IWF senkt Prognose für Weltwirtschaftswachstum

US-Berichtssaison mit Überraschungen, Bayer stark nach günstigem Monsanto-Urteil, Ölpreis steigt nach Verschärfung des Iran-Konflikts

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Die Bilanzsaison läuft in den USA auf Hochtouren, schon ein gutes Drittel der 500 Unternehmen aus dem breiten US-Index S & P 500 hat die Ergebnisse für das zweite Quartal präsentiert. Das bisherige Fazit: 78 Prozent der Firmen liegen laut Datenlieferant Refinitiv beim Gewinn über den Erwartungen, beim Umsatz sind es 64 Prozent. Das klingt erst einmal gut, ist aber statistisch nicht überragend, zumal die Gewinnerwartungen im Vorfeld wegen der sich abzeichnenden konjunkturellen Abkühlung gesenkt worden waren. Bezeichnend ist, dass bei den positiven Gewinnüberraschungen defensive Branchen weit vorne liegen. So übertrafen im Immobilienbereich sowie in der Gesundheitsbranche alle Konzerne die Erwartungen. In der Techbranche ist das Bild durchwachsen, die Zahlen von Alphabet und Amazon sind hier durchaus repräsentativ. Fundamental gab es somit nur wenig Anlass für die zuletzt stürmische Rally an der Wall Street. Diese ist getrieben von der Aussicht auf sinkende Zinsen. Die Kehrseite, die maue Konjunktur vor allem in Europa, auf die sich die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihren Maßnahmen beruft, verleidet Aktionären womöglich bald die Feierlaune. ​

Am Freitag hoben aber erst einmal überraschend gute Wachstumsdaten die Stimmung an der Wall Street. Der Dow Jones Industrial mit seinen Standardwerten konnte davon aber nur reduziert profitieren, er verbuchte am Ende ein Plus von 0,2 Prozent auf 27.192 Punkte. Ein ähnliches Plus gab es im Wochenvergleich.

Die übrigen New Yorker Indizes stellten den Dow wie schon öfter in jüngster Zeit in den Schatten. Sowohl der S&P 500 als auch der NASDAQ 100 setzten ihren jüngste Rekordläufe fort. Beflügelt von starken Zahlen des Google-Mutterkonzerns Alphabet rückte der Nasdaq-Index am Ende um 1,1 Prozent vor. Der marktbreite S&P stieg um 0,7 Prozent auf 3.026 Punkte.

Aus den USA waren zum Wochenschluss robuste Konjunkturdaten gekommen. Die US-Wirtschaft hat nach einem starken Jahresauftakt im zweiten Quartal zwar an Fahrt verloren. Sie bleibt jedoch auf Wachstumskurs, und die Abschwächung fiel geringer aus als erwartet. Die Blicke der Anleger richten sich nun auf die kommende Woche. Eigentlich haben sich Börsianer von der Notenbank eine Zinssenkungwegen der von ihr kürzlich noch gesehenen konjunkturellen Risiken versprochen. Marktanalyst David Madden von CMC Markets sieht die aktuellen Daten als Indiz dafür, dass die US-Wirtschaft trotz der Handelsstreitigkeiten in einer guten Verfassung ist. Er erwartet gleichwohl, dass die Fed mit der von ihr geschürten Zinssenkungsfantasie dem Willen des US-Präsidenten Donald Trump folgt als den harten Fakten. Trump hatte die Währungshüter zuletzt immer wieder zu schnellem Handeln aufgefordert.

Alphabet sorgte an der Nasdaq mit einem starken zweiten Quartal für gute Laune. Die Papiere zogen um etwa 10 Prozent an, nachdem der Google-Mutterkonzern positiv überraschte. Nach einem schwachen ersten Quartal habe der Google-Mutterkonzern das Bild im zweiten Jahresviertel komplett gedreht, ließ Analyst Eric Sheridan von der UBS in einem Kommentar verlauten.

