Wasserstoff-Autos, Brennstoffzelle – das nächste große Ding nach der verpatzten Energiewende?

Wenn sie nicht weiter weiß, setzt die Politik auf Träume: Jetzt ist die Wasserstoff-Technologie dran. Bis jetzt rollten allerdings mit Wasserstoff betriebene Autos nicht sehr schwungvoll, die Industrie verpulverte Milliarden. Aber wen interessiert schon Technik beim Träumen?

imago Images/Sven Simon

Jetzt kann also nichts mehr schief gehen: Die Zukunft ist gesichert. Die Bundesregierung hat in ihrer inkommensurablen Weitsicht die Errichtung eines neuen Industriezweiges beschlossen. Ein neues Gewerbe, das sich sonst über Jahrzehnte hinweg mit vielen Rückschlägen entwickelt und häufig genug im Orkus der Geschichte entschwindet, wird jetzt – zack – aufgebaut.

Deutschland macht jetzt auf Wasserstoff, hämmert schnell mindestens neun Milliarden Euro hinein und will, dass möglichst rasch – zackzack – eine Wasserstoffinfrastruktur steht und Wasserstoffautos fahren. Zeitgleich werden Abteilungen von Batterieforschung eilig auf Wasserstoff umgeschichtet. Gestern top – morgen flop. So schnell kann eine gerade angestoßene Entwicklung wieder entsorgt werden, absonderlicher kanns in einem Ministerium nicht mehr zugehen.

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Energieversorgung über Wasserstoff – die ewige Zukunftsvision. Schon Jules Verne hat 1870 in seinem Zukunftsroman »Die geheimnisvolle Insel« Wasserstoff ins Spiel gebracht. 1898 gelang dem britischen Chemiker James Dewar in London Wasserstoff zu verflüssigen. 1933 baute Ingenieur Rudolf Erren, der 1929 einen »H2-Knallgasmotor« patentieren ließ, einige Otto- und Dieselmotoren für den Betrieb mit Wasserstoff um und sammelte erste Erfahrungen. In London kassierte er bei einer Testfahrt das erste Strafmandat für ein Wasserstoff-Fahrzeug: zu schnelles Fahren.

Im 18. Jahrhundert schon hatte der Namensgeber der elektrischen Spannung, der italienische Physiker Graf Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio Volta, mit Hilfe seiner voltaischen Säule, der Urform einer Batterie, die Elektrolyse von Wasserstoff vorgeführt. Er konnte nicht ahnen, dass 220 Jahre später ein Ministerpaar in Deutschland deren Tragweite entdecken sollte.

Euphorie und Ernüchterung

Nach dem sogenannten Ölschock 1973 geriet der Wasserstoff als Alternative für Benzin und Diesel in den Blickwinkel der Konstrukteure. »Eine genauere Betrachtung«, so resümiert 2004 der ehemalige Leiter bei der früheren Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e.V. (DFVLR) Prof. Walter Peschka nüchtern, »zeigt jedoch, dass von der zugeführten Energie im günstigsten Falle etwa 50 Prozent für den Fahrzeugantrieb zur Verfügung stehen, da ein Teil der von der Zelle gelieferten elektrischen Energie zur Aufrechterhaltung es Zellbetriebes, beispielsweise Kühlung, Luftvorverdichtung, Gasumwälzung uws. benötigt wird.« Zu hohe Energieverluste also. Auf die Euphorie folgt die Ernüchterung.

Die DFVLR hatte in den 1980er und 90er Jahren intensiv die Wasserstoffenergietechnik erforscht. Peschkas Schluss: »Nach wie vor ist daher die Verbrennungskraftmaschine für den Fahrzeugantrieb bezüglich Entwicklungsstand, Entwicklungspotential, Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit bei Herstellung und Betrieb kaum zu überbieten.«

Die Ingenieure in der Autoindustrie zeigten sich eher skeptisch, ob Wasserstoff an Bord eines Autos so gut zu handhaben wäre wie Benzin oder Diesel. Wasserstoff ist ein sehr reaktives Gas, greift Materialien und Wände an; es entstehen immer Nebenprodukte, die schwierig zu handhaben sind und damit den Umgang teuer machen.

