Rock me, Staatsknete: Wie die ARD Mozart zur Strecke brachte

Völlig unverhüllt macht sich die ARD daran, Mozart zu dekonstruieren und der woken Agenda zu unterwerfen. Immerhin versucht man nicht einmal mehr, die eigene Zerstörungs- und Belehrungswut zu verschleiern. Von Silvia Venturini

Screenprint: ARD/WDR

Vor einem Jahr konnten wir noch hoffen. Als die ARD ihren Bach-Film über das Weihnachtsoratorium ausstrahlte, war die progressive Botschaft noch dezent verpackt: Ja, Anna Magdalena wurde zur heimlichen Heldin stilisiert, ja, es ging um „emanzipatorischen Aufbruch gegen kirchliche Bevormundung“ – aber immerhin erklang noch Bachs Musik. Man konnte das Ganze als harmloses Kitschidyll mit leichtem Zeitgeist-Parfüm abtun und sich auf die tatsächlich gelungenen musikalischen Passagen konzentrieren.

Was für naive Zeiten das waren.

Mit „Mozart/Mozart“ hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun die Samthandschuhe ausgezogen und zeigt uns, was passiert, wenn man die Kulturredaktionen endgültig sich selbst überlässt. Das Ergebnis ist so grotesk, dass man sich die Augen reiben möchte – und doch so konsequent, dass man fast Respekt haben könnte. Fast.

Die Prämisse ist schnell erzählt: Wolfgang Amadeus Mozart war gar nicht das Genie. Das war natürlich seine Schwester Maria Anna, genannt „Nannerl“, die im Hintergrund die Fäden zog, seine Kompositionen verbesserte und eigentlich alles geschrieben hat, was wir dem Bruder zuschreiben.

Wolfgang selbst? Ein drogensüchtiger Taugenichts, der permanent auf Laudanum durch die Gegend torkelt und bestenfalls als Aushängeschild taugt. Wenn er mal wieder vollkommen weggetreten in der Ecke liegt, schlüpft seine Schwester kurzerhand in seine Kleider und spielt am Kaiserhof – versteht sich.

Man fragt sich: Warum ausgerechnet Mozart? Die Antwort ist so einfach wie entlarvend: Weil er das größte Denkmal ist, das man einreißen kann. Bach war nur die Aufwärmübung. Bei Mozart geht es ans Eingemachte des westlichen Kanons.

Der woke Irrsinn im Detail

Wo anfangen? Vielleicht bei der Besetzung, die ein Kritiker wohlwollend als „vorbildlich divers“ bezeichnete – was in der ARD-Sprache bedeutet: Leopold Mozart hat eine farbige Geliebte, zu der er sich aber nicht bekennen möchte. Historische Plausibilität? Ein Konzept für Spießer, das weißer Schuld weichen muss.

Oder bei der Musik. Man sollte meinen, eine Serie über Mozart würde Musik von Mozart enthalten. Falsch gedacht. In den entscheidenden Momenten – wenn Maria Anna am Klavier sitzt und das Publikum verzaubert – erklingt: Elektropop. Die Komponistin Jessica de Rooij, bekannt durch ihr „Elektroprojekt Ätna“, hat die Melodien des Meisters in zeitgenössische Beats verwandelt. Das Ergebnis klingt, als hätte jemand die Kleine Nachtmusik durch einen Mixer gejagt und mit Autotune gewürzt.

Die Süddeutsche Zeitung – wahrlich kein konservatives Kampfblatt – nannte es „die schlechteste Serie der Welt“. Die FAZ sprach von „Mobbing von Hochkultur“. Der Spiegel verlieh den Titel „meistgehasste Serie des Jahres“. Wenn sich das gesamte Feuilleton einig ist, muss etwas Besonderes passiert sein.

Aber es wird noch besser. Marie Antoinette – gespielt mit erkennbarer Spielfreude von Verena Altenberger – zeigt ihrem Bruder Kaiser Joseph II. den Stinkefinger, malt Anführungszeichen in die Luft und beginnt eine Affäre mit Mozart. Die Königin von Frankreich als Instagram-Influencerin im Reifrock. Historiker weltweit dürften kollektiv hyperventilieren.

Ehrlicher als Bach

Und doch – und hier wird es interessant – ist „Mozart/Mozart“ in seiner Absurdität ehrlicher als der Bach-Film des Vorjahres.

