Jahrelang gelang es der Politik, die Schäden der grünen Transformation zu verdecken. Nun zeigen sich tiefe Risse in den Kommunalfinanzen im Zuge der schweren Wirtschaftskrise im Land. Städte wie Stuttgart sind Schaufenster für die Zukunft der Republik.
picture alliance / imageBROKER | Arnulf Hettrich
Der Stuttgarter Stadtkämmerer war lange mehr als nur ein Verwalter solider Zahlen. Er galt als der ungekrönte König der Haushaltspolitik im Ländle – und verfügte über einen Posten, um den ihn viele Kollegen beneideten. Das robuste Fundament der Automobilindustrie und der breit aufgefächerten Zulieferwirtschaft spülte der Stadt über Jahre hinweg üppige Steuereinnahmen in die Kassen, allen voran aus der Gewerbesteuer.
Noch 2023 verbuchte Stuttgart ein Rekordaufkommen von 1,6 Milliarden Euro, das ihm aus der Gewerbesteuer zuströmte. Ein Wert, der der Stadt außergewöhnliche finanzielle Spielräume eröffnete. Sozialprojekte, Infrastrukturmaßnahmen, kommunalpolitische Ambitionen – die Kommunalpolitik konnte aus dem Vollen schöpfen.
Risse im Fundament der Musterkommune
Dann folgte das Jahr 2024. Erste Risse im Fundament der deutschen Ökonomie, die sich über Jahre hinweg angebahnt hatten, wurden nun auch in der Musterkommune Stuttgart sichtbar. Am Ende des Fiskaljahres stand ein Defizit von 6,8 Millionen Euro. Ein erster Warnschuss, dass etwas aus dem Ruder laufen könnte.
Im grün regierten Baden-Württemberg erklärte man den Fehlbetrag jedoch mit Sondereffekten, mit allgemeinen Problemen der deutschen Wirtschaft, die man – so der feste Glaube – im Modus der grünen Transformation Baden-Württembergs schon in den Griff bekommen werde.
Doch dann folgte das Jahr 2025 – und der Schock. Die Gewerbesteuereinnahmen brachen regelrecht ein und dürften im laufenden Jahr nur noch rund 850 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen. Unterm Strich, so zeigt es der Nachtragshaushalt, erwartet Stuttgart nun ein Defizit von 890 Millionen Euro. Ein wahrer Fiskalhammer, der einschlug. Ausdruck des massiven Einbruchs der deutschen Kernindustrien rund um Automobilbau, Maschinenbau und Chemie.
Die Stunde der Wahrheit
Landauf, landab zeigt sich dasselbe Bild. Für 2025 prognostiziert der Landkreistag ein kumuliertes kommunales Defizit von rund 35 Milliarden Euro – ein historischer Wert, wie es ihn seit Kriegsende nicht gegeben hat. Und das ausgerechnet beim ehemaligen haushaltspolitischen Musterschüler Deutschland.
Die Stunde der Wahrheit ist da. Die Ideologen haben ausgespielt. Was nun folgt, sind Rückzugsgefechte, hektische Reparaturversuche und der Reflex, die Weichenstellungen der vergangenen Jahre mit immer größeren Schuldenprogrammen künstlich zu stabilisieren. Das Kartenhaus wird höher getürmt, bevor es endgültig zusammenbricht.
Mit den jüngsten Erfahrungen der Berliner Schuldenpolitik lässt sich relativ präzise vorhersagen, wie die nächsten Schritte aussehen werden. Teile des sogenannten Sondervermögens – also neu aufgenommene Schulden des Bundes außerhalb des regulären Haushalts – dürften nun zu kommunalen Paketen geschnürt und zum Stopfen der immer größer werdenden Haushaltslöcher weitergereicht werden.
Verschärft sich die Lage der Kommunalfinanzen weiter, liegt die nächste Eskalationsstufe bereits bereit: eine Konsolidierung der Schulden über die Länder hinweg, flankiert von der Emission sogenannter Sonderanleihen. Zunächst über die Bundesländer, garantiert vom Bund, womöglich unter Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau, etikettiert als Investitionen in die Infrastruktur. Der Fantasie der Politik sind dabei kaum Grenzen gesetzt – zumindest so lange, bis der Anleihemarkt den Daumen senkt und dem Spuk ein abruptes Ende bereitet.
