Bei Maischberger: Alle haben Angst vor Frieden

Die Ukraine muss gewinnen, sie darf nicht nur nicht verlieren. Diese Parole wird bei Maischberger weiterhin kühn verbreitet. Die ehemalige finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin gibt den eiskalten Kämpfer. Sie trommelt und feuert, als gäbe es gar keine Friedensverhandlungen. Von Brunhilde Blog

Screenprint: ARD / Maischberger

Sanna Marin wirkt wie die dunkelhaarige Schwester der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. Und sie spricht auch so. Bei Maischberger schwingt die ehemalige finnische Ministerpräsidentin (2019 bis 2023) Marin nach Herzenslust die Keule gegen Russland.

Die Parallelen haben einen Grund. Beide Damen sind Absolventen der Kaderschmiede des Weltwirtschaftsforums (WEF). Kallas war 2017 „European Young Leader“, Marin drei Jahre später bei den „Young Global-Leaders“.

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Was die „Penetration“ aller Regierungen (Eigenlob des WEF) in der Praxis bedeutet, zeigt sich an diesem Dienstag besonders deutlich. Tagsüber maßt sich Kaja Kallas unter internationaler Belustigung an, eine Unterzeichnung eines Ukraine-Friedensvertrags von ihrer eigenen Zustimmung abhängig zu machen, und am Abend schwingt Sanna Marin bei Maischberger das Kriegsbeil, dass einem schier schwindelig werden kann.

Am liebsten würde Marin mit ganz Europa in eine große Schlacht gegen Russland ziehen. Die Finnen hätten Angst, sagt sie, und es sei völlig klar, „dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss und nicht nur nicht verlieren darf“. Die Reaktionen Europas zu Beginn des Krieges seien „einfach viel zu schwach“ gewesen. Jetzt müsse man endlich „Druck auf Russland, auf Putin ausüben, das ist die einzige Chance“. Europa habe „versagt“, sei „verletzlich“, werde „als schwach angesehen“ und habe seine Macht aufgegeben. „Wir sollten unsere Wehrhaftigkeit ausbauen.“

Puh, mal durchatmen.

Glaubt man Marin, dann steht der nächste Krieg nicht nur ins Haus, bei ihr hat er sogar schon geklingelt. „Es wird unterschiedliche Angriffe geben“, weiß sie. „Diese Bedrohung ist etwas, was uns alle betrifft. So sehen wir einfach immer mehr Kriege in der Zukunft, und so wird es kommen.“

Aber was ist denn mit den Friedensverhandlungen, dem vorgelegten 28-Punkte Plan? Der, so Marin, sei „problematisch, weil er beinhaltet einfach alle Forderungen Russlands“.

Maischberger lässt Wladimir Putin einspielen, der den Nato-Beitritt Finnlands (2023, während Marins Präsidentschaft) kritisiert. Bis dahin hätten beide Länder immer „sehr gute Beziehungen“ gehabt. Jetzt müsse er zur Abwehr plötzlich Waffensysteme an der Grenze stationieren. „Warum?“, fragt Putin.

„Warum?“, fragt auch Maischberger. Aber Marin geht darauf gar nicht ein. Sie sieht Russland als Bedrohung, und „ich denke, die Bedrohung betrifft ganz Europa“. Was helfe, sei nur militärische Stärke, denn „wir können gegen diese Regime bestehen“.

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Angst vor einem Frieden hat auch Andrij Melnyk. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Berlin ist aus New York zugeschaltet, wo er seit Mai als UN-Botschafter arbeitet. Kannte man ihn bisher als ungehobelten Maulhelden, der deutsche Politiker schonmal als „widerlich“ bezeichnete und Elon Musk ein derbes „Fuck Off“ entgegenschleuderte, so schlägt er heute Abend geradezu moderate Töne an. „Ich war geschockt“, sagt er über den 28-Punkte-Plan. Das Papier sei „wie ein Blitz aus heiterem Himmel, ein Paukenschlag“ gewesen. Man müsse jetzt „alles versuchen, um die schreckliche Zumutung zu korrigieren“. Die „territoriale Integrität“ sei dabei „eine rote Linie für die Ukraine“. Ergo: keine Gebietsabtretungen.

