Bei Maischberger: Kommt das Krankenhaussterben?

Karl Lauterbach möchte im großen Stil Krankenhäuser reduzieren. Verschlechtert sich durch die Krankenhausreform die Versorgung auf dem Land? Und natürlich geht es – mal wieder – um die Ukraine. Von Fabian Kramer

Screenprint ARD

Deutschlands Gesundheitsversorgung gehört wahrscheinlich noch zu den besten auf der Welt. Doch dafür müssen die Bürger auch tief in die Tasche greifen. Und über die letzten Jahre hat die Qualität nachgelassen. Pro Kopf gerechnet ist das hiesige Gesundheitssystem weltweit am zweitteuersten, nur in den USA muss der Bürger mehr zahlen.

Das liegt auch an der hierzulande überdurchschnittlichen Anzahl der Krankenhäuser. Durch ein massives Überangebot kommt es zu ineffizienter Behandlung und einer nicht mehr finanzierbaren Zukunft der Krankenhäuser. So zumindest das Argument von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, warum eine Krankenhausreform nötig ist. Dazu nimmt der Minister Stellung in der Sendung.

Lauterbach plädiert für weniger Kliniken

Man mag es glauben oder nicht, aber Karl Lauterbach kümmert sich neben Corona und Cannabis tatsächlich noch um echte Gesundheitspolitik. Zumindest plant der SPD-Mann eine großangelegte Krankenhausreform. Seit Amtsantritt. Viel geworden ist daraus bisher nicht. „Wir haben zu viele Krankenhäuser“, stellt Lauterbach fest. Patienten würden nicht in jeder örtlichen Klinik ein passendes Behandlungsangebot vorfinden. Er will die Zahl der Kliniken ausdünnen und nicht mehr jede Behandlung in jedem Krankenhaus anbieten. Spezialeingriffe, die nicht unmittelbar notwendig sind – zum Beispiel Knieoperationen –, sollen nur noch in ausgewählten Krankenhäusern stattfinden.

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Viele Experten sorgen sich aber um die Krankenhäuser auf dem Land. Dort könnten womöglich Engpässe in der Nahversorgung entstehen und die Entfernung zum nächsten Krankenhaus könnte deutlich zunehmen. Die Länderchefs drohen Karl Lauterbach deshalb mit einer Blockade seiner Reform. Der Mediziner und Gesundheitsexperte Uwe Janssens bringt in der Sendung Kritik an Lauterbachs Vorhaben an. „Wir sind weit davon entfernt, die Reform umzusetzen“, kritisiert der Arzt. Der Bund würde die Finanzierung in Zukunft zurückschrauben, dadurch würde es zu vermehrten Insolvenzen kommen, skizziert Janssens: „Es ist eine kalte Abschaltung der Krankenhäuser.“

Für Karl Lauterbach ist die Reform hingegen dringend notwendig, um Insolvenzen vorbeugen zu können. „Durch die Reform wird ein Krankenhaussterben verhindert“, erwidert Lauterbach. Er schränkt allerdings ein: „Die Reform muss rechtzeitig kommen.“ „Kleine Krankenhäuser könnten unter die Räder kommen“, warnt Janssens. Das Problem ist: Die Krankenkassen sind an der Grenze der Finanzierbarkeit. Schon in diesem Jahr musste der Zusatzbeitrag, den die Kassen erheben können, steigen. Janssens ist deshalb auch für eine Reduzierung der Krankenhäuser.

Reform will Schluss machen mit deutschem OP-Wahnsinn

Was Deutschland derzeit beim Fußball nicht schafft, schafft die Bundesrepublik bei Operationen. Was Knie- und Hüft-Eingriffe anbelangt, ist Deutschland die globale Spitze. Schuld am Operationen-Wucher in deutschen Krankenhäusern hat auch der amtierende Minister. Unter Mitarbeit von Karl Lauterbach verabschiedete eine damals Große Koalition die Fallpauschale, mit der zum Beispiel Krankenhäuser pro behandeltem Fall vergütet werden. Schnelle, simple Operationen sind deswegen ein attraktiver Weg, um Geld in die Kassen zu spülen – und um komplexe Behandlungen quer zu finanzieren. Ein Unglück für das Gesundheitswesen, weil sich die Krankenhäuser finanziell genötigt sehen, so viele Operationen wie möglich durchzuführen.

