Im Zusammenspiel bilden die Anleihen- und Devisenmärkte eine unmittelbare Reflexion geopolitischer Entwicklungen. Jüngste Signale vom Anleihenmarkt bestätigen: König Dollar wird auch die gegenwärtige Propagandawelle, die seine frühzeitige Demission verkündet, spielend überstehen.
picture alliance / Klaus Ohlenschläger | Klaus Ohlenschläger
Anfang November ereignete sich Bemerkenswertes am internationalen Markt für Staatsanleihen. Weitgehend unbeachtet von den klassischen Medien – mit Ausnahme von Bloomberg – wagte China erstmals seit längerer Zeit wieder den Schritt, eine in US-Dollar denominierte Staatsanleihe zu emittieren.
Das Volumen: vier Milliarden Dollar, hälftig aufgeteilt in Laufzeiten von drei und fünf Jahren. Und die Nachfrage war schlichtweg spektakulär. Die Emission wurde sage und schreibe dreißigfach überzeichnet, rund 118 Milliarden Euro wurden auf diese Weise am Tag der Emission bewegt.
Erstaunlich ist dieser Vorgang vor allem deshalb, weil Politik und Medien – allen voran europäische Institutionen wie die EZB – seit Jahren fast mantraartig den bevorstehenden Untergang des US-Dollars als globale Weltreservewährung verkünden. Chinas Schritt, ausgerechnet jetzt, mitten im Handelsstreit mit den USA, Dollar-Schulden aufzunehmen, konterkariert diese Erzählung auf maximale Weise.
Ein Signal aus Peking – und eines aus Moskau
Eine besondere Pointe erhält dieser fiskalische Vorstoß durch ein zweites Ereignis, das sich im gleichen Zeitfenster vollzog: Russland platzierte parallel eine in Yuan bewertete Staatsanleihe – umgerechnet rund fünf Milliarden US-Dollar – erfolgreich am Markt.
Zielgruppe waren vor allem russische Unternehmen, die im Handel mit chinesischen Partnern zunehmend auf yuanbasierte Sicherheiten und Instrumente zurückgreifen wollen. Auch hier also eine Verschiebung, aber mit umgekehrtem Vorzeichen: Moskau finanziert sich in Yuan, während Peking im Dollar-Markt testet, wie stark die Nachfrage nach seinen Schuldtiteln tatsächlich ist.
Was genau ist hier also geschehen? Ganz offensichtlich sind wir Zeugen eines stillen, aber strategisch hochrelevanten Manövers auf der obersten Ebene des globalen Handelskonflikts. Während Medien ihr populäres Narrativ vom „Kampf der Systeme“ zeichnen – der scheinbar erratisch agierende US-Präsident auf der einen, der kalt kalkulierende Xi Jinping auf der anderen Seite –, spielt sich im Hintergrund der eigentlich entscheidende Prozess ab: Die Finanzarchitektur der Zukunft wird von den USA und China koordiniert errichtet. US-Dollar und Yuan werden die beiden entstehenden Handelsräume dominieren. Die transformatorische Überbrückung ist eine Frage der technischen und politischen Ausgestaltung.
Eine solch trockene Analyse verkauft sich eben deutlich schlechter als das geopolitische Drama, das auf den Titelseiten für Schlagzeilen sorgt und zudem geostrategisch entscheidend ist. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Die eigentliche Geschichte spielt nicht im Schlagabtausch der politischen Rhetorik ab, sondern wird im Stillen, auf Arbeitsebene ausgehandelt.
Trumps Kritikpunkte
Auf den Punkt gebracht versucht Trump im Konflikt mit China zweierlei gleichzeitig zu erreichen: die seit Jahrzehnten anhaltende Deindustrialisierung der USA umzukehren, indem unter anderem China aus dem Heimatmarkt zumindest teilweise zurückgedrängt wird – und parallel dazu den enormen Schuldenberg seines Landes liquide zu halten.
Und die Tatsache, dass China, das seit Jahren als größter Käufer von Goldbeständen am Markt agiert, ausgerechnet jetzt die Bereitschaft zeigt, den US-Staatsanleihenmarkt zu stabilisieren, während es durch die amerikanische Zollpolitik gezwungen wird, seinen Exportmotor in die USA kontrolliert zu drosseln, beschreibt ziemlich genau die strategische Schlagrichtung der USA, die Schritt für Schritt zum Erfolg führt.
Die ökonomische Welt spaltet sich in zwei Hemisphären
Es ist offensichtlich, dass die ökonomische Welt der Zukunft in zwei Hemisphären aufgeteilt wird: in eine US-Dollar-dominierte Handelswelt auf der einen Seite und eine von China bestimmte, Yuan-finanzierte Handelswelt auf der anderen.