Was heißt das?, will Maischberger wissen: „Soll die Krim wieder ukrainisch werden?“ Melnyk drückt sich um eine Antwort. Er hoffe, „dass die Europäer uns stützen, nicht nur mit Argumenten, sondern auch mit Handlungen. „Wenn ein schlechter Frieden uns aufgezwungen wird, davon wird Europa und Deutschland nicht profitieren.“

Melnyk, weiland ein derber Keiler, klingt heute überraschend glattpoliert. Im Kern jedoch bleibt er knallhart. „Die Europäer müssen jetzt wirklich nach vorne treten“, appelliert Melnyk. Sie hätten alle Hebel in der Hand, um Russland „wehzutun“.

Nach so viel Kriegsrhetorik wirkt der Auftritt der mecklenburgischen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SDP) fast einschläfernd. Sie darf ein wenig Werbung für sich selbst machen (nächstes Jahr ist Landtagswahl) und auch Friedrich Merz ein bisschen am Zeuge flicken. Aber nicht zu viel, man muss schließlich die Koalitions-Contenance bewahren. Dass Merz es war, der dauernd ihren Rücktritt forderte, wenn sie mal wieder mit einem ihrer vielen Skandale in den Schlagzeilen war – Schnee von gestern.

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Inhaltlich hat Schwesig wenig zu bieten. Beim Rentenpaket besteht sie stiernackig auf der Position der SPD (klar), erzählt vom „Kern des Sozialstaates“ und von den Führungsqualitäten, die Merz jetzt beweisen müsse, um seine Fraktion auf Linie zu bringen. Aber was, wenn das nicht klappt, will Maischberger wissen. Wenn Merz am Widerstand seiner jungen Parteikollegen scheitert und am Ende möglicherweise sogar die Koalition auf der Kippe steht? Schwesig windet sich. Wichtig sei, „dass Demokraten es immer zusammen hinbekommen müssen“, sagt sie. Ja, aber was denn bitte, wenn das eben nicht klappt? Maischberger fragt immer und immer wieder. Doch Schwesig weiß nicht, will nicht, kann nicht. Sie hat nur eine dünne Antwort aus der Parteiparolentruhe: „Das wäre nicht gut für Deutschland.“ Maischberger gibt auf: „Okay, das ist ein Plan A, und den Plan B müssen wir gucken.“

Deutlicher wird da schon Anna Schneider (Welt), die zusammen mit Ulrich Wickert (Ex-Moderator) und Veit Medick (Stern) in der Journalistenrunde sitzt. Sie versteht, „warum die Junge Gruppe auf die Barrikaden geht“. Merz habe sie schließlich auch bei anderen Themen enttäuscht. Man frage sich, „auf wen er da in Zukunft noch setzen will“. Den Kanzler der zweiten Wahl konfrontiert sie mit seinem eigenen Wahlkampf: „Er hat versprochen: Links ist vorbei. Ich frag’ mich wirklich, wo das enden soll.“

Zwingt die kleine SPD den Kanzler am Ende sogar, die Vertrauensfrage zu stellen? Die Runde ist ratlos, aber „warum Friedrich Merz sich ständig vor ihren Karren spannen lässt, das ist ja wirklich spektakulär“, sagt Schneider. Und Medick findet: „Es unterstützt ihn keiner so richtig, kein Ministerpräsident, kein Landesvorsitzender. Er kämpft allein auf weiter Flur. An der Seite der SPD. Das ist schon mal so’n bisschen komisch.“ Merz sei „ein Fremder in seiner eigenen Partei“ geworden. Im Rentenpaket kulminiere „der ganze Frust“ über ihn.

Die Welt nach Maischberger hat also klare Struktur: Marin will den totalen Sieg, Melnyk die totale Integrität, Schwesig nur Plan A.

Und Merz sucht noch seinen Stuhl.

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Kommentare ( 24 )

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Dieter Eichrodt
20 Tage her

Die Finnin ist nicht zu verstehen. Warum der unbaendige Hass? Waeren und waren ihr Lenin und Stalin als Nachbarn lieber? Oder gar die Romanoff-Zaren, die lange genug Finnland als russische Provinz eingemeindet hatten? Welche Hinweise hat sie denn dass Putin Finnland feindlich gesinnt sei?

