Rentnertalk bei Maischberger: Steinbrück und de Maizière erklären die Welt

Thomas de Maizière, der die Republik früher um rund 300 Millionen Euro gebracht hat, schwingt sich bei Maischberger zusammen mit Peer Steinbrück zum Elder Statesman auf. Und die gefeuert-gefeierte ARD-Journalistin Julia Ruhs hat offenbar Kreide gefressen. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Maischberger

„Vergessen ist auch eine Form von Freiheit“, sagt der Volksmund. Das geflügelte Wort bekommt heute Rückenwind. Denn während Sandra Maischberger offenbar vergessen hat, welch ein Finanzdebakel Thomas de Maizière einst als Verteidigungsminister anrichtete, ist er so frei, sich als Elder Statesman zu inszenieren. Gemeinsam mit seinem Erz-Feindfreund Peer Steinbrück übt er sich in jovialer Gelassenheit beim Blick auf die aktuelle Politik. Die beiden altgedienten und längst ausrangierten Minister sollen offenbar demonstrieren, wie gut CDU und SPD doch eigentlich miteinander können könnten, wenn sie nur wollen wollten.

Das allerdings ist etwas dünn für einen interessanten Talkabend. Ergebnis: ein Gespräch, so ermüdend wie belanglos.

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Ewig lang und breit reden die beiden über die Große Koalition von Anno Dunnemal und über die Ampel, über Merkel 1 und Merkel 2 und was da war und was danach – und wie war das noch gleich mit der FDP? Puh. Das Thema Euro Hawk aber, die verplemperten mindestens 300 Millionen Euro Steuergeld für fünf Drohnen, die de Maizière seinerzeit sauber in den Sand gesetzt hat, wird seltsamerweise nicht erwähnt.

De Maizière, der schon damals einen Rücktritt verweigerte (was ihn zu einer Art Poster-Boomer für die heutige Politiker-Generation macht), sitzt also bei Maischberger und salbadert, als wäre nichts gewesen. Wichtigste Erkenntnis: Der Mann kommt immer noch nicht mit diesem neuartigen Internet klar. Er beklagt die Schnelllebigkeit der Zeitläufte: „Die Medienlage ist anders. Gibt keinen Redaktionsschluss mehr. Immerzu wird alles in Fortissimo-Tönen mit Empörungsritualen dargestellt“, stöhnt der 71-Jährige. Über CDU und SPD weiß er: „Je kleiner die Parteien der Mitte werden, umso mehr glauben sie, dass sie ihre Restklientel besonders gut bedienen müssen.“ Auch nicht unbedingt neu, die Erkenntnis. Aber gut, erzähl mal. Danach lecker Aftershow-Buffet und zurück in die Rente.

Oder Steinbrück, Thema Rentenpaket: „Es sind beide Koalitionspartner sehr hoch in den Baum geklettert, haben festgestellt, dass sie keine Leitern mehr haben, dann haben sie da oben ein Nest gebaut, dann haben sie aufgepasst, dass sie nicht mehr rausfallen.“ Ein Bild, wie von einem Dreijährigen gemalt. Was der SPD-Senior uns damit sagen will: Er versteht nicht, warum die CDU das Thema überhaupt bis zu einer Regierungskrise hochgejazzt hat. Was da mühsamst beschlossen wurde, könne in Kürze durch die Rentenkommission wieder zur Makulatur werden, sagt er, „und dann hätte man sich den ganzen Zoff sparen können“.

Apropos Zoff. De Maizière arbeitet sich nach Kräften an der AfD ab. Dabei setzt er auf Fiktion statt Fakten, und man bekommt eine Ahnung dessen, wie lockerflockig er damals wohl mit den 300 Millionen Steuergeld umgegangen sein könnte. Er sagt, die Partei sei „teilweise von Putin bezahlt“ und wolle „die Westbindung auflösen“. Beweise nennt er nicht, und wird auch nicht danach gefragt. Er kann es einfach so behaupten. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem gerade mal wieder eine AfD-Delegation zu Gesprächen nach Washington eingeladen wurde. Auch dies wird an anderer Stelle in der Sendung thematisiert (und schwer kritisiert), doch die kognitive Dissonanz fällt niemandem auf.

