Claudia Roth bei den Oscars: Von der grünen Notwendigkeit zu fliegen

Fliegen ist schlecht. Außer wenn es wirklich notwendig ist, also wenn Claudia Roth nach Hollywood fliegt um „Im Westen nichts Neues“ als Antikriegsopus gegen Putin zu feiern. Oder wenn Klimaextremisten in Bali Urlaub machen wollen. Oder wenn der Chef der Umwelthilfe Vielfliegerrekorde aufstellt. Klar.

Screenshot: RTL Exclusiv | Getty Images - Collage: TE
„Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!“ Ja, irgendwann wird es womöglich langweilig, stets auf 1984 zu verweisen, um den Wahnsinn unserer Gegenwartspolitik noch einordnen zu können. Aber bis eine treffendere Dystopie erscheint, sind die drei Wahlsprüche aus Orwells dystopischem Roman weiter die beste Analogie, um das fast schon dadaistisch anmutende Leitmotiv „Nichts hat mit nichts etwas zu tun“ sinnvoll zu deuten, das scheinbar unseren grünen Eliten als Leitfaden durchs Leben gilt.

Das aktuellste Beispiel ist Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die nach Hollywood flog um bei der Oscar-Verleihung dabei zu sein. Flog? Ja, der Hightech Katamaran, mit dem Greta Thunberg einst die Überfahrt über den Atlantik wagte, stand aufgrund des zeitlich eng geplanten Termins wohl gerade nicht zur Wahl. Aber solche Flüge werden ja fleißig mit CO2-Abgaben wieder ausgeglichen, besonders praktisch, wenn das Amt das übernimmt. Das nennt man bei den Grünen zwar abschätzig modernen Ablasshandel, ist aber vor allem ein Problem, wenn andere das machen. Also parlamentarische Feindbilder und Normalbürger, die einmal im Jahr in den Urlaub fliegen wollen.

In Hollywood, übrigens, feierte Roth mit dem Team von „Im Westen nichts Neues“, einer deutschen Produktion, die zwar ohne Fördergelder auskommen musste und folglich von Netflix finanziert wurde, aber dafür mit einer Ministerin auf der Suche nach schmucksamen Fremdfedern abfeiern durfte. Letztlich wurde der Film mit vier Oscars prämiert und Roth wies darauf hin, wie wichtig die Anti-Kriegsbotschaft des Films in Zeiten wie diesen sei, da Putin einen Angriffskrieg führe, usw. usf. Dazu muss man wissen, dass diese Unterstützung des Anti-Kriegsfilms durch Roth inhaltlich auch überhaupt nichts mit ihrer Unterstützung von Waffenlieferungen in die Ukraine zu tun hat.

Ein Schelm, wer dabei an die Worte Remarques denkt, der zur Frage der pazifistischen Grundhaltung in seinem Werk einmal sagte: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, daß es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.“ So kam es wohl auch, dass die Passage, in der Remarque in seinem Roman den Franzosen die Schuld für den Krieg gab und deshalb die moralische Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der Front forderte, in der letzten Revisionsrunde dem Rotstift des Redakteurs zum Opfer gefallen sein muss. „Macht keinen Sinn“, stand da wahrscheinlich an den Rand des Manuskripts gekritzelt. Naja, das weiß man heutzutage bei den Grünen glücklicherweise besser.

— modediktat (@modediktat) March 12, 2023

Linienflüge für die Presse und Vielflieger-Boni, um die Erde zu retten

Nur so lässt sich auch erklären, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock noch Anfang letzten Jahres vollmundig erklären ließ, sie würde nach Möglichkeit auf Linienflüge für ihre Auslandsreisen setzen. Ein Jahr später liest sich die ernüchternde Bilanz fast wie ein Abgleich ihrer Lebensläufe: Von insgesamt 69 Auslandsflügen Baerbocks im Amt waren nur 2 Linienflüge, davon einer bei ihrem Antrittsbesuch als Außenministerin in Madrid.

Da kommt schon wieder dieser Ablasshandel ins Spiel, doch das Außenministerium weiß die Sache zu erklären. „Limitierender Faktor ist oft die enge Terminabfolge“, gab ein Sprecher zu Protokoll. Ja, die Tatsache, dass Politiker auf dem internationalen Parkett häufig schnell von Ort zu Ort müssen, war vor dem Amtsantritt von Baerbock überhaupt nicht absehbar. Gut, sie hätte auch mal bei Joschka Fischer, der den Job vor ihr ausübte, nachfragen können, aber möglichst nicht während „Im Westen nichts Neues“ in aller Munde ist, das würde angesichts der deutschen Kriegsbeteiligung in Jugoslawien unter Fischer Claudia Roth nur wieder in Erklärungsnotstand bringen. Wobei… eigentlich hat doch mittlerweile nichts mit nichts zu tun, also sollte das auch kein Problem darstellen.

