China hat mit konsequenter Industriepolitik Fakten geschaffen. Während deutsche Premium-Hersteller bei Verbrennern noch dominieren, haben BYD und Co. den chinesischen Markt für Elektroautos übernommen. Deutsche Marken sind in China von einst 50 Prozent Marktanteil auf 3 Prozent abgestürzt.
picture alliance/dpa | Johannes Neudecker
China hat es geschafft, sich innerhalb eines Jahrzehnts bei Elektroautos an die Spitze der Weltautomobilindustrie zu setzen. Und die deutschen Hersteller, die nicht nur das Automobil, sondern auch das Elektroauto (Lohner-Porsche) erfunden haben, mit ihren NEV (New Electric Vehicles) hinter sich zu lassen. Bei Verbrennern dominieren noch deutsche Premium-Hersteller. Inzwischen bringen aber Mercedes und Volkswagen ihren jeweiligen Joint-Venture Partner Geely und Xpeng das Bauen von Verbrennungsmotoren bei. Mercedes lässt schon seine Vier-Zylinder-Motoren für den neuen CLA bei Großaktionär Geely in China bauen.
Seit 2015 nahmen chinesische Autobauer mit NEV allen deutschen Herstellern mit rapidem Absatzwachstum Marktanteile ab. Erreichten alle deutschen Marken in China in den 80er Jahren zusammen noch einen Marktanteil von über 50 Prozent, schrumpfte dieser inzwischen auf 17 Prozent. Bei den NEVs sogar auf 3 Prozent. Zusammen also weniger als Tesla, dessen Anteil sich mehr als halbiert hat.
Als die chinesischen Autobauer, durch die Stagnation des Marktes, auf riesigen Überkapazitäten sitzen blieben, brach ein mörderischer Preiswettbewerb bei den NEVs aus. Dabei kamen die deutschen Marken vollends unter die Räder.
Die Ursachen für den Erfolg und den Wettbewerbsvorsprung der chinesischen Autoindustrie sind politischer, ökonomischer, automobilspezifischer und gesellschaftlicher Natur.
Die chinesische Zentralregierung hatte 2015 in ihrem Fünfjahres-Plan die Zielsetzung ausgegeben, ausländische Produkte wie Hersteller, auch in der Automobilindustrie, durch nationale Autohersteller zu ersetzen. Da die Pekinger Führung den Vorsprung der ausländischen Konkurrenz in der Verbrenner-Technologie aus eigener Kraft für uneinholbar einschätzte, musste ein anderer Weg gefunden werden. Das waren Elektroautos.
Die junge chinesische High-Tech Elektronikindustrie folgte dieser Direktive der kommunistischen Führung und priorisierte den Bau von Batterien und Elektroautos. Duch die staatliche Förderung gab es bald etwa 500 NEV-Hersteller. Der Großteil kam aus der Elektronikbranche und hatte vorher nichts mit der Produktion von Autos zu tun.
So wurden chinesische Hersteller bei den NEV marktbeherrschend. In den ersten Monaten von 2025 liegt ihr Marktanteil bei rund 70 Prozent. Die Wachstumsrate bei etwa 33 Prozent. Führend bei den NEV sind BYD mit 36 Prozent und die Geely-Gruppe mit etwa 17 Prozent. Der Anteil der deutschen Hersteller beträgt 3 Prozent. Allerdings bei drastisch schrumpfenden Gewinnen. Selbst der einstige Elektro-Pionier Tesla mit seinem Giga-Werk in Shanghai mit einer Million Jahreskapazität rutschte auf 4 Prozent ab. Ford und GM schreiben Milliardenverluste in China und ziehen sich mehr und mehr aus China zurück.
Heute ist China neben Taiwan und Südkorea Weltmarktführer bei Speicherbatterien. Führende Hersteller im Bereich Lithium-Ionen-Batterien, CATL (Contemporary Amperex Technology Co. Limited), BYD und Gotion (Guoxuan High-Tech) sind chinesisch. Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit sind in China vorhandenen.