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Nun möchte Lauterbach die Fallpauschale mit der Reform rückabwickeln. Aus seiner Sicht liege großes Einsparpotenzial wegen zu vieler überflüssiger Eingriffe vor, erklärt der SPD-Politiker. Der Mediziner Uwe Janssens findet ebenfalls, dass das Geld falsch verwendet wird. Er sieht aber auch andere Einsparpotenziale. „Ein 90-Jähriger bekommt noch eine Chemo“, bemängelt der Mediziner – in der kalten Logik der Gesundheitsökonomie muss man sich fragen: Wie viel Lebenszeit kauft man mit einer teuren Behandlung eines 90-Jährigen; und wie viel Lebenszeit könnte man mit demselben Geld einem jüngeren Patienten erkaufen? Für kleine Kinder sei dagegen zu wenig Geld vorhanden, meint Janssens.

In der Tat ist das Geld zwischen den Alterskohorten schlecht verteilt. Aber eine alternde Gesellschaft hat nun mal eine kostspielige Versorgung älter werdender Menschen zu tragen. Dies findet auch Lauterbach: „Ich finde, dass ein 90-Jähriger eine Chemo bekommen soll, wenn er dadurch länger leben kann“, sagt er. Lauterbach stellt in der Sendung unter Beweis, dass er durchaus in der Lage ist, eigene Fehlleistungen anzuerkennen. Mit der geplanten Reform sollte er sich deshalb mehr beschäftigen als mit unnötigen Themen wie der Legalisierung von Cannabis. Die Krankenhausreform braucht die ganze Energie des Ministers. Stattdessen verschleppt er wichtige Reformen wie auch seine Vorgänger schon. Denn Talkshow-Auftritte machen keine Gesetze.

Kampfgeist der Ukraine ist ungebrochen

Wie sieht die Situation in der Ukraine aus? Darüber spricht der CNN-Kriegsreporter Frederik Pleitgen in der Sendung. Zwar haben bei Maischberger am Vorabend schon Ralf Stegner und Serap Güler über die Ukraine diskutiert. Aber Maischberger kann nicht genug von dem Thema hören und Pleitgen bringt wenigstens eine andere Perspektive mit als die der Bundestagsdebatten. Er kommt zur Erkenntnis, dass die Lage der sich verteidigenden Ukrainer besser ist als gedacht: „Für die Ukraine sieht es gar nicht so schlecht aus.“ Besonders die Motivation der Soldaten sei nach wie vor gegeben, berichtet er von der Front.

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Doch er kommt auch auf die bekannten Probleme zu sprechen. „Es fehlt an Männern und an westlicher Munition“, erklärt er. Dieser Mangel macht es unwahrscheinlich, dass die Ukraine in Zukunft großflächige Rückeroberungs-Aktionen starten wird. Die letzte Offensive der ukrainischen Armee ist krachend gescheitert. Die Soldaten, die das Land noch hat, werden gebraucht, um die Front zu halten. Der Drohnenkrieg werde immer umfangreicher, schildert Pleitgen. „Die Russen haben gewaltige Verluste“, sagt der Journalist. Putin opfert gerade sehr viele Leben in seinem imperialen Größenwahn.

Wie glaubwürdig sind deshalb Putins Aussagen gegenüber Tucker Carlson, wenn er sagte, er würde keine Nato-Staaten angreifen wollen? Ist er bereit, seinen Vorstellungen eines neuen Groß-Russlands noch mehr zu opfern? Der ehemalige russische Diplomat Boris Bondarew äußert Zweifel an Putins Glaubwürdigkeit. Stattdessen befinde sich der mächtigste Mann Russlands auf einer historischen Mission, so der Exil-Russe. Wer Putins Geschichtsstunde mit Tucker Carlson gehört hat, weiß, dass Putin die russische Geschichte prägen möchte. Zu sehr ist der Kreml-Despot dem imperialen Großmachtstreben verfallen, als dass er es bei der Ukraine belassen würde.

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Kommentare ( 70 )

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Dr. Rehmstack
2 Monate her

Man kann doch nicht, wenn man erst genommen werden will, über ein Gesundheitssystem diskutieren, ohne klar und deutlich zu benennen, wie sich das Verhältnis von Nutzern des Systems und denen, die dieses finanzieren sich verändert. Man kann doch nicht knapp zwei Jahre, nach dem es höchste gesundheitspolitische Logik war, zu verhindern, dass die Bettenzahl dem Ansturm der Patienten nicht mehr gewachsen wäre, nun fordern das genau diese Bettenzahl auf die Hälfte zu reduzieren sei.

