Elektromobilität: Mehr Schein als Sein

Liest man aktuelle Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu Erstzulassungen, scheint Deutschland einen E-Auto-Aufschwung zu erleben. Laut Verbandschef Thomas Peckruhn handelt es sich häufig um Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler, Flottengeschäfte oder taktische Maßnahmen – nicht aber um echte Kundennachfrage.

picture alliance / imageBROKER | Christopher Tamcke

Mit Statistiken ist es stets heikel: Die Politik betreibt Cherry-Picking, wenn vermeintlich harte Fakten eigene Entscheidungen untermauern sollen. Besonders grotesk erscheint die statistische Streckgymnastik, wenn sich grüne Lieblingsprojekte wie die Elektrifizierung der Mobilität mit der Realität verkanten.

Die Politik verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2030 sollen 15 Millionen vollelektrische Pkw (BEV) über Deutschlands Straßen surren. Doch Autokäufer stellen sich quer: Derzeit sind lediglich 1,8 Millionen der 49,4 Millionen Pkw elektrisch unterwegs – das Ziel ist also schon jetzt unerreichbar. Die Automobilwoche rechnet in ihrem Basisszenario für das Segment mit etwa 6,1 Millionen BEV bis 2030, im pessimistischen Fall gar nur mit 4,7 Millionen.

Damit ist klar: Die politischen Zentralplaner scheitern erneut an der Wirklichkeit – trotz Fördermaßnahmen und steuerlicher Privilegien. Verschärft wird die Lage durch die strukturelle Krise der deutschen Autoindustrie, die hohen Energiepreise, ein Übermaß an Regulierung und den wachsenden Druck internationaler Wettbewerber wie BYD aus China oder Tesla aus den USA.

Branche unter Druck

Dass auch dieser subventionierte Teilbereich der grünen Transformation zum Scheitern des Green Deal beiträgt, ist für jeden offensichtlich, der sich mit den aktuellen Zahlen der deutschen Automobilindustrie auseinandersetzt. Monat für Monat melden die deutschen Autobauer, unabhängig vom Absatzmarkt und Antriebssegment, Zahlen, die den dramatischen Rückgang der Branche dokumentieren. Seit dem besten Jahr 2018 ist die Produktion um bis zu 20 Prozent eingebrochen.

Dies hat direkte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Allein in den zurückliegenden 12 Monaten gingen rund 51.500 Stellen verloren. Insgesamt wurden seit 2019 etwa 245.000 Arbeitsplätze in der Industrie gestrichen, wobei die Kfz-Branche den größten Blutzoll im Namen des grünen Wirtschaftswunders leisten musste.

Auch das E-Auto-Segment, das mit Sonderabschreibungen und diversen Unterstützungsleistungen zum Aufbau der Ladeinfrastruktur unterstützt wird, weist in dieselbe Richtung: gen Süden.

Kalte Dusche

Mitte Juli 2025 vermeldete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) euphorisch einen neuen Höchstwert bei den Elektroauto-Neuzulassungen: 248.726 Batterie-Pkw wurden im ersten Halbjahr zugelassen – mehr als im Vorjahr (184.125) und sogar höher als im bisher stärksten Jahr 2023 (220.244). Der Marktanteil bei Neuzulassungen stieg auf 17,7 Prozent (Diesel 15 Prozent), lag aber weiterhin hinter Benzinern (28,3 Prozent). Auf den ersten Blick scheint Deutschland einen E-Auto-Aufschwung zu erleben, eine Sonderkonjunktur mitten in der Rezession.

Doch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) warnt: Die Realität im Handel, also dort, wo das Tagesgeschäft abgewickelt wird, stelle sich anders dar. Die Nachfrage privater Käufer sank im Vorjahresvergleich um neun Prozent auf 82.294 Fahrzeuge, während Eigenzulassungen von Herstellern und Händlern auf 65.401 stiegen und sich damit teilweise vervierfachten.

Die Autohäuser berichten von stagnierenden gewerblichen Zulassungen, angespannter Geschäftslage und wachsenden Vorbehalten gegenüber E-Fahrzeugen. Der vermeintliche Boom entpuppt sich als Illusion.

