Margot Käßmann: Es gibt kein Recht auf das Weihnachtsfest 

Der Deutschen liebste Pfarrerin hat im Interview mit dem Deutschlandfunk über Weihnachten in Corona-Zeiten gesprochen. Zur Begründung ihrer Position zieht sie die Bibel heran.

picture alliance/dpa | Patrick Seeger

Margot Käßmann hat dem Deutschlandfunk ein Interview gegeben. Das allein lässt Böses erahnen, und böse ist es auch gekommen. Es geht um Weihnachten. Der DLF-Journalist geht sofort in medias res und stellt die Frage, die uns allen seit Wochen auf der Seele brennt und bei der wir sehnlichst auf die Antwort unserer Lieblingspfarrerin gewartet haben: Frau Käßmann, haben die Menschen in Deutschland ein Recht auf ein Weihnachtsfest im Kreis der Großfamilie oder im großen Freundeskreis?

„So ein Recht auf so ein Weihnachtsfest gibt es nicht“ sagt Käßmann ohne Umschweife. Aber: Hatte uns Daniel Günther nicht versprochen: „Wir schicken Heiligabend keine Polizisten zu den Menschen“, und Jens Spahn noch versichert, man wolle Weihnachten mit der Familie ermöglichen? Wie passt das zusammen, fragen Sie sich jetzt vielleicht. Sie haben es wahrscheinlich nicht böse gemeint, aber passen Sie auf mit dem, was Sie fragen, das grenzt nämlich schon an … Sie wissen schon … Attilla und Xavier und Michael Wendler und so. Denn natürlich gibt es kein Recht auf Weihnachten. Denken Sie doch mal nach: Steht irgendwo im Grundgesetz ein Absatz zum Weihnachtsfest? Steht dort geschrieben, Daniel Günther dürfen Sie nicht im Hopserlauf um den Weihnachtsbaum verfolgen? Nein. Quod erat demonstrandum.

Käßmann kann Ihnen das Ganze sogar noch theologisch begründen, Sie erklärt es Ihnen sicher gerne auch nochmal bei einer Privatpredigt (ich persönlich könnte mir nichts Schöneres vorstellen). „Josef und Maria waren auch nicht in einem großen Familienkreis zusammen“, analysiert Käßmann dann nämlich messerscharf. Wie recht sie hat! Nicht mal der Vater des Kindes war damals bei der Geburt anwesend. Es gab wirklich schlimmere Zeiten als heute.

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Käßmann weiter: „Für mich ist natürlich wichtig als Christin, dass dieser Engel – das ist ja das Entscheidende – sagt, fürchtet euch nicht“. Jetzt ist man erstmal ein bisschen perplex. Ich dachte, wir sollen gerade nicht leichtsinnig mit der Krankheit umgehen, ich dachte, Furcht ist in Krisenzeiten eine Tugend? Ich weiß es auch nicht, hier hatte Frau Käßmann vielleicht einfach einen kurzen Blackout und hat die Weihnachtspredigt von letztem Jahr abgespielt. 

Sie ist jedenfalls guten Mutes, sie sieht sogar eine Chance in dem Ganzen! Man könne sich so nämlich auf das wirklich Wichtige besinnen: „Weihnachten war ja im Ursprung überhaupt kein Glanz- und Gloria-Fest“.

Ich hatte da noch so aus dunklen Kindertagen eine Erinnerung, irgendwas von Weihrauch und drei Königen, aber gut, da hab‘ ich ja auch noch an den Weihnachtsmann geglaubt, muss jetzt nichts bedeuten. Sie wird schon wissen, was sie sagt. Und dass sie als Pfarrerin freiwillig das Weihnachtsfest ausfallen lassen will, zeigt doch nur, was sie für eine gute Christin ist. Immerhin tut sie damit ja Buße, und das ist doch sowieso das aller Wichtigste auf der Welt. 

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