Eliminiert die EU die digitale Privatsphäre?

Es ist das Leib-und-Magen-Projekt Ursula von der Leyens: die private Chat-Kontrolle. Die Anzeichen verdichten sich, dass bereits am Mittwoch ein neuer Anlauf zur Errichtung einer entsprechenden Spitzelbehörde gestartet werden soll.

picture alliance / Ritzau Scanpix | Mikkel Berg Pedersen

Der Mittwoch könnte als ein entscheidender Wendepunkt in die Geschichte der Europäischen Union eingehen. Wie MCC Brussels und der Europaparlamentarier Martin Sonneborn am Montag mitteilten, steht für den 26. November eine Entscheidung über die europäische Chatkontrolle an.

— MCC Brussels (@MCC_Brussels) November 24, 2025

Der nächste Versuch

Sowohl das EU-Parlament als auch der EU-Ministerrat werden danach neu formulierte Vorschläge diskutieren, die die Einrichtung einer EU-Behörde vorsehen, die künftig Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Signal verpflichtet, Nachrichten vor dem Versand zu scannen und mögliche kinderpornografische Inhalte zu melden.

Sie sprechen es nicht aus, doch jedermann weiß, worum es tatsächlich geht: um den politischen Beifang. Brüssel setzt dieser Tage Himmel und Hölle in Bewegung, oppositionelle Meinungen und deren politische Netzwerke mit maximalem Einsatz zu eliminieren.

Politische Gegner könnten mit einer umfassenden Kommunikationskontrolle in Zukunft sehr viel schneller von Behörden auf nationaler Ebene identifiziert werden – ein Werkzeug, mit dem missliebigen Stimmen das Leben zur Hölle gemacht werden könnte.

Die digitale Exekution des Briefgeheimnisses

Das, was die EU-Kommission unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen hier plant, käme einer Exekution des Briefgeheimnisses auf digitaler Ebene gleich. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, das ausgerechnet von der Laien im Skandal um die Impfstoffbestellungen mit Pfizer jede Transparenz ihrer privaten Kommunikation verweigerte, den Bürger unter Generalverdacht stellt.

Es wäre so, als würde Ihr Nachbar sämtliche Post zunächst abfangen, öffnen und im Falle nicht genehmer Inhalte an eine Zensurbehörde weiterreichen.

Der Bürger würde zum gläsernen Menschen. Und er wäre nicht länger souverän im politischen Sinne, da er einen entscheidenden Rückzugsraum seines privaten Lebens einbüßte.

Die geplante Chat-Kontrolle der EU-Kommission fügt sich nahtlos ein in das größere Bild einer umfassenden Überwachung der Bürger – eine Entwicklung, die bereits mit dem Digital Services Act in Richtung eines systematischen Überwachungsstaats weist. Privatwirtschaftliche Kommunikationsplattformen wie X, Telegram oder Meta sollen in ein algorithmisch kontrolliertes digitales Gefängnis hineingepresst werden, das der Politik die Oberhoheit über den öffentlichen Diskursraum sichert.

In diesem Kontext passt auch die geplante Einführung einer digitalen Identität. Der Bürger soll informatorisch blank ziehen und ihm die Gelegenheit genommen werden, anonym Urteile über die gegebene Politik zu fällen. Ein krasser Angriff auf die demokratischen Urprinzipien des Internets.

Die Zensurmaschine und der Gürtel der NGOs

Die Brüsseler Zensurmaschine hat sich, wie jüngst ein Interview mit der Organisation „Liber-Net“ in der Berliner Zeitung zeigte, einen wahren Gürtel aus hunderten NGOs geschaffen, die im Auftrag des obersten Zensors die öffentlichen Diskurse im Sinne Brüssels lenken. Man hat das Gefühl, dass die Politik in einen regelrechten Kontrollrausch geraten ist, in einen Rausch der Überwachung, der eine entgrenzende Eigendynamik entwickelt hat.