ZDK-Präsident Thomas Peckruhn warnte mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im E-Auto-Segment vor statistischen Scheinerfolgen. Die Geschäftssituation vieler Autohäuser und Kfz-Betriebe sei deutlich angespannter, als es die offizielle Zulassungsstatistik vermuten ließe. In der Realität handelte es sich bei den Verkaufszahlen im Elektrosegment häufig um das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler, Flottengeschäften oder taktischen Maßnahmen – nicht aber um echte Kundennachfrage im Handel, so Peckruhn.

Erfolg ein statistisches Konstrukt

Damit benennt Peckruhn den Kern des Problems: Die vermeintlichen Erfolge bei den Elektro-Neuzulassungen sind in Wahrheit zu einem großen Teil statistische Konstrukte.

Unter einer Eigenzulassung versteht man die Praxis, dass Hersteller oder Händler Fahrzeuge selbst anmelden, um sie später als „junge Gebrauchte“ mit Preisnachlass absetzen zu können – in der Statistik wirkt diese Transaktion wie tatsächliche Nachfrage im Privatkundengeschäft.

Flottengeschäfte verzerren das Bild gleichermaßen: Große Bestellungen durch Konzerne oder staatliche Einrichtungen wecken den Eindruck von Marktdynamik, sind aber nicht selten politisch motiviert oder dienen steuerlich-bilanzieller Optimierung.

Peckruhn verweist zudem auf taktische Tricks der Hersteller: Massenzulassungen zum Quartals- oder Jahresende dienen oft der Erfüllung politischer CO₂-Vorgaben – Strafzahlungen lassen sich so elegant umgehen, während die Statistik einen Boom vorgaukelt.

E-Auto-Privilegien

Um dem lahmenden Segment Beine zu machen, greift der Staat tief in die Instrumentenkiste. Besonders lukrativ ist die steuerliche Regelung für Dienstwagen: Elektrofahrzeuge bis 100.000 Euro Listenpreis werden nur mit 0,25 Prozent des geldwerten Vorteils versteuert – ein klarer Vorteil vor allem für teurere Modelle.

Unternehmen, Selbstständige und Mittelständler profitieren zusätzlich von großzügigen Sonderabschreibungen, die es erlauben, bis zu 75 Prozent der Anschaffungskosten bereits im ersten Jahr steuerlich geltend zu machen.

Parallel dazu bleibt die Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035 bestehen. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Investitionszuschüsse für Ladeinfrastruktur im privaten wie im gewerblichen Bereich, ein bevorzugter Zugang zu Förderkrediten der KfW sowie staatliche Kaufprämien, die bis 2024 je nach Modell mehrere tausend Euro betrugen, dann jedoch aus fiskalischen Gründen gestrichen wurden.

Die Politik hat in Teilen einen ein Pseudo-Markt kreiert, der ohne staatliche Zuschüsse kaum bestehen könnte. Nach Jahren hoher Inflation sitzen viele Haushalte auf leeren Geldbeuteln – teure Anschaffungen wie Autos werden verschoben oder ganz gestrichen.

Ausblick und Kritik

Die Kfz-Branche drängt in ihrer Not auf sinkende Strompreise, einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur und mehr Transparenz bei den Ladetarifen. Laut ZDK-Präsident ließe sich dies über die versprochene Senkung von Stromsteuer und Netzentgelten realisieren.

Für das zweite Halbjahr 2025 rechnet die Mehrheit der Autohäuser und Kfz-Betriebe mit einem weiteren Rückgang der Geschäftslage: Unter den Großbetrieben sind es 54 Prozent, im mittleren Segment 44 Prozent, die mit einem Umsatzrückgang rechnen.

Während bei den Neufahrzeugbestellungen im Bereich der Benzin- und Dieselmodelle nach jahrelangem Abschwung eine Bodenbildung möglich scheint, bleibt die Lage am E-Markt geprägt von politischer Unsicherheit und einer Zurückhaltung im Privatkundengeschäft. Ohne massive Subventionen bleibt der angebliche Boom eine Illusion. Ein Armutszeugnis für das ehemalige Autoland Deutschland.