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In Griesheim bei Darmstadt hatte 1901 Ernst Wiss zwar zum ersten Mal das kritische Wasserstoffgas in Stahlflaschen gespeichert, ohne dass es um die Ohren flog – aber in einem Auto? Aus der Raumfahrt bekannt und gut erprobt war die tiefgekühlte Speicherung des Wasserstoffs, sichtbar an den gefrierenden Wolken rund um eine startbereite Rakete. Für durch die Städte rollende Automobile eine nicht besonders praktisch Lösung.

Wasserstoff ist ein sehr leichtes Gas mit einem dreifach so hohen Energiegehalt wie Benzin – allerdings nur auf das Gewicht bezogen. Es benötigt viel Platz. Bedeutet: Mit einer Tankfüllung kommt man nicht so weit. Erst wenn das Gas gewaltig zusammengepresst oder tiefgekühlt und dadurch das Volumen erheblich verkleinert wird, wird es einigermaßen brauchbar. Doch das Zusammenquetschen bis auf gewaltige 700 bar kostet wiederum viel Energie.

Autoingenieur Dr.-Ing Dirk Spaniel, AfD-Verkehrssprecher und wohl der einzige Bundestagsabgeordnete, der mal einen Motor von innen gesehen hat, weist auf den erheblichen Aufwand und die Kosten hin: »Aufgrund der sehr geringen Dichte von Wasserstoffgas benötigt Wasserstoff eine enorme Kompression oder Kühlung, damit es in sinnvoller Energiemenge in einem Fahrzeug mitgeführt werden kann – beide Prozesse benötigen bei einer Verdichtung auf 700 bar mit 30 Prozent bereits einen großen Teil der chemischen Energie im Wasserstoff selbst.« Er sagt: »Dies sorgt für eine hohen Energieverlust der anfangs investierten Energie. Über die gesamte Prozesskette sind sogar Verluste von 75 Prozent der Erzeugungsenergie realistisch.« Das bedeutet, dass dreiviertel der eingesetzten Energie, mit der Wasserstoff erzeugt, verloren geht.

So rollt das Wasserstoff-Auto – wenn es rollt

Doch schon häufig wurde in der Vergangenheit verkündet, das Auto der Zukunft fahre mit Wasserstoff. Viele Konzepte wurden entwickelt – und wieder verworfen. Fast jeder Autohersteller hat schon Millionen an Entwicklungskosten in die Wasserstofftechnologie versenkt.

Den Entwicklern stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: Wasserstoff kann direkt in einem Ottomotor mit Luft verbrannt werden. Diese Variante wählten ab 1982 die Ingenieure bei BMW. Sie nutzten flüssigen Wasserstoff, um ihn im Ottomotor wie Benzin zu verbrennen.

Später, ab etwa 2000 – erprobten sie die Wasserstofftechnik in ihren Versuchsfahrzeugen mit »Hydrogen« und mussten erst einmal den Tank extrem gut und aufwendig isolieren. Eine Tasse Kaffee wäre darin erst nach drei Monaten kalt geworden. Der Wasserstoff befeuerte dann als Brennstoff direkt einen veränderten Zwölfzylindermotor. Doch die Entwickler bekamen die Materialprobleme nicht zu vertretbaren Kosten in den Griff.

BMW entwickelte auch Tanks mit sogenannten Metallhydriden und nutzte dabei den Effekt aus, dass Metalle Wasserstoff zwischen ihre Atome einlagern können. Diese Prozesse allerdings liefen zu langsam ab. 2009 verlor dann BMW den Glauben an den Wasserstoffantrieb und stellte die Versuche ein.

Eine zweite Möglichkeit der Autoentwickler: Wasserstoff reagiert in einer Brennstoffzelle mit Sauerstoff aus der Luft. Dabei entsteht Strom, der einen Elektromotor speist. Dieser Elektromotor wiederum treibt das Auto an.