Neben der finanziellen und administrativen Förderung von Elektroautos gab es zunehmend auch Beschränkung und Behinderung von Verbrennerautos. Denn anders als in Deutschland/Europa war die Zielrichtung der China-Politik auf Elektroautos nicht ideologisch, sondern rein machtpolitisch motiviert. Dass der Strom hauptsächlich aus Kohlekraftwerken kommt, stört in China niemand.
Hinzu kommen automobilspezifische Ursachen. Autobauen ist nicht so kompliziert. China hat kopiert und schnell gelernt. Auch wenn es altgediente Autoingenieure schmerzt. Analoger Bau einer Autokarosse – Karosseriebau, Plattform, Lackieren, Bremsen, Lenkung, Interieur – ist keine Geheimwissenschaft. Viele Fähigkeiten hat sich die junge chinesische Autoindustrie bei Joint-Venture-Partnern angeeignet. Der Gesetzgeber erließ für den Know-how-Transfer sogar eigene Vorschriften für die ausländischen Hersteller. Außerdem wurde Know-how, wie der Roboterhersteller Kuka aus Augsburg, im Ausland dazugekauft.
Alle chinesischen Autohersteller von Weltrang kommen aus der Handy- und Elektronikbranche, sind aber, wie der Porsche-Konkurrent Xiaomi, in der Lage ein wettbewerbsfähiges Elektroauto zu halbem Preis innerhalb von zwei Jahren zu bauen.
China handelt stets zielorientiert und ohne zeitlichen Druck. Das politische wie soziale Vorgehen ist konsequent, dabei aber bedächtig und flexibel. Ziele werden mit Geduld und langem Zeithorizont verfolgt. Denken in Quartalsergebnissen ist unbekannt. Das gilt auch für „Markteroberungen“ in Deutschland und Europa. Wesentliche Voraussetzung ist eine gute finanzielle Basis, um lange Verlustjahre durchzustehen. Das Endziel wird dabei nicht aus den Augen verloren. Lediglich der Umsetzungshorizont wird verlängert.
China hat sich in den letzten 30 Jahren mit hoher Geschwindigkeit industrialisiert und hat einen großen Nachholbedarf an Konsumgütern. Die Nachfrage nach Automobilen war Haupttreiber dieser Entwicklung. Verbrenner wurden dabei durch staatliche Lenkung systematisch von heimischen NEVs als Markt ausgeschlossen.
Daher waren NEVs, anders als in Deutschland, von Beginn an akzeptiert und nachgefragt. Elektroautos sind vergleichsweise billig, weil die Produktionskosten niedrig sind. Die Jugendarbeitslosigkeit unter gutausgebildeten Arbeitsuchenden ist in China hoch. Löhne deshalb niedriger.
Die chinesische Gesellschaft ist lernbegierig, ehrgeizig. Nachahmen und Kopieren nichts Ehrenrühriges, sondern Ausdruck von Bewunderung und Anerkennung. China speed ist zur gängigen Floskel von CEOs deutscher Automobilunternehmen geworden.
Kundentreue ist in der jungen chinesischen Konsumgesellschaft unbekannt. Das Konsumverhalten der jungen Käufer ist nicht vom Image des Herstellers abhängig. Junge Chinesen sind erlebnis- und innovationsgetrieben. Sie kaufen keine teuren Autos mit speziellem Image, sondern innovativste Elektronik, die mobil und billig ist.
Auf absehbare Zeit wird kein Autohersteller außerhalb Chinas ähnlich billige und wettbewerbsfähige Elektroautos bauen können.




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Wir sollten alle nur noch chinesische Elektroautos fahren, dann wären wir sie schnell wieder los.
