ZDF entlässt Journalistin wegen kritischer Nachfragen zu Corona

Das ZDF hat die Journalistin Katrin Seibold entlassen. Der Sender begründet diesen Schritt mit Seibolds „Kritik am System“ – vor allem über die Corona-Berichterstattung kam es zum Streit.

Screenprint: youtube/allesaufdentisch

Das ZDF hat sich von der Journalistin Katrin Seibold getrennt. Sie hat 18 Jahre lang als freie Mitarbeiterin für den Sender gearbeitet. Der Journalismus kennt „Pauschalisten“ oder „Feste Freie“. Sie sind zwar nicht angestellt, aber fest vom jeweiligen Medium engagiert.

Seibold geht offen mit dem Thema um: So hat die 46 Jahre alte Journalistin in Bild TV aus einem Schreiben vorgelesen, in dem das ZDF begründet, warum der Sender seine langjährige Mitarbeiterin nicht mehr beschäftigt: „Redaktionssitzungen werden von ihnen immer wieder für Kritik am System genutzt“, heißt es in dem Schreiben. Bei den „Kolleg:innen“ habe das „erhebliche Störgefühle ausgelöst“. Daher sei das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört.

Der Sender hat von sich aus keine Pressearbeit zu der Entlassung betrieben. Bisher liegen TE auch keine öffentlichen Äußerungen von Verantwortlichen des Senders vor. Eine entsprechende TE-Anfrage wurde lapidar abgeschmettert: „Das ZDF äußert sich grundsätzlich nicht zu Vertragsfragen, die einzelne Beschäftigte betreffen“, lautet die komplette Antwort. Auf Bild TV berichtet Seibold, wie das ZDF bewusst „Fake News“ herstellt. So sei an das amerikanische Büro der Auftrag gegangen, einen Beitrag über einen Giftgasalarm zu produzieren. Dieser habe aber so nicht stattgefunden. Da der Beitrag aber bestellt war, habe das Studio Bekannte dazu überredet, vor der Kamera besorgte Bürger zu spielen.

Die Berichterstattung über Corona sei im Sender massiv von oben gesteuert worden. So habe eine Kollegin neutral über die kritische Initiative „#allesaufdenTisch“ berichten wollen. Sie habe den Beitrag so lange schneiden müssen, bis er eindeutig aus harter Kritik gegen diese Initiative bestand. Ihr selber, schildert Seibold, sei es bei einem Beitrag über „#allesdichtmachen“ ähnlich ergangen.

In den Redaktionssitzungen herrsche ein Klima der Angst. Dadurch sei es nicht mehr möglich, die eigene Arbeit zu hinterfragen. So wollte Seibold, die auf Kultur spezialisiert ist, darüber reden, wie der Begriff des „Querdenkers“ entstanden sei – dieser Versuch sei aber abgeschmettert worden. Auch das Thema Kinder in der Pandemie sei lange ein Tabu gewesen.

Seibold schloss 2002 ihr Magister-Studium ab, zu dem unter anderem Publizistik und Philosophie gehörten. 2003 erwarb sie zudem ein Diplom an der Berliner Journalisten-Schule. Nachdem sie unter anderem für die Süddeutsche Zeitung und die taz schrieb, kam sie 2003 zum ZDF, für das sie als Autorin und Reporterin arbeitete.

Seibold ist nicht die erste Mitarbeiterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die nach Kritik an der Corona-Berichterstattung entlassen wurde: Im Herbst feuerte der SWR Ole Skambraks. Der hatte unter dem Hashtag #Ichkannnichtmehr“ auf Twitter geschrieben: Die öffentlich-rechtlichen Sender würden einseitig über die Pandemie berichten. Sie würden Stimmen, die nicht die Meinung der Regierenden wiedergeben, unterdrücken und als rechtsaußen diffamieren, um so für die Meinung der Regierenden zu werben und andere Meinungen vorzuführen. Die Folge sei, dass über wichtige Faktoren der Pandemie nicht berichtet würde. Systematisch.

Eine Kritik, die Katrin Seibold nun fast wörtlich wiederholt.

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Kommentare ( 86 )

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Andy Malinski
1 Jahr her

Wer mal nachguckt, mit wievielen freien und halbfreien Abhängigen im ÖR Programm gemacht wird, dem ist klar, warum sich kaum jemand aus der Deckung wagt – allerhöchstens anonym wie zB in https://meinungsvielfalt.jetzt/statements.html

Robert Ballhaus
2 Jahre her

Dieser Staat ist mittlerweile zu einer Fassadendemokratie mutiert. Das übergroße „Demokratie“-Transparent trägt man mit stolzgeschwellter Brust vor sich her. Aber es besagt nichts mehr. Im Grunde unterscheidet sich diese Fassadendemokratie nur noch dahingehend von Russland oder China, dass man hier noch nicht um sein Leben fürchten muss.