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Der Entdecker der Brennstoffzelle, Sir William Grove, Richter in London und zugleich Physiker, entwickelte vor über 160 Jahren ein Element, das mit zwei Metallen in einer Säure Strom erzeugte. Die sogenannte »kalte Verbrennung«, bei der aus der Oxidation von Wasserstoff elektrischer Strom entsteht – im Gegensatz zur heißen Verbrennung im Kessel eines Kraftwerkes, bei der Strom über die Umwandlung von Wärme in Kraft erzeugt wird.

Diese Technologie konnte allerdings erst 120 Jahre später weiter entwickelt werden, als neue Materialien zur Verfügung standen. Besonders kritisch eine hauchdünne Kunststoffmembran, die in der Zelle dafür sorgt, dass Wasserstoff und Sauerstoff sich nicht vermischen, sondern nur positiv geladene Wasserstoff-Ionen durchlässt. Für die negativ geladenen Elektronen ist die Membran jedoch undurchlässig. Diese negative Ladung fließt in den Stromkreis und treibt den Elektromotor an.

Jede Brennstoffzelle erzeugt eine Spannung von etwa einem Volt. Im Auto reicht diese Leistung bei weitem nicht aus. Mehrere Zellen werden in sogenannten „Stacks“ hintereinander geschaltet. Die Zelle allerdings wird sehr heiß und benötigt eine sehr effektive Kühlung. Besonders kritisch für die Kunststoffmembran, die aufheizt und wieder abkühlt. Dieses zentrale Bauteil der Brennstoffzelle ist zudem den kritischen Nebenprodukten ausgesetzt, die immer bei Reaktionen mit Wasserstoff entstehen. Bisher deutet nichts daraufhin, dass jemand diese Probleme in den Griff bekommen hat. Der Prozess funktioniert zwar, doch diese Membranen altern. Gut geht anders.
Es müssen überdies beachtliche Mengen des kostbaren Edelmetalls Platin eingebaut werden, das als Katalysator wirkt.

Schon 1966 hatten Entwickler bei General Motors einen Kleinbus mit Brennstoffzellentechnik vollgepackt und ausprobiert. 240 Kilometer konnte der drei Tonnen schwere Electrovan mit maximal 110 Kilometer pro Stunde fahren.
Bei Opel gelang es Ingenieuren, die Brennstoffzelle und ihre Nebenaggregate so zu verkleinern, dass sie in ein normales Auto passten. Sie bauten beispielweise eine Brennstoffzelle in den Zafira HydroGen1 ein und stellte ihren Hydrogen3 auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) 2001 vor. 200 Zellen zusammengepackte Brennstoffzellen erzeugten eine Dauerleistung von 94 kW, der Elektromotor lieferte 82 PS. Die Opel-Entwickler liessen ihr Modell Hydrogen1 durch die heiße Wüste von Arizona fahren, den Nachfolger HydroGen3 über 10.000 Kilometer quer durch Europa von Hammerfest hoch in Norwegens Norden bis nach Lissabon und bewiesen damit, dass die Technik bei Hitze und Kälte robust funktionierte.

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Der damalige verantwortliche Ingenieur Volker Rothe von der Adam Opel AG lobte: »Das Typische vom Brennstoffzellenauto ist ja, dass wir einen Elektromotor drinhaben. Wir haben keinerlei Schaltvorgänge mehr im Fahrzeug, der Elektromotor zeichnet sich durch ein sehr gutes Drehmomentverhalten aus, die Beschleunigung ist wunderbar, von Null ab bis zum Maximalwert, den der Motor erreicht, und dieses typische Ruckeln, das auch beim Automatikgetriebe noch vorhanden ist, fehlt bei diesem Fahrzeug vollkommen.«

Opel betonte damals eigens, die Wasserstofftanks seien sicher. Es gab in Deutschland allerdings nur zwei Wasserstofftankstellen, und es hieß, dass bis 2010 rund 2.000 Wasserstofftankstellen in Deutschland errichtet werden sollten. Doch heute sind keine 100 installiert.

