„Extrem hohe Kosten für Energie“ – Traditions-Werk von Villeroy & Boch im Saarland schließt

Die traditionsreiche Fliesenproduktion in Merzig schließt. Im heutigen Kreis Merzig produziert der Keramik-Spezialist seit 1809. "Extrem hohe Kosten für Energie, Transporte, Verpackung und Rohstoffen sowie das hohe Lohnniveau in Deutschland", nennt das Unternehmen als Grund.

IMAGO / U. J. Alexander
Symbolbild

Villeroy & Boch ist älter als das Saarland. Es ist ein Kulturgut. Schulklassen werden zu Besuch in den Ort im Nordwesten des Bundeslandes gefahren. Dort bemüht sich die Firmenleitung um ein wenig Glanz – zeigt die Vorzeigeprodukte aus dem Kunsthandwerk. Doch bekannt ist das Unternehmen vor allem für seine Schüsseln. Die, auf denen Männer gerne lesen. Nebenbei.

1748 gründen Francois Boch und Nicolas Villeroy in Lothringen eine Töpferei. Das läuft gut 40 Jahre erfolgreich. Dann müssen sie umziehen. Die Französische Revolution bricht aus. 1809 lässt sich Villeroy & Boch nieder. In einer alten Abtei. 6900 Menschen arbeiten heute an 13 Standorten für das Unternehmen. Es erzielt nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 945 Millionen Euro im Jahr.
Doch mit der Produktion für Fliesen in Merzig ist nun Schluss: „Extrem hohe Kosten für Energie, Transporte, Verpackung und Rostoffen sowie das hohe Lohnniveau in Deutschland machen die Produktion von Fliesen wirtschaftlich unattraktiv“, teilt  V&B Fliesen GmbH mit, ein Unternehmen, das noch nach Villeroy & Boch klingt, am Traditionsstandort weiter produziert  aber vorher an die türkische Unternehmung Eczacibasi-Gruppe abgegeben wurde, die unter der Marke Vitra Sanitärkeramik produziert und vertreibt.  Die Produktion im Saarland läuft dieses Jahr aus. Das Unternehmen verlagert sie in die Türkei, dem Hauptsitz des Unternehmens. Die Logistik geht nach Polch. Das liegt im Autobahndreieck Koblenz und folglich verkehrsgünstiger.

„Die harten Fakten lassen uns leider keine andere Wahl“, sagt der Geschäftsführer Jörg Schwall. Nur durch den Gang in die Türkei könne man „ein verlässlicher Anbieter im Fliesenmarkt bleiben“. Für die rund 200 betroffenen Mitarbeiter solle es „Maßnahmenpakete“ geben. Für Klimaschützer gibt es indes gute Nachrichten: Mit dem Umzug der Logistik nach Polch spart das Unternehmen nach eigenen Angaben 12 Prozent Kohlendioxid (CO2) ein. Und den CO2-Ausstoß der Produktion muss sich künftig die Türkei anrechnen lassen – zum Trost erhält die lediglich die Löhne, die Kassenbeiträge, die Einzahlungen in die Renten- und Pflegeversicherung, die Einkommenssteuer, die Mehrwertssteuer…

„Die Verlagerung der Produktion dieses alteingesessenen Traditionsunternehmens ist ein herber Verlust für unsere Stadt und die gesamte Region“, erklärte Merzigs Bürgermeister Marcus Hoffeld.

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Kommentare ( 110 )

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UnRuhig
1 Jahr her

Selbst dass oben gezeigte „Symbolbild“ ist erschreckend, und ich bin kein Fliesenleger… wer fängt schon von oben an, Fliesen zu kleben… was ist Schwerkraft?

