Automarkt: Produktionseinbruch und homöopathische Nachfrage nach dem Elektro-Auto

Der PKW-Markt leidet unter massiven Rückgängen bei Auftragseingang und Export. Die Produktion in den ersten fünf Monaten des Jahres ist auf das Niveau von 1975 abgefallen. Und der Durchbruch für Elektro-Autos will einfach nicht stattfinden.

Die Corona-Krise hat auch im Mai den deutschen Pkw-Markt und die gesamte Branche fest im Griff, bislang ist noch keine Erholung in Sicht. Der Pkw-Absatz ist im Mai 2020 extrem schwach geblieben, Anzeichen für eine kurzfristige Verbesserung der Lage Fehlanzeige. Ausnahme Elektroautos, die auch im Mai eine positive Zulassungsentwicklung gegenüber dem Vorjahr aufweisen. Was Fans dieser Antriebsart unerschütterlich in ihrem Glauben bestärkt, aus den Zulassungszahlen während Corona im ersten Drittel des Jahres den endgültigen Durchbruch für Elektroautos am Markt heraus lesen zu können. Wären da die Zulassungszahlen nicht so homöopathisch klein.

Die Pkw-Produktion fiel in den ersten fünf Monaten so niedrig aus wie 1975, beim Export und, schlimmer noch, beim Auftragseingang ergaben sich weiterhin massive Rückgänge zum Vorjahr. Dank Kurzarbeit konnten Massenentlassungen bislang vermieden werden.

  • Im Mai sind die Pkw-Neuzulassungen gegenüber dem Vorjahresmonat um 50 Prozent auf 168.100 Pkw zurückgegangen. Nach dem Rückgang im Vormonat von 61 Prozent bleibt der Markt damit auch nach Öffnung der Autohäuser weiter sehr schwach. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurden damit 990.300 Pkw neu zugelassen (-35 Prozent). Dies ist der niedrigste Wert in diesem Zeitraum im wiedervereinigten Deutschland.
  • Demgegenüber sind die Neuzulassungen von Elektro-Pkw im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um 56 Prozent auf 12.358 Fahrzeuge gestiegen. Damit hat sich laut VDA die Dynamik gegenüber April 2020 (+32 Prozent) deutlich verstärkt. Als Gründe dafür werden u.a. die gelockerten Maßnahmen im Rahmen der Covid-19-Eindämmung sowie die bereits bestehenden Fördermaßnahmen aus dem Konjunkturpaket I genannt. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 75.084 Elektroautos (+92 Prozent) angemeldet, das entsprach einem Anteil von 7,6 Prozent am Pkw-Gesamtmarkt.  
  • Wichtig für die Einschätzung der „natürlichen“ Nachfrage nach Elektroautos am Markt ist die Absatzstruktur nah Antriebsarten: Reiner Batterieantrieb (BEV) oder Hybrid/Plug-in-Hybrid(PHEV). Zum Anstieg im Mai haben mit 107 Prozent auf 6.755 Einheiten trugen die Plug-In-Hybride maßgeblich beigetragen. Damit erreichten sie einen Anteil von 55 Prozent an den Pkw-Neuzulassungen mit Elektroantrieb. Tendenz: steigend! Demgegenüber nahmen die Neuzulassungen rein batterieelektrischer Fahrzeuge nur mit 20 Prozent auf 5.578 Einheiten zu.
  • Der Firmenwagenanteil an den E-Zulassungen blieb auch im Mai mit 41 Prozent hoch (Gesamtmarkt 26 Prozent). Die steuerliche Förderung sorgt dafür, dass die Flottenmanager verstärkt Elektrofahrzeuge einsetzen. Der Anteil der privaten Halter verharrte mit 32 Prozent (Gesamtmarkt 38 Prozent) in etwa auf Vormonatsniveau.
  • Die deutschen Hersteller konnten im Mai ihren Marktanteil am Elektro-Pkw-Markt auf 70 Prozent ausbauen (Vorjahresmonat: 55 Prozent). Damit haben die deutschen Hersteller einen höheren Marktanteil am Markt für Elektro-Pkw als am Pkw-Gesamtmarkt (66 Prozent). Sieben der zehn meistverkauften E-Modelle zwischen Januar und Mai entfielen auf deutsche Hersteller.
  • Da im April viele Produktionsstätten aufgrund der Corona-Krise geschlossen waren, ist die weltweite Produktion von Elektro-Pkw der deutschen Hersteller um 53 Prozent auf 14.500 Einheiten eingebrochen. Im Jahresverlauf sind bereits über 152.000 Fahrzeuge (+44 Prozent) von den Montagebändern gelaufen. In Deutschland standen davon allerdings viele wegen Elektronikmängeln zur Nachrüstung auf Lager. Nachdem der BER sich in der Endphase befindet und als Zwischenlager nicht verfügbar ist, hat VW Tausende seines Elektro-Volkswagen id.3 auf dem stillgelegten Flughafen Altenburg nördlich Zwickau abgestellt.

