Prozent höher auf 17.643 Zähler. Sein Wochengewinn beläuft sich damit auf 1,3 Prozent.

Die US-Wirtschaft schuf im Januar weitaus mehr Stellen als erwartet. Zudem handelt es sich um den stärksten Stellenanstieg seit einem Jahr. Außerdem legten die von der US-Notenbank Fed wegen der Inflation stark beachteten Stundenlöhne weitaus stärker zu als erwartet.

Unternehmensseitig gehörte die große Bühne an diesem Freitag den Techwerten, und unter diesen vor allem den Schwergewichten Meta und Amazon. Meta stachen nach starken Zahlen mit einer Rekordrally und einem Kursplus von letztlich 20,3 Prozent im Nasdaq 100 besonders hervor. Das sechstwertvollste Unternehmen an der US-Börse baute seinen Börsenwert damit an nur einem Tag um 194 Milliarden US-Dollar aus. Solch einen deutlichen Wertzuwachs gab es bisher noch nie. Die bisherigen Rekordträger Apple und Amazon hatten 2022 an einem einzigen Tag ihren Wert um 190 Milliarden Dollar gesteigert.

An der Dow-Spitze legte am Freitag die Aktie des Ölriesen Chevron nach Zahlen und der Aussicht auf eine höhere Dividende um 2,9 Prozent zu. Wettbewerber Exxonmobil meldete durchwachsene Zahlen, was der Aktie im S&P 100 letztlich ein Minus von 0,4 Prozent einbrockte.

Das Papier des Pharmaunternehmen Bristol Myers Squibb zeigte sich nach der Vorlage von Zahlen nahezu unverändert, während es für die Aktie des Schuhherstellers Skechers um 10,3 Prozent abwärts ging. Amer Sports , deren Börsengang am Vortag nicht überzeugte, legten nun um 11,6 Prozent zu.

Der Euro geriet nach den robusten US-Jobdaten unter Druck und wurde zuletzt mit 1,0793 Dollar gehandelt. Am US-Rentenmarkt stieg die Rendite auf 4,03 Prozent.

Der Dämpfer für die Zinssenkungsfantasien hatte vielen Investoren beim Dax im Verlauf nach einem weiteren Rekordhoch den Mut genommen. Mit 17.005 Punkten ließ der deutsche Leitindex seine vorherige Bestmarke aus dem Dezember knapp hinter sich, bevor die überraschend starke US-Arbeitsmarktdaten ihn bremsten. Der Index ging letztendlich mit 16.918 Punkten und damit 0,4 Prozent höher als am Vortag aus dem Handel. Für die Woche ergibt sich ein kleines Minus. Der MDax fiel am Freitag hingegen um ein Prozent auf 25.651 Punkte.

Aus Branchensicht waren Autowerte gefragt, die an ihre jüngste Erholung anknüpften. Die Aktien des Sportwagenbauers Porsche AG führten den Dax mit einem Plus von gut 4 Prozent an. Auch für BMW , Mercedes-Benz und VW ging es nach oben, wenngleich nicht ganz so stark. Die Papiere der Deutschen Bank knüpften mit plus 3,5 Prozent an ihren starken Vortag an – die Geschäftszahlen für 2023 und die Unternehmensziele lieferten damit abermals Rückenwind.
Ein positiver Analystenkommentar der Bank Morgan Stanley verlieh der Erholung der Zalando -Titel frischen Schwung. Gleichwohl blieb nach einem viel deutlicheren Anstieg am Ende nur ein Plus von 1,7 Prozent übrig.

Schlusslicht im Dax waren Siemens-Healthineers , die mit minus drei Prozent einen Großteil ihrer Vortagesgewinne abgaben. Vorletzter waren die Eon -Aktien. Sie fielen nach der Veröffentlichung von Eckdaten für 2023 um fast drei Prozent. Der Energiekonzern hatte zwar besser abgeschnitten als in Aussicht gestellt, sonderlich überraschend kam das laut Analysten aber nicht.
Größter Verlierer in den drei größeren Dax-Indizes – Dax, MDax und SDax -, war die Aktie von Delivery Hero. Am Markt kamen nach einem Zeitungsbericht Zweifel auf, ob der geplante Verkauf von Aktivitäten in Südostasien tatsächlich zustande kommt. Der Aktienkurs brach um fast 23 Prozent ein.

Bei Covestro verfliegt die im Vorjahr aufgekommene Übernahmefantasie immer weiter. Laut dem „Handelsblatt“ sind die Gespräche zwischen dem Kunststoffkonzern und dem Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi ins Stocken geraten. Der Covestro-Kurs war daraufhin am Nachmittag auf den tiefsten Stand seit Anfang Juli abgerutscht. Zum Handelsende notierte die Aktie noch 1,6 Prozent im Minus.

Am Anleihemarkt fiel die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen von 2,21 Prozent am Vortag auf 2,19 Prozent.

Trotz des zwischenzeitlichen Rekordhochs am Freitag dürfte sich die schleppende Entwicklung des Dax in der kommenden Woche fortsetzen. Hoffnungen auf eine rasche Zinswende in der Eurozone und den USA sind nach den Ereignissen dieser Woche deutlich geschrumpft und fallen damit als Markttreiber aus.

Angesichts frischer Inflationsdaten erscheine ein am Markt mehrheitlich erwarteter erster Zinssenkungsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung im April als eher unwahrscheinlich, schrieb Ulrich Stephan von der Deutsche Bank. Die Inflationsrate in der Eurozone lag im Januar bei 2,8 Prozent und ging damit etwas weniger deutlich zurück als prognostiziert. Am Montag liefern Erzeugerpreisdaten aus der Eurozone weitere Details zur Preisentwicklung.

Während sich die Anleger in Sachen Geldpolitik also weiter gedulden müssen, dürfte sie die Berichtssaison weiterhin bei Laune halten. Diese geht mit Dax-Werten wie Deutsche Börse , Siemens und Infineon in die nächste Runde. Nach pessimistischen Prognosen für den Chipmarkt im allgemeinen fürs neue Jahr dürfte bei Infineon der Ausblick besondere Beachtung finden.

Von den in der Eurozone veröffentlichten Konjunkturdaten stehen Stimmungsindikatoren und die wirtschaftliche Lage der Industrie besonders im Fokus. Bereits am Montag wird der viel beachtete Einkaufmanagerindex PMI für das Dienstleistungsgewerbe unter anderem für Deutschland veröffentlicht. Die Dezember-Zahlen für die deutsche Industrie dürften laut Volkswirt Ralph Solveen von der Commerzbank zeigen, dass der Trend weiter nach unten zeigt. So seien die Auftragseingänge (Dienstag) voraussichtlich nur wegen etwas mehr Großaufträgen nicht weiter gefallen und bei der Industrieproduktion (Mittwoch) sei mit einem weiteren Rückgang zu rechnen. Damit dürfte die Industrie die deutsche Wirtschaft auch zum Jahresbeginn weiter bremsen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 0 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen