BMW blamiert sich mit peinlicher Sprachschlamperei

An dem unglaublichen Geschwurbel, das BMW am 22. Februar verschickt hat, müssen Kompanien von Sprachpfuschern aus den Abteilungen Denglisch, Marketing und PR gedichtet haben. Motto: Wie sage ich es einem (nicht) interessierten Publikum, dass es nichts Neues gibt?

Das wäre unter der straffen Führung des Edelmanns bestimmt nicht passiert. Als der Aristokrat und einstige BMW-Chef Eberhard von Kuenheim noch im Maßanzug durch die Vortstandsetage des BMW-Vierzylinders am Münchener Petuelring schritt, da standen nicht nur die Jungspunde stramm und dachten, Gott sei angekommen. Natürlich im eleganten Siebener.

Und jetzt? Der xte Nachfolger des ehemaligen Bosses mit Legendenstatus lässt eine unglaubliche Sprachschlamperei zu. Mannomann. An dem unglaublichen Geschwurbel, das das Unternehmen am 22. Februar verschickt hat, müssen Kompanien von Sprachpfuschern aus den Abteilungen Denglisch, Marketing und PR gesessen und gedichtet haben. Motto: Wie sage ich es einem (nicht) interessierten Publikum, dass es nichts Neues gibt? Dies aber so, als würde Bewährtes aus den Angeln gehoben und danach, um im BMW-Sprech zu bleiben, würde die Vergangenheit gecrasht. Denn eigentlich sollte der verpanschte zweiseitige Text nur eine selbstverständliche Botschaft unter die Leute bringen: Künftig wirken BMW-Mitteilungen, ob in der Werbung oder der PR, stets wie aus einem Guss. Doch dafür wären keine zwei Seiten, sondern nur zwei Zeilen nötig gewesen. Das geht natürlich nicht.

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Stattdessen wurde nun die „TheGame Group“ als einheitliches Sprachrohr gegründet (ohne Leeranschlag zwischen den ersten beiden Worten, supergeiler Einfall!). Frage: War dies nicht bisher schon der Anspruch der Öffentlichkeitsarbeit? Aber nein, schallt es zurück, Sie Amateur. Denn Werbung, Marketing-Kommunikation und Presseabteilung sind in jeder Firma Feinde. Nach dem Lesen dieses Machwerks muss man den Eindruck haben, dass in den Abteilungen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit von BMW kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Zum Beispiel heißt es da gleich zu Anfang: „Unternehmens- und Markenbotschaften werden in Einklang gebracht und mit den jeweiligen Zielgruppen verknüpft.“ Das ist ein vollkommen neuer Ansatz von Öffentlichkeitsarbeit. Soweit hat in der verschnarchten Autobranche noch niemand gedacht. Toll, dass die neuen BMW-Besen in diese Richtung bürsten wollen. Sicher mit Hilfe des Rats ganz ausgeschlafener Berater. Da kommt ja ein normaler Pressebubi nie drauf. Es wurde auch höchste Zeit, denn die letzten 100 Jahre lief dort offenbar mordsmäßig viel schief. Und zwar derart, dass der Eindruck unvermeidlich war, dass BMW nicht für tolle Autos, sondern für „Biergarten- und Maßkrug-Werke“ steht. Oder ist irgendwer anderer Meinung?

Nun aber wird ab 1. April „verknüpft“. Knöpfe sind der neue Reißverschluss zwischen Abteilungen, die sich zumeist spinnefeind gegenüberstehen. Die sollen von internationalen Werbe- und PR-Agenturen geeint werden. Und weiter heißt es dazu im Text der Formuliergötter: „Im Zeitalter der redaktionellen Gesellschaft erfährt damit die Öffentlichkeits- und Markenarbeit eine grundlegende Renaissance.“ Boah eij, geil-o-mat. Dass wir das noch erleben dürfen. Was immer eine „redaktionelle Gesellschaft“ meint, es liest sich auf alle Fälle klasse. Derartiger Mumpitz kommt direkt aus dem FloskelAutomaten. Es hätte dort auch dies stehen können: „Modulare Flow-Methoden als Ausdruck destruktiver Elemente.“ Will heißen: Bisher lief es schlecht, weil wir uns nur gekloppt haben. Alles klar?

