Medien: Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe

Den, dessen Vorfahren noch nicht so lange da sind wie die anderer, irritiert das gespaltene Urteil von Medien über ein und dasselbe, je nachdem, ob sie es fällen oder andere. Haben alte Medien eine Lizenz für Meinungsfreiheit, die jüngeren Medien nicht zusteht?

© Tiziana Fabi/AFP/Getty Images
German Interior Minister Thomas de Maiziere speaks to journalists as he arrives for a contact group meeting to discuss migration in the central Mediterranean, in Rome on March 20, 2017

Die Polizeimeldung klingt banal. Fünf junge Männer machen Stress in der U-Bahn, später fliegt eine Frau vom Rad. Passiert in Berlin jeden Tag. Und trotzdem: Die Geschichte, die dahintersteckt, zwingt zum Nachdenken. Über das Gefühl der Hilflosigkeit. Über die Gewalt, die inzwischen zum Alltag gehört. Über die Regeln in unserer Gesellschaft, die offenbar nicht mehr gelten.

Stellen Sie sich vor: Ein Gast beleidigt bei Ihnen zu Hause Ihre Familie. Er attackiert Ihre Frau. Sie würden ihn der Wohnung verweisen, keine Frage. Denn das ist Ihr Hausrecht.

Lesen Sie diese beiden Absätze bitte ganz aufmerksam. Zwei Absätze, wie sie von Anabel Schunke aus dem letzten Jahr stammen könnten. Aber sie stammen aus der BZ von vorgestern. Die Situationsbeschreibung eines Geschehnisses sowie eine persönliche Bewertung, für die ein Medium wie TE mitunter auch von Vertretern der Medien bis heute als „rechts“ angesehen und ungeniert stigmatisiert wird, während diese sich unmerklich den gleichen Einschätzungen Stück für Stück selbst annähern, ja übernehmen. Dies alles, während mit der einen Hand das gleiche in die Tastatur getippt wird und mit der anderen mit ausgestrecktem Finger weiterhin auf andere gezeigt wird.

Stellen Sie sich vor: Journalisten beleidigen Sie wegen etwas, was diese dann aber kurze Zeit später selbst ebenso beschreiben (viele davon sogar in der Anzahl häufiger und wesentlich drastischer als Sie selbst). Sie attackieren und diskreditieren Ihre Mitautoren und Sie, aus der einfachen Tatsache heraus, weil Sie früher auf diese Missstände hingewiesen haben, als diese selbst es getan haben. Sie würden dieses Verhalten grundfalsch nennen, vielleicht auch mehr als das. Denn das ist Ihr Hausrecht.

Ajmal H. (20) soll die Frau vom Rad gestoßen haben. Er nahm schwerste Verletzungen, vielleicht sogar ihren Tod in Kauf. Doch gegen ihn läuft jetzt lediglich ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung. Er kommt nicht in U-Haft, weil sein Opfer Glück hatte. Nicht mit dem Kopf auf dem Gehweg aufschlug. Nicht auf die Fahrbahn fiel. Nicht von einem Auto überrollt wurde. Außerdem haben die fünf Asylbewerber einen festen Wohnsitz. Ein Polizeisprecher: „Deshalb liegen keine Haftgründe vor.“

Noch mal: Das steht so bei BZ im Mai 2017.

Die Einleitung des Artikels „Fünf randalierende Flüchtlinge – Polizei: „Die haben wir jede Woche hier““ lautet:

Erst randalierten die fünf Asylbewerber in der U-Bahn. Dann trat einer von ihnen eine Frau vom Rad. Vor ihrem Flüchtlingsheim wurden sie gefasst. Die Polizei musste sie freilassen. Wie immer.

Auch ein paar Zahlen hält die BZ parat. Da sie bei BZ wiedergegeben werden, werden sie offenbar nicht unter die Verbreitung von „Fake News“ fallen. Auch werden die Herkunft und Vornamen der Tatverdächtigen, die immer wieder festgenommen und immer wieder von der Polizei auf freien Fuß gesetzt werden müssen, genannt.

Die Polizeistatistik für 2016 zählt nüchterne Fakten auf. Mit der großen Zahl der Flüchtlinge stieg im vergangenen Jahr auch die Zahl der Straftaten durch Asylbewerber – um mehr als 25 Prozent (auf 17.180).