Die Vorbildwirkung der grünen Spitzen in Sachen „Das ist moderner Ablasshandel, aber es geht halt nicht anders“ trägt auch bei anderen ihnen nahestehenden Eliten Früchte. Extremisten der „Letzten Generation“ wollen der arbeitenden Bevölkerung das Auto wegnehmen, nehmen sich aber die Freiheit, statt vor Gericht zu erscheinen, mal eben nach Bali zu fliegen. War sicher spirituell gemeint, um in Einklang mit der Erde zu kommen.

Doch egal wie gut die Oligarchen hinter dem Climate Emergency Fund für die Klebeaktionen bezahlen, ein Flug nach Bali ist ein Fliegenschiss im Vergleich zum CO2-Fußabdruck von Jürgen Resch, dem Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Im Namen der Bekämpfung des Gifts CO2 stieg Resch in der Vergangenheit innerhalb von zwei Jahren so oft in Flugzeuge, dass er bis in den exklusiven HON-Klub der Lufthansa aufstieg, jener illustren Gesellschaft von Vielfliegern, die mehr als 600.000 Meilen in zwei Jahren in der Luft zurücklegen. Umgerechnet ist das fast eine Million Kilometer. Rechnet man das auf den CO2-Verbrauch um, kommt man alleine flugbedingt auf über 500 Tonnen CO2 in diesem Zeitraum für den Klimaschutz. Wohlgemerkt: Gleichzeitig laufen Kampagnen, um den jährlichen CO2-Ausstoß einer deutschen 4-köpfigen Familie von durchschnittlich 44 Tonnen CO2 auf 39 Tonnen zu reduzieren. Und da darf der Gürtel dann auch schon mal enger geschnallt werden.

Von Süßigkeiten, Insolvenzen und Geschichten aus der Geschichte

So ähnlich denken wohl auch Robert Habeck und Cem Özdemir, die dem Grau des deutschen Spätwinters soeben mit einer sechstägigen Reise durch Südamerika entfliehen und dabei auch nicht auf Linienflüge setzen. Selbstverständlich geht es hier auch um wichtige Treffen und Geschäfte, von denen man wohl nicht erwarten kann, dass sie über Zoom geregelt werden, das kann man nur von Otto Normalklimasünder erwarten. Wieder einmal hat nichts mit nichts zu tun, aber darin sind Habeck und Özdemir ja Spezialisten. Während Habeck uns den wirtschaftlichen Niedergang damit versüßt, dass eine Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht zwangsläufig eine Insolvenz darstelle, kann Özdemir sich glücklich schätzen, dass er noch nicht wie Karl Lauterbach auf der medialen Abschussliste steht und sich daher keinen unangenehmen Fragen stellen muss, wie sein angestrebtes Werbeverbot für Süßigkeiten damit vereinbar ist, dass er gleichzeitig den BMI seiner Parteichefin Ricarda Lang in Hinblick auf gesundheitliche Folgen lieber nicht hinterfragen soll. Nichts hat mit nichts zu tun.

Es ist zugegebenermaßen schwer vorstellbar, dass nichts mit nichts zu tun hat und niemand das begreift. Doch was wäre die Alternative? Nun, das würde bedeuten, dass alle gleich sind, aber manche gleicher. Ach, das wäre ja schon wieder so eine ausgelutschte und vollkommen deplatzierte Orwell-Parallele. Nein, dann formulieren wir es um. Wie wäre es mit „Wasser predigen und Wein trinken“? Ja, das wäre nicht schlecht, aber Heinrich Heine war erstens ein alter, weißer Mann und zweitens trägt sein Wintermärchen „Deutschland“ im Titel, also lieber nicht.

Die Antwort liegt vielleicht mal wieder in der Geschichte. Mit der Einteilung in guten (den eigenen) und bösen (den der Anderen) CO2-Ablasshandel, zeigen sich die Grünen ja mal wieder vermeintlich geschichtsbewusst. Vielleicht sollte man eben dieses – letztlich dann doch sehr ungenaue – Geschichtsbild weiterführen und mit einer weiteren Geschichte, die so nie stattgefunden hat, die Situation erläutern. Frei nach der erfundenen Geschichte um Marie Antoinette könnte eine Stewardess Claudia Roth dann auf ihrem Heimflug darauf ansprechen, dass die Menschen sich beklagten, aufgrund der verklebten Straßen nicht zur Arbeit fahren zu können. „Dann sollen sie doch ein Privatflugzeug nehmen“, entgegnet Claudia Roth, blickt dabei aus dem Fenster und nippt an ihrem Gläschen Sekt. Das war schon prächtig, da bei den Oscars. Sie hatte sogar Brad Pitt gesehen, das glauben ihr ihre Freundinnen zu Hause nie. Der ist ja auch noch nicht so in die Jahre gekommen wie Richard Gere.

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