Dass die USA mit dem Genius Act und der Dollar-Stablecoin-Regulierung genau in diesem Moment in die Offensive gehen und das Wachstum dieser Technologie nutzen, um kurzlaufende Staatsanleihen indirekt an die Nutzer von Stablecoins zu verkaufen, zeigt, dass Washington keineswegs bereit ist, die Dollar-Dominanz aufzugeben. Ganz im Gegenteil.
Der Hinweis darauf, dass alleine der US-Stablecoin Tether mit einer Kapitalisierung von 184 Milliarden US-Dollar über etwa 500 Millionen Nutzer weltweit verfügt – und jeder digitale Dollar durch US-Staatsanleihen als Äquivalent gedeckt werden muss –, verdeutlicht, dass diese Strategie tatsächlich aufzugehen scheint.
Die USA strecken ihre Währungsmacht in die digitale Sphäre und nutzen den globalen Stablecoin-Boom, um neue Abnehmer für den Schuldenberg zu finden, der inzwischen etwa 120 Prozent des BIP ausmacht.
EU außen vor
Zwar hat der US-Dollar als Weltreservewährung seit seinem historischen Höchststand – als rund 70 Prozent der globalen Devisenbestände in Dollar gehalten wurden – etwa 12 Prozent verloren und pendelt gegenwärtig um den Wert von 58 Prozent.
Doch genau dort scheint er sein temporäres Gleichgewicht gefunden zu haben.
Blickt man hingegen auf den Euro, zeigt sich ein völlig anderes Bild. Mit dem Verlust seines größten Handelspartners, der im großen Stil in Euro fakturierte – Russland –, ist der Anteil der Gemeinschaftswährung an den weltweiten Devisenreserven von einst 28 Prozent auf nun knapp unter 20 Prozent abgesackt. Ein massiver, struktureller Rückgang. Es ist der Preis, den die Eurozone für das russische Gas-Embargo am Devisenmarkt zahlt.
Und betrachtet man die Ereignisse am Devisenmarkt im November, wird schnell klar, wer in diesem Dreiecksgeschäft, das im Kern darauf hinausläuft, dass sich die drei großen Akteure Dollarliquidität verschaffen, außen vor bleibt: die Eurozone.
Während Washington, Peking und Moskau strategisch miteinander verschränkt agieren, findet Europa in diesem Spiel schlicht nicht statt. Weder die EZB, und damit Brüssel, noch die Bank of England (City of London) werden in den Prozess der Neuordnung des globalen Finanzwesens integriert. Bemerkenswert.
Warnung vor Dollar-Knappheit
Da passt die jüngste, erneut vorgebrachte Warnung der Europäischen Zentralbank nahtlos ins Bild: Sie forderte die Banken im Eurosystem abermals auf, ihre Dollar-Resilienz zu überprüfen.
Wie ein Damoklesschwert hängt über dem Eurosystem die Drohung der Amerikaner, im Krisenfall – sollte also ein Schock an den Märkten die bereits latent vorhandene Dollarknappheit im Euro-Dollar-Markt drastisch verschärfen – möglicherweise keine Swaplines mehr anzubieten. Zuletzt halfen die USA ihrem neuen strategischen Partner Argentinien mit einer milliardenschweren Dollar-Swapline aus, einen koordinierten Angriff auf die heimische Währung Peso abzuwehren.
Ob die zunehmend feindselig agierende EU einen solchen Freundschaftsdienst im Notfall erwiesen bekäme? Das ist gegenwärtig mit Blick auf den Umgang mit den amerikanischen Digitalkonzernen mehr als fraglich.
Ein geopolitisches Druckmittel par excellence, das die Trump-Regierung hier in der Hand hält. Zumal im Mai ein neuer Präsident der Federal Reserve gewählt wird, der künftig sehr eng mit der Trump-Administration zusammenarbeiten dürfte.
Es ist offensichtlich, dass innerhalb der Eurozonen-Banken ein Mismatch-Risiko besteht. 13,1 Prozent der gesamten Finanzierungsaktivitäten werden in Dollar berechnet, während 23 Prozent der Vermögenswerte dieser Banken ebenfalls in Dollar denominiert sind – ein Anstieg von 19,3 Prozent im Vorjahr.
Die Frage liegt auf der Hand: Können diese Banken ihren Zahlungsverpflichtungen – und damit die ihrer Kunden – jederzeit gerecht werden? Das ist hier die Frage. Genau darauf zielt die Warnung der EZB ab.