Besonders drastisch dabei die Rohheitsdelikte (+83,5 Prozent), darunter schwere und gefährliche Körperverletzung (+92,4), aber auch Diebstähle (+11,6 Prozent) und Fälschungsdelikte (+22,3 Prozent). Von insgesamt 135.886 ermittelten Tatverdächtigen waren 9.641 Flüchtlinge oder Asylbewerber. 2.834 mehr als noch 2015 – aber insgesamt lediglich 7,1 Prozent aller Straftäter.

Screenshot: BZ-Berlin.de

Und wir alle erinnern uns sehr lebhaft daran, wie Die ZEIT und die mit staatlichen Geldern „geförderten“ Partner der ZEIT, gegen diejenigen, die auf oben aufgeführtes hingewiesen haben – vor dem 20. April 2017, als die ZEIT selbst sich zu dem folgenden denkwürdigen Titel (s.u.) entschloss, vorgegangen und auch vor massivster Rufschädigung nicht zurückgeschreckt sind, teilweise bis heute darin fortfahren.

Lesen Sie dazu den ganzen Beitrag von Alexander Wallasch hier >>

„Spätestens seit den massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht 2015 in Köln und in anderen deutschen Städten ist für jedermann erkennbar, dass sich die Sicherheitslage im öffentlichen Raum besonders für Frauen verändert hat. Und hierbei handelt es sich nicht um eine „gefühlte“ Sicherheitslage, von welcher Claus Kleber am Montagabend im „heute journal“ sprach, sondern von der „gemessenen“, von der Kleber erstaunlicherweise im selben Atemzug meinte, sie sei „besser“ als die gefühlte. (FAZ, 26.04.2017, „Gemessene und gefühlte Sicherheit“)

Für jemanden, dessen Vorfahren noch nicht so lange da sind wie die anderer, ist das gespaltene Urteil vieler Journalisten und Medien über ein und dasselbe Zeitgeschehen, je nachdem, ob sie selbst es fällen oder andere, eine höchst beunruhigende Beobachtung. Haben die alten Medien eine Lizenz für Meinungsfreiheit, die jüngeren Medien nicht zusteht?

Hinweis: Das Thema Kriminalität behandeln wir in der neuen Ausgabe von Tichys Einblick Print, das Sie ab dieser Ausgabe auch als PDF bekommen

– und ab morgen im Handel finden.

Außerdem ein Interview mit CDU-Hoffnungsträger Jens Spahn, erstaunlich gute Konjunktur-Prognosen und ein Gespräch mit dem Philosophen Egon Flaig.

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Kommentare ( 87 )

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Luisa
6 Jahre her

Wenn ich solche Sprüche höre, bin ich schon weg ! Sind das neureiche Schickimickis – auch so ein Natterngezücht.

Luisa
6 Jahre her

Freue mich immer, wenn ich mal einem Mann begegne, der sich für uns eingesetzt hat. Danke.
Wo sind all die Männer hin, wo sind sie ……

Marcel Börger
6 Jahre her

Der berühmte Cassandraeffekt! Geht wohl vielen hier so, aber es ist nicht zwingend. Man kann seine Überlegungen oder Annahmen, ohne sie oder sich inhaltlich zu verbiegen, ja auch sanft kommunizieren, daß Familie und Freunde damit kein Problem haben. Es entspricht meiner Erfahrung, daß sehr viele Mitmenschen sich streunen, wenn sie den Eindruck haben, man wolle sie von etwas überzeugen oder eine Meinung aufdrängen, egal wie richtig Sie ist oder sein mag. Eigentlich wollen die meisten ihren Aha-effekt selber erleben. Daher bietet es sich oft an, nur die Prämissen zu kommunizieren, aber jeden selbst seine Schlüsse daraus ziehen zu lassen. Je… Mehr

claudia50
6 Jahre her

Frau Schwarzer, man muss nicht immer ihre Meinung teilen, ist eine der wenigen Frauen, denen meine Achtung gebührt.

aljoschu
6 Jahre her

Lest „Biedermann und die Brandstifter“ – köstlich, absolut zeitgenössig. Was wir heute erleben, ist ein Vorgang, der offenbar deutsche Eigenschaften systemüberschreitend typisch offenlegt. Ich vermute nur, dass gegenüber den „Biedermännern“ von damals heute sich gerade auch „Biederfrauen“ als edel-bieder hervortun – und dass die Väter und Großväter der heutigen „Biederbürger“ tatsächlich die „Brandstifter“ von damals waren. Wahrscheinlich ist nur so der volkspädagogische Impuls der heutigen „Biederbürger“ – sprich „Gutmenschen“ – zu erklären.

