Beim Thema Verkehrspolitik wird Anne Will zur Parodie auf sich selbst

Zwei von fünf Gästen Grüne. Anne Will zeigt die gewohnte Schlagseite. Doch in ihrem Faible für grüne Politik gibt die Talkmasterin der Partei ihrer Wahl ein Forum, ihre Lücken bloßzustellen. Dieses Mal in der Verkehrspolitik.

Screenprint: ARD/Anne Will

Spannend ist bei Anne Will meist das, was nicht vorkommt. Was Gäste nicht sagen. Zum Beispiel Ricarda Lang. Die Vorsitzende der Grünen ist 2023 in der vierten Sendung von Anne Will zum zweiten Mal zu Gast. Wie schon in der ersten Sendung hat die Redaktion ihr grüne Sympathisanten an die Seite gesetzt. Ricarda Lang fordert den Ausbau des Schienennetzes. So weit, so alt. So weit, so uninteressant.

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Würde die Anne-Will-Show nach journalistischen Maßstäben funktionieren, wäre die Frage interessant: Wie soll das konkret aussehen? Grundsätzlich hat Lang einen richtigen Punkt erwischt. Das deutsche Schienennetz ist unzureichend – zu baufällig, zu wenig ausgebaut. Etwa in der Nord-Süd-Achse. In seinen Versäumnissen stellt Deutschland ein europäisches Problem dar. Die Niederlande und die Schweiz haben ihre Arbeit geleistet, die Deutschen nicht. Die Nord-Süd-Strecke in Deutschland drosselt das Tempo paneuropäisch fahrender Züge.

Nur: Wie würde denn der Ausbau aussehen? Eine neue Nord-Süd-Strecke müsste durch Hessen oder durch Rheinland-Pfalz. Dort kämpfen die Grünen gegen Bahnlärm im Rheintal, fordern mitunter ein Nachtfahrverbot. Auch Grüne, die gleichzeitig mehr Verkehr auf die Schiene auslagern wollen. Einen ihrer größten, verlorenen Kämpfe haben die rheinland-pfälzischen Grünen in der Opposition gegen den Bau des Hochmoselübergangs geführt. Eine Autobrücke. Nun sind die Grünen in der Landesregierung. Wie würden sie sich verhalten, wenn eine neue Eisenbahntrasse über die Mosel geführt wird? Oder wenn die Trasse durchs Rheintal ausgebaut wird? Eine durchaus spannende Frage. Zu spannend für Anne Will.

Dort geht es eine Stunde lang vor allem um die Frage, ob Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), wie angekündigt, Straßenbauprojekte zügiger umsetzen soll. Lang erklärt, würde alles priorisiert, werde gar nichts priorisiert. Nun muss niemand diesen Satz nochmal lesen. Er ergibt auch beim zweiten oder dritten Mal keinen Sinn. Was der Satz kaschieren soll: Die Vorsitzende der Grünen ist gegen Straßenbauprojekte, aber ihre Partei hat das Verkehrsressort an den liberalen Koalitionspartner abgegeben. Doch wenn sie den Straßenbau schon nicht verhindern kann, soll der wenigstens länger dauern. Die Grüne bleibt dabei so unverbindlich, bleibt dabei so oberflächlich. Langs Argumentation ist dünn, Will lässt sie damit eine Stunde durchkommen. Das zeigt, wie wenig bissig die Moderatorin bei Grünen ist. Vor allem aber zeigt es, welch öde Zeitverschwendung eine Stunde Anne Will ist.

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Alles an der Sendung zeigt die politische Einseitigkeit ihres Oberhauptes: zum Beispiel die Fragestellungen. Den FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr fragt Will: „Alle Welt hat verstanden, dass Klimakrise ist, nur die FDP will Autobahnen auf vier Spuren ausbauen …“ Alle Welt hat verstanden. Wie soll eine derart geschlossene Fragestellung noch zu einer offenen Antwort führen? „Alle Welt hat verstanden …“ heißt. Die öffentlich-rechtliche Sendung muss der Form halber auch Gäste von der FDP und der CDU einladen – aber dabei dürfen diese keine Chance haben, glaubwürdig zu werden.

