Maybrit Illner: Skripal, Syrien und Sanktionen – Putin unter Generalverdacht?

Zur Aufklärung geladen: Gregor Gysi, der erfolgreichste Alleinunterhalter der Linken, und Norbert Röttgen, stets dabei, wenn es nicht wirklich wichtig ist.

Screenprit: ZDF/maybrit illner

Wir haben uns immer über Donalds Twitter-Bomben gefreut, so lange er die im Hillary-Lager abgeworfen hatte, und damit sogar unsere Linkspopulisten kreischend davon trieb. Selbst sein Duell mit Raketen-Mann Kim hatte seine komische Seite. Aber jetzt High Noon mit Russland? Wo Donald doch versprochen hatte, seinen Stern als Welt-Marshall abzugeben! Motto: Deals statt Kills.

Die Falken fliegen jedenfalls wieder, und es sind recht komische Exemplare dabei. Crazy Boris Johnson beginnt wegen Skripal einen kalten Krieg. Frankreichs Sonnenmakrönchen will in Syrien einfallen, und dass die altbekannten Kriegstreiber wieder am Werke sind, merkt man an ihren zuverlässigsten Trommlern bei der „Bild“-Zeitung.

Nicht dass wir ausgerechnet bei Illner Klarheit erwarten dürften. Irgendwie ist für die Staatspropaganda an dieser Front aber gerade eher Ruhe eingekehrt. (Schlimm genug, dass Heiko zu allem seinen Mist ablässt.) Lieber abducken, Klappe halten, was schon die Besetzung deutlich machte. Norbert Röttgen ist immer da, wenn es nicht so wichtig ist. Und Gregor Gysi, Illners Parteifreund aus Jugendtagen, geht nur noch als Alleinunterhalter auf Talktour. Ist der Mann überhaupt Kommunist? War er es je? Oder war er immer eine Art deutscher Peppone aus der Serie Don Camillo und Peppone?

Jedenfalls stand Putin wegen Syrien und Skripal unter Generalverdacht. Röttgen weiß natürlich auch nicht mehr als wir, deshalb wollen wir von ihm nur hören, was denn die Kanzlerin, die er besser kennt als wir, nun in Syrien zu tun gedenkt. Die Antwort ist herrlich: Wir müssen „unsere Verantwortung wahrnehmen, auch als Europäer“. Großartig! Noch besser, weil konkret nachgefragt wurde: „Ich glaube, dass wir an der Seite der USA und Frankreich – möglicherweise – stehen.“

Gregor beruhigte Illner zunächst, dass Donalds Twittern völkerrechtlich nicht als Kriegserklärung gilt. Ansonsten sagte er, was eigentlich Common Sense sein sollte:

Wir müssten misstrauischer sein (Beispiel Irak-Krieg). Alles was passiert, da stehen Motive und Interessen dahinter. Dann hat Gysi Sorge, dass da was eskaliert und passiert. Schließlich: Europa hat andere Interessen in Russland als die USA. Und an Röttgen, der sich immer auf der Seite der Guten und Gerechten, also seiner Chefin, wähnt: Der NATO-Partner Türkei führt dort einen Angriffskrieg, und da sagen sie nichts. Peppone, das können wir alles genauso unterschreiben.

Weil nicht nachgewiesen ist, wer in Syrien Giftgas einsetzt – wir wollen das hier nicht alles zum wiederholten Male herunterbeten – präsentierte das ZDF eine suggestive Indizienkette. Zu den Schlagworten „Lavieren, Leugnen, Lügen“ wurden ausschließlich Bilder des „ehemaligen KGB-Offiziers“ gezeigt. Und dann auf die angeblichen Putin-Erfolge verwiesen: Brexit, Trump-Wahl, Opposition gegen millionenfache „Flüchtlings“-Zuwanderung. Also das ZDF glaubt tatsächlich, dass es ohne Putin den Brexit, Trump oder die Wut über Merkels „Flüchtlingspolitik“ nicht gegeben hätte. Sind in Mainz die harten Drogen schon freigegeben?