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Kommentare ( 19 )

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19 Comments
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Peterson82
2 Monate her

Es werden nur ca. 18% aller E-Autos die in China vom Band rollen ins Ausland exportiert. Es ist daher eher nicht so, dass man hier versucht das Ausland wie bei den Solarzellen zu überrollen. Das ist auch nicht nötig, denn die Kernkompetenz, sowohl was Zellforschung und Bau angeht liegt bereits bei den Chinesen. Genauso wie diese schon seit Langem völlig akzeptable Autos bauen können. Es mag zwar stimmen dass China gefühlt wöchentlich Kohlemeiler baut, das allerdings ist nur die halbe Wahrheit. Der Anteil der regenerativen Energie ist allein in den letzten 4 Jahren nochmal um weitere 3% angestiegen, was für… Mehr

Greif
2 Monate her

Eins der wesentlichen Probleme der „E-KFZ“ dürfte vom fehlenden Energiespeicher verursacht sein. Der hier bevorzugte Speicher in Form eines wiederaufladbaren galvanischen Elements wurde zwar seit einer Erfindung vor gut 200 Jahren beachtlich weiterentwickelt – allerdings nicht in dem Maß, dass er mit den Kraftstoffen im Tank der Gegenwart mithalten könnte. Damit bleibt ein von einer Batterie gespeistes Gefährt auf wenige Anwendungen spezialisiert. Wenn auch auf der Positivseite „elektrisches Fahren“ sehr angenehm ist wiegt das die negativen Eindrücke nicht auf. Von der pionierhaften Aussicht auf die nächste Lademöglichkeit bis zur ungewissen Reichweite, die sich mit jeder Steigung und Wetterwechsel dramatisch ändern… Mehr

bkkopp
2 Monate her

Die kurzfristigen Verkaufs- oder Zulassungszahlen haben immer nur eine sehr beschränkte Aussagekraft. Am Ende zählt was Jahr für Jahr im Bestand fährt. Dabei ist interessant zu bemerken, dass über viele Jahre akkumuliert immer mehr BEVs verkauft und/oder angemeldet wurden, als dann Jahre später im Bestand zu finden sind. In der Statisitk scheinen BEVs mit 4-5 Jahren nur eine sehr kurze, und damit sehr teure Lebensdauer zu haben. Letzteres muß nicht ganz stimmen, weil es zumindest zeitweise möglich war in D mit Förderprämie ein Auto zu kaufen, dieses dann mit Gewinn ins Ausland weiterzuverkaufen. Auch sonstige Gebrauchtwagenverkäufe ins Ausland, oder Verschrottungen… Mehr

AM
2 Monate her

Die beiden größten Subventionen werden leider nicht bzw. nur am Rande erwähnt: Die EU-CO2-Strafzahlungen und die unterschiedliche Besteuerung von Strom gegenüber Benzin. Für jedes BEV bekommt ein Hersteller CO2-Strafgelder von mehr als 10000 Euro erlassen (netto, also + MwST), die er für Verbrenner sonst zahlen müßte. Praktisch ist das eine Geldverschiebung vom Verbrenner zum BEV. Eine grobe Überschlagsrechnung ergibt Steuern/Abgaben von 2 Cent/km für Strom, 4 Cent/km für Diesel und 6 Cent/km für Benzin. Auch hier kommt über ein Autoleben einiges zusammen. Sollte es tatsächlich mal nur noch BEVs geben, muß der Staat das natürlich anderweitig kompensieren, über Maut o.ä.… Mehr

Fulbert
2 Monate her

„Die Autohäuser berichten von stagnierenden gewerblichen Zulassungen, angespannter Geschäftslage und wachsenden Vorbehalten gegenüber E-Fahrzeugen. Der vermeintliche Boom entpuppt sich als Illusion.“ Bei allen berechtigten Vorbehalten gegenüber E-Fahrzeugen, meine persönlichen Erfahrungen sind anders. Der von mir favorisierte gebrauchte E-Kleinstwagen (wird nicht mehr gebaut) als Zweitfahrzeug für den Nahbereich geht bei dem Vertragshändler vor Ort seit über einem halben Jahr offensichtlich zu stabilen Preisen an den Mann. Zumindest verschwinden die Angebote regelmäßig bei Erreichen eines bestimmten Preisniveaus aus der Liste. Bei einer Probefahrt und dem anschließenden Gespräch war beim Verkäufer keinerlei Verkaufsdruck oder gar größere Verhandlungsbereitschaft zu beobachten. Natürlich sind dies nur eigene… Mehr