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Steinbrück nochmal. Zu seiner Parteichefin Bärbel „Bullshit“ Bas formuliert er zumindest dürre Kritik. Ihr Auftritt bei den Jusos, als sie die Arbeitgeber als Gegner bezeichnet hatte, sei „ein Fehltritt“ gewesen. „Man sollte versuchen, es wieder gutzumachen.“ Bas solle die Größe haben, Fehler zuzugeben. So wie früher, in der guten alten Zeit.

Einig sind sich die beiden Senioren wie auch die drei Journalisten in der Runde, dass in Deutschland demokratisch alles knorke ist und in den USA alles kaputt. Aber wirklich alles. Dass ausgerechnet die USA bei uns die Einschränkung der Meinungsfreiheit kritisieren, „ein Land, wo Journalisten mit Prozessen überzogen werden“, das sei „ein st-arkes St-ück“, sagt Steinbrück. Er spricht es aus wie ein Mann von der Waterkant, mit sp-itzem „St“. Hach, so bodenständig, der gute alte Mann von der Volkspartei, die keine mehr ist.

Die Pressefreiheit werde in den USA eingeschränkt, moniert auch Dirk Steffens. Der Wissenschaftsjournalist und Moderator sieht in Deutschland überhaupt keine Probleme: „Sie wissen ja selbst, dass Talkshows voller Leute sitzen, die den ganzen Tag sagen: Ich darf ja meine Meinung nicht mehr sagen. Allein die Komik, die dem innewohnt, widerlegt das schon, und diese Vorwürfe sind natürlich absolut haltlos.“

Der Zuschauer grübelt. Auf welchem Planeten lebt eigentlich Dirk Steffens, warum empfängt man dort ARD und ZDF? Und ausschließlich ARD und ZDF?

Julia Ruhs (BR) erinnert vorsichtig an die jüngsten Vorfälle, etwa die Hausdurchsuchung beim Medienwissenschaftler Norbert Bolz wegen eines harmlosen Tweets. Maischberger geht sofort dazwischen: „Dann gibt es eben den einen Fall und den anderen“, und Ruhs findet auch sofort zurück in die Spur: Das seien ganz klar „Einzelfälle“, denn „die staatliche Einschränkung von Meinungsfreiheit, die ist sehr, sehr gering.“

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Dass Ruhs wegen eines migrationskritischen Beitrags in der ARD massiven Gegenwind bekam und einen Job beim NDR verlor, wird in der Sendung nicht erwähnt. Es klingt zwischen den Zeilen durch, als sie etwas kreidestäubende Minimalkritik äußert: „Das, was viele Menschen beklagen – man darf nicht mehr alles sagen –, das ist eher gemünzt auf den sozialen Druck, den man ertragen muss, Also, dass man Angst hat, dass man in Ungnade fällt bei Freunden, Bekannten, dass man vielleicht auch Aufträge verliert, dass man im Extremfall auch seinen Job verliert.“

Ist es ungerecht, wenn der Zuschauer an dieser Stelle enttäuscht ist? Vielleicht kann eine Julia Ruhs einfach nicht härter und klarer formulieren – nach allem, was sie persönlich im Öffentlich-Rechtlichen durchmachen musste. Vielleicht sollte man froh sein, dass sie überhaupt in einer Maischberger-Sendung sitzen darf.

Sollte man darüber froh sein? Ist es schon so weit gekommen?

Ach ja, Anna Lehmann von der linksradikalen Tageszeitung Taz hat auch noch was herausgefunden: Donald Trumps Einmischung in europäische Belange sei völlig unangebracht, weil er ja selbst einen Migrationshintergrund habe. So wie fast alle Amerikaner. „Die USA wären heute nicht dort, wo sie sind, wenn sie nicht diese Masseneinwanderung gehabt hätten“, sagt Lehmann.