An Sandra Navidi hat Illner einen Narren gefressen, jedenfalls saß die New Yorker Rechtsanwältin (eigentlich aus Mönchengladbach), Finanzexpertin und Chefin von BeyondGlobal wieder mal dabei. Wessen Interessen vertritt sie? Gegen Trump. Gegen Russland. Hillary? Jedenfalls führt Russland ihrer Meinung nach einen erfolgreichen hybriden Krieg mit der Hilfe von Wikileaks, und die Daten von Facebook lägen auch in Russland. Da wären die US-Geheimdienste einig. Na denn.

Wir wussten gar nicht, dass es den „Stern“, der einst unsere Jugend begleitete, noch gibt! Aber muss wohl, denn Katja Gloger wurde als „Stern“-Autorin vorgestellt. Hübsch. Ihre Kernaussage zu Syrien: Alle Akteure unberechenbar. Und zum Fall Skripal: Die schnelle Verurteilung Russlands ohne Beweise war voreilig und falsch! Richtig. Gysi plauderte noch ein wenig aus dem Nähkästchen für Spione: Noch nie habe ein Staat einen ausgetauschten Spion ermordet. Dann hätte ja ein Austausch keinen Sinn. Zudem bekäme kein Staat mehr neue Spione, wenn die davon ausgehen müssten, trotz Austausch, ermordet zu werden. Fazit: Da müsste der Putin ja erzbescheuert sein.

Ein sympathischer junger Mann namens Christopher Nehring, Forschungsleiter am Deutschen Spionagemuseum (was es nicht alles gibt!), belehrte uns zunächst, dass Spione ausgetauscht und nicht gleich umgelegt würden, sei eine recht junge Verfahrensweise. Beim Fall Skripal bestätigte er zunächst Gysi. Wegen der ollen Kamellen (Doppelspionage) wäre der mit Sicherheit nicht angegriffen worden, a b e r seine Aktivitäten der letzten Jahre seien beachtenswert. Die britischen Dienste MI6, MI5, private Sicherheitsfirmen – der Mann sei wohl ganz schön herumgekommen. Dann sei soeben eine Verbindung Skripals mit Christopher Steele bekanntgeworden. Dieser Schmutzfink besorgte das angebliche Nuttendossier über Trump aus Russland. „Diese Spur würde ich verfolgen…“.

Alexander Rahr, Putin-Biograf, Gazpromberater, Projektleiter des Deutsch-Russischen Forums e.V., legte noch eine weitere Spur: russische Oligarchen, die heute in England, Israel und den USA zuhause sind, hätten auch manch Dreck am Stecken. Überhaupt: Russland wolle keinen Krieg. Aber die Sanktionen machten das Land aggressiver und nationalistischer. Die Reaktionen des Publikums zeigten: Die Deutschen wollen auch keinen Krieg. Gregor zählte dann versöhnlich auf: Krim, Irak, Syrien – alles völkerrechtswidrig. Aber bestraft würde nur Russland. Es sind gefährliche Zeiten. Und wir haben Heiko, Merkel und Co., sie zu managen. Das macht einen auch nicht ruhiger. Wir kennen sie …

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Kommentare ( 104 )

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Sonni
6 Jahre her

Ich halte Herrn Putin weder für dumm noch unüberlegt. Insofern hege ich große Zweifel, ob das alles so stimmt, was man uns gerade als Grund für einen Krieg auftischt.

Jürgen J.G.
6 Jahre her

Nun haben die Westalliierten tatsächlich zugeschlagen. Und die Russen haben keines der Flugzeuge abgeschossen. Wollten oder konnten sie nicht? Mutti hat sich nicht an dem Angriff beteiligt, womit auch. Die Fähigkeiten der BRD sind sehr begrenzt. Schwangerschaftsbekleidung und Kitas für Militärangehörige wurde nicht gebraucht.
Es bleibt die Frage, was macht Putin.