Carl-Peter Forster, der damalige Opel-Vorstandsvorsitzender äußerte sich überschwenglich: »Es ist unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit sich Größe und Komplexität dieses Antriebssystems Schritt für Schritt reduzieren lässt. Und wir sehen da also auch noch erhebliches Verbesserungspotential. Wir glauben, dass dieses Thema in ein paar Jahren doch so weit kommt, dass man auch durchaus mal an eine Serienfertigung denken kann. General Motors und Opel ist da weltweit führend.«

NECAR – ein Versuch scheitert

Das erste bei Mercedes mit Wasserstoff-Brennstoffzellen angetriebenen Versuchsauto NECAR fuhr bereits 1992 in Ulm. Die Technik war in einen kleinen Transporter eingebaut. Es fuhr zwar, doch so richtig überzeugend war keiner der Versuche. Ein Auto muss im Verkehr rasch anfahren, beschleunigen und wieder anhalten können. Das passt nicht gut zu einer Brennstoffzelle, die eher gleichmäßig geringen Strom liefert und sich nicht gut regeln lässt. Deshalb liefert sie ihren Strom erst einmal in einer schweren Zwischenbatterie zum Puffern ab.

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Ingenieur Dirk Spaniel, der seine Doktorarbeit über Brennstoffzellenfahrzeuge geschrieben hatte: »Die Wasserstoffbrennstoffzelle besitzt ihren höchsten Wirkungsgrad bei einer niedrigen Leistungsdichte. Dies würde eine enorm große Brennstoffzelle erfordern, um den durchschnittlichen Energiebedarf im Fahrbetrieb eines PKW energetisch sinnvoll zu decken.«

»Stattdessen werden Lastspitzen bei der Fahrzeugnutzung wie beim Anfahren, Bergauf fahren und bei Höchstgeschwindigkeit durch Strom aus einer Batterie ausgeglichen. Somit wird zusätzlich eine große Akkubatterie benötigt, die abermals das Systemgewicht des PKW erhöht. Als anschauliches Beispiel dient der Toyota Mirai, der erste Wasserstoff-Brennstoffzellen Serienwagen von Toyota. Er kostet circa 80 000 Euro, sehr viel verglichen mit seinem Hybrid Verbrenner-Schwestermodell (Corolla) für ungefähr 30 000 Euro.«

Mercedes hat denn auch in diesem Jahr die Produktion seines einzigen Fahrzeuges mit Brennstoffzellentechnologie eingestellt. Von dem GLC F-Zell werden nach etwa 3.000 Exemplaren keine weiteren gefertigt. Nur an ausgesuchte Kunden wurde er verleast, kaufen konnte man ihn nicht. Mercedes setzt fortan auf mit Batterien betriebene elektrische Fahrzeuge.

Asiatische Modelle mit der Zelle

Somit gibt es derzeit auf dem deutschen Markt nur zwei Brennstoffzellenfahrzeuge zu kaufen – beide aus asiatischer Produktion. Neben dem Toyota Mirai ( japanisch für »Himmel« ) liefert Hyundai seit Sommer 2018 seinen NEXO mit Brennstoffzelle und Elektromotor auf dem europäischen Markt aus. Preis: ab 69.000 Euro. Der Wagen ist dafür gedacht, einer umweltbewussten Kundschaft den Brennstoffzellenantrieb schmackhaft zu machen. Der südkoreanische Autohersteller Hyundai hofft, die Kosten für Brennstoffzellenfahrzeuge deutlich senken zu können, bereits 2025 sollen die Wagen nur noch so viel kosten wie Elektrofahrzeuge mit Batterieantrieb. Bis zum Jahre 2030 wollen die Südkoreaner die Produktion von derzeit 13.000 NEXO auf 500.000 pro Jahr gesteigert haben.

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Das Brennstoffzellensystem im NEXO erzeugt die elektrische Energie, die in eine schwere Lithium-Ionen-Polymer-Hochvoltbatterie im Kofferraum neben den Wasserstofftanks geleitet wird. Der Wasserstoff wird in drei kleineren Tanks im Heck aufbewahrt. Auch Hyundai versichert, dass diese Tanks bei schweren Unfällen nicht aufreißen. Beruhigend die Warnhinweise: »Versuchen Sie nicht, den Tank oder dazugehörige Anbauteile aus dem Fahrzeug auszubauen.« Brand und Explosionsgefahr drohen.