Schwacher Greenback beschleunigt Redollarisierung
Das nach wie vor deutlich höhere Zinsniveau, das die Federal Reserve im Vergleich zur Eurozone beibehält, saugt systematisch Kapital aus Europa in die USA ab. Hinzu kommen die wirtschaftspolitischen Entscheidungen zur Deregulierung der US-Ökonomie, die den Europäern seit dem Ende der Regierung von Joe Biden das Leben schwer machen.
Und ein letzter Punkt zum US-Dollar-Index DXY: Ein vorübergehend sinkender Dollarwert ist keineswegs ein Zeichen für eine Entdollarisierung der Welt. Ganz im Gegenteil. Fällt der Dollar, greifen Schuldner, die in Dollar verschuldet sind, umso intensiver auf Dollar-Refinanzierungsinstrumente an den Devisen- und Anleihemärkten zurück und stabilisieren so die Vormachtsstellung der USA am globalen Finanzmarkt.
Wir stecken mitten in einer Redollarisierungsphase. Und die nächste Welle wird sich in einem drastisch steigenden Greenback widerspiegeln. Dann wird es für die Wirtschaft in der Eurozone eng. Rohstoffe, Energie – zwingend notwendige Importgüter der Europäer – werden dann massiv verteuert, da der Rohstoffmarkt ausschließlich in US-Dollar fakturiert. Die darauf folgende Inflationswelle ist mit geldpolitischen Instrumenten nicht mehr unter Kontrolle zu bringen.

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Glauben sie nicht, was man ihnen erzählt, leben sie bescheiden und genießen sie den Tag.
Fakt ist, dass sowohl Dollar als auch Euro irgendwann vor einer Währungsreform stehen. Wer bei der Exponentialrechnung nicht Kreide holen war und sich die langfristige Geldmengenentwicklung beider Währungen anschaut, weiß, dass eine Währungsreform irgendwann unausweichlich ist, da die Zahlen sonst zu groß werden. Danach geht’s mit kleineren Zahlen wieder weiter, wie bisher. Wohl dem, der Sachwerte auf Kredit gekauft hat.
„Fakt ist, dass sowohl Dollar als auch Euro irgendwann vor einer Währungsreform stehen“.
Die entscheidende Frage ist dabei nur: WANN ist denn „irgendwann“? In den nächsten 5 Jahren, in 5-10 Jahren, in 10-20 Jahren, in 20-30 Jahren oder in noch fernerer Zukunft? „Langfristig sind wir alle tot“, pflegte Karl Popper seinen Kontrahenten zu entgegnen, wenn sie ihre (oft fragwürdigen) Prophezeiungen mit einem dezidiert unbestimmten „langfristig“ versahen. So scheint mir auch Ihr Argument beschaffen zu sein.
Dollarknappheit? Wird es nicht geben. Der Dollar kann seit der Entkopplung vom Gold und der Bindung an das Öl beliebig gedruckt werden. Die USA, bzw. die Besitzer des Dollars, haben Alchimistenträume wahr werden lassen und Werte aus dem Nichts geschaffen. Dollar drucken, da das Ausland Dollar zum Energiehandel brauchte, im Ausland investieren oder kaufen, und schon wurden aus Papier Waren, Immobilien und Dienstleistungen. Die Kriege der USA dienten in den meisten Fällen nicht der Eroberung, sondern der Destabilisierung und Zerstörung. Die heimgesuchten Länder brauchten Kredite und Aufbauhilfe, der WEF lieh gern Dollar. Die Rüstungsindustrie bescherte weitere Gewinne. Würde der Dollar… Mehr
Das heißt, dass ein Wiedereinstieg in Atom- und heimische Energiequellen unter Einbeziehung von Sonne und Wind wie wir sie in Deutschland für Jahrhunderte haben(Kohle und Gas) die USA Richtung Pleite schieben würden? Insbesondere dann, wenn das viele Staaten machen und dann zukünftig auf die Fusion zur Energieerzeugung setzten?
Dieser Artikel mag ja sehr treffend und für Eingeweihte locker zu verstehen sein, aber ich gebe ehrlich zu, daß ich fast Null verstanden habe von diesem Aufsatz. Er ist wohl etwas für ausgefuchste Banker und Finanz-Gurus, aber ist er nicht eine Überforderung für normal intelligente Menschen? Die widerlichen ÖRR Produzenten senden ihren Müll, gelegentlich für Menschen, in „einfacher Sprache„, obwohl dadurch meist nur eine gezielte Verblödung und Verwirrung normaler klar denkender Menschen erreicht werden soll. Aber, wäre es nicht möglich, sehr komplexe Analysen finanztechnischer Art mit globalem Hintergrund wie z.B. in diesem Fall einmal in verständlicher Art zu darzustellen? Der… Mehr
China und Russland positionieren sich strategisch in verschiedenen Währungsräumen. China in Dollar, Russland, wegen der Sanktionen, in Yuan.