Gero Hatz
6 Jahre her

Bei dieser angespannten Weltlage sollten wir froh sein Heiko Maas als Aussenminister Uschi als BW Chefin und Mutti als Kanzler haben. Im internationalen Vergleich stehen die drei klar als das Team Nr. 1 da, wenn jemand den Syrienkonflikt lösen kann, dann dieses beindruckende Team. vdLs BW könnte beispielsweise die Lufthoheit über Syrien sicherstellen, auch am Boden könnten die weltberühmten deutschen Infanteristen viel Gutes tun, denn sie sind ja jetzt mit umweltfreundlichen Patronen bewaffnet, die keinerlei negativen Effekte haben, ausser man wird von einem der Dinger getroffen.

Kassandra
6 Jahre her
Antworten an  Gero Hatz

Allein das wenig diplomatisch geschulte Mundwerk scheint mir, wie bei den unterstützenden Journalisten, schlimmer als eine funktionierende Artillerie.

Berger
6 Jahre her

Nur am Rande: Anders, als viele (u. a. Heiner Geissler, Röttgen und Stephan Paetow) vermuten, ist „Common Sense“ nichts, was allgemein bekannt ist, sondern bezeichnet etwas heutzutage sehr seltenes, nämlich den Gesunden Menschenverstand.

Anthea
6 Jahre her

Sie haben alle gedacht, dass auf einen haufen Lügen , der Frieden aufzubauen möglich ist. Und wir haben mitgespielt. Es ging uns gut.Und jetzt stehen wir vor dem 3. WK. Wer noch glaubt , dass es einen KALTEN wird, der glaubt auch an Weihnachtsmann.

Wolfgang Lang
6 Jahre her
Antworten an  Anthea

Wenn das in geschlossenen und geheimen Gesellschaften organisierte angloamerikanische Establishment, das sich auch im militärisch-industriellen-medialen Komplex manifestiert, einen Krieg braucht und will, allein schon um die nahende Finanzkrise zu verschleiern, wird es diesen Krieg auch bekommen. Wie bereits zwei Mal geschehen im letzten Jahrhundert. Für Deutschland wird der 3. Weltkrieg dann der letzte Krieg sein. Wenigstens das ist tröstlich.

Anthea
6 Jahre her
Antworten an  Wolfgang Lang

Als Sieger zweier WK schauen aber die Amerikaner und die Engländer etwas ausgerupft aus….Sie hatten 1900 eine gaaanz andere Ausgangsposition. Nein. Dss sind keine Sieger.

Wolfgang Richter
6 Jahre her

Wenn man dem westlich-politischen Spitzenpersonal aus Berlin, Paris, London u. Washington DC noch irgend was glauben könnte, muß Putin so ziemlich der dümmste Politiker der Neuzeit sein. Erst läßt er einen Doppelagenten austauschen, den er ansonsten in irgend einem Gulag hätte versenken könne, ohne daß die Welt davon etwas mit bekäme. Dann versucht er, diesen in dessen neuer Heimat umbringen zu lassen, dies auf eine äußerst perfide u. schwierig zu diagnostizierende Art u. Weise, aber quasi mit dem zurück gelassenen Täter-Ident.-Papier am Revers. Und das in einer Zeit, wo er ohnehin mit Sanktionen aller Art drangsaliert wird, „seine“ Fußball-WM unmittelbar… Mehr

Peter Zinga
6 Jahre her

Mann darf nicht Kosovo vergesen…

Mozartin
6 Jahre her

Interessant bei Wikipedia, Frau Illner 1965 geboren und noch für die letzten Jahre der DDR in die SED eingetreten, hm.
Da hatte Christa Wolf schon ihr wievieltes verzweifeltes Werk geschrieben?
Nun gut, Sportjournalistin, wenn ich es richtig lese, was genau qualifiziert Frau Illner für diesen Job?
Ich bin doch etwas erstaunt.
Eine SED-Schulung kann es ja nicht gewesen sein.
Bitte mich nicht misszuverstehen, ich wundere mich einfach nur.
Und Politiker müssen sich diese Fragen nach Eignung doch dauernd gefallen lassen.

Sahara
6 Jahre her
Antworten an  Mozartin

„….was genau qualifiziert Frau Illner für diesen Job?“
Ihr Charakter und das System, wo alles was eingekauft wurde sich rentieren muss- sprich liefern muss.