Bei den Berichtsunternehmen aus dem Dow ging es gemäßigter zu: Intel kamen infolge durchwachsener Zahlen mit etwa ein Prozent unter Druck, während McDonalds immerhin um ein halbes Prozent vorrücken konnten. Die Fast-Food-Kette berichtete für das zweite Quartal von einem überzeugend hohen Umsatz. Als Treiber dafür galt das heimische US-Geschäft.

Im Technologiesektor gab es neben Alphabet weitere positive Überraschungen. Titel von Twitter zum Beispiel rückten um neun Prozent vor, nachdem der Kurznachrichtendienst sowohl den Umsatz als auch die Nutzerzahlen steigern konnte. Die an der Nasdaq gelisteten Papiere der Kaffeehauskette Starbucks stießen mit ähnlich hohen Kursgewinnen auf ein ebenfalls sehr positives Echo.

Dem gegenüber stand allerdings eine Enttäuschung bei Amazon. Trotz einer Gewinnsteigerung im abgelaufenen Quartal blieb der Online-Handelsgigant hinter den Erwartungen zurück. Die Aktien sackten daraufhin um 1,6 Prozent ab.

Sprint und T-Mobile US standen mit der Genehmigung der Fusion im Blick. Weitreichende Zugeständnisse konnten die Kartellwächter der USA von der Idee überzeugen, gemeinsam einen größeren Wettbewerber zu formen. Dies kam vor allem dem kleineren Mobilfunkanbieter Sprint zugute, dessen Papiere um 7,4 Prozent anzogen. Bei T-Mobile ging es um 5,4 Prozent bergauf.

Zuvor hatte sich schon der DAX von seinen jüngsten Kursverlusten leicht erholt gezeigt. So schloss der Leitindex 0,5 Prozent im Plus bei 12.420 Punkten. Am Donnerstag hatten die Börsianer zunächst verschnupft reagiert, dass die von der EZB-Sitzung erhoffte Zinssenkung ausgeblieben war; der DAX hatte um 1,3 Prozent nachgegeben. Nun setzte sich wegen der von EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz angedeuteten langfristigen Fortsetzung der lockeren Geldpolitik wieder Optimismus durch.

Anleger freuten sich zudem über das Urteil eines amerikanischen Gerichts, dass die Strafzahlung der Bayer-Tochter Monsanto in einem wichtigen Prozess um die krebserregende Nebenwirkung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat signifikant senkte. Die zuständige Richterin Winifred Smith ermäßigte den von einer Jury verhängten Schadenersatz in der Nacht auf Freitag von insgesamt rund zwei Milliarden auf 86,7 Millionen US-Dollar (rund 77,8 Mio Euro). Die Bayer-Aktie war im Verlauf stark gefragt.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat erneut seine Wachstumsprognose revidiert. Angesichts der Handelsstreitigkeiten werde die Weltwirtschaft 2019 nur noch um 3,2 Prozent und im kommenden Jahr um 3,5 Prozent zulegen, so der IWF. Die Wirtschaft in der Eurozone dürfte 2019 aus Sicht der IWF-Experten unverändert um 1,3 Prozent wachsen. Für 2020 hebt der Fonds seine Prognose um 0,1 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent an. Die Wirtschaft in Deutschland wird wohl wegen der schwächeren internationalen Nachfrage um 0,1 Prozentpunkte schwächer wachsen, nämlich um 0,7 Prozent. Ebenfalls bedenklich: Das Wachstum in den Schwellenländern soll mit 4,1 Prozent auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise sinken. Ganz sicher verlassen sollte man sich allerdings nicht auf die Zahlen. Der IWF hat seine Prognosen allein in diesem Jahr schon zum dritten Mal geändert.

Die Verschärfung der Sicherheitslage am Persischen Golf könnte zu deutlich höheren Ölpreisen führen, meint Nitesh Shah, Direktor, Research und Rohstoffexperte beim ETF-Anbieter WisdomTree. Angesichts des Risikos, dass sich das Öl eventuell nicht mehr ungehindert durch die Straße von Hormuz transportieren lasse, könne der Ölpreis deutlich steigen. 30 Prozent des weltweit verschifften Rohöls müssten die Meerenge passieren. Seit das iranische Militär einen britischen Tanker festgesetzt hat, sind die Wetten von Hedgefonds-managern auf steigende Ölpreise weltweit auf den höchsten Stand seit Juni dieses Jahres gestiegen.

