Expertenalarm bei Maischberger: Alle wissen alles über alles

Noch immer Klimapanik. Noch immer Putin kurz vor Berlin. Noch immer Elektroautos als Heilsbringer. Und Wasserstoff. Und Wind und Solar. Maischberger ist heute noch gestriger als gestern. Einer holt sogar den bösen Feinstaub wieder aus der Kiste. Fällt gar nicht auf. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Maischberger

Was Friedrich Merz und Lars Klingbeil gar nicht gefallen dürfte: Die beiden sind so dermaßen unbeliebt, dass bei Maischberger sogar schon die Vorgängerregierung gelobt wird. Ob die Ampel das Land heruntergewirtschaftet habe, will die Moderatorin wissen. Eigentlich eine rhetorische Frage, angesichts der Entwicklung der Strompreise, der Inflation, der gesprengten AKW-Kühltürme, der Milliarden für Kauf und Entsorgung von Corona-Masken, der bankrott subventionierten Northvolt-Batteriefabriken, der explodierenden Arbeitslosenzahlen und… halten wir hier einfach mal inne. Eine rhetorische Frage also. Aber nein! Sie wird bei Maischberger tatsächlich ernsthaft diskutiert. Und mehr noch: mit Nein beantwortet.

Die Ampel habe vor immensen Problemen gestanden und sie bewältigt, lobt Dagmar Rosenfeld (Media Pioneer). Es sei schließlich ein Krieg in Europa ausgebrochen, und es sei darum gegangen, „die Energieversorgung auf neue Beine zu stellen“. Außerdem habe ja nicht Merz, sondern die Ampel „begonnen, eine rigide Asylpolitik zu machen“.

Auch Denis Scheck, Literaturkritiker mit eigener Sendung in der ARD, darf sich äußern. Der Mann kennt sich aus. Mit Büchern. Mit allem anderen nicht so, wie er eindrucksvoll unter Beweis stellt. Der Profileser aus dem Schwäbischen braucht nur zwei Sekunden, um wahllos den ersten Literaturverweis einzustreuen. Und bei dieser Strategie bleibt er. Egal, ob es um Energie geht oder Donald Trump, er packt hinein, was er kann: von Don Quichotte über die Sesamstraße, Mark Twain und Dürrenmatt bis Karl Valentin. Scheck spricht ihn „Wallentin“ aus, aber egal. Er kann nicht alles wissen.

Was er weiß: Dass diese vermaledeite „Verbrennertechnologie extrem umweltbelastend ist“ und ein „Geschäftsmodell der Vergangenheit, das definitiv nicht das der Zukunft ist“. Wurm, bleib bei Deinen Büchern, stöhnen die Leseratten. Doch sie bleiben unerhört. Denn dass etwa bei einem modernen Diesel die Luft hinten sauberer rauskommt, als sie vorne eingesogen wird, weiß Scheck nicht. Stand wohl in keinem seiner Bücher. Stattdessen reanimiert er sogar die vorvorletzte Sau, die irgendwann zwischen Ozonloch, Waldsterben, saurem Regen, drohender Eiszeit und drohender Erderhitzung durchs Dorf getrieben wurde. Scheck erzählt, dass er aus dem durch Automobilbau reich gewordenen Stuttgart kommt und sagt: „Der Preis für diesen Reichtum war die Feinstaubbelastung.“

Der Preis für den Mangel an Sachverstand ist Denis Scheck.

Die Redebeiträge des kleinen Bücherwurms sind derart amüsant, dass wir sie an dieser Stelle nicht unterschlagen wollen. Man müsse die elektrische Zukunft „umarmen“, sagt er. Und die Rede Donald Trumps vor den Vereinten Nationen nennt er einen „Beitrag wie aus der Sesamstraße“. Der US-Präsident sei „wie Graf Zahl“ und lebe offenbar „in einem Wahn“. Weltpolitik aus schwäbischer „Kehrwoch“-Perspektive.

Überhaupt, Trump: An dem lässt auch Markus Feldenkirchen kein gutes Haar. Der Autor der Illustrierten „Der Spiegel“, von ihren Fans liebevoll „Relotius-Revue“ genannt, macht mit erkennbarer Freude auf dem niederen Scheck-Niveau weiter: Trump habe eigentlich gar keine Ahnung. „Sein Wissen über andere Länder, das schnappt er im Vorbeigehen bei Fox News auf“, weiß Feldenkirchen. Aber der Vergleich mit Graf Zahl sei eine Beleidigung. Allerdings für Graf Zahl, denn „der hatte seine Zahlen beisammen“.

Auf diesem Level geht es weiter, und allmählich kristallisiert sich die Kernfrage dieser Sendung heraus: Wieso reden hier lauter Leute über lauter Themen, von denen sie erkennbar nicht die Bohne verstehen? Aber hey, egal, die grüne Klatsch-Brigade, die Maischberger sich ins Publikum geholt hat, freut’s.

