Mercedes wird noch grüner: Fünf Lastwagen auf dem „Elektrohighway“

Bei Mercedes sollen jetzt auch LKWs »grün« also elektrisch werden. Dafür will Karin Rådström sorgen. Den entscheidenden Baustein vermag Daimler Truck aber nicht einmal selbst herzustellen.

Daimlertruck

»Wir sind Teil des Problems, und die Herausforderungen sind gewaltig.« Solche Selbstkasteiung kommt nicht von der Kirche oder einer dubiosen Nichtregierungsorganisation, sondern dies sagt Karin Rådström in einem FAZ-Interview. Die ist neuerdings Chefin von Daimler Truck: »Aber wir sind fest entschlossen, den Straßengüterverkehr so schnell wie möglich emissionsfrei zu machen.«

Sie redet über angeblich klimaschädliche Dieselmotoren, die doch von früheren Motorenentwicklern mustergültig »sauber« gemacht wurden. Rußpartikelfilter und Entstickungstechnologien mit AdBlue waren in Lastwagen viel früher vorhanden als beim Diesel-Pkw.

Bei Mercedes soll jetzt auch der Truck »grün« werden. Auf der IAA Transportation 2022 in Hannover, der früheren Nutzfahrzeug IAA, stellte Daimler Truck zum ersten Mal als eigenständiges Unternehmen einen elektrischen Lastwagen vor, der langstreckentauglich sein soll. 500 km soll der fahren können – behauptet die Daimler Truck AG. So besonders viel Reichweite ist das für einen Fernfahrer nicht wirklich, der mit mindestens 1.000 km rechnet.

Mehr noch als beim Personenwagen ist beim Lastwagen die Energiefrage die Entscheidende: Wie viel Energie benötige ich, um 40 Tonnen in Bewegung zu setzen, Berge hinauf fahren zu lassen und wie schnell kann ich den Energievorrat wieder auffüllen, also tanken?

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Daimler rechnet vor, dass eine e-Truck-Batterie in weniger als 30 Minuten geladen werden könne – allerdings nur von einem Ladezustand von 20 auf höchstens 80 Prozent. Einzige Voraussetzung: Eine Anschlussleistung von 1.000 kW muss zur Verfügung stehen. 1 MW – holla, das schreiben die tüchtigen Presseleute so leicht dahin. Solche gewaltigen Anschlussleistungen setzen eine vollkommen neue Strom-Infrastruktur voraus, soll es nicht links und rechts der Autobahnen dunkel werden, wenn in den Rasthöfen ein paar Dutzend solcher elektrischer Lastwagen gleichzeitig geladen werden und übrigens mit ihrer Abwärme bei den Umrichtern im Winter für schnee- und eisfreie Flächen sorgen könnten.

Nebenbei bemerkt: Um die Leistung eines Kraftwerkes in der Größenordnung von 900 MW zu übertragen, müssen pro Kilometer 40 Tonnen Kupfer in die Erde als Kabel eingebuddelt werden. Es dürfte sich bei solchen Aussichten lohnen, wesentliche Teile der weltweiten Kupfervorräte aufzukaufen.

Allein sagenhafte vier Tonnen Batterie sind in dem Lastwagen eingebaut, das entspricht einem Gewicht von zwei bis drei normalen Personenwagen – dieses Gewicht muss der elektrische Lastwagen immer mitführen, beschleunigen und wieder abbremsen, nur um den Energievorrat für den Antrieb zu speichern. Dies schmälert natürlich die Nutzlast. Deswegen ist das zulässige Gesamtgewicht des Lastwagens auf 42 Tonnen erhöht worden gegenüber normalen 40 Tonnen – ordentliche Lasten in einer Zeit, in der über vermehrte Schäden an Straßen und Brücken geredet wird.