Okko tom Brok
2 Monate her

Während der Corona-Jahre fabulierte man von Bettenknappheit, und jetzt sind es wieder zuviele Kliniken? Für wie dumm hält man uns denn eigentlich?

Michael Palusch
2 Monate her
Antworten an  Okko tom Brok

Nur wegen Corona, ist doch die „Empfehlung“ der Bertelsmannstiftung aus dem Jahr 2019 zu Gunsten der Gewinnen der großen Klinikkonzerne nicht obsolet.
(https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2019/juli/eine-bessere-versorgung-ist-nur-mit-halb-so-vielen-kliniken-moeglich)
Hier könnte der Karl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Zum einen, könnte er sich für die breite „Unterstützung“ seiner autoritären Maßnahmen während der „Corona-Jahre“ nochmals erkenntlich zeigen und zum anderen, wäre künftig die Ausrufung eines Lockdowns wegen eines an den Haaren herbeigezerrten „Intensivbettennotstands“ auf Grund eines „neuen“ Schnupfenvirus sehr viel schneller und einfacher möglich.

Last edited 2 Monate her by Michael Palusch
Dr. Rehmstack
2 Monate her
Antworten an  Michael Palusch

Und ein gewisser Karl Lauterbach war an dieser Bertelsmann Studie maßgeblich beteiligt, er war damals im Vorstand der Rhönkliniken, die Bertelsmann gehören (Liz Mons Tochter im Vorstand) und in finanzieller Schieflage waren.

Bernhardino
2 Monate her
Antworten an  Okko tom Brok

Naja, schlau ist es nun nicht gerade, die Typen wie Lauterbach&Co der nationalen Parteienfront wieder und wieder zu wählen.

bkkopp
2 Monate her

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Föderalismus-Schildbürger in den Ländern auch die richtigen und dringend gebotenen Vorschläge von Herrn Lauterbach abwürgen. Schließlich waren und sind es die Länder, die ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur KH-Planund und -Finanzierung in fast allen Fällen, und für viele Jahre, unzureichend erfüllt haben. Das Thema ist für ein paar Sätze zu komplex – aber Lauterbach versucht die Länder auf einen richtigen Weg zu bringen.

Dr. Klaus
2 Monate her

Warum sind die Krankenkassen an der Grenze der Finanzierbarkeit? Vielleicht weil es in Massen Menschen gibt, die keine Beträge bezahlen, aber alle Ansprüche der Vollversorgung haben, einschließlich der Zahnsanierung aller beitragsfrei mitversicherten Angehörigen. Oder der osteuropäischen Obdachlosen, mit denen die Rettungsstellen der Krankenhauser bis zur Hutkrempe gefüllt sind. Oder weil es immer weniger Menschen gibt, die ein vollwertiges Einkommen beziehen, von dem sie Steuern und Beiträge bezahlen. …

Grenz Gaenger
2 Monate her

Karl Lauterbach kümmert sich neben Corona und Cannabis tatsächlich noch um echte Gesundheitspolitik

Das ist Auslegungssache – er meint es ganz sicher.
Ist er nicht schon früher der Hauptverantwortliche für etliche Krankenhaus-Schließungen gewesen, die sich im Nachhinein als großer Fehler erwiesen?
Neuer Anlauf – neues Glück?
Künstliche Mangelsituationen herbeiführen? Wer profitiert davon? Welche seiner Lobbyisten-Hintergrund-Tätigkeiten, die er m. E. nie richtig aufgegeben hat, steckt jetzt dahinter?

MariaundJosef
2 Monate her

Der Riesenelefant im Raum wird nicht erwähnt: Millionen wandern in unsere Sozialsysteme ein…ohne nur einen Cent dazu beizutragen…..sogar Verwandte, die eigentlich z.B. in der Türkei Erdogans wohnen, werden auf Kosten des deutschen Systems behandelt. Ukrainer dürfen sich „ am deutschen Steuerzahler“ laben. Das wird nicht mehr lange gut gehen und alles bricht zusammen. Lauterbach ignoriert das alles. Ich möchte die Zeit zurück drehen.

