Nicht einmal die vielen Toten von Paris können den amtlichen Diskurs in diesem Land beeinflussen. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Einfach weiter, statt denken.
Der deutsche Innenminister hat ein großes Problem. Im Kopf. Kaum einer wird wissen, was Thomas de Maizière nach den Anschlägen von Paris auf seiner Pressekonferenz so alles gesagt hat. Hängen geblieben ist nur, er wolle Islamisten und Rechtsextreme jetzt schärfer überwachen.
Rechtsextreme? Ist es möglich, dass der Autor etwas nicht mitbekommen hat?
Die Paris-Berichterstattung im deutschen Fernsehen war etwas verrückt. Zeitlich. Der Fußball-Kommentator meinte beim Stand von 1:0, ohne die Stimme auch nur leicht zu heben, dass die Franzosen sich bestimmt über ihren Sieg freuen, auch wenn gerade in Stadionnähe ein paar Bomben explodiert seien. Bomben explodiert? Kam wenigstens ein News-Laufband? Fehlanzeige. ZDF? Nichts. Auch kein Laufband. Da blieb nur ein Ausweichen auf CNN, BBC und französische Sender. Und da kamen die ganze Nacht keine Rechtsradikalen vor. Stunden später bequemten sich die Sender, ihr heiliges Schema zu ändern. Übrigens am Sonntag, am Tag danach? Alle Sender wieder in Sonntagsstille. Engagierter Journalismus, zu diesem Thema nicht. Auch keine Rechtsradikalen.
Aber zurück. Vielleicht wollte de Maizière, der geprügelte Koalitionshund, auch nur mal darauf hinweisen, wie toll er in Wirklichkeit ist, weil bei uns noch keine Rechtsradikalen gewütet haben. Schaut her! Ich habe für Ordnung gesorgt. Der Autor dieser Zeilen, wenn auch nur über Google psychiatrisch gebildet, ist sicher, dass wir hier eine Art politische Besessenheit mit einer Denkfigur konstatieren können.
Der Mann sieht braune Mäuse (von mir aus auch Ratten) – und zwar immer und überall. Montags in Dresden, im Umfeld jeder Flüchtlingsunterkunft, bei Facebook, in der Ukraine – halt! – da sieht er sie nicht, ist schließlich nicht sein Gebiet. Er ist ja nicht Außenminister.
Wo der Innenminister auf weiten Strecken ausfällt bei der Analyse und Prophylaxe von Terror (Die Nicht-Registrierung von hunderttausenden muslimischen Einwanderern dürfte eigentlich in sein Arbeitsgebiet fallen), könnten vielleicht die Medien beginnen, die Lage realistischer zu beurteilen. Schließlich weiß man inzwischen, einer der Mörder von Paris war über Griechenland im weit geöffneten Europa Willkommen geheißen worden. Im Gegenteil.
Bernd Ulrich von der ZEIT hat ein Stück verfasst, das die Pfarrer wohl demnächst von den Kanzeln verkünden werden. Schon die Überschrift toppt jeden Hirtenbrief. „Willkommenskultur ist der größte Feind des islamistischen Terrors“. Bevor wir uns dem Inhalt zuwenden, ein guter Rat: Bitte nicht ins Arabische übersetzen! Sonst sehen womöglich die Terrorfürsten die „Refugee Welcome“-Enthusiasten als wichtiges Kriegsziel an.
„Franzosen, Europäer und Amerikaner sind dieses Jahr in ihrem Kampf gegen den Terrorismus keinen Schritt weiter gekommen“, hebt der ZEIT-Genosse an, und schon bei diesem Satz könnte man kollabieren. Keinen Schritt weiter? Es gibt kluge Beobachter, die behaupten, ohne die Destruktion von Libyen, Syrien und den Irak durch Franzosen, Europäer (sind die Franzosen keine?) und Amerikaner hätte es diesen Terror erst gar nicht gegeben.
Vielleicht wollten die drei (?) auch gar nicht „weiter kommen“!? Die Russen jedenfalls sind in kürzester Zeit militärisch deutlich „weiter gekommen“.
Nun ist nicht alles schlecht in der ZEIT-Geschichte. Es stimmt, die Worte der Offiziellen sind die gleichen wie bei Charlie Hebdo, sie wirken schal angesichts der Wiederholung. Und dem, was seit Charlie Hebdo faktisch passiert ist.
Aber wenn der ZEIT-Autor fragt, wie „um Himmels Willen“ Sicherheitsdienste und Geheimdienste versagen konnten, möchte man ihm zurufen: Die haben doch seit Wochen extrem viel zu tun, Herr U., vergessen? Und gehörte nicht ZEIT zu den Dauerkritikern der Sicherheitsdienste?
Natürlich fehlen Worte des Trostes für die inzwischen womöglich leicht verunsicherte ZEIT-Gemeinde nicht. „Wir müssen den Islamismus bekämpfen und uns mit den Muslimen versöhnen“. Nanu, ich wusste nicht, dass wir mit den Muslimen irgendeinen Händel haben. Sie sind Arbeitskollegen, Freunde, Lebensgefährten, Schwiegersöhne und –töchter. Da gibt es nichts zu versöhnen.
Und Islamisten – wir wollen uns jetzt nicht mit haarspalterischen Definitionen aufhalten – hätten die ZEIT-Genossen in den Regierungen der letzten 10 Jahre locker rausschmeißen können, wären sie nicht blind und feige gewesen. Aber Salafisten-Hassprediger, finanziert von Saudi Arabien mit freundlicher Genehmigung unserer Bundesregierung, durften eine Moschee nach der anderen bauen oder infiltrieren, um ihr Gift zu träufeln.
Und sie dürfen es weiter tun. Längst haben sie die Wanderungswelle als lohnendes Ziel ihrer Agitation ausgemacht. Natürlich nicht, wenn es frei nach unserem ZEIT-Geist weitergeht. Der sieht nämlich im Massenansturm die ganz große Chance: „Die Europäer müssen sich mit den gutwilligen, fliehenden, dort unten um ihre Rechte kämpfenden Muslime“ verbünden. Amen.
Die Kirche, liebe ZEIT, verspricht wenigstens – unüberprüfbare – Kennerschaft im Jenseits, wenn sie ihre Schäfchen belehrt.
Diesseits-Weltverbesserer haben einen schwereren Stand. Der Autor würde den ZEITler zu gerne am offenen Schlagbaum sehen, wie er sich verbündet.
Perfide verwursten die Prediger der ungesteuerten Zuwanderung den Terror von Paris, nicht ohne den Hinweis zu geben, „Rechte“ könnten die Anschläge für sich nutzen. Es wird einem Angst und Bang’ wenn nicht einmal jetzt Einreisekontrollen und Registrierungen auf der Tagesordnung in Berlin und seinen Hofberichterstattern stehen.
Frankreich machte die Grenzen dicht. Und auch der Sozialist Hollande hatte gestern keine der deutschen Bundes-Hohl-Phrasen auf den geschockten Lippen.
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