Das Zauberwort heißt hier Energiedichte. In einem Kilogramm Diesel stecken um die 40 MJ/kg Energie drin, in einem Lithium-Ionen Akku nur magere 0,36 MJ/kg. Kohlenwasserstoffe wie eben Diesel verfügen über den unschätzbaren Vorteil einer sehr hohen Energiedichte. Dies macht den Betrieb von dieselgetriebenen Lastwagen so ungeheuer effizient. Beim Tanken ist innerhalb weniger Minuten eine hohe Energiemenge für die nächsten Etappen in die verhältnismäßig kleinen Tanks eingefüllt.

Ein paar Gedanken lohnen auch darüber, woher die erheblichen Mengen für die Rohstoffe der Batterien herkommen sollen, bevor Losungen wie »die Zukunft ist elektrisch« für LKWs an die Wand gemalt werden. Vor allem sollte ein seriöser Hersteller diese Fragen beantworten können.

Stattdessen sagt Karin Rådström in einem FAZ-Interview, dass 2024 die Produktion starten würde. »Die technischen Herausforderungen sind groß, denn es handelt sich ja um einen Sattelschlepper, eine Zugmaschine, an die der Auflieger angehängt wird. Das Fahrzeug ist viel kürzer als ein Lastwagen mit Ladefläche. Es ist also weniger Platz im Fahrgestell für die Batterien.« Sie fügt immerhin noch hinzu: »Außerdem brauchen wir größere Reichweiten.«

Der sogenannte »Longhaul«-e-LKW hat eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie mit rund 600 kWh Kapazität, die aus China von dem Weltmarktführer CATL kommt. Den entscheidenden Baustein vermag Daimler Truck also nicht einmal selbst herzustellen.

Kostenvorteile sinken, Nachteile bleiben
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Elektrisch betriebene Lastwagen gehören ins Reich der grünen Träume – zumindest noch auf unabsehbare Zeit. Vielleicht schwebt Rådström jenes Modell e-Highway vor, das bundesweit an drei Stellen erprobt wird. Lastwagen mit Stromabnehmern sollen während der Fahrt ihre Batterie aufladen können. Dazu wurden beispielsweise auf der Autobahn bei Darmstadt rechts und links Oberleitungen montiert. Gerade verlängern Monteure die Strecken um sieben weitere Kilometer. Mindestes 15 Millionen Euro an Steuergeldern wurden für den e-Highway in Hessen verpulvert, für ein System, das die Lastwagen wieder an feste Strecken bindet, an denen sie Strom bekommen. Genau das Gegenteil – seine Flexibilität – hat indes das System Lastwagen erfolgreich gemacht.

Insgesamt sollen bisher fünf Lastwagen auf diesem »Elektrohighway« unterwegs sein – also mit die teuersten Transportkilometer. Kein Wunder: In der hessischen Landesregierung sitzt ein grüner Verkehrsminister.

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Kommentare ( 47 )

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grenzenlos
2 Jahre her

„Nebenbei bemerkt: Um die Leistung eines Kraftwerkes in der Größenordnung von 900 MW zu übertragen, müssen pro Kilometer 40 Tonnen Kupfer in die Erde als Kabel eingebuddelt werden.“
Bitte nicht irgendwelche „sagenhaften“ Zahlen übernehmen. Denn das wäre ja dann ein Kabel mit 40 kg pro Meter …

Wolfbert
1 Monat her
Antworten an  grenzenlos

Ein solches Kabel hätte einen Durchmesser von sieben bis acht Zentimetern.
Das brauchen Sie schon, um eine solche Leistung zu übertragen.

Helmut in Aporie
2 Jahre her

Im internationalen Frachtverkehr wird dort getankt, wo der Diesel günstig ist. Da lohnt sogar ein Umweg. Bei der Reichweite eines LKW, mit Zusatztanks über 2000 km, muss man nicht dort tanken, wo es teuer ist. Da elektrische Energie in Deutschland am teuersten ist, falls überhaupt ausreichend verfügbar, werden sich die Spediteure hüten können sich von dieser teuren und nicht immer verfügbaren Energie abhängig zu machen bei noch dazu ungewisser Ladeinfrastruktur.