Nach Jahren des rasanten Wachstums mussten deutsche Fondsgesellschaften im vergangenen Jahr eine kleine Delle hinnehmen. Das verwaltete Vermögen hierzulande fiel leicht um 1,6 Prozent auf 3,08 Billionen Euro. Zu diesem Resultat kommt eine Auswertung der Beratungsgesellschaft McKinsey. Demnach vertrauten zwar sowohl institutionelle als auch Privatanleger unter dem Strich den deutschen Anbietern neues Geld an. Die Zuflüsse wurden jedoch durch die Börsenkorrektur mehr als kompensiert, sodass das verwaltete Vermögen abnahm. Dass es in diesem Jahr parallel zu den Börsenkursen wieder aufwärts geht, legen die jüngsten Zahlen der DWS nah. Die mehrheitlich zur Deutschen Bank gehörende Kapitalverwaltungsgesellschaft steigerte auch dank des starken ETF-Geschäfts im zweiten Quartal 2019 das von ihr verwaltete Vermögen um 15 Milliarden auf 719 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern legte im gleichen Zeitraum auf 157 Millionen Euro zu und das Halbjahresergebnis erhöhte sich im Vorjahresvergleich um neun Prozent auf 305 Millionen Euro. Die DWS-Aktie konnte nach Bekanntgabe der Quartalszahlen im Wochenverlauf leicht zulegen. ​


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Kommentare ( 7 )

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Thorsten
4 Jahre her

Der Unterschied zwischen Ergebnissen der USA und der deutschen Konzerne ist offensichtlich. Deutschlands Abstieg wird greifbar.

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Schon lange. Der Dax hat gerade erst wieder seinen Höchststand von 2015 erreicht, und das, obwohl es ein Performance Index ist. Der Kursindex sieht grauenhaft aus.
Und das wird auch nicht mehr besser. Der Dow hingegen läuft seit Jahren wie geschnitten Brot.

elly
4 Jahre her

„„Neigung zur Beschwörung der Apokalypse“
Immer mehr Konzerne wollen im Zuge der gesellschaftlichen Debatte um den Klimawandel komplett CO2-neutral produzieren. Doch das überlastet vor allem den Mittelstand.“
„Ab heute leben wir über unsere Verhältnisse
2019 fällt der „Erdüberlastungstag“ schon auf den 29. Juli. Damit sind die natürlichen Ressourcen der Welt so früh aufgebraucht wie im vergangenen Jahr. “
„„Wir wollen den Airlines die Subventionen streichen““
„Grünen-Chefin Baerbock erwägt Klimazölle“
Headlines an nur einem Tag in https://www.welt.de/
Wir schaffen das, die deutsche Lust am Niedergang. Wo ist denn nur der Feinstaub geblieben? Von der Klimahysterie aufgesogen?

Porcelain by Nocken-Welle
4 Jahre her

+

“ Ölpreis steigt nach Verschärfung des Iran-Konflikts “

..dies ist leider eine Falschmeldung – von wem auch immer initiiert: der Brentpreis ist die letzten vier Wochen um rd. 5 % von von 67 auf 63 $ gefallen.

https://www.onvista.de/rohstoffe/Oelpreis-Brent-26262975

+++

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Dazwischen ist er bestimmt mal einen Tag um nen Cent gestiegen. Reicht doch, um eine Meldung zu basteln.

Reimund Gretz
4 Jahre her

Warum muss es ein ständiges Wachstum geben? Damit dieses Kartenhaus der Illusionen nicht zusammenbricht?

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her
Antworten an  Reimund Gretz

Damit wir uns entwickeln. Sonst säßen wir noch in Lehmhütten.