Dr. Heisenberg
1 Jahr her

Villeroy & Boch geht in die Türkei. Das ist doch toll: Grüner Mainstream, wir verarmen. Nachdem wir abgebrannt sind, auf dem Niveau von Rumänien, hoffe ich auf den Zerfall des goldenen Westens: Und wir können, wie nach dem 2. Weltkrieg als NATION, D, nirgendwo als Vasall eingebunden, von vorne anfangen. Oder wir enden in der Bedeutungslosigkeit, ich weiß es nicht: Ganz großes Kino. ??

jopa
1 Jahr her

Geliefert (Auszug aus D) wie bestellt (Steuern, Abgaben, Bürokratie). V&B mögen die ersten sein, aber sicher nicht die letzten. Und die letzten müssen nicht mal das Licht aus machen, weil eh kein Strom.

RS
1 Jahr her

Teufelskerle, diese Saarländer! Andere verbrauchen noch CO2, die sparen es schon ein. Nicht nur bei Villeroy & Boch, bei Ford ja auch. Natürlich kann das nur ein Anfang sein, das ganze Bundesland muß klimaneutral werden. Aber das Saarland für die ganze Welt. Naja, zumindest geht es als Bundesland beispielgebend voran. Bald werden alle anderen folgen, den bewundernden Blick immer auf das Saarland gerichtet. „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“, wie ein berühmter Sohn des Landes in beeindruckender Schlichtheit einmal dichtete.
Am Ende wird das Saarland noch die ganze Welt retten. Glückliche Saarländer!

Keinweltretter
1 Jahr her

In der ruhmreichen Ära des Sozialismus wurden solche tiefbürgerlichen Unternehmen als staatsfeindlich betituliert und enteignet. Die Verlagerung der Fliesenfertigung von V&B ist ziemlich genau das gleiche – nur die Mittel haben sich geändert. Damals staatliche Gewalt – heute staatlich verordnete Verteuerung von Energie und Personal.
Und wie hats geendet???

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Ja liebe Merziger und Mettlacher, die Rettung der Welt kostet Geld und eben auch Arbeitsplätze. Viele derer, die dort ihren Arbeitsplatz verlieren, sollten sich einmal fragen, was sie selbst durch ihr Wahlverhalten dazu beigetragen haben. Die schöne CO2-Ersparnis ist doch ein schönes Trostpflaster dafür, dass man in Zukunft finanziell kürzer treten muss. Die grünen Gesellschaftszerstörer wird es freuen. Wieder ein kleiner Schritt zur Rettung der Welt. Ein Großteil unserer Landsleute ist ja immer noch davon überzeugt, dass Deutschland die Hauptrolle bei der „Bekämpfung“ des Klimawandels zufällt. Wer so indoktriniert und verbohrt an wirre, links-grüne Märchen glaubt, wird früher oder später… Mehr

Dummer Steuerzahler
1 Jahr her

Bald wird es auch keine Glasflaschen und Alu-Getränkedosen mehr geben. Dafür leben wir in einer schönen CO2-freien Dummschwätzer-Welt.

LF
1 Jahr her

„Wegen dem hohen Lohnniveau in Deutschland“ (Müssen wir im Ausland produzieren, damit wir unsere Gewinnmarge halten können.)
Man könnte es auch anders darstellen.
Wegen der hohen Preise und Lebenserhaltungskosten (Energie, Lebensmittel, Wohnraum …) MUSS der Arbeiter ein gewisses Lohnniveau haben, damit er einigermaßen leben kann.

Eine politisch nicht gewollte Lösung wäre, die Lohnnebenkosten deutlich zu senken.
Arbeitsplätze werden immer mehr in Deutschland abgeschafft, während Fachkräftemangel suggeriert wird.

Und wieder dreht sich der Hund im Kreis und beißt in seinen eigenen Schwanz.Dann soll der Hersteller seine Produkte auch in der Türkei verkaufen. Für mich kommt dieser Hersteller nicht mehr in Frage!

Zack
1 Jahr her

Und es werden noch viele Unternehmen folgen. Nicht nur im Saarland.

Le_Phil
1 Jahr her

So viele Fachkräfte eingewandert, umsonst??