Noch nicht.

Alexis de Tocqueville
2 Jahre her

Mh, in den Redaktionssitzungen herrscht also Angst, aber die Kollegen fühlen sich innen gestört. (Nicht außen? Oder bedeutet das im Inneren?) „Das Studio“ sucht Fake-Schausteller, die Berichterstattung wird „von oben“ bestimmt… Geht das auch konkreter? Wer ist „oben“, wer ist „das Studio“? Wer genau gibt die Anweisungen? Wer genau hat Angst vor wem und fühlt sich durch wen gestört? Da stimmt doch was nicht. Alle ZDF-Journos würden ja sooooooo gern die Wahrheit sagen, aber haben so schröcklich Angst vor „oben“. Nur wer das ist, der oder die „da oben“, das wissense nicht. Sie fühlen sich gestört, während sie zittern. Darum… Mehr

Axel Fachtan
2 Jahre her

Du musst halt funktionieren im Sinne des Systems. Dann hast Du ausgesorgt. Verdienst als Intendant mehr als die Kanzler. Und kriegst eine Altersvorsorge, die eine wahre Wonne ist. Aber die tägliche Lüge lächelnd zu verkünden ist Teil deiner Stellenbeschreibung. Und wenn Du das nicht mehr machst, ist Schicht. Nicht nur bei Eva Herman. Denn alle anderen müssen ermutigt werden, täglich lächelnd zu lügen. Und alle die zweifeln, gehören verwarnt. Unabhängige Stimmen wie einen Peter Scholl-Latour will heute keiner mehr beim ZDF. Abhängige fügsame Stimmen sind gefragt. Peter Hahne hat sich prachtvoll entwickelt – nach seiner Zeit beim ZDF. Und ihr… Mehr

November Man
2 Jahre her

In Österreich nennt man solche Medien, von der Politik gemietete Medien.
Deswegen sind schon Kanzler zurückgetreten.
In Deutschland ist das normale betriebliche Übung.
Rainhard Fendrich würde dazu sagen – Tango korrupti

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Jahre her

„Es gibt in Deutschland keinen staatlichen Rundfunk.“

Annalena Baergeiß, die den Russen mal so richtig Bescheid gab.

https://www.rnd.de/politik/rt-de-will-zulassung-in-deutschland-lawrow-droht-mit-konsequenzen-bei-sendeverbot-CP7MLXNN7Y2PLSL7VP4JO55GTA.html

magistrat
2 Jahre her

Was ich schon immer gesagt habe, das stalinistisch anmutende System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört durch einen komplett privatisierten Rundfunk mit maximaler Freiheit der Marktteilnehmer ersetzt.

Lotus
2 Jahre her

„Kritik am System“ löst bei ZDF-Mitarbeiter*** __* ***INNNNEN „erhebliche Störgefühle“ aus. Kann sich keiner ausdenken, das kann nur vom ÖRR selbst kommen. Unfreiwilliger Enthüllungsjournalismus.

Dass bei Redaktionssitzungen „ein Klima der Angst herrscht“, überrascht wirklich nicht. Wo die Bosse nur noch eine Meinung zulassen, haben Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit fertig. DDR 2.0.

Alexis de Tocqueville
2 Jahre her
Antworten an  Lotus

Wird man mit der falschen Meinung erschossen oder ins Gulag gekarrt? Glaub ich nicht. Nee, die sind schon alle einverstanden, sonst müsste der Boss den Laden ja allein schmeißen, oder nicht?

89-erlebt
2 Jahre her

Ja, diese Offenbarungen werden sich häufen und „Das System“ Schwarzer Kanal wird weiter unerbittlich zuschlagen, bei Strafe des eigenen Untergangs – hoffentlich.
Aber erst wenn viele GEZ Zwangszahler den Sudel Ede Kanälen das Geld nicht mehr überweisen, erst dann hört das Lügen und die Propaganda auf. ODER das neue DDR Fernsehen wird in den Strudel des wirtschaftlichen Niedergangs des ganzen Landes mit hinweggespühlt.

Fred Katz
2 Jahre her

Glaubt irgendwer wirklich, dass Menschen, die ARD/ZDF o-Ton in die Kamera sprechen wirklich zufällig vorbei gekommen sind?
Das wäre doch viel zu viel Papierkram!
Die „Aktuelle-Stunde“ des WDR zeigt immer maximal dumme Bürgerinnen.
Ich vermute, dass es mehrheitlich Statisten sind, die da in die Kamera sprechen!
Was mir viel mehr Angst macht, sind ARD/ZDF Moderatorinnen, die die „Experten“ zu Putin-freundlichen Kommentaren nötigen wollen! Extrem aufgefallen beim WDR!