Bei einem Unfall mit einem Brennstoffzellen-Fahrzeug möchte man allerdings kaum rettender Feuerwehrmann sein ebensowenig wie bei einem reinen Elektroauto. 400 Volt führen die stromleitenden Teile von der Brennstoffzelle bis zum Elektromotor.
Die vorgesehenen Rettungspläne für die Feuerwehr bei einem Unfall lesen sich etwas gewöhnungsbedürftig: »Der NEXO wird mit Gleichstrom mit einer Spannung von ca. 250 – 450 V und mit unter hohem Druck stehenden Wasserstoffgas betrieben. Beachten Sie stets die untenstehenden Sicherheitsvorkehrungen. Nichtbeachtung dieser Sicherheitsvorkehrungen kann zu schweren Verletzungen oder zu Stromschlägen führen!« So dürfen die Feuerwehrleute mit ihren Rettungsscheren auf keinen Fall die gasführenden Leitungen vom Kofferraum nach vorn zum Motorraum durchtrennen.

Hochempfindliche Sensoren im Inneren des Autos und um den Tank erkennen, ob irgendwo Wasserstoff durch ein Leck austritt. Sie sind in der Lage, weniger als ein Prozent Wasserstoff in der Luft zu erkennen. Dann wird die Wasserstoffzufuhr oder sogar die gesamte Brennstoffzelle automatisch abgeschaltet.

Mit einer Tankfüllung soll man 666 Kilometer weit kommen, gibt Hyundai an. Der Wasserstoff wird an den Tankstellen bei minus 253 Grad tiefgekühlt gelagert, Pumpen pressen ihn beim Tankvorgang auf 900 bar, teilweise bis zu sagenhaften 1.000 bar in einen Zwischenspeicher. Das System absolviert beim Tanken einen Dichtheitstest, presst dann Wasserstoff über fünfstufige Verdichter in etwa drei Minuten in den Autotank. Dort herrschen dann 700 bar – 350 mal so viel wie der Druck in einem Pkw-Reifen.

Spaniel: »Nicht nur die Energieverluste bei der Kompression sind problematisch, sondern auch die technischen Voraussetzung zur Lagerung von Wasserstoff in einem PKW-Tank. Die hohe Kompression bei ungefähr 700 bar erfordert massive Carbon/Metall-Tankanlagen, die teuer, voluminös und schwer sind. Das alles erhöht die Kosten, Energieaufwand und Herstellkomplexität und ist somit kein geeigneter Weg für die zukünftige, bezahlbare Massenmobilität.«

Total Deutschland GmbH und Linde AG bauen mit ihrem Gemeinschaftsunternehmen H2 Mobility das Tankstellennetz aus. Die EU bezahlt in ihrem sogenannten Projekt Connecting Hydrogen Refuelling Stations (COHRS) mit. Ziel: 100 Wasserstoff-Tankstellen in diesem Jahr.

Geschäft mit dem Service

Die hochfliegenden Pläne einer Wasserstoffoffensive aus Berlin treffen zumindest auf die Zustimmung der Kfz-Betriebe, hoffen sie damit auf ein gutes Geschäft. Die Wartungskosten unter anderem für den regelmäßigen Austausch der Kühlflüssigkeit der Brennstoffzelle unter hochreinen Bedingungen alle 10.000 km sind recht hoch.
Es werden neue Fachkräfte gebraucht, die mit den Hochvolt-Batterien umgehen können. Mir gegenüber klagte einmal ein Ausbildungsleiter für den Kfz-Nachwuchs, dass allerdings Grundbegriffe wie zum Beispiel das Ohmsche Gesetz Fremdwörter seien. Keine guten Voraussetzungen für den Umgang mit gefährlichen Hochvolt Batterien.

Welche Energie und Antriebsformen sich künftig durchsetzen werden, ist also alles andere als beschlossen. Sie wird auch kaum auf Anordnung aus irgendwelchen Politbüros entschieden werden können, sondern muss ihre Vorteile gegenüber der bisherigen Technik auf dem freien Markt beweisen.