Davon profitiert auch Grünen-Chef Felix Banaszak, der sich mit Kanzleramtsminister Thorsten Frei halbherzig duellieren darf. Für ihn steht Friedrich Merz „mit dem Rücken zur Wand“ – Applaus. Und nicht etwa Insolvenzminister Habeck habe Deutschland ruiniert sondern seine Nachfolgerin Katherina Reiche. Banaszak: „Was sie macht, ist der Beginn einer Deindustrialisierung“ – Applaus. Die Frage sei doch, „ob wir eigentlich 2045 klimaneutral sein wollen oder nicht“. Das ist in der Tat die Frage, nachdem mehr und mehr Länder gerade aus dem „Klimahoax“ (Trump) aussteigen oder noch nie daran teilnahmen. Und der Grüne bekommt im Studio die Antwort: Applaus.

Frei kritisiert, dass Wind- und Solarstrom nicht grundlastfähig seien. Dass Windkraftbetreiber 20 Jahre lang mit Subventionen gemästet werden, egal, ob der Strom gerade gebraucht oder – wie an vielen Sommertagen – sogar gegen Geld im Ausland verklappt werden muss. Bansazak nennt das „Augenwischerei“ – und bringt im nächsten Moment selbst eine solche. Er erzählt von wasserstofffähigen Gaskraftwerken. Dass die niemand bauen wird, weil es sich für eine kurze Übergangszeit einfach nicht rechnet, sagt er nicht. Er behauptet, die Wind- und Solarbranche würde „interessengesteuert bekämpft“. Dass die gesamte Branche der so genannten Erneuerbaren von Lobbyisten gekapert wurde, dass eine Windmühle, die sieben Millionen kostet und über die Laufzeit satte 40 Millionen an Steuergeld-Subventionen einspielt – kein Wort dazu, weder von Frei noch von Banaszak. Stattdessen bedauert der Grüne, dass die Branche bald „in die Röhre gucken“ werde. Applaus, Applaus, Applaus! Graf Zahl zählt mit.

Immerhin, eine relativ klare Ansage gibt es: von Thorsten Frei zur Frage, ob die Pflegestufe 1 nun gestrichen werden soll oder nicht: „Wir werden ein paar Dinge ändern müssen“, sagt der Minister. Also ein „Ja“ in sieben Worten.

Wohltuende Nüchternheit bringt CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen im Einzelinterview ein. Die Spannungen zwischen Ost und West seien durchaus ernst zu nehmen, aber die oft beschworene akute Kriegsgefahr sieht er nicht. Moskau versuche zum einen, „den härteren Ton etwas wegzudiskutieren“, aber auch, „die europäischen NATO-Verbündeten ein bisschen von den USA zu trennen“. Dabei spiele Merz eine unrühmliche Rolle: „Der deutsche Bundeskanzler ist da eine der größten Hassfiguren“, erzählt Pleitgen, durchaus amüsiert. Jeden Tag käme im russischen Fernsehen etwas Negatives über Merz und andere deutsche Politiker, sogar über Annalena Baerbock.

Auch den oft als Despoten und Demokratie-Zerstörer verkauften Trump sieht Pleitgen nicht nur negativ. Klar mache er den linken Medien Probleme und es sei auch überraschend, „was für eine Machtfülle das Amt des Präsidenten hat“, aber wichtig sei: Trump vermeide Konflikte, sowohl innen- wie außenpolitisch. Pleitgen: „Meines Erachtens will der keine Kriege.“ Maischberger ist überrascht: „Das kann man dem abkaufen, ja?“

Und was ist mit Trumps „Krieg gegen das eigene Volk“, den deutsche Medien so gern an die Wand malen? Auch Maischberger hat schon den Pinsel in der Hand, da bremst Pleitgen: „Nein, das geht zu weit, so was zu sagen. Die USA ist immer noch ‘ne gefestigte Gesellschaft.“

Das sieht die Runde ganz anders. Feldenkirchen attestiert Trump „präfaschistische Züge“, und Scheck posaunt: „Das ist doch offenbar ein Größenwahnsinniger“. Der Bücherwurm bringt schnell noch Dürrenmatts „Die Physiker“ ohne weitere Erklärung unter und sagt dann einen bemerkenswerten Satz. Dessen sprachliche Finesse und Feinheit lässt erahnen, warum sich Scheck nach eigener Aussage besonders gut mit „Wichsvorlagen“ auskennt. So jedenfalls bezeichnete er jüngst in seiner Sendung das Buch „Merkels Werk – Unser Untergang“ von Gerald Grosz. Ähnlich derb langt Scheck jetzt auch bei Maischberger hin: „Am Ende wird er als das erscheinen, was er wirklich ist: Ein kleiner, hässlicher, intellektueller Zwerg.“

Klingt wie späte Reue. Doch er meint Donald Trump.