Rainer Küper
6 Jahre her
Antworten an  Mozartin

Was Frau Illner qualifiziert? Die Quote. Nach der Wiedervereinigung brauchten ARD und ZDF 1. Frauen und 2. welche aus den neuen Bundesländern. Frau Illner war schon im DDR-Fernsehen und war damit dreifach qualifiziert. Wer dann erst einmal im System ist, bleibt lebenslang. Siehe Frau Merkel. Auch sie werden wir nicht mehr los.

Kassandra
6 Jahre her
Antworten an  Rainer Küper

…nur, so lange wir weiter zahlen.

Horst
6 Jahre her

Ach ja… die linken MSM… als Russland noch stramm kommunistisch war, war es das gelobte Land. Jetzt, wo die keinen Sozialismus mehr wollen, wieder Christen sein dürfen und darüber hinaus auch noch weiße Patrioten sind, die keinen Bock darauf haben, sich ihr eh schon kaputtes Land von Soros noch kaputter machen zu lassen, haust da Lucifer persönlich.
Das soll nicht den Regierungsstil Putins rechtfertigen, aber es ist einfach unfassbar dreist, dass die zentralistische, völkerrechtlich nicht legitimierte EU hergeht und sagt: Alle außer uns sind verrückte Diktatoren. Ich halte z.B. Merkel für deutlich gefährlich als Putin.

Anna
6 Jahre her
Antworten an  Horst

Ganz und gar meine Meinung zu Russland und Herrn Putin. Er und Herr Lawrow haben bisher Disziplin und Geduld bewiesen, um das Kriegsgeschrei aus der westlichen Hemisphäre in sachlichen Fahrwassern zu halten.
Wie verrückt sind eigentlich die deutschen Eliten mit den Kriegstreibern zu heulen?
Man stelle sich vor, Russland und Deutschland kooperierten bei Technik, Handel, Wissenschaft und was sonst noch zur Vermehrung des Bruttosozialprodukts beiträgt?
Das wäre wahrscheinlich die größte Bedrohung für die anglo-amerikanischen Finanzeliten.

Jürgen J.G.
6 Jahre her
Antworten an  Anna

Um das zu verhindern, werden die Polen von den Amis gepampert. Eine Achse Berlin – Moskau wird von Washington, London und Paris mit allen Mitteln verhindert.

J. Lehmann
6 Jahre her

Am Lustigsten finde ich ja immer das die „bösen“ Russen betreffende Argument der „völkerrechtswidrigen Annexion“ der Krim, dabei jeden historischen Zusammenhang außer Acht lassend. Ich bin ja dafür, daß wir anerkennen, daß es auf der Krim eine jahrhundertealte russische Geschichte gibt, die durch die Wirrnisse der jüngeren Vergangenheit unterbrochen und somit Normalität wiederhergestellt wurde. In diesem Zusammenhang sollten wir allerdings dann doch mal mit Herrn Putin über diese kleine russische Exklave an der Ostsee reden, wo vor 70 Jahren ohne jedes Recht 700 Jahre deutsche Geschichte …

dunkelstrasse48
6 Jahre her
Antworten an  J. Lehmann

Sind Sie jeck? Wie viele Deutsche leben da noch? Das Königsberg von vor 70 Jahren gibt es definitiv nicht mehr. Man kann die Geschichte nicht immer zurecht rücken.
Wer Sehnsucht hat, kann ja mal hinfahren.
Die einzige deutsche Exklave liegt im Schweizer Kanton Schaffhausen.
Und diese Büsinger wären viel lieber Schweizer, jetzt, gleich, sofort, freiwillig und haben nur Fränkli in der Tasche. 😉

Ivan de Grisogono
6 Jahre her
Antworten an  J. Lehmann

Vergessen Sie historische Zusammenhänge! Es gelten die Gesetze, Grenzen, intl. Verträge und was Krim Betrifft auch noch Budapester Memorandum! Russland bricht beliebig Verträge und ignoriert intl. Recht.

Jürgen J.G.
6 Jahre her
Antworten an  Ivan de Grisogono

Soviel zur Unantastbarkeit der Grenzen. Ab wieviel Türken wird Berlin eine türkische Enklave? Oder wie wenig autochthone Deutsche müssen in Berlin noch wohnen?