BK
2 Monate her

Die Hersteller sind an ihrer Misere selbst schuld. Sie brauchen doch nur den ersten Lehrsatz von Robert Habeck befolgen und können mit der Produktion von E-Fahrzeugen einfach aufhören. Damit hat sich dann das Thema E-Mobilität für die EU-Umweltmanager erledigt. Wir zahlen auch keine CO₂-Steuer für ein Gas, was in der Luft sowieso vorhanden ist. Außerdem nehmen wird bis dahin keine Fahrzeugbestellung aus Brüssel, Paris oder Berlin entgegen. Man muss einfach nur zur Vernunft kommen und die Dinge machen, die gehen. Es ist doch völlig sinnlos, eine Industrie aufzubauen, für die es keinen Bedarf gibt. Und wenn schon die Post, ihre… Mehr

Peterson82
2 Monate her
Antworten an  BK

Die Post hat damals ihre eigenen E-Scooter gebaut weil unsere hochnäsige deutsche Autoindustrie keinerlei adäquates Angebot aufbieten konnte und wollte. Und wie das nunmal mit völligen Pionieren in einem Gebiet ist war der E-Scooter mit vielen Mängeln versehen. Und da es nun bereits etliche Fahrzeuge von der Stange gibt von Herstellern die das schon lange machen greift man darauf zurück.

Ingolf
2 Monate her

Wenn ich mir aktuell die E-Fahrzeuge im Straßenbild Stuttgarts ansehe, dann fällt mir auf, dass die Zahl Fahrzeuge mit eher privatem oder gewerblichem Charakter (erkennbar an Kennzeichen oder Fahrzeugaufdruck) deutlich abnimmt. Eine gesteigerte Zahl sehe ich eher an Fahrzeugen der Kommune oder kommunalen Behörden oder Fahrzeugen, die in irgendeiner Form von öffentlichen Geldern unterstützt werden (z.B. karitative Organisationen). Kein Wunder, denn die gewerblichen Nutzergruppen, z.B. „innovative“ Startups oder Unternehmen des Mittelstands schließen ihre Pforten und die bisher gut bezahlten Arbeitsplätze der „Großen“ in Stuttgart (oder Umland) wandern ab oder werden ganz abgebaut … und die Betroffenen überlegen sich zwei Mal,… Mehr

Aegnor
2 Monate her
Antworten an  Ingolf

Das dürfte wohl vor allem daran liegen, dass es für Privatkunden praktisch keinerlei Förderung (mehr) gibt. Und da BEVs immer noch deutlich teurer als vergleichbare Verbrenner sind – trotz dem künstlichen Verteuern der Verbrenner und trotz Preistricksereien der Hersteller die mittlerweile oft eine Billigversion der BEV-Variante mit ganz kleiner Batterie und und völlig unbrauchbarer Reichweite anbieten – wird sich da auch nix ändern. Gefördert werden nur Dienstwagen. Der Wegfall der KfZ-Steuer als einziger Vorteil für Privatkunden von ca. 150-200€ pro Jahr ist bei Preisunterschieden zwischen BEV und Verbrenner von ca. 10k völlig irrelevant. Dazu kommt, dass trotz der angeblich so… Mehr

Endlich Frei
2 Monate her

Die Aussicht, bei einer Karambolage in einem e-Auto zu verbrennen (so wie man es oft hört), ist einer der Gründe weiterhin auf konventionelle Autos zu setzen. Das reicht mir weiterhin auf ein Fahrzeug mit wenig Elektro-Anteile, ohne Akkus, normalen Türgriffen und mechanischen Schlössern zu vertrauen.

Peterson82
2 Monate her
Antworten an  Endlich Frei

stimmt..da fahre ich doch lieber mit einem Tank und hochbrennbarer Flüssigkeit unterm Hintern herum. Mein Tipp… schauen sie sich wirkliche Statistiken an und fahren dann E-Auto. Wenn sie sich beklagen wollen für Fahrzeugbrände… beklagen sie sich bei den Herstellern von Klimaanlagen mit ihren neuen Wunder-Kältemitteln.

Paul Brusselmans
2 Monate her
Antworten an  Peterson82

aufgedrückt von Deutschland über die EU – die Kältemittel

derostenistrot
2 Monate her

das E-Auto ist offensichtlich ein Perpetuum mobile der höheren Art; ein Münchhausen-Objekt, das sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht.

Wuehlmaus
2 Monate her

„Ohne massive Subventionen“ – Ich will aber keine Subventionen. Diese verzerren den Markt und sind eine Umverteilung von unten nach oben, siehe Abwrackprämie.