Saskia Lambsdorff und die 5-Prozent-Hürde

In der FDP hat Lambsdorff die Rolle der Saskia Esken in der SPD, die Zustimmung für die eigene Partei bloß nicht steigen zu lassen.

imago images / Günther Ortmann
Möglicherweise haben Sie schon einmal Alexander Lambsdorff im TV gesehen. Veranstalter von öffentlich-rechtlichen Talkrunden laden den FDP-Europapolitiker gern ein, weil er ungefähr die freidemokratische Partei verkörpert, die Talkshowgastgeber sich wünschen. Einen schönen Fernsehauftritt absolvierte der Freidemokrat im Februar 2020, als die Thüringer Linkspartei-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow kurz nach dem Sturz des FDP-Kurzzeit-Ministerpräsidenten in einer Talkrunde erzählte, wie sie von AfD-Politikern terrorisiert werde (nämlich durch freundliches Grüßen und gelegentliche Einladungen zum Kaffee), und Lambsdorff dazu so ergriffen nickte, als würde sie gerade ihre Entführung durch Außerirdische schildern.

Neben seinen öffentlich-rechtlichen Auftritten twittert Alexander Lambsdorff viel.

Dabei wählt er stets gern große Gegner, etwa den Orange Man im Weißen Haus: This town ain’t big enough for the both of us

Oder eben Tichys Einblick:

Tatsächlich unterscheiden sich WELT, NZZ und TE voneinander, jedenfalls stärker als Alexander Lambsdorff, Daniel Günther und Anton Hofreiter. Was ein demokratisches Medium ist, schreibt Lambsdorff leider nicht. Umgekehrt würde TE Lambsdorff übrigens nie einen undemokratischen Politiker nennen. Er wurde gewählt. Bürger wählen auch ihre Medien. TE verzeichnet monatlich etwas mehr Seitenabrufe, als die FDP bundesweit Anhänger hat.

— Wahlrecht.de (@Wahlrecht_de) June 12, 2020

Möglicherweise auch deshalb äußern sich andere FDP-Politiker gern auf TE, etwa hier

oder hier

Sie wissen schon, wo sie ihre Wähler und solche, die es werden könnten, ansprechen können.

Wie kommt es eigentlich, dass in einem Land, in dem die Auswahl an liberalen Parteien nicht gerade üppig ist, die FDP trotzdem um ihren nächsten Bundestagseinzug zittern muss?

Bei der Antwort auf diese Frage kommt Alexander Lambsdorff ins Spiel.

In einer anderen existenzbedrohten Partei, der SPD, läuft es seit Monaten so: Olaf Scholz und einige andere Bundespolitiker bemühen sich, ein halbwegs brauchbares Bild für ihre Wähler abzugeben. Das würde auch fast klappen – aber nur bis zu dem Moment, in dem Saskia Esken das Twitterprogramm anwirft oder einen TV-Auftritt hinlegt. Die Vorsitzende ist die personifizierte 18-Prozent-Bremse: sobald ihre Truppe diese kritische Marke zu übersteigen droht, was sowieso nicht oft passiert, ist sie zur Stelle, um die Partei wieder zur 15-Prozent-Marke und drunter zu prügeln.

In der FDP übernimmt Lambsdorff dieses wichtige inoffizielle Amt als das, was man früher beim Kintopp ‚Kassengift’ nannte. Nur geht es bei den Freidemokraten nicht um 15 Prozent.

Wenn es 2021 also für Christian Lindner nicht klappt, kann sich die Partei mit dem alten Indianerwort trösten: Erst wenn ihr den letzten Nichtlinken beschimpft, das tausendste Mal Fridays for Future gelobt und den letzten Genderstern im Parteiprogramm gesetzt habt, werdet ihr merken, dass Georg Restle trotzdem niemals FDP wählt.

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