Falsche Strategie
Mit der Elektromobilität gescheitert: VW-Chef Herbert Diess ist entmachtet
Wasserstoffexperte Spaniel ist skeptisch: »Der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur würde tausende Kilometer hochlegierten, hoch druckfesten Edelstahls benötigen. Diese Kosten hierfür dürften mehrere hundert Milliarden Euro betragen. Das ist aus unserer Sicht eine unverantwortliche Verschwendung von Volksvermögen sollte dies subventioniert erfolgen. Wenn dies nicht subventioniert wird, ist die privatwirtschaftliche Umsetzung einer Wasserstoffinfrastruktur umzulegen auf die Energiepreise für den Endnutzer und damit nicht zu erwarten.«

Der entmachtete Volkswagen-Chef Herbert Diess erklärte noch im vergangenen Jahr auf der Internationalen Automobil Ausstellung IAA in Frankfurt eine Wasserstoff-Strategie für »Unsinn«. Die Erzeugung des Gases aus Kohlekraftwerksstrom und Elektrolyse sei »keine relevante Option für den Antrieb von Autos« ebensowenig wie aus »erneuerbaren Energien« erzeugter Wasserstoff. Er setze auf elektrische Fahrzeuge mit Batterien.

In den Anfangszeiten des Automobils sahen die elektroangetriebenen Gefährte gut aus. Der Elektroantrieb ist einfach und unkompliziert zu bedienen im Gegensatz zu den knatternden und komplizierten Motorwagen des automobilen Aufbruchs. Gottlieb Daimler, gemeinhin als Erfinder des Automobils bezeichnet, schätzte, dass insgesamt nicht mehr als 5.000 Autos verkaufbar wären. Es fehle an geeigneten Chauffeuren, die mit dem damals noch sehr komplizierten Gerät umgehen konnten.
Doch mit zum Erfolg des Systems »Auto« trugen zudem sinnreiche Erfindungen wie der elektrische Anlasser bei, der die mühselige Anlassprozedur mit der Handkurbel ersetzte. Die kostete viele gebrochene Finger. Die Bedienung wurde einfacher, das Auto dank Henry Fords Fließband billiger und die holprigen Schotterwege dank Autobahnbau geeignet für einen Autoverkehr. Erst ein solches System mit zusätzlicher flächendeckender Treibstoffversorgung erlaubte die weitgehende individuelle Mobilität in ihrer heutigen Ausprägung.

Kernkraftwerke für die E-Autos?

Der Elektroantrieb scheiterte jedoch an der mangelnden Energievorräten in Batterien. Das hat sich bis heute nicht geändert. Mit dem Energievorrat von ein paar Litern Benzin oder Diesel dagegen fährt ein Auto deutlich weiter.

„Hysterisierung der Politik“
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Bleibt am Schluss noch die große Frage: Wo soll der Energieträger Wasserstoff herkommen? Sicherlich nicht von irgendwelchen Windrädern oder Fotovoltaikanlagen. Die liefern erheblich zu wenig. Sicherlich wird auch nicht jene vielgepriesene Elektrolyse als Quelle für die Wasserstofferzeugung infrage kommen. Dazu ist dieser Prozess zu ineffektiv.

Nur eine Wasserstoffproduktion auf chemischer Basis erlaubt effektive und wirtschaftliche Prozesse. So wird bereits jetzt Wasserstoff aus der sogenannten mithilfe der sogenannten Dampfreformierung bei hohen Temperaturen aus Erdgas hergestellt.

Nun bietet die Natur noch eine elegante Variante. Mithilfe der chemischen Reaktion Schwefelsäure-Jod lassen sich sehr effektiv hohe Mengen an Energie umwandeln. Fehlt nur noch am Anfang der Kette eine Energiequelle eine Quelle, die sehr hohen Energiemengen locker liefert.

Da wiederum gibt es nur eine Quelle: die Kernkraft. Das war denn auch die richtige Idee der frühen Wasserstoffbefürworter: Hochtemperaturreaktoren erzeugen preiswert Wasserstoff als Energieträger.

Die Wasserstofftechnologie insgeheim als Wiedereinführung der Kernkraft? Denn nur so wäre eine Wasserstoffwirtschaft sinnvoll. Aber dem stehen die Grünen im Weg. Kein Ausweg also für die Zukunft in Deutschland.