Rosalinde
2 Jahre her

Die Strompreise Zuhause an der Steckdose und an der Ladebox der Autobahn sind zwei verschiedene Dinge. Zuhause mag man noch mit 40 Cent pro KW laden können, an der Autobahn ist das nirgends mehr möglich. Dort sind mit etwas Glück 69 Cent die Regel. Wenn es aber nötig ist dürfte der Preis eher bei 80 Cent liegen. Doch der Punkt ist die schiere Strommenge an sich. Wer glaubt „straflos“ mit 1000 kWh laden zu können, der weiß nicht welcher enormen Belastung an Stromkabel, Relais etc damit verbunden sind. Das kann einige Zeit vielleicht gut gehen, aber die ganze Zeit? In… Mehr

Hieronymus Bosch
2 Jahre her

Eine Lachnummer! Wenn ich auf der A5 oder A3 allein wochentags fahre, ist die rechte Fahrbahn voll mit LKWs. Die meisten davon kommen aus dem Ausland! Viele Rastplätze sind mit parkenden LKWs überfüllt! Wie viele Ladestationen müsste es an der Strecke geben? Und was ist mit den Bussen und Camping-Wagen? Klar, die fahren ab 2024 alle elektrisch!

Thorsten
2 Jahre her

„Get woke, go broke“ scheint hier wieder zu greifen. Die junge und hübsche Frau scheint mehr dem Wunschdenken als echter Firmenstrategie anzuhaften. Sie war mal „Director of Pre Sales & Marketing Communication“. Aha …
Was denken sich Aufsichtsrat und Großaktionäre bei solchen Personalien???

Wolfram_von_Wolkenkuckucksheim
2 Jahre her

Mir ist unbegreiflich, wie die Marketing- und Managementebenen dieser Unternehmen, die sehr viele Ingenieure beschäftigen, immer diesen Mist verzapfen. Lkws mit Stromabnehmern sind ja wirklich totaler Blödsinn. Es wäre viel klüger, das Thema mit dem Güterverkehr auf der Schiene voranzutreiben, alleine schon, um die Lärmemissionen und Asphaltschäden zu reduzieren. Lkws mit Oberleitung vereinen viele Nachteile: 1. Straßenschäden, 2. Materialverbrauch, 3. Personalbedarf: Statt einen Lokführer für einen 800 m langen Güterzug, hat man nun 45 Trucker zu bezahlen.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Der e-LKW gerade auch im nationalen sowie vor allem auch im internationalen Fernverkehr ist doch aus heutiger Sicht und bei heutigen Stand der Technik total verblödede unrealistische grüne Träumerei. Und wenn man sich anhört was dann diese „Fachfrau“ Karin Rådström am erzählen und wunschträumen ist, dann fällt mir nur ein zu sgen, dass sie mitvziemlicher Sicherheit auch nurceine dieser Quotentanten sein kann die -warum auch immer- auf ihren Stuhl gehievt wurde obwohl sie von Tuten und Blasen(?) keine Ahnung zu haben scheint. Denn abgesehen von den schon im Artikel angesprochenen Problemen, welch normal denkender Mensch glaubt ernsthaft daran, dass es… Mehr

Janosik
2 Jahre her

Die gute Dame hat also erkannt, dass sie ein Teil des Problems ist. Das nenne ich ein guter Anfang. Jetzt muss sie nur noch den Ausweg finden.
Was mir Sorgen macht, ist die Tatsache, dass sie Pluralis Majestatis (also „wir sind …“ ) benutzt – das deutet meistens auf geistige Probleme und das konnte sie auch hindern, die Lösungen zu finden (statt sich in Kreisen zu drehen).

tube
2 Jahre her

eine gigantische Materialschlacht, enormer Ressourcenverbrauch, die CO2-Bilanz dieser rollenden Ungeheuer ist wahrscheinlich katastrophal – aber egal, Hauptsache elektrisch.

Hartwig Sendner
2 Jahre her

Ich dachte nicht, dass man Irrsinn noch steigern kann, aber immer wieder werde ich eines Besseren belehrt. Wir brauchen neue Wortkreationen um diese neue Realität gerecht beschreiben zu können.
Wohlan Ihr Hüter der neuen deutschen Sprache. Lasst euch etwas einfallen !!