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Kommentare ( 73 )

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2 Monate her

Zur Klimapanik gilt:

Ob Wirtschaft oder Politik, wer meint die Physik der Naturgesetze mit ideologisch rot-schwarz-gelb-grün durchsetzten unendlichen Subventionen bezwingen zu können, ist allein schon wegen deren Unfinanzierbarkeit zum Scheitern verurteilt.

Nibelung
2 Monate her

Die Politik redet mit ihren medialen „Experten“ an den Vorstellungen der Bürger vorbei, als ob es nur auf ihrer Seite welche gäbe und dadurch entsteht eine dauerhafte Dissonanz und nützt nur jenen, die im gleichen Glauben leben, während die meisten die Welt von der praktischen Seite her sehen und laufend gestört werden, was nicht ungefährlich ist, wenn es sich täglich immer mehr zu deren Ungunsten kompensiert. Das wissen unser „Demokraten“ natürlich auch und wollen diesen Zustand auf ihre Art beheben und mit ihren diktatorischen Umsetzungen werden sie nicht weiterkommen, weil sie bis heute nicht begriffen haben die Beauftragten des Volkes… Mehr

Paul SC
2 Monate her

Wenn man das so liest, kann man es wieder mal kaum glauben, wofür hart erarbeitetes Geld über die ÖRR-Gebühr verwendet wird.

Wieder ein Argument mehr, den ÖRR auf zwei Kanäle zu reduzieren oder abzuschaffen.

hoho
2 Monate her

Der Krieg ist (selbst) ausgebrochen und die Ampel hat angefangen die rigide Asylpolitik zu führen?
Ich habe letzte paar Jahre komplett Respekt für die Politiker, Experten, Ärzte, Journalisten, Richter usw usf verloren. Nicht alle sind Lügner und böse aber ziemlich viele und wer nicht böse ist macht trotzdem mit, weil er sonst die Arbeit verlieren kann.

Kassandra
2 Monate her
Antworten an  hoho

Ja. Genau so beschreibt es Sebastian Haffner in den Anfängen eines Reiches vor unserer Zeit.
Für das „nie wieder“ fehlt denen allen der Hintern in der Hose – und dann wundern sie sich, wenn sie uns alle damit wieder in die Malaise gebracht haben werden.
Diesmal auch noch mit Fremdsprachigen, deren Kultur uns weit überlegen zu sein scheint, weshalb sie sie mit Messern und allen anderen Mitteln hier durchzusetzen antreten.

Thomas Blobel
2 Monate her

Was für strohdumme Simples, es reicht aber immer für die Freude am eigenen Kontostand.
Daß wir solche Menschen die Geschicke des Landes bestimmen lassen, im Zweifel über Krieg und Frieden entscheiden, müssen „wir“ uns allerdings selbst ankreiden.

Thomas Klingelhoefer
2 Monate her

Schöner Kommentar, der den Abgrund der Ahnungslosigkeit der öffentlich-rechtlichen Deutungs-„Experten“ trefflich beschreibt!

Habe mich köstlich amüsiert.

Joe
2 Monate her

Frau Dagmar Rosenfeld schreibt für dieWeLT. Also der Zeitung, die nicht mehr mehr ganz so viel Haltung haben will wie die anderen Haltungsmedien.

Cethegus
2 Monate her

WIr sind wohl das einzige Land der Welt in dem es mehr „Rechtsextremismusexperten“ gibt als wirkliche Rechtsradikale!!!

Kassandra
2 Monate her
Antworten an  Cethegus

Sie wollen ja auch Lithium in Sachsen Anhalt gefunden haben – um zu retten, was nicht mehr zu retten ist.

bfwied
2 Monate her

Deutschland war einmal das Land der Dichter und Denker und Erfinder! Das ist lange her. Jetzt ist es wieder das Land der Gedankenlosen, der Irrationalität, der Unwissenden und v. a. der Ideologen. D. stand ganz oben in der Spitzengruppe der Wissensnationen, der Fall ist tief, die Häme groß, Letztgenanntes zurecht! Einen oberen Platz zu erreichen, dazu gehört harte Arbeit, Disziplin, Gedankenfülle, der Absturz geht sehr schnell. Dem Erfolgreichen, Intelligenten, dem Schaffer, zollt man Respekt. Den hatten wir, jetzt werde ich ständig gefragt, was denn mit D. los sei. Was soll man darauf antworten? Die dt. Dummheit bricht sich mal wieder… Mehr

P. Pauquet
2 Monate her

Ich glaube, Das ist genau Das, was die Herren Dunning und Krugen meinen! … Und von denen haben wir die Republik voll. Auch auf „der Straße“.

Herr, schick Pest und Cholera.

Kassandra
2 Monate her
Antworten an  P. Pauquet

Millionen bringen das mit. Beides. Und noch viel mehr!