Anderes Beispiel Gäste-Auswahl. Vier Sendungen hat Will dieses Jahr ausgestrahlt. In zwei davon waren mehrere Grüne zu Gast. Mittelbar oder unmittelbar. Dieses Mal setzt Will die “ Mobilitätsexpertin“ Katja Diehl an Langs Seite. Die Verkehrsexpertin hat Literatur und Soziologie studiert und sitzt unter anderem im Beirat des baden-württembergischen Verkehrsministers Winfried Hermann – ein Grüner. Diehl sagt bei Anne Will, sie habe gar nichts gegen das Auto. In früheren Äußerungen hat die „Mobilitätsexpertin“ aber gesagt, der Autoverkehr habe Europa mehr geschadet als Kriege – inklusive dem mit über 50 Millionen Toten. Diehl sagt bei Anne Will, sie wolle niemandem das Auto nehmen, doch so viele Menschen wie heute sollten künftig kein eigenes Auto haben. Diehl ist grün genug, dass Will auch sie mit kritischen Nachfragen verschont.

Die „Autoscham“ ist ein Begriff, der mit Greta Thunberg und der hysterischen Berichterstattung über die Klimabewegung aufgekommen ist. Der Begriff soll suggerieren, dass immer mehr Menschen das Auto aus Scham über dessen Umweltschädlichkeit stehen lassen würden. In der Zeit, in der Haltungsjournalisten wie Will von der „Autoscham“ sprachen, stieg in Deutschland die Zahl der Neuzulassungen von Autos. Stieg ebenso der Anteil von SUV an diesen Neuzulassungen. Tatsächlich gab es nie eine Autoscham. Im Gegenteil. In einer Frage an Diehl formuliert Will daher: Nicht jeder besitze „unfreiwillig“ ein Auto. „Manch einer mag das auch ganz gerne.“ Wenn Will schon mal die Realität in ihrer Show zulässt, dann druckst sie so rum, dass sie dabei schon zur Parodie auf sich selbst wird.

So was führt zu so was: eine Stunde, die kaum über die Fragen hinauskommt, ob Straßenbauprojekte wirklich schneller gebaut werden dürfen und ob das 49-Euro-Ticket jetzt etwas Gutes sei. Eine totgetalkte Stunde. Eine, die der Journalist Robin Alexander auf den Punkt bringt: „Die Politik führt ein Theater auf, das bei den Menschen gar nicht da ist.“ Doch was bleibt einem übrig, wenn man gerne von Autoscham sprechen würde, aber in Wirklichkeit die Zahl der Neuzulassungen steigt? Für Anne Will bedeutet das: Wieder einmal Ricarda Lang einladen, sie wieder mal im Unbestimmten baden lassen und hoffen, dass genug Zuschauer nach dem Tatort vorm Fernseher hängen bleiben, um die Show weiter als Erfolg verkaufen zu können.

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Kommentare ( 80 )

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StefanZ
1 Jahr her

Das Schienennetz muss rückgebaut werden und die individuelle Mobilität gefördert werden. Das erhöht die innere Sicherheit und minimiert die Gefahr, versehentlich in ein Messer zu laufen oder von der Bahnsteigkante zu stolpern. Solche Sendungen sind doch nur noch Witzveranstaltungen. Selbst der „schwarze Kanal“, hatte ein weitaus höheres Niveau. Eigentlich müsste der ÖRR jeden Zuschauer dafür bezahlen, damit er sich das noch antut.

DerWestfale
1 Jahr her

Für mich begründet jede GEZ-Zwangszahlung einen Verstoß gegen den Artikel 1 des GG. (Menschenwürde). Indem man den ÖRR anschaltet unterzieht man sich dieser Entwürdigung gar selbst noch einmal. Jetzt bin ich zum ersten Mal längerfristig ins außereuropäische Ausland geflüchtet (ja, geflüchtet) – der offenbar einzige Weg zurück in ein würdevolles, von Psychopaten befreites Leben. In einem Land freundlicher, fleißiger Menschen deren Hauptmerkmal Lebensfreude, Fleiß und Zukunftsgewandheit ist. Klar, Sorgen und Defizite gibt es überall, aber die begründen sich nicht in Selbstzerstörung, Sprachpolizei und Messermigranten mit dem Anspruch auf Kulturvernichtung.und Besitzübernahme. Mir graut vor der Rückreise, gefühlt also die Rückkehr in… Mehr

November Man
1 Jahr her

Die Grünen Freunde wollen also, dass wir statt mit unserem Auto zukünftig mit der Bahn fahren.
Es werden aber mittlerweile immer mehr Menschen, die wegen den Freunden der Grünen sicherheitshalber mit dem Auto fahren.  