Naja. Das gilt aber nur für den chinesischen Markt. Chinesische BEVs sind nur deshalb wettbewerbsfähig, weil sie billig sind. Rein technisch sind sie nicht überlegen. Zumindest nicht die die man in Deutschland kaufen kann. Und diese sind noch nicht einmal sonderlich billig. Ich bin aktuell auf der Suche nach einem neuen Auto. Dank Wallbox und PV-Anlage wäre auch ein BEV finanziell sinnvoll. Ergebnis der Suche – es gibt aktuell kein chinesisches BEV auf dem deutschen Markt, dass seinen französischen, deutschen oder tschechischen Konkurrenten überlegen ist. Gibt’s nicht. Nicht bei Reichweite, Motorisierung oder Infotainment. Und signifikant billiger sind sie auch nicht.
Interessanterweise baut China mittlerweile auch moderne Hybridautos, sogar im Kleinwagenbereich, z.B. den MG3. Europa hat kaum etwas vergleichbares, die Japaner mit dem Honda Jazz und dem Toyota Yaris nur wesentlich teurere Angebote.
Auch wenn die Chinesen die E-Mobilität übernommen haben sollten, ändert sich nichts daran das in Deutschland keine funktionierende Infrastruktur für E-Autos besteht. Oder haben die Chinesen eine Lösung mitgebracht wie E-Autos in Wohngebieten geladen werden können, die überwiegend aus Mietwohnungen bestehen? Was in Deutschland den größten Teil ausmacht.
China baut vernünftige Autos, die auch so ausehen, und keine halbgar futuristischen Möchte-gern-Cyberkarren wie VWs ID-Reihe. Das ist schon mal ein wesentlicher Vorteil. Hinzu kommt das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis. Patriotisch ist der Chinese überdies, und Sozialpunkte kriegt er wohl auch, wenn er die KP-Politik unterstützt.
Ein E-Auto – einerlei ob vom deutschen oder chinesischen Hersteller – kommt bei mir nicht in die Tüte.
Vielleicht sind die Prozentzahlen irreführend. Deutsche oder auch italienische Premiumfahrzeug waren Statussymbol. Als ich das Jahr 2000 in Peking sah ich die Wagenkolonne einer Hochzeitsgesellschaft: Alles S-Klassen. Die Straße meines Hotels war gespickt mit verglasten Verkaufsstellen deutscher und italienischer Premiummarken. Laut KI war aber der Pkw-Bestand in China im Jahr 2000 bei 16 Mio Fahrzeugen, 2023 bei über 300 Mio. Das sind keine Premiumfahrzeuge. VW war auch kein Premiumhersteller, im Jahr 200 waren die Taxis zu einem guten Teil von VW, und dass VW von einheimischen Herstellern abgelöst wurde dürfte der Gang aller Dinge bei hochentwickelten Ländern sein, wie auch… Mehr
Weltweit wird der Verbrenner nach wie vor den Markt beherrschen, ein Blick auf die Weltkarte zeigt es auf.
Es wird immer so getan als wenn jeder in China E-Auto fährt. Hoppla, die Mehrheit der Menschen dort ist so wohlhabend und kann froh sein sich ein Moped oder Mofa kaufen zu können. Zweitens geht es nicht nur um die Herstellung von E-Autos, die ganzen Zulieferer rund um den Verbrenner verlieren gerade ihre Daseinsberechtigung in Europa.
Der Autor differenziert zu wenig. Habe kürzlich die Neuzulassungsübersicht für Privatautos in den USA im ersten Halbjahr gesehen. Unter den Top 10 dominieren mit enormem Abstand große und leistungsfähige Pickups bzw. darauf basierende geschlossene Wagen. Das sind naturgemäß alles Verbrenner. Übrigens fanden sich unter den Top25 keine europäischen Hersteller, nur Japaner und Koreaner. Das spiegelt das Hauptproblem der deutschen Fabrikate wider: Die können nur kompliziert und extrem teuer. Daher haben sie sich auch schon immer im Kleinstwagensegment abservieren lassen: Fiat 500s, Austin Mini, Citrone 2CV, Renault R4 Fiat Panda – diese Millionenseller liefen jahrzehntelang völlig ohne deutsche Konkurrenz. Hier im… Mehr