Haba Orwell
2 Monate her
Antworten an  MariaundJosef

> Ukrainer dürfen sich „am deutschen Steuerzahler“ laben.

Niemals wird angesprochen, wieso in Schland nur 25% arbeiten, während es in Dänemark 78% sind und in Polen immer noch 65%? Einen Artikel dazu gab es sogar im Putins Bösen Medium, aber nicht in den Medien des Landes, wo diese Dauerferien im Zeichen von „Slava Ukraini“ bezahlt werden.

Kassandra
2 Monate her
Antworten an  Haba Orwell

Es wird auch nicht angesprochen, dass man westlich der Frontlinie durch das doppelt so große Land wie das ehemals unsrige genau so friedlich leben kann wie östlich davon.
Allerdings halt ohne „ausgehalten“ zu werden. Aber wie man inzwischen lesen kann haben einige auch das für sich umgesetzt: sie kassieren hier – und leben zu Hause, wo die Lebenshaltung wesentlich günstiger als in Deutschland ist: https://de.numbeo.com/lebenshaltungskosten/land/Ukraine?displayCurrency=EUR
Abfragen kann man dort auch die für alle anderen Länder, aus denen wir beehrt werden – und manchmal ist das Verhältnis noch vorteilhafter, als es dort für die Ukraine aufgeführt wird.

Waehler 21
2 Monate her
Antworten an  Haba Orwell

Vielleicht kann man daran abschätzen wie hoch der Missbrauch ist.
Denn in anderen Ländern kann man halt noch etwas organisieren und man lässt sich nicht ausnehmen.
Parteitiger können nur Gehalt abholen , aber nichts auf die Beine stellen.

Deutscher
2 Monate her

Ob es kommt, das KH-Sterben? LOL
Allein im Umkreis einer halben Autostunde um meinen oberschwäbischen Wohnort sind in den letzten zwei Jahren 6 bedeutende Kliniken „gestorben“ – oder nennen wir es besser gestorben worden? Alles unter grüner Führung, von „Gesundheitsminister“ Lucha vehement und mit verbalen Beleidigungen gegenüber den Kritikern im Kreistag vorangetrieben.
Das Waldseer Krankenhaus ist dabei letztes Jahr geschlossen worden, das Gebäude ist dieses Jahr als „Flüchtlings“unterkunft mit 150 Plätzen wieder in Betrieb gegangen.

Last edited 2 Monate her by Deutscher
alter weisser Mann
2 Monate her

„Spezialeingriffe, die nicht unmittelbar notwendig sind – zum Beispiel Knieoperationen –“
Seit wann ist es so, dass Knie-OPs pauschal nicht unmittelbar notwendig sind?
Und wenn es so wäre, warum sollten Spezialkrankenhäuser die dann machen?

H. Priess
2 Monate her

Und wieder einmal wird Lauterbach verkannt! Er ist ein Visionär der weit in die Zukunft blickt! In dieser leben wir alle total gesund, alle sind Veganer oder es werden nur noch Proteine in Form von Insekten gegessen. Alle fahren Fahrrad was allein einen nie da gesehenen Gesundheitschub auslösen wird. Da kaum noch jemand arbeiten muß entfällt der ganze Streß der damit verbunden ist und weil alle so glücklich sind werden psychische Krankheiten der Vergangenheit angehören. Jeder Mensch ist jeder Menschen Freund! Kein Haß, kein Neid, keine Völlerei, geschweige denn Wollust oder gar Hochmut, Trägkeit und Zorn werden der Vergangenheit angehören!… Mehr

Last edited 2 Monate her by H. Priess
HRR
2 Monate her

Ein Unglück für das Gesundheitswesen, weil sich die Krankenhäuser finanziell genötigt sehen, so viele Operationen wie möglich durchzuführen.

Werden Operationen ausgeführt aus finanzieller Not eines Krankenhauses heraus, mag das ökonomisch nachvollziehbar sein, aber es ist ein juristisch fragwürdiges Vorgehen und verletzt nicht nur den Hippokratischen Eid, sondern auch das vom Weltärztebund verfasste „Genfer Ärztegelöbnis“, welches den antiken Eid ersetzte.
Die offizielle deutsche Übersetzung der Deklaration von Genf, autorisiert durch den Weltärztebund (2017), ist nachzulesen unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Genfer_%C3%84rztegel%C3%B6bnis