powerage
1 Jahr her

Solange nicht eine kritische Masse von etwa 10 Mio bereit ist, sich Ärger einzuhandeln und für 6 Monate die GEZ-Zahlung verweigert, machen die weiter wie bisher. Desweiteren ist der Masse nicht bekannt, dass trotz riesiger Zahl von Mitarbeitern, die ganzen Politik-Talks von den eigenen Firmen der Moderatoren produziert werden, d.h. sie bestimmen die pol. Ausrichtung und können nach eigenem Gutdünken damit sogar Wahlergebnisse beeinflussen, auch weil nicht erwünschte Meinungen vom Diskurs einfach ausgeschlossen werden oder zumindest eine 5 zu 1 Situation geschaffen wird. Ein weiterer Aspekt dabei ist die Verschleierung des tatsächlichen Einkommens, da ja die Produktionsfirma des Moderators ein… Mehr

HavemannmitMerkelBesuch
1 Jahr her

Ich habe schon in der DDR nicht schwarzen Kanal geschaut, warum sollte ich heute diese Kommunisten im Tarnmantel anschauen?Labern und Labern das Volk weiter belügen, betrügen, sich dabei die Taschen voll hauen, die sind die realen Schwurbler, Idioten, Leugner, Hetzer, Populisten, alles wie gehabt. Solange das bei einer Mehrheit verfängt und die sich den rotgrünen Untergangsalbtraum 30 jahre nach dem nur roten Albtraum herwählen – geschenkt. Der Migrationstsunamie aller biodeutschen Fachkräfte ist in vollem Gange und so wird alles bleiben wie einst. Wenn erst nur noch stramme Kommunisten und deren herbeifinanzierten Ukrainer mit Afrikahintergrund in diesem wahnsinnigsten Deutschland aller Zeiten… Mehr

ketzerlehrling
1 Jahr her

Da hat sie aber alle Hände voll zu tun. Noch eine weitere Parodie, diesmal auf sich selbst. Ein Beruf pardodiert sie bereits.

Evero
1 Jahr her

Da stellt sich die Frage: wie schafft es die unzufriedene Kundschaft die Systemknechte aus den Fernsehräten und aus den Redaktionen zu treiben? Meine Antwort: gar nicht, da das System in sich geschlossen ist. Es kommen keine Leute aus den politischen und zivilrechtlichen Körperschaften in den Fernsehrat, wenn es den Landesregierungen nicht gefällt. Und die linken Intendanten und Chefredakteure scharen nur genehme linksdrehende Leute um sich. Der Wind könnte sich nur drehen, wenn eine AfD an die Regierung kommt. Dahin führt derzeit kein Weg. Das System in sich ist heftig bemüht, alles was AfD wählt und AfD ist zu kriminalisieren. Bei… Mehr

Der-Michel
1 Jahr her

Ich habe nur einige Minuten geschaut und mich dann mit Grausen und Wut abgewandt. Punkt 1: Ich bin kein Freund von Andy Scheuer, aber die Schuld für das Verkehrtsdesaster nur bei ihm abzuladen greift zu kurz. Ich lebe in Baden – Württemberg und da gibt es jede Menge an ÖPNV – Verbindungen, die vom Land betrieben werden. Stichwort bwegt: https://www.bwegt.de/ Und in BW ist ein Grüner (m/w/d) Verkehrsminister! In Bayern gibt es ebefall eine vom Land Bayern betriebene Verkehrsgesellschaft: Bayernland. Punkt 2: Breit, nein natürlich Lang, hat betont sie hätten mit der Bahnführung gesprochen wegen der Zugausfälle und der vielen… Mehr

November Man
1 Jahr her

 Auto fahren bald nur noch für Frauen?
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Swantje Michaelsen hatte sich angesichts der gestiegenen Spritpreise gegen einen sogenannten Tankrabatt ausgesprochen. Dieser sei nicht nur ökologisch und sozialer „Unsinn“, sondern verstoße auch gegen die Geschlechtergerechtigkeit. „Denn Männer fahren häufiger Auto und längere Strecken als Frauen und würden daher überproportional davon profitieren“.

StefanZ
1 Jahr her
Antworten an  November Man

Ich frage mich mittlerweile ernsthaft, ob Taliban und Co nicht doch etwas richtig machen. Es sagt zudem so ziemlich alles über die Besetzung des deutschen Bundestages aus.

Takeda
1 Jahr her

Der ÖRR ist die größtfinanzierte (Grüne) Propaganda-Veranstaltung der Welt. Das Union und FDP dieses Spiel mitspielen, spricht nicht gerade für Union und FDP. Hier auf TICHY, wurden kürzlich Studien bzw. Erhebungen aufgezeigt, wo ein eindeutiges Stimmungsbild gezeigt wurde. Egal ob Gender, Klima, Kernkraft, Geschlechter-Parität oder vielen anderen Themen, die klare Mehrheit der Deutschen denkt nicht Grün.
Um es mal im grünen Dummsprech zu formulieren. ÖRR ABSCHAFFEN! JETZT!