Die Bundesrepublik hat sich infolge anhaltender, fataler politischer Fehlsteuerungen zu einem fiskalischen Parasiten entwickelt. Der Versuch, Kaufkraft von morgen über den Kreditprozess in die Gegenwart zu ziehen, ist ein grundlegend defektes Konzept. Es produziert wachsende Schuldenberge, erzwingt steigende Abgaben und entzieht den Bürgern zeitverzögert, über höhere Inflationsraten, die Kaufkraft.
Erwartbare Reaktion
Die Antwort vieler Kommunen fällt erwartbar aus. Auf breiter Front werden die Gewerbesteuerhebesätze drastisch angehoben. Die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz etwa erhöhte den Satz von 310 auf 440 Prozent – ein spürbarer Einschnitt für die Unternehmen am Standort. Auch Kommunen wie Wörth mit plus 65 Punkten oder Bad Dürkheim mit einem Aufschlag von 45 Punkten illustrieren die Strategie der Stadtkämmerer: höhere Abgaben bei zugleich nachlassender Wirtschaftsleistung. Eine Todesspirale für die lokale Ökonomie – und mittelfristig auch für das Steueraufkommen selbst.
Parallel dazu werden massive Sparprogramme aufgelegt. Deutschland steht vor einer Neudefinition der öffentlichen Daseinsvorsorge. Kommunal betriebene, defizitäre Schwimmbäder, Sportanlagen, Freizeiteinrichtungen – all das steht nun zur Disposition. Man kann es auch so formulieren: Mit jahrelanger Verspätung präsentiert der manische Kult der grünen Transformation nun seine Rechnung. Und sie fällt für viele Menschen unerwartet hoch aus, weil man den Verheißungen grüner Zentralplaner glaubte, wonach sich das komplexe, fein austarierte Gefüge der heimischen Industrie durch einen zentral geplanten grünen Popanz ersetzen ließe. Ein historischer Irrtum und Rückfall in die fatale Welt sozialistischer Machbarkeitsphantasie.
Grüne Traumwelt wird herbeigelogen
Ein kurzer Blick in die Jubelpresse der öffentlich-rechtlichen Anstalten genügt, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie Politik und staatsaffine Medien versuchen, die Öffentlichkeit über den wahren Zustand der deutschen Wirtschaft hinwegzutäuschen. Es werden einzelne, in aller Regel hoch subventionierte grüne Projekte gefeiert. Während die Wellenschläge des Niedergangs in der echten Welt in diesem Jahr zu etwa 24.000 Firmeninsolvenzen und Hunderttausenden Jobverlusten führen.
Bei der Präsentation der Tagesthemen wird dieser dramatische Verfall systematisch mit anderen Themen überdeckt. Der Medienaufwand, den der grüne Machtkomplex betreibt, um die Illusion des klimasozialistischen Elysiums aufrechtzuerhalten, treibt groteske Blüten.
Ironischerweise erleben wir auf der geopolitischen Ebene mit dem Versuch, die Vermögenswerte der russischen Zentralbank bei Euroclear in ein System von Kreditkollateralen umzuwandeln, exakt denselben Prozess. Im Grunde sind alle pleite und die EU taumelt im Panikmodus einer geopolitischen Katastrophe entgegen.
Jedes neue Defizit – gleich auf welcher Ebene es sich zeigt, ob beim Bund, in den Sozialkassen oder in den Kommunen – vermisst präzise den Wohlstandsverlust eines Landes, das sich nun reflexartig in die Schuldenkrise flüchtet. In Berlin glaubt man allen Ernstes, den Rückgang der Wirtschaftsleistung mit dem Gelddrucker kompensieren zu können. Doch wie heißt es so treffend: Wäre es möglich, Wohlstand per Kredit herbeizudrucken, ließe sich auch ein hoher Bildungsgrad durch die leistungslose Vergabe von Diploma erzwingen.
Deutschland versucht nun, beides simultan zu erzwingen. Am Ende wird das Land sein grünes Wunder erleben.

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