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Kommentare ( 35 )

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Werner Geiselhart
3 Jahre her

Die „grüne Wasserstoffstrategie“ von Altmeier hat keinen anderen Sinn wie die Totalverspargelung Deutschlands mit Windmühlen und damit die totale Landschafts- und Naturzerstörung zu rechtfertigen. Die Versorgung eines Prozesses von niedrigem Wirkungsgrad mit Energie erfordert die zigfache Menge an Lieferanten wie PV und Wind, um die Umwandlungsverluste zu kompensieren. Die „Erneuerbaren“-Lobby dürfte derzeit damit beschäftigt sein, genügend Schampus zu besorgen, um ihren Erfolg auf ganzer Linie zu feiern. Und natürlich fährt die Industrie voll auf dem Nachhaltigkeitszug mit, wer will sich schon ein Geschäft entgehen lassen. Ob ihre Freude so berechtigt ist, na ja. Da fällt mir das leicht abgewandelte, etwas… Mehr

Onan der Barbar
3 Jahre her

„Auch Hyundai versichert, dass diese Tanks bei schweren Unfällen nicht aufreißen.“ Selbst wenn die Wagen für die Generation Bettnässer auf eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h abgeregelt werden (was der tatsächlich extrem frauenfeindliche Feminismus dann als „frauengerecht“ verkaufen wird, wie es Volvo jetzt bereits begonnen hat), ist das Worst-Case-Szenatio immer noch der Frontalzusammenstoß eines solchen Wagens mit einem nichtabgeregelten Verbrenner, etwa bei sog. Geisterfahrern. Relativgeschwindigkeiten von 200 – 250 km/h sind da einzukalkulieren. Dass ein Tank, der massiv genug ist, um 700 bar standzuhalten, unter diesen Bedingungen weder undicht wird noch sich aus den Verankerungen löst und wie ein Geschoss davonfliegt,… Mehr

Wolfgang Richter
3 Jahre her

Immerhin ist die Merkel-Truppe nun auch noch um einen Grün-Wasserstoff-Beauftragten erweitert worden, sicher ausgestattet mit Mitarbeiterstab und was man sonst so braucht, bis hin zum Wagenpark und Chef-Fahrer. Besoldet vermutlich irgendwas mit „B“, nicht der Fahrer, der „Beauftragte“. Somit klappt zumindest die Nach-Corona-Beschäftigungs-initiative der uns Regierenden, um ein paar Leuten aus dem Kreis der Neu-Arbeitslosen zu einem Job zu verhelfen.

mlw_reloaded
3 Jahre her

Zunächst sind Wasserstoff, Brennstoffzelle und Synfuels ja eine tolle Sache. Nur eben nicht heute, nicht mit fossilen oder wetterbasierte Brennstoffen. Und auch nicht mit Kernspaltung, viel zu teuer und gefährlich. Warten wir ab bis next-gen Kernkraftwerke oder Fusion zur Verfügung stehen. Also Strom im Überfluss. Dann kann man all diese technischen Optionen wieder auskramen.

Teufelskralle
3 Jahre her

Hat schon jemand darüber nachgedacht, überschüssige Elektroenergie in Form der Trennung von Luft in Stickstoff und Sauerstoff zu speichern und die Energie mit dem Prinzip der Lambdasonde zurückzugewinnen? Die Energieträger wären jedenfalls deutlich weniger gefährlich. Endprodukt der Energierückgewinnung wäre Luft. Für die Lufttrennung könnte die Umkehrung des Prinzips der Lambdasonde genutzt werden, so dass eine entsprechende Anlage zwischen Energiespeicherung und Energiegewinnung hin und her geschaltet werden könnte. Ist nur mal so eine Idee.