Im Ergebnis überwiegt am Markt für Elektroautos in Deutschland nach wie vor eine große Zurückhaltung. Wenn E-Autos nachgefragt werden, dann vor allem wegen der staatlichen Fördermaßnahmen, und wenn schon, dann mit steigender Tendenz aus Reichweitenangst als Plug-In-Hybride, also mit zusätzlichem Tank und Verbrennermotor.  

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Das Konjunkturpaket der Bundesregierung dürfte mit der Mehrwertsteuersenkung, dem beabsichtigten Ausbau der Ladeinfrastruktur und insbesondere der Innovationsprämie hier für weitere Impulse sorgen. Für das aktuelle Förderinstrument, den Umweltbonus, wurden bis Ende Mai laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bereits 206.035 Anträge gestellt. 

Eine weitere Förderung in Form von allgemeinen Kaufprämien mit Sonderzuschlägen für E-Autos hat die Bundesregierung aus gutem Grund abgelehnt. Zum einen setzt der Verkauf von Lagerfahrzeugen keinen konjunkturellen Impuls. Zum anderen ist die angestrebte Luftverbesserung in den Innenstädten dank verbesserter Dieseltechnik und dank der Euro 6 d Abgasnomen mit der zunehmenden Verjüngung der Pkw Altbestände laut Meldungen des Umweltbundesamtes inzwischen überall in vollem Gang. 

Die Corona-Krise hat diesen Prozess der Umweltentlastung durch mehr „saubere“ Verbrenner-Autos auf den Straßen der Innenstädte vorübergehend unterbrochen, aber nicht beendet. Der nächste „saubere“ Aufschwung kommt bestimmt.

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Kommentare ( 82 )

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Jerry
3 Jahre her

Die Technik ist nicht das Problem. Ich bin Berufspendler und fahre täglich ca. 120 km. Aus meiner Sicht ist die Technik reiner E-Autos mittlerweile ausreichend und halbwegs praxistauglich. Aus diesem Grund (und den Zuschüssen ab 01.07.) habe ich mich entschieden, meinen Diesel abzugeben und mir ein E-Auto mit einer Reichweite von (nach Werksangabe) knapp 450 km anzuschaffen. Glücklicherweise habe ich die Möglichkeit, das Fahrzeug zuhause an einer PV-Anlage nachzuladen, was die Anschaffung noch etwas attraktiver macht. Seit 2 Wochen bin ich nun unterwegs und habe mir div. Fahrzeuge (übrigens ausschließlich ausländische Hersteller) angeschaut und mich nach den Konditionen erkundigt. Ich… Mehr

armin wacker
3 Jahre her

Die erste große Lüge ist, dass das Klima vom CO2 abhängt. Denen ist schlicht nichts Dümmeres eingefallen. Da dem nicht so ist, sind alle weiteren Berechnungen nicht Zielführend. Wir brauchen Umweltschutz. Zuerst Mal müssen wir unsere Meere wieder vom Plastik freibekommen,cweil sonst die Fische schon stinken, bevor sie gefischt werden. Ja und in Sachen Verkehr muss auch was passieren. Die Arbeitsplätze müssen leichter erreichbar sein. Wir können noch viel tun, aber vor allem da wo es brennt, muss gelöscht werden. Das ist zuerst Asien. solange wir aber das Grünenparadoxon (Hans Werner Sinn) füttern, ist der Welt nicht gedient.

ichhabefertig
3 Jahre her

Deutschland ist führend bei Flugtaxis also ist es doch wohl kein Problem auch bei Elektro oder Wasserstoff Antrieben die Weltherrschaft zu übernehmen.
Ich glaube unsere Politikdarsteller arbeiten schon am Warpantrieb oder wie der heißt.

elly
3 Jahre her

Corona beschleunigt doch nur eine Entwicklung, die schon Jahre vorher begann. „Die deutsche Lust am Niedergang. Über dem Land dräuen ökonomische Gewitterwolken. Doch Politiker und weite Teile der Gesellschaft glauben an den ewigen Sonnenschein. Solche Naivität kann ihren Preis haben. Kommt die Rechnung schon 2019?“ https://www.cicero.de/wirtschaft/wirtschaftsentwicklung-2019-autoindustrie-diesel-oekologie-deindustiralisierung Feinstaubhysterie, Klimahysterie, Genderirrsin, Diversity usw. wenn ich mir die Themen der Demos von gestern so anschau, geht es der Mehrheit noch immer sehr gut. Aktuell sehen die Leute jeder Ecke Rassismus. Das heißt, sie tragen die Wahlkampf der USA auf deutschen Straßen aus. Existenzängste? Welche denn? Sorgen, ob man in Urlaub fahren /fliegen kann,… Mehr