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Und die nächste Erkenntnis-Bombe folgt in dem Schrieb sogleich: „Aufmerksamkeit ist im digitalen Zeitalter zu einem entscheidenden Gut geworden.“ Es ist nicht zum Aushalten. Spätestens jetzt hätten aufmerksame Chefs die Sprachpeitsche schnalzen lassen müssen. Nur so am Rande und zur Bewältigung der bald anstehenden Prüfung zum Not-Abitur: Liebe mindertalentierten BMW-Texter, die BILD-Zeitung schreit ihre Leser mit fetten Überschriften zwecks Aufmerksamkeit seit Sommer 1952 an. Und inzwischen sogar auch digital, gelle.

Macht aber nix, die neue „TheGame Group“ kann künftig sowieso alles besser: „Die BMW Group verspricht sich davon eine effektive Orchestrierung der Bereiche Brand Campaign, Brand Experience, Brand Content, Brand Protection und Public Relations.“ Aha. Was immer der Englisch-Kappes soll, es wäre interessant zu erfahren, was ‚Orchestrierung‘ meint? Etwa: Künftig gibt es einen Dirigenten, nach dessen Takt alle spielen müssen? Klingt jedenfalls mega und soll es sicher auch. So wie einst das Denglisch-Kauderwelsch des ehemaligen BMW-Chefdesigners Chris Bangle. Seine Autos waren genau so schrecklich wie dieser Textversuch. Man denke nur an den 7er von vor 20 Jahren, das fahrende Brikett mit dicker Knetgummi-Lippe auf dem Kofferraum. Oder das X4-Coupé mit der Gewächshausglashaube im Heck. Igitt! Oder, noch schlimmer, der Dreier-Compact, der hintenrum solch eine Beleidigung fürs Auge war, dass ihn nur ein besonders talentierter Fotograf mit außergewöhnlichem Blick für die Pressefotos so in Szene setzen durfte, dass seine ausgesuchte Hässlichkeit nicht auf den ersten Blick auffiel.

Und zum Schluss, damit klar ist, dass die Schreiber jener Pressemitteilung offenbar anhaltend zu viel CO2 schnüffeln, noch diese Lesefrucht: „Die künftig holistisch angelegte Kommunikationsstrategie gewährleistet, dass sowohl das Unternehmen als auch die Marke BMW über alle Berührungspunkte hinweg in einer Tonalität und Haltung mit den jeweiligen Zielgruppen in einen Dialog treten.“ Holistisch? Ist das ne Konferenzschaltung von Möchtegern-Intelektuellen mit der Kundschaft über WhatsApp? Oder haben diese Sprachverhunzer nur Corona? Sie sollten sich rasch impfen lassen.


Harald Kaiser

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Kommentare ( 16 )

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benkrebs
3 Jahre her

Herrlich ironisch! Für Deinen Kommentar, lieber Gastautor, hätten mir auch zwei prägnante Zeilen statt des so ausladenden Artikels genügt ?
Scheint bei Schreiberlingen so aber halt im Blut zu liegen.

Medienfluechtling
3 Jahre her

Ein legendärer Spruch des BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich: „Ich halte das sichere autonome Fahren – im Gegensatz zu manchen Marketing-Genies – für eine riesige Herausforderung“.
Dass ist das Problem, die virtuelle Welt lässt sich leichter gestalten als die realen Herausforderungen.

Christa Born
3 Jahre her

Die Amis lieben dagegen die deutschen Werbesprüche: Aus Freude am Fahren oder Vorsprung durch Technik. Immer soll man sie ihnen vorsprechen. BeEmWee finden sie auch chic, dort nennt man sie Beamer. ?

DerElfer
3 Jahre her

Auf dem Woke-… ist doch bisher fast jeder schon ausgerutscht. Schade für ein ehemals deutsches Unternehmen.

Nihil Nemo
3 Jahre her

Früher war man auch mehr daran interessiert, wie sich die Karren so fuhren. Heute sei das egel, hauptsache die connectivity ist hammermäßig.

