Allzeithochs in New York und Frankfurt

Allzeithochs in New York und Frankfurt, Brexit-Verhandlungen, niedrige Volatilität, Argentinien zurück am Anzeigenmarkt.

© Drew Angerer/Getty Images

Die Anleger haben sich an der Wall Street am Freitag zurückgehalten. Letztlich büßte der Dow Jones Industrial minimale 0,01 Prozent ein auf 21.394,76 Punkte. Seine Bestmarke hatte der Index am Dienstag bei 21.535 Punkten erreicht, bevor leichte Gewinnmitnahmen einsetzten. Auf Wochensicht trat er damit praktisch auf der Stelle.

Ein neues Allzeithoch brachte die Woche auch dem Deutschen Aktienindex (DAX); aber die Marke von 13.000 Punkten wurde noch nicht geknackt. Es wirkt so, als arbeiteten sich die Anleger in aller Ruhe voran: Langsam, aber sicher. Das Gefühl trügt nicht: Die Schwankungsbreite des Index, die sogenannte Volatilität, sinkt seit Wochen. Im Monatsvergleich ist der VDAX, derVolatilitätsindex des DAX, um gut sieben Prozent gefallen. Zum Vorjahreswert fiel der VDAX sogar um rund 60 Prozent.

Wer sich erinnern mag: Ende Juni 2016 war tatsächlich wesentlich mehr los an den Börsen. Nachdem die Briten sich – für den Finanz-Mainstream überraschend – für den Brexit ausgesprochen hatten, waren die Kurse zunächst stark gefallen, um sich dann ruckzuck in einen kräftigen Gegenbewegung wieder zu erholen. Heute stehen sie übrigens rund 15 Prozent höher als vor dem Brexit-Entscheid. Von wegen Totalzusammenbruch der britischen Wirtschaft.

Auch vor zwei Jahren gab es Ende Juni  eine Volatilitätsspitze. Damals drückte der Schuldenstreit der Europäischen Institutionen mit Griechenland auf die Notierungen. Und nochmals zwei Jahre zuvor, im Juni 2013, sorgten sich die Anleger um das von der amerikanischen Zentralbank angekündigte Herausschleichen aus der extrem lockeren Geldpolitik, dem sogenannten Tapering. Kurios: Gerade die Jahre mit den Juni-Turbulenzen, also 2013, 2015 und 2016, waren besonders ergiebig für Anleger, das Jahresplus des DAX lag zwischen sieben Prozent (2016) und rund 23 Prozent (2013). Man könnte auch sagen, die Mutigen wurden belohnt.

2014 war es dagegen Ende Juni ähnlich ruhig wie jetzt. Dass die DAX-Jahresperformance am Ende lediglich drei Prozent betrug, ist aber nur ein Scheinzusammenhang.

Dass die Londoner Börsianer vor einem Jahr nach dem ersten Schluckauf  gar nicht so verkehrt lagen, zeigt sich gerade in Brüssel, wo die erste Runde der Brexit-Verhandlungen zwischen EU-Chefunterhändler Michel Barnier und Großbritanniens Vertreter David Davis recht harmonisch verlief. Allerdings ging es zunächst nur um Zeitplan und Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände. Und so könnten immer noch auch die Beobachter Recht behalten, die  davon ausgehen, dass sich der Ton in Zukunft verschärfen werde. Denn – „alles in allem sind die Austrittsverhandlungen extrem komplex und bieten viele Fronten, an denen ein Scheitern möglich ist“, meint etwa Sal.-Oppenheim-Analystin Katrin Löhken.

Argentiniens Geschichte als Gläubiger ist reich an Pleiten. Acht Ausfälle zählt man seit 1816, zuletzt gab es 2001 einen sogenannten Default. Und dennoch hatte Buenos Aires vergangene Woche kein Problem, eine 16 Milliarden US-Dollar schwere Anleihe mit 100 Jahren Laufzeit und knapp acht Prozent Rendite p.a. unters Volk zu bringen. Das zeigt, dass Anleger angesichts niedriger Zinsen weiter bei Bonds zugreifen, die einen Aufschlag bieten. Und zweitens ist es ein klarer Indikator, dass das Vertrauen der Anleger in Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft gewachsen ist, seitdem Mauricio Macri Ende 2015 die präsidiale Macht übernahm und ein weitreichendes Reformprogramm einleitete. Trotz aller Fortschritte werden argentinische Aktien aber noch nicht in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen, wie Indexanbieter MSCI vergangene Woche mitteilte.

Gerade hat das Ifo-Institut seine Wachstumsprognose für Deutschland für das laufende und das kommende Jahr erhöht. Die Zuversicht wird nach Analysen des Medienforschungsinstituts Media Tenor durch den Optimismus der Analysten in den internationalen Finanzmedien unterstützt. Besonders positiv war dabei zuletzt das Meinungsklima für die EU, aber auch entfernte Regionen wie Indonesien und Australien werden als Wachstumstreiber gesehen. Dabei haben sich die Einschätzungen zur EU gegenüber dem Vorjahr gravierend verbessert: von einem Überhang negativer Wertungen hin zu einem Plus in den ersten fünfeinhalb Monaten. Von Verliererregion ist da keine Rede mehr. „Damit war das Meinungsklima zur EU zuletzt sogar positiver als zu China und den USA“, so Matthias Vollbracht, Leiter Unternehmensanalyse bei Media Tenor. Doch es gibt auch Regionen, für die Finanzexperten pessimistisch sind: Südafrika, wo Korruptionsvorwürfe gegen Präsident Jacob Zuma immer lauter werden; Venezuela, wo die schlechte Versorgungslage die Menschen auf die Straße treibt; und auch bei Griechenland sehen die Analysten bis jetzt keine durchgreifenden Verbesserungen. Insgesamt wurden 60 426 Aussagen seit Jahresbeginn 2016 untersucht.

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