Diese Dynamik korreliert auffällig mit dem ökonomischen Niedergang der Europäischen Union, der zu massiver Kritik am politischen Kurs Brüssels führt: an seiner grünen Transformation, an der Energiepolitik, an der grundlegenden wirtschaftlichen Fehlsteuerung. Und genau diese Kritiker sollen unterdrückt werden – jene Stimmen, die die Bevölkerung en gros für die tatsächlichen Hintergründe der Krise sensibilisieren, die inzwischen ihr eigenes Leben erreicht und verändert.

Der perfide Angriff auf die private Kommunikation

Der Angriff gegen die private Kommunikation der Bürger wird dabei besonders perfide vorgetragen. Was die EU-Kommission vorgibt, ist der Kampf gegen kinderpornografisches Material – ein Schlachtfeld, das absolute politische Priorität besitzt und an dessen Notwendigkeit kein Zweifel besteht.

Doch es wirkt scheinheilig, dieses Problem durch die vollständige Exekution der Privatsphäre lösen zu wollen. Historisch – man erinnere sich an Fälle wie seinerzeit den belgischen Kinderschänderring von Marc Dutroux – finden sich die Ursachen für das Scheitern bei der Aufklärung eher im Versagen der Polizeiarbeit und massiver Korruption auf höchster staatlicher Ebene bei der Aufdeckung krimineller Netzwerke.

Besonders perfide ist der politische Druck, der auf Abgeordnete ausgeübt wird, die sich damit der öffentlichen Meinung ausgesetzt sehen, sobald sie Opposition ergreifen – wie etwa die österreichische FPÖ, die diesen digitalpolitischen Vorstoß ebenso klar ablehnt wie die AfD in Deutschland.

Beide verweisen zu Recht darauf, dass es sich um einen beispiellosen Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte europäischer Bürger handelt und unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Kindesmissbrauch ein System flächendeckender Massenüberwachung etabliert werden soll.

Fällt die Bundesregierung wieder um?

Bislang stellte sich auch die Bundesregierung diesem Zivilisationsbruch entgegen: Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) bezeichnete die anlasslose Chat-Kontrolle als absolutes Tabu in einem Rechtsstaat. Private Kommunikation dürfe niemals unter Generalverdacht stehen, und der Staat dürfe Messenger-Dienste nicht dazu zwingen, Nachrichten vor ihrer Versendung massenhaft auf verdächtige Inhalte zu scannen.

Inwieweit die deutsche Delegation diese Position in den kommenden Wochen verteidigen wird und ob die Chat-Kontrolle an ihrem Widerstand scheitert, bleibt abzuwarten. Martin Sonneborn (Die Partei) deutete in seinem Beitrag auf X darauf hin, ihm lägen Informationen vor, wonach der Gesetzesentwurf zur Chat-Kontrolle schnell, informell und ohne größere Debatte durchgedrückt werden solle.

Wir werden abwarten müssen, was es damit auf sich hat – und wie die weitere Agenda Brüssels konkret ausgestaltet wird.

Die Gefahr, dass Vertreter der Bundesregierung in Brüssel ihren Widerstand gegen die Chat-Kontrolle still und heimlich aufgeben, ist groß. Wie im Falle des Verbrennerverbots, der Mogelpackung Industriestrompreis oder des Heizungsgesetzes, droht auch bei der Errichtung des europäischen Überwachungsstaats das inzwischen bekannte Täuschungsmanöver der Marke Merz. Diese ist kurz und bündig beschrieben: Man gaukelt dem Bürger vor, dessen Interessen zu vertreten, und peitscht in der Folge die ideologische Linie Brüssels ohne Rücksicht auf Verluste durch.

Gehen Sie also davon aus, dass Brüssel mit der einen oder anderen Nebelkerze und einer aufgeweichten Regelung versuchen wird, die Pforte zunächst zu öffnen, bloß um diese zu einem späteren Zeitpunkt vollständig einzuschlagen.

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