Giovanni Zarrella textet Udo Jürgens politisch korrekt um

Ohne alte Songs kommt das ZDF in seinen Shows nicht aus – aber die sind oft politisch unkorrekt. Also müssen sie umgeschrieben werden. So wie es jetzt Giovanni Zarrella mit Udo Jürgens' "Aber bitte mit Sahne" getan hat.

IMAGO/APress

Der Branchendienst DWDL feiert: „,Giovanni Zarrella Show´ mit Rekord beim jungen Publikum“. Dieser „Rekord“ entspricht 620.000 jungen Zuschauer. So viele genügen, um bei einem Branchendienst eine Jubelmeldung auszulösen. Wobei als „jung“ gilt, wer noch nicht die 50 Jahre erreicht hat – „steht die Sonne tief, wirft ein Zwerg auch lange Schatten“.

Der letzte Satz stammt aus einem Song von Peter Maffay. Sollte ihn Giovanni Zarrella in seiner ZDF-Show aufgreifen, müsste er ihn umtexten. Vielleicht in: „Steht die Sonne tief, werfen auch kleine Menschen lange Schatten.“ Doch noch ist es nicht so weit. Noch geht es um Udo Jürgens, dessen Werk Zarrella am Samstag in seiner Jugenddisco ausgeschlachtet hat. In einem Medley verwurstete er Songs des Altmeisters, darunter „Aber bitte mit Sahne“.

Das Problem ist nur: Der Sänger mit einem heute nicht mehr akzeptablen Faible für junge, blonde Frauen hatte auch ein freches Mundwerk. In „Aber bitte mit Sahne“ sang er: „Sie pusten und prusten, fast geht nichts mehr rein / Nur ein Mohrenkopf höchstens, denn Ordnung muss sein.“ Da steckt aber ein Wort drin, das Gefühle verletzt, die Kolonialisierung verharmlost und die Eiscreme im Kühlschrank schmelzen lässt. Also nicht „Ordnung“ oder „prusten“, sondern „Mohrenkopf“.

Das singt der Giovanni Zarrella nicht. Der nette Schwiegersohn mit dem Gespür für die jungen 48-Jährigen. Nicht im ZDF, wo Norbert Himmler und Jan Böhmermann persönlich über die korrekte Sprache wachen. Der Zarrella singt: „Sie pusten und prusten, fast geht nichts mehr rein / Nur ein Schokokuss höchstens, denn Ordnung muss sein.“ Schon ist die Welt wieder ein Stück besser geworden. Ob Zarrella noch weitere Songtexte umgeschrieben hat, etwa „Südosteuropäischer Wein“, „Merci du sich selbst als weiblich lesendes Wesen“ oder „Egal wie viel Jahr, egal welche Haar-Farb“? Wir wissen es nicht. So lange am Stück schauen wir die „Giovanni Zarrella Show“ offen gesagt nicht.

PS.: Gemeinsam mit Zarrella das Medley gesungen haben Namika und Roland Kaiser, der mittlerweile mehr Haltung als Stimme hat.

PPS.: Darf man noch „verwursten“ schreiben? Und falls nein: Muss es dann „vertofuen“ heißen oder „verveganischwursten“? Wir schauen einfach ein wenig ZDF und warten auf die Antwort.

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Kommentare ( 32 )

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kaffeetante
22 Tage her

Verdammt noch mal, hat dieses Land Deutschland eigentlich keine anderen Sorgen als sich mit Texten einst Großen Künstlern herum zuschlagen, daran herum zu Doktern. Eine Frechheit von diesem Möchtegern Sänger Zarella / Mortadella sich überhaupt an Udo Jürgens seine Songs herzumachen, hat der keine eigenen Ideen für Songs, statt von anderen zu klauen? Wenn er es tut, dann NUR im Original…sonst sollte er es gepflegt unterlassen. Furchtbar, einfach nur noch zum weglaufen.

HeinerL
22 Tage her

Dann schauen wir uns doch mal an, was eigentlich der so geschmähte Mohrenkopf ist: Ursprünglich ist er das Porträt des heiligen Mauritius. Maritius (St. Maurice), abgekürzt Mohr lebte im 3. Jh. n. Chr. als Anführer der Thebanischen Legion Roms und weigerte sich, Christen wegen ihres Glaubens zu töten. Aufgrund dieser Befehlsverweigerung wurde er hingerichtet. Mauritius war Afrikaner und schwarz. Sein dunkles Konterfei ziert z. B. den Dom zu Magedeburg, im Wappen des Bistums Freising und München ist er als Schutzheiliger abgebildet. Da er auch als Heilkundeler galt, wurde er zum Schutzheiligen der Apotheker. Moritzkirchen, Moritzapotheken, Moritz als Vor- oder auch… Mehr

Walter Eiden
22 Tage her

„PS.: Gemeinsam mit Zarrella das Medley gesungen haben Namika und Roland Kaiser, der mittlerweile mehr Haltung als Stimme hat.“
Oh, Danke. Endlich schreibt´s mal einer! Wenn dieser durchschnittliche „Künstler“ mit einer fast schon unterdurchschnittlichen Stimme sein unerklärliches Comeback nicht mit der Funktion als Staatssprachrohr bezahlen muss weiss ich auch nicht mehr weiter. Außerhalb seines Geträllers lässt der ja keine Sekunde vor dem Mikrofon aus uns allen die Staatspropaganda zu vermitteln.
Warum bloß hat nie ein Interviewender nein gesagt?

Jan Frisch
22 Tage her

Wie schon der Altmeister des US amerikanischen, politischen Kabarett, George Carlin wusste:
„Politische Korrektheit ist Faschismus, der sich als Manieren tarnt.“

kb
22 Tage her

Wie steht es hier eigentlich mit dem Urheberrecht? Ansonsten nicht vergessen diese Zeitgeisthinterherrenner würden auch jedem anderen Zeitgeist hinterherlaufe, wenn es der Karriere nützen würden. Ergo, die wären auch vor 90 Jahren in die „richtige“ Richtung gerannt.

Piether0815
22 Tage her

Schon beim Begriff „Rundfunk-Staatsvertrag“ hätte man stutzig werden sollen.

Urbanus
22 Tage her

„Aber Bitte mit Sahne“ ist auch nicht ok. Die armen Kälbchen.

flo
22 Tage her

Ist das juristisch eigentlich ok, Originaltexte/Kunstwerke, hust, Zeitgeist-anständig zu machen? (Die Frage ist ernst gemeint.)
Ich finde das Lied ja eh empörend, weil es eine Diskriminierung mutmaßlich nicht ganz schlanker, als verfressen beschriebener Damen (m/w/d) darstellt. Man müsste das von Frau Ataman prüfen lassen. Oder an die Meldestelle Antifeminismus geben.

dubium
22 Tage her

Kürzlich hörte ich besagten Song von Udo Jürgens und stieß auf das M-Wort. Mal schauen, dachte ich, wie lange es noch dauert, bis es politisch “correctiert” wird.
Es ging schneller als Herr Scholz üblicherweise eine Entscheidung fällt.

Stefferl
22 Tage her
Antworten an  dubium

Hat der Scholz schon einmal eine Entscheidung getroffen? Ohne, daß er sie vergessen hat?

Hundefan
22 Tage her

Nunja…Giovanni möchte gerne „everybody’s Darling“ sein…da möchte er nicht von den Wokoharam ins Fadenkreuz genommen werden.
Nicht gerade „Wir brauchen Eier!“..
Mein Papa hört ihn aber gerne..