Talleyrand
3 Jahre her

Die Leistung einer solchen Zelle ist m.W. immer noch dadurch begrenzt, dass Betriebstemperaturen über 100 Grad zum Austrocknen und Zerstörung der Membran führen. Die Leistung der Zelle ist exponentiell abhängig von der Betriebstemperatur. Bei z.B. 120 Grad wäre schon doppelt soviel Leistung erreicht. Das hält die Standard – Nafion Membran aber nicht durch. Leider wurde die Entwicklung neuartiger Membranen nicht entsprechend vorangetrieben. Patentanmeldungen mit machbaren Lösungen gibt es genug, Umsetzungen leider kaum.
Immerhin kommt eine solche Zelle ohne Wasserstoff aus, Methanol ist billig und überall über die bestehende Infrastruktur leicht verfügbar zu machen.

Sagen was ist
3 Jahre her

Zur Ergänzung eine kurze Erläuterung des LOHC Konzepts:

https://www.zdf.de/wissen/deutscher-zukunftspreis/dzp-2018-wasserstoffspeicher-100.html

Donostia
3 Jahre her
Antworten an  Sagen was ist

Sehr interessant. Das würde das Problem der Speicherung und Infrastruktur lösen. Was mir in diesem Bericht allerdings fehlt ist der Preis für 1L H2- Flüssigkraftstoff und die Reichweite fürs Auto. Wieviel Liter H2- Flüssigkraftstoff wird gebraucht um 100km fahren zu können? Bei gleichem Auto könnte man dann den Verbrauch und die Kosten vergleichen (Bereinigt durch Steuern Abgaben etc). Auch zu beachten ist, dass die „Pfandflasche“ auch noch einen zweiten Tank benötigt. Beim Tanken wird der Trägerstoff wieder zurückgeführt und H2- Flüssigkraftstoff wieder aufgetankt. Müsste also zwei Tanks benötigen so wie ich das verstanden habe. Schöne Technik wie auch Elektromobilität aber… Mehr

Donostia
3 Jahre her

Zunächst finde ich es ja gut, dass verschiedene Technologien untersucht und erforscht werden. Man muss aber eine Wirtschaftlichkeitsrechnung präsentieren um dann einen Rückschluss zu führen ob eine Technologie flächendeckend eingeführt werden soll. Das machen die Automobilhersteller mit Sicherheit. Auch Vor- und Nachteile müssen vergleichen und diese auch preislich bewertet werden. Auch vernünftige KO- Kriterien müssten eingeführt werden um zu einem Ergebnis zu kommen (Wenn eine Technologie die günstigste ist ich damit aber nur 1km fahren kann und dann 5 Minuten brauche zum auftanken, dann wäre das ein KO- Kriterium). Die Herstellung der Elektroautos ist heute teurer als vergleichbare Autos mit… Mehr

Sagen was ist
3 Jahre her

LOHC übersehen?

Siehe:

https://www.deutscher-zukunftspreis.de/en/team-3-2018

Zitat:

„Die von den Nominierten entwickelten Wasserstoffspeichertechnologie
bietet Vorteile für die stationäre Energiespeicherung, den Transport
regenerativer Energie und neue Formen der Mobilität: Da sich die Träger-
flüssigkeit problemlos wie ein heutiger Kraftstoff handhaben lässt, kann
dafür die vorhandene und bewährte Infrastruktur an Tankschiffen, Kessel-
und Tankwagen sowie Tankstellen genutzt werden. Weder der teure Aufbau
einer neuen Versorgungsinfrastruktur ist nötig noch eine aufwendige Kühlung
Kompression des Wasserstoffs.“

Diskussionswürdiger Ansatz.

Anti Left
6 Monate her
Antworten an  Sagen was ist

Ja klar, da greift wieder jemand Subventionen ab.

Biskaborn
3 Jahre her

Nur kurz zum Thema Herstellung des Wasserstoffs. In der aktuellen Auto, Motor und Sport wurde das Thema Brennstoffzellenfahrzeug sehr positiv dargestellt. Der Autor meinte lapidar, der hohe Energieaufwand für die Gewinnung des Wasserstoffs liese sich einfach lösen durch Aufstellen von noch mehr Windrädern. Damit war dieses Problem für ihn gelöst. Noch Fragen? Ähnlich denken sicher unsere Grünen Politiker und schwärmen nun vom Wasserstoff als neuen Heilsbringer. Kernkraft spielt da keine Rolle.