Damals versuchte man noch, die Agenda zu verstecken. Man sprach von „künstlerischer Freiheit“ und „fiktionaler Annäherung“, während man Bach zum Proto-Progressiven umdeutete, der gegen „kirchliche Bevormundung“ kämpfte. Die Wokeness kam auf leisen Sohlen, verkleidet als Familienfilm.

Jetzt hat man offenbar beschlossen: Wozu noch verstecken? Die Serie beginnt mit einem Disclaimer, der alles sagt: „Dies ist die Geschichte der Mozarts. Nicht wie die historische Überlieferung sie schreibt, sondern die Vorstellungskraft.“

Übersetzt: Wir erzählen, was wir wollen. Die Geschichte interessiert uns nicht. Mozart interessiert uns nicht. Seine Musik schon gar nicht. Wir haben eine Botschaft, und die lautet: Das Patriarchat hat Frauen unterdrückt, weiße Männer haben sich mit fremden Federn geschmückt, und die Hochkultur ist sowieso nur ein Konstrukt.

Das ist in gewisser Weise erfrischend. Kein mühsames Versteckspiel mehr. Kein „Wir wollen doch nur unterhalten“. Die ARD zeigt uns offen, was sie mit unserer Staatsknete anzustellen gedenkt: systematische Demontage des kulturellen Erbes.

Akzelerationismus am Vorabend

Für den geneigten Beobachter hat das durchaus seinen Reiz. Denn nichts beschleunigt die Erosion des öffentlich-rechtlichen Systems so zuverlässig wie Produktionen, bei denen selbst das wohlmeinende Publikum abschaltet.

Die Quoten sprechen Bände: Von 2,41 Millionen Zuschauern bei der ersten Episode sank die Zahl auf unter zwei Millionen bei Folge drei. Der Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe – also genau jener jungen Menschen, die man doch erreichen wollte – lag bei kläglichen 3,1 Prozent. Die ARD hat es geschafft, eine Serie zu produzieren, die weder die Alten (zu woke) noch die Jungen (trotzdem langweilig) anspricht.

Die Programmverantwortlichen verteidigen sich erwartungsgemäß: Man habe bewusst mit Konventionen gebrochen, das sei „ein Experiment“, man wolle „neue Zielgruppen erschließen“. Die Standardausreden, wenn etwas grandios gescheitert ist.

Aber vielleicht sollte man dankbar sein. Jede Produktion dieser Art ist ein weiterer Nagel im Sarg eines Systems, das sich längst von seinem ursprünglichen Auftrag verabschiedet hat. Je offener der kulturelle Bildersturm betrieben wird, desto schwerer lässt er sich leugnen.

Der Beitragszahler als Mäzen wider Willen

Was „Mozart/Mozart“ gekostet hat, verrät die ARD übrigens nicht. „Produktionskosten unterliegen der Vertraulichkeit“, heißt es schmallippig. Man darf also nur spekulieren, wie viele Millionen Euro Rundfunkbeitrag in diese sechs Folgen geflossen sind – für ein Werk, das Mozart-Fans vergrault, Historiker verstört und am Ende nicht einmal unterhaltsam ist.

Es ist die perfekte Metapher für den Zustand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Jahr 2025: Mit dem Geld der Bürger werden Denkmäler geschleift, die den Bürgern einst gehörten. Und wenn diese sich beschweren, erklärt man ihnen, sie hätten die Kunst einfach nicht verstanden.

Immerhin: Wer nach diesem woken Irrsinn noch Appetit auf echten Mozart hat, kann sich die Originalwerke anhören. Die sind gemeinfrei. Die kosten nichts. Und sie werden jeden Elektropop-Soundtrack überleben.

Wie hieß es noch im Film? „Ohne dich, Schwesterherz, würde all meine Musik in Vergessenheit geraten.“ Keine Sorge. Die ARD arbeitet daran.

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Kommentare ( 12 )

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Landgraf Hermann
35 Minuten her

Diese Serie ist einfach nur ekelhafter Schund, wie so manches Programm-Angebot von ARD und ZDF (diverse Polit-Dokus).

moorwald
42 Minuten her

Das Schlüsselwort ist wohl „Vorstellungskraft“. Wenn die Vorstellungskraft einer Müllkippe gleicht, kann nur Müll herauskommen.