Nihil Nemo
3 Jahre her

This hört sich doch alles great an. I believe, they by BMW don´t only will verkaufen cars but auch modern Lebensgefühl. Dumb nur, dass die people die coal for the cars hätten sich not so angesprochen feel. And the money for the Firmenwagenflotte is knapp now. Aber im Großen und Ganzen ist nichts schiefgelaufen am Petuelring. Hahaha.

MariaundJosef
3 Jahre her
Antworten an  Nihil Nemo

??????….oh yes…we can…

A-Tom
3 Jahre her
Antworten an  Nihil Nemo

I got a circleruntogetherbreak beim Readen Ihrer lines.

Jens Lueck
3 Jahre her

Man hat den Eindruck, als hätte man kognitiv eingeschränkten Werbetextern im Rahmen einer Inklusionsmaßnahme erklärt, wie man den Bullshit-Bingo-Automaten bedient. Langsam zeigt sich eben auch in den PR-Abteilungen der Industrie, dass deutsche Abitur- und Bachelor/Master-Noten keinerlei Aussagekraft mehr besitzen. Erfolgreich ist nicht mehr der, der die meiste Kompetenz besitzt, sondern der, der am besten hochtrabend quatschen kann. Als jahrelanger BMW-Fahrer werde ich nach diesem Sinnlos-Gender-Sprech-Gestammel beim nächsten Kauf mal lieber einen Blick auf die Fahrzeuge der Konkurrenz werfen.

Hosenmatz
3 Jahre her

„Brand Campaign, Brand Experience, Brand Content, Brand Protection..“
Fehlt nur noch Brand Beschleuniger, Brand Schutz, Brand Stifter…

trafo
3 Jahre her
Antworten an  Hosenmatz

Herrliche, ich glaub die stellen sie direkt ein bei BMW… mir tut jetzt noch der Ranzen weh vom Lachen …

Last edited 3 Jahre her by trafo
Alter weiser Mann
3 Jahre her

LOL, ja BMW. Wunnebar der Bayerische-Mist-Wagen ist zurück. Die oben angesprochenen Power-Point-Fuzzys haben es nie gelernt. Dank Fuzziness zwar alle mit Einser-Abis gesegnet, aber trotzdem leeres Hirn. Woher soll es eine unterirdische Intelligentia wissen? Sie kennen nur ZEWA! ZEWA? Ja, wisch und weg! So geht Hyperino, das Online Casino of „TheGame Group“! Aber das soll doch nur für Schleswig-Holstein gelten??? Wahrscheinlich deswegen schreiben die heute für BMW sicherlich „BavarianMist Wagon“. Übersetzt hieße das dann bayerisches Nebelfuhrwerk. LOL Das paßt doch, irgendwie und sowieso. LOL Nebel gibt es oft an der Ostseeküste.LOL

Last edited 3 Jahre her by Alter weiser Mann
trafo
3 Jahre her
Antworten an  Alter weiser Mann

Wie geil ist das denn… Bayrischer Nebelwagon… Gott ist das krass…

Iso
3 Jahre her

Da kommt doch wenigstens zusammen, was zusammen gehört. Nicht nur die Presseabteilung von BMW hat in der Vergangenheit viel Scheiße produziert, auch technisch geht es nicht schlimmer. Inzwischen baut man 3-Zylinder Motörchen, und kriegt optisch auch nicht viel gebacken. Da kann man als Kunde gleich zu Ford oder Opel gehen. Das sind wirklich nur 0815 Rentnerautos, wie sie hier jeder baut. Sowas wie ein Dodge Charger, Chevrolet Camoro, Ford Mustang oder knackige Off Roader sucht man hier vergebens.

Zylinderbohrung
3 Jahre her
Antworten an  Iso

Ist auch ein bisschen schwierig, wenn das Auto 3L brauchen und dabei 50g CO²/km ausstoßen soll. Alles neue was einem heute so begegnet scheint…schwach auf der Brust. 2t schwere Familienkutschen mit 1,6l und 115PS. Holla die Waldfee, da geht zwar nix aber dafür stimmt die ÖKO-Bilanz. Vordergründig, weil man die Dinger am Anschlag fahren muss um vom Fleck zu kommen…..