Maischberger fertig – AfD bäh, Massenmigration super, SPD und CDU ziemlich beste Freunde – Soll erfüllt. Gute Nacht.

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Kommentare ( 10 )

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Anaklasis
57 Minuten her

Fossilien-TV…

Emsfranke
56 Minuten her

Ach, nein, ooh! Die AfD wird von Putin bezahlt? Das ist ja ein Hammer. Gut dass der de Maiziere bei Maischberger gewesen ist. Nun weiß es die ganze Welt.
Jetzt ist mir auch der Grund für die Reise der AfD-Delegation nach Washington klar. Die wollen dort die Auflösung der Westbindung schon mal auf´s Gleis heben.
Ok! Gut, dass es Maischberger und ihre Gäste gibt.
Satire Ende.

heinrich hein
1 Stunde her

Meines Erachtens war de Maiziere ein absoluter Versager in seinem Amt. Ich bewundere das Maß an Selbstbewusstsein, sich einzureden, man sei erfolgreich in seinem Leben gewesen und sich ins Fernsehstudio zu setzen und Ratschläge zu erteilen. Das sind ganz besondere Charaktere, die wir in den letzten 30 Jahren in der Politik vorfinden.

Aegnor
1 Stunde her

„doch die kognitive Dissonanz fällt niemandem auf.“ Bei den MSM gibt´s da keine kognitive Dissonanz. Für die stecken Putin und Trump doch eh unter einer Decke. Alles Nazis, außer Mutti. Oder besser Papa. A propos der Papa. Ist schon mal jemandem aufgefallen wie ähnlich sich Merz und Stromberg eigentlich sind? PS: Was die „Masseneinwanderung“ in die USA und den Migrationshintergrund aller (weißen) Amerikaner angeht, der von linker Seite immer so gern betont wird. Auch die Indianer haben den. Die kamen nämlich aus Asien. Und haben laut Archäologen erstmal ein riesiges Massenaussterben der hiesigen Fauna verursacht. Sonst haben sie zivilisatorisch relativ… Mehr

Haba Orwell
1 Stunde her
Antworten an  Aegnor

> Für die stecken Putin und Trump doch eh unter einer Decke.

Beide setzen sich für das jeweilige eigene Land ein und halten nichts vom Globalismus oder von der Wokeness.

Wilhelm Roepke
1 Stunde her

Gähn, Julia Ruhs sollte zu Tichys Einblick, apollo news oder NIUS wechseln. Da hätte sie mehr Zukunft. Sie ist zu jung für dieses tote Pferd ÖRR. Für die ältere Frau Maischberger dürfte es noch reichen, aber sicher bin ich mir auch nicht, denn so alt wie ihre Gäste ist sie auch noch nicht.

MartinKienzle
1 Stunde her

Die alliierte BRD – die Nichtregierungsorganisation (https://www.youtube.com/watch?v=UPJu7t5E9Mg) beweihräuchert sich in den sogenannten „Talkshows“ selbst, das Fremdscham auslöst!

humerd
1 Stunde her

Privilegierte mit üppiger Beamtenpension ausgestattet fordern Rentenkürzungen und große Teile der Bevölkerung applaudieren. In anderen EU Ländern gehen die Leute für ihre Rente auf die Straße. Deshalb gehen sie auch früher in Rente, haben ein höheres Rentenniveau und leben länger. Inzwischen ist die Lebenserwartung in Deutschland unter EU Durchschnitt.

teanopos
1 Stunde her

Die vollversorgten Beamten, die für den Niedergang Deutschlands und damit Europas verantwortlich sind, maßgeblich mitgemacht haben, dürfen ihre Visage immer wieder in die Kamera halten und immer wieder ihre Narrative und Sichtweise ausbreiten. Einfach so, ohne Konsequenzen.
 

Last edited 1 Stunde her by teanopos
alter weisser Mann
1 Stunde her

“ …. und zurück in die Rente.“
Na aber, der ist doch kein Renten-Plebs, der bezieht schön Pension.