Iso
3 Jahre her

Fahrleistung, Reichweite, Ladezeiten, Fahrzeug- und Ersatzteilpreise, das Alles ist beim Elektroauto eine Katastrophe, und keine Innovation. Um diese Technik dem Kunden aufzudrücken, muss sich die Politik noch jede Menge Schweinereien einfallen lassen, was ich denen in Berlin und Brüssel auch zutraue, um die Verbrenner unattraktiv zu machen. Und schaut man sich den Handel an, dann lebt der zum Großteil von neuen „Jahreswagen“ die mit 40% Preisabschlag gehandelt werden. Der Privatkunde bestellt nur im geringen Maße echte Neufahrzeuge. Die können sich inzwischen nur noch Firmen leisten, die vom Hersteller bis 30% Nachlass bekommen, und sich die MWSt. wiederholen. Und einen Plug-in… Mehr

RNixon
3 Jahre her
Antworten an  Iso

Also VW sagt, der ID3 sei nicht teurer in der Anschaffung als ein gut ausgestatteter Golf (und im Betrieb ohnehin billiger). Und die Reichweite? Wieviele Golf-Fahrer machen denn wirklich 500km-Strecken und mehr? Vielleicht die Hälfte oder so?

nomsm
3 Jahre her
Antworten an  RNixon

Sehr viele.

Iso
3 Jahre her
Antworten an  RNixon

Wenn der ID3 Sie glücklicher macht, dann sollen Sie ihn sich auch kaufen dürfen. Ich bin nur dagegen, dass dem Bürger das Geld für eine angebliche Umweltbelastung abgeknöpft wird, die man bei der E-Mobilität aus der Bilanz streicht. Aber Lug und Betrug sind in diesem Staat zuhause.

Sandrarichter
3 Jahre her

Das ist auch nicht verwunderlich. Nach dem repräsentativen Umfrageergebnis von Civey Umfrage Nr. 746 mit der Frage „Könnten Sie sich grundsätzlich vorstellen, ein Elektroauto anzuschaffen?“ können sich nur 33 Prozent der Deutschen vorstellen, ein Elektroauto zu kaufen:
https://civey.com/umfragen/746/konnten-sie-sich-grundsatzlich-vorstellen-ein-elektroauto-anzuschaffen

Noch interessanter: Der Trend ist rücklaufig, noch vor einem Jahr konnten sich über 40 Prozent vorstellen, ein E-Auto zu kaufen (der Trend wird bei Civey erst angezeigt, wenn die Umfrage über das Herz-Symbol zu den Favoriten hinzugefügt wird).

Aufgewachter
3 Jahre her

Für mich lieber einen zuverlässigen Diesel mit ca. 1200 Kilometer pro Tankfüllung anstelle eines Elektroautos. Ich schätze wenn man alles zusammenzählt ist die Umweltbilanz des Diesel besser.

drnikon
3 Jahre her

LOL. Das sagte ich bereits schon vor Jahren bezüglich des EEG Irrsinns

drnikon
3 Jahre her

RWE fährt seit der radikalen Umstellung auf Solar und vor allem Wind wieder satte Gewinne ein, obwohl weniger Braunkohle abgebaut und verbrannt wird. RWE musste das machen, weil die Politik alle Vorgaben so wählte, dass RWE nur so wieder Gewinne machen konnte. Dass das auf Dauer nicht so bleiben wird, wissen die Verantwortlichen beim RWE auch, zumindest die mit Durchblick. Apropos Gewinne. Die sind nur für Kommunisten unanständig, weil sie noch nie in ihrem Leben eigenverantwortlich und produktiv arbeiten mussten. Völlig abgesehen von ihrer Unfähigkeit dies überhaupt zu können. Wer sehen will, dass ich recht habe schaue in die Geschichtsbücher,… Mehr

Fragen hilft
3 Jahre her

Muß wohl „Fesselflug“ gewesen sein. Ich hatte einen 2,5 ccm -Benziner mit Rizinus-Schmierung und der Klodeckel hatte schon richtige Flügel aus bespannten Balsa-Rippen-Tragflächen. Auch Schluchz