Die USA nutzen Dollar Anleihen und Stablecoins (Digitalgeld), um ihre Vorherrschaft abzusichern.
Der Euro verliert an globaler Bedeutung, sowohl als Handelswährung als auch in der Kapitalmarktintegration. Das liegt nicht zuletzt an den Sanktionen gegen Russland.
Gleichzeitig drohen die USA der EU keine Swap Lines mehr anzubieten. Das währe der Super GAU! Swaps sind Austauschgeschäfte auf Zeit zur „Versicherung“ von Liquiditätsschwankungen zwischen den Zentralbanken, hier Fed und EZB.
Kurz gesagt: Die USA, China und Russland führen de facto einen Handelskrieg gegen die EU.
„Kurz gesagt: Die USA, China und Russland führen de facto einen Handelskrieg gegen die EU.“
Und man kann es ihnen nicht verübeln.
Danke für die Ergänzung!
Verstehe ich das richtig, dass mit SWAP Lines Wechselkurspolitik gemacht wird? Dann dürften doch Wechselkursmanipulationen genau in diese Lücke stoßen. Wer da richtig timed und dazu noch Billionär ist, kann so richtig schnell Richtung Trillionär marschieren.
Warum schießt dann Musk noch Raketen ins All? Mit seinem X könnte er doch alle kleinen Möchte-Gern Spekulanten für solche Deals in seinem Sinne aktivieren. Auch US Bürger, Chinesen, Inder und wer sonst noch mehr Cash hat als zum Fressen notwendig ist.
Frage, in welcher Währung wickelt die organisierte Kriminalität ihre Geschäfte ab? Natürlich in Dollar den man überall auf der Welt tauschen kann. Und dies vollkommen unabhängig von irgendwelchen Handelskriegen mit dem EURO.
Eines sollte man in Frankfurt erkennen, dass man für Euro bald nichts mehr kaufen kann. Der ist nur noch eine Binnenwährung, mit der die Euro-Schuldner untereinander ihre Rechnungen bezahlen.
Wenn China Dollar-Anleihen emittiert, erhält das chinesische Finanzministerium (oder verbundene staatliche Institutionen) das Geld – von internationalen Investoren, die sich entscheiden, China US-Dollar zu leihen. – Schadet das den USA? Nicht direkt. Aber hier ist ein interessanter Punkt: Wenn mehr internationales Kapital in ausländische, auf Dollar lautende Anleihen (wie die chinesischen) fließt, wird dies die Nachfrage nach US-Staatsanleihen geringfügig verringern und die US-Kreditkosten (Renditen) erhöhen. – Wir müssen erkennen, dass China nie vorhatte, den Dollar zu zerstören. Es lässt ihn absichtlich leben: so können Chinas Handelspartner Dollar zurückzahlen ( den sie mit solchen Bonds offensichtlich hinterhergeworfen kriegen). Außerdem bestimmt China… Mehr
Es ist mir relativ gleichgültig, ob es eine De- oder Re-Dollarisierung gibt; wenn der Schlußsatz stimmt, dann wäre damit vielleicht endlich endlich das Ende dieser unseligen Kunstwährung Euro besiegelt. Und damit automatisch der EU, die ich so hasse, daß ich keine Worte dafür finde.
Auf dauer hält sich kein System und keine Währung schon nicht eine die dermaßen missbraucht wird wie Dollar. Wobei die Geschichte über baldigen Kollaps von dies oder das sind in der Tat meist übertrieben. Ich meine tief im Schlamm, direkt am Boden kann man auch leben, was mehrere Tiere im Ozean auch geschafft haben.
Der Dollar war mal weltweit die gängiste Währung für alle Geschäfte. Stichwort Petro Dollar. Und nun wird die Welt halt aufgeteilt, und das soll keine DeDollarisierung sein?
Wenn Atom- und Fusionsenergie das Öl unnötig machen gibt es logischerweise auch keinen Petro-Dollar mehr. Was ist der Dollar dann – außer bedrucktem grünem Papier? Ein Energie – Dollar wird er nie sein, denn Spaltungs- und Fusionsenergie wird lokal erzeugt werden. Unterstützt von Kohle, Öl und GAS auch Sonne und Wind.
Was dann?
Ein interessanter Beitrag. Ich teile nicht alle Ansichten, aber er ist lesenswert.