´“Alles wird teurer: Was tun gegen die steigenden Preise?“ lautet das Thema von „hart aber fair“. Jennifer Kuschel, alleinerziehende Mutter, berichtet von Existenzängsten vieler Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Miete oder Heizung bezahlen sollen. Sie wurde bekannt und kam aus der Armut heraus durch das Posten von „broke“-Rezepten, Gerichte für wenig Geld. Der CDU-Abgeordnete Ralph Brinkhaus verweist ins Ausland: andere Länder hätten es auch mit starken Preissteigerungen zu tun. Klar, wo der Euro herrscht, regiert die Inflation, denn die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank ist der Auslöser. Die Folgen spürt der Euro-Raum.

Und für Deutschland gilt: Mitgefangen, mitgehangen. Für den Linken-Vorsitzenden Jan van Aken ist klar: Tax the Rich, nehmt den Wohlhabenden noch mehr weg und alles wird gut, bis gar nichts mehr da ist. Stefan Genth, als Sprecher des deutschen Handels, erklärt, dass trotz der 200 Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr es schlecht um den Handel stehe. Nach sämtlichen Abzügen ergebe sich ein Nullwachstum. Was er nur indirekt sagt: Rechnet man die Preissteigerung heraus – blieb weniger im Warenkorb an realen Gütern. Deutschland schrumpft, die Bürger erhalten weniger für das Geld, das man ihnen noch lässt.

Die Preiszusammensetzung im Supermarkt sei in Deutschland undurchsichtig, argumentiert Britta Schautz von der Berliner Verbraucherzentrale. Mark Schieritz arbeitet bei der „Zeit“, dort gibt er den Marcel Fratzscher für Unzusammenhängendes – und brav nimmt er die Regierung in Schutz. Im Nebensatz von Moderator Klamroth erfährt der Zuschauer, dass Schieritz mit Lars Klingbeil gemeinsam auf USA-Reise war. Nähe schafft Verständnis. Man kennt sich, man kritisiert sich nicht, wenn man ein Mitgenommener ist. Die Politik würde die Inflation fürchten, da sie dadurch oft abgewählt würde, wie man aktuell in vielen Ländern sehen könne. Alle sind sich über die Ursachen einig: Klimawandel, russischer Angriffskrieg. Die Geldschwemme der EZB und die Verschuldungspolitik der Regierungen kommt nicht vor. Gut dass wir Putin haben. Man müsste sonst die eigene Verantwortung für Geldschwemme und Schulden thematisieren.

Vom Produzenten zum Konsumenten

Deutschland im Verarmungsmodus

So diskutiert die Runde munter über das Ärgernis von Verpackungsbetrug und ob es dafür eine Labelpflicht geben sollte. Ein Gremium zur Preisaufsicht wird von Schautz und van Aken vorgeschlagen, klar, der Staat stiehlt sich aus der Verantwortung und stellt dann Preiskontrolleure ein, weil er nicht an die Ursachen der Preiserhöhung ran will. Die Mehrwertsteuer für Lebensmittel senken oder doch das Klimageld noch einmal rauskramen? Hier bemerkt der „Zeit“-Journalist Schieritz: die Regierung verfüge jetzt über eine Konto-IBAN-Verknüpfung zu jedem Bürger. Dies könne man für Bedürftige nutzen und ihnen gezielt Geld zukommen lassen. Es klingt wie die Vorbereitung auf den digitalen Euro: Der Bürger ist gläsern. Der kann genutzt werden – für Zuschüsse und Abzüge, ganz automatisch, ganz elektronisch: Gutschrift und Sperrung per Knopfdruck. DIE ZEIT war früher ein liberales Blatt. Heute predigt es die Staatswirtschaft und Totalkontrolle.

Gegen Ende wird Brinkhaus mutig und opponiert gegen die eigene Partei, wie er lachend selbst feststellt, ha, wie ist der mutig. Er hätte anders entschieden bei der Wahl zwischen Mütterrente und Stromsteuer-Senkung für alle. Die teure Energie bringt er beiläufig auch in Zusammenhang mit den CO2-Abgaben – eigentlich sollte ja ein Klimageld eingeführt werden. Dies habe die letzte und seine Regierung bisher „verschlappert“. Das Geld bleibe also bisher bei der Regierung. Eigentlich könnte man es Diebstahl nennen, aber das Wort passt nicht, wenn der Staat kassiert und die Versprochene Leistung unterschlägt. Das ist dann „verschleppt“. Brinkhaus bedauert.

„Wer mehr verbraucht, soll bestraft werden, und wer weniger verbraucht, es besser haben“, pflichtet er seinem Politikerkollegen von der Linken bei. Also günstiger Heizgrundtarif und exponentiell steigende Kosten bei höherem Verbrauch. Eigentlich braucht CDU-Brinkhaus keine andere Partei, er hat ja schon die LINKE. Näher kann man nicht beieinander sein als mit der Vorstellung des kontrollierten Bürgers, der auch mit dem Thermostat am Heizkörper überwacht wird, damit die Folgen der falschen Politik nicht besprochen werden müssen.

Insgesamt herrscht eine lustige Stimmung zwischen den Teilnehmern, die ja wenig betroffen sind. Hin und wieder ein gespielter Schlagabtausch zwischen van Aken und Brinkkhaus oder Verbraucher-Schautz und Handels-Genth, letzter als zahmer Wirtschaftsvertreter. Van Aken macht das Problem am Schokoladenpreis fest. So erregt man sich eine Weile über Schokolade. Sind die Händler, Industrie oder Rohstofflieferanten Schuld an der unverschämten Preiserhöhung? Oder doch wieder Putin? Dass die Energie in den vergangenen fünf Jahren deutlich teurer geworden ist wird zwar thematisiert – die Ursachen nicht. Kommende Woche wird ja wieder ein deutsches Kraftwerk gesprengt, übrigens nicht von den Russen, sondern von deutschen Regierungsfachkräften. Der „russische Angriffskrieg“ ist auch nicht kausal schuld an der Erdgaspreissteigerung von knapp 98,2%. Dies liegt an deutschen Politikentscheidungen. Der Strompreis ist die gewollte Folge der Energiewende. Ein Klimageld wäre unnötig, gäbe es keine alles verteuernde CO2-Steuer. Aber warum sollte man Ursachen bekämpfen, wenn es kompliziert auch geht und nebenbei der Bürger abgezockt werden kann?

Die arme Frau Kuschel wünscht sich zum Schluss von der Politik mehr Beachtung für die Anliegen der Bürger. Aber das wäre zu einfach. Die Politiker, ihr braver Journalist und die Verbraucherschützerin ohne Verbraucherschutz nicken und lächeln. Sie wissen schon, warum.