Eberhard
6 Jahre her

Wer sich über solche Vorfälle wundert, kennt die Welt nicht. Das dicke Ende kommt erst noch. Junge Männer aus einem sehr radikaleren und gewaltbereiten Kulturkreis wollen sich hier ein schönes Leben gestalten. Nur der Stärkere und Gewaltbereite kann sich in ihrer Heimat durchsetzen. Dazu mit einer unauflösbaren Religion, die die Macht des Mannes selbst in ihrem religiösen Buch verherrlicht. In einem Alter wo vorwiegend die Hormone die Stimmungen bestimmen. Darüber hinaus zum Teil bestimmt nicht die Friedlichsten und gut Gebildeten. Monatelang auf einem harten und von Gewalt bestimmten Weg ins gelobte Land. Eltern, Großeltern und Verwandte im Herkunftsland, eigenem Vorteils… Mehr

Mompfred
6 Jahre her

Ja, solche Knalltüten, kenne ich auch zur Genüge. So hatte ich, Ende 2015, in einer Diskussion, einen Willkommensklatscher darauf hingewiesen, dass uns die Kosten der Zuwanderung, unser Sozialsystem in den Ruin treiben wird. Als Antwort erhielt ich: „Das Ganze wird mit Steuern gezahlt, und Steuern kann man nicht ausgeben“!
Konsequenz: Name merken, und eine alte Forenregel zum Einsatz bringen!
„dont feed the troll“

CG
6 Jahre her
Antworten an  Mompfred

Das war kein Willkommensklatscher, hatte ich den Eindruck. Eher einer aus der Ecke „Migrationshintergrund“.

c.n.
6 Jahre her

…was mich einfach so unsäglich wütend macht ist diese zweierlei Maß nehmen, irgendwelche Subjekte können ungestraft Frauen vom Fahrrad treten, Menschen auf Bahngleise „schubsen“, Obdachlose anzünden, Heime wegen Schokopudding in Schutt und Asche legen usw. und wenn die schon länger hier lebenden z.B. einer Muslimin das Kopftuch vom Kopf ziehen, (was natürlich auch nicht geht und nicht hinnehmbar ist, ermittelt der Staatsschutz…!!!??? Finde den Fehler!!!

Luisa
6 Jahre her

Diese Menschen hätten die Möglichkeit, sich und uns zu informieren. Aber sie nehmen sich so sehr wichtig, dass ihre Gedanken nur um das eigene Ego kreisen.
Freunde gibt es wenige, aber mit denen sollte man auch mutig alles besprechen.
Aber ich verstehe Sie. Insbesonders bei Verwandten, die doch eigentlich intelligent sind, fallen politische Aussagen schwer. Mir fehlt auch oft der Mut. Ich habe nun einigen mit freundlichen grüßen TE geschickt, vielleicht hilft es auch in Ihrem Fall. Denn TE ist f r e i von jeglicher V’Theorie und keinesfalls „rechts“.

Luisa
6 Jahre her
Antworten an  Luisa

You’right. But never give up. Vor BTW 2013 konnte ich einige überezugen. Weiß immer noch nicht, wo die Stimmen geblieben sind. Resigniere immer wieder mal. Aber dann !

Ja, es ist gut, dass man mit seinen Ansichten nicht alleine ist. Alles Gute.

Luisa
6 Jahre her

„Die Situationsbeschreibung eines Geschehnisses sowie eine persönliche Bewertung, für die ein Medium wie TE mitunter auch von Vertretern der Medien bis heute als „rechts“
angesehen und ungeniert stigmatisiert wird, während diese sich
unmerklich den gleichen Einschätzungen Stück für Stück selbst annähern,
ja übernehmen“.
Wer TE als Journalist nicht versteht, hat den falschen Beruf gewählt. Ansonsten, Frau Taxidis, durchaus informativ. Danke.