Deutscher
20 Tage her

„Die Ukraine muss gewinnen, sie darf nicht nur nicht verlieren. Diese Parole wird bei Maischberger weiterhin kühn verbreitet.“ Nichts im Krieg ist dämlicher und fordert mehr Opfer, als wenn der Unterlegene seine Niederlage nicht eingestehen will. Dieser Konflikt war schon nach zwei Wochen entschieden. Wenn ich Leute wie diese Finnin und Maischberger, Hofreiter, Strack-Zimmermann oder Kiesewetter über das Thema reden höre, habe ich diese Szene aus „Im Westen nichts Neues“ vor dem geistigen Auge, wo am Stammtisch die saturierten und ahnungslosen Fettwänste mit großer Leidenschaft die Hobbyfeldherren geben, dem Frontsoldaten auf Heimaturlaub Ratschläge erteilen und ihn anfeuern, er solle nur… Mehr

Last edited 20 Tage her by Deutscher
Dellson
21 Tage her

Wann begann es eigentlich, als man die Ukraine als systemrelevant bezeichnete und geographisch in die Mitte von Europa gerückt hat? Bis vor einigen Jahren war dieses Land als eine Oligarchie verpönt, als billiges Fertigungslohnland genutzt, immer im Schatten seines grossen Bruders,der das alles mitentschieden hat. Viele Russen, die heute offiziell als Ukrainer bezeichnet werden, sassen in Schlüsselpositionen im Land. Davon hört man aktuell gar nichts mehr! Wie so wenig von den wirklichen Zuständen im Land. Ausser von der armen Frau, die ihren Mann an die Front verabschiedet und ja kein Ende des Krieges will und das laut verkündet. Bis vor… Mehr

Or
21 Tage her

Warum ist es das Personal von diesen Zwergenstaaten wie Dänemark, Finnland, Malta, etc. das aktuell so besonders negativ auffällt ?

Klaus Kabel
21 Tage her

Der Kreis der Neandertaler.

M.E.S.
21 Tage her

Marin, Sandu, Kallas, Arden und letztlich auch von der Leyen, sie wirken wie aus der Retorte, erinnern an die Minions-Filme. Die Frage nach dem zweiten Pass sollte nie fehlen – wobei, wie Fischer, Baerbock und Habeck zeigen, gelingt die Flucht in die Arme ihrer Meister auch ohne. Denen, wie so zahlreichen Politikern in Berlin fehlt die „skin in the game“.

Ralph Martin
21 Tage her

Mai 45 im Bunker unter Berlin gab es sicher auch ein paar Köpfe für die es nun aber wirklich mal Zeit war den „Russen“ zu zeigen wo es lang geht.

wenmic
21 Tage her

Frage mich was mit den Leuten die hier schreiben los ist, wenn man keinen Schandvertrag wie das Münchner Abkommen von 1938 will das dem angegriffenen die Möglichkeit zur Verteidigung nimmt und dem Aggressor Zeit und Raum für eine Erfolgreiche komplette Einnahme gibt ist man gleich ein Kriegstreiber…..
Seit ihr alle besoffen von russischer Propaganda?
Oder meint ihr weil unsere Regierung nichts taugt, auch die Vorgänger Regierung nicht muss man einen Mörder und Diktator unterstützen der uns mehrfach durch seine Lakaien mit Kernwaffen gedroht hat.

Was ist mit euch los?

Ralph Martin
20 Tage her
Antworten an  wenmic

It takes two to tango!
Hätte die Ukraine die Sicherheitsinteressen Russland ernst genommen und die russische Minderheiten, die im Osten und auf der Krim die Mehrheit sind, wie gleichwertige Staatsbürger behandelt, hätte sich Russland nie in einen Krieg gestürzt.

Haba Orwell
21 Tage her

> Sie trommelt und feuert, als gäbe es gar keine Friedensverhandlungen.

Der Stabschef des Klavierspielers: „Selenskijs graue Eminenz: „Der 28-Punkte-Plan ist Vergangenheit““, wie Böses Medium gestern im Liveticker titelte. Wenn die Banderas irgend einem Plan zustimmen, dann vermutlich nur einer Hybris aus der EUdSSR wie „Russland kapituliert bedingungslos vor Asow-Einheiten“.

> „… Der Leiter des Büros von Wladimir Selenskij, Andrei Jermak, hat den von den USA vorgeschlagenen 28-Punkte-Plan zur Beilegung des Konflikts abgelehnt. …“

Kontra
21 Tage her

Dilettanten aller Orten! Gleich spricht noch einer, im BT.

Kassandra
21 Tage her
Antworten an  Kontra

Schon. Aber mehr noch Propagandisten und Agitatoren – in wessen Namen auch immer.
Wer für solches Medium wie den örr auch noch weiter zu zahlen bereit ist und solches damit mit unterstützt: ich kann es nicht verstehen!