Legolas
44 Minuten her

Als ich hörte, der ÖRR habe eine Miniserie über Mozart produziert nahm ich das lediglich zum Anlass, mir Milos Forman‘s grandiosen „Amadeus“ mal wieder anzuschauen. Auf die Idee, dieses Machwerk aus der Teufelsküche der ARD anzusehen, wäre ich nie gekommen. Ich kenne auch niemanden, der das tat. Dank gebührt daher den Autoren, die dies offenbar unter Aufbietung aller Kraft, die ihnen aus ihrer Chronistenpflicht erwuchs, für uns auf sich nahmen. Die BRD und ihr ÖRR tritt allmählich in ihr Endstadium ein. Dieses spürend, dreht auch der Propagandaapparat zunehmend hohl und überbietet sogar noch das an unfreiwilliger Komik und Absurditäten wahrlich… Mehr

MartinKienzle
45 Minuten her

Eventuell liegt auch dahinter eine versteckte Nachricht: Wir, sprich als Repräsentanten der alliierten BRD, sind gegen Euch Deutsche, woraus folgt, dass wir Eure Kultur respektive Euer Land mit Vorsatz zerstören, bis Ihr Euch erhebt, um uns sodann aus Eurer Heimat zu vertreiben!

Last edited 44 Minuten her by MartinKienzle
Judith Panther
54 Minuten her

„Was „Mozart/Mozart“ gekostet hat, verrät die ARD übrigens nicht.“
Ach – dann hat der zwanghafte Zwangsbeitragszahler,
der diese kulturelle Hurerei unter Androhung von Strafe
finanzieren muß,
noch nicht einmal das Recht auf Offenlegung?

Last edited 46 Minuten her by Judith Panther
Anaklasis
1 Stunde her

Das ist halt das linke (links-feministische) staatlich hochsubventionierte Regie-Theater, wo Genossen und Kumpanen in den Kulturbehörden ihre GenossInnen/Künstler im linken Kultur-Betrieb großzügig mit Staatsknete und öffentlich-rechtlichen Geldern versorgen und beide sich dabei auf die Freiheit der Kunst berufen.
Diesem Schindluder sind wir im großen Stil fast wehrlos seit den siebziger Jahren ausgeliefert.

Or
1 Stunde her

TE, wen interessiert‘s ?
Welcher geistig gesunde Mensch schaut denn heute noch den Staatsfunk ?

tiptoppinguin
1 Stunde her

Die Fachkräfte des ÖRR haben nur versäumt den Zuschauern die Genialität der Produktion besser zu erklären, damit das dumme Publikum und die Verreißer von Tichys Einblick es richtig verstehen – so wie Gendersprache und Radwege in Peru. (Sarkasmus off)

Konservativ betrachtet ist es nur ein sozialistischer Bildersturm durch den zwangsgebührenfinanzierten ÖRR – am Ende bleibt nur Dreck, Zerstörung, Enttäuschung und Elend ohne Erkenntnisgewinn oder kulturellen Fortschritt.

Last edited 1 Stunde her by tiptoppinguin
eschenbach
1 Stunde her

Das Problem ist: Für das Publikum existiert eine Idiotie- Grenze, aber für die Macher nicht. Wer woke ist, ist bestenfalls therapierfähig, ansonsten jedoch völlig unbelehrbar.

Last edited 1 Stunde her by eschenbach
Bernd Bueter
1 Stunde her

Ihr seit stehengeblieben.
Wir sind da seit Merkel längst weiter. Der GEZ Zwangsbeitag wurde umgewidmet in Freikaufgeld vom ÖRR Schwachsinnsgesende.

Diese Höchstversorgungsanstalt für Wenige mit nebenbei Schrottsendeprogramm hat Hausverbot.
Nur alte Barnaby-Serien oder Poirot kommen noch rein. Reisesendungen gehen sofort auf Abschaltreise wenn Deppendeutsch (Gender) oder Klimagelüge auftaucht.
Deutsche TV Produktionen schon mal gar nicht.
Der ÖRRegierungsfunk passt lückenlos zum lügenden, ukrainischen Bundes-Außenkanzler zweiter Wahl: NfD=Nichts für Deutschland.
PS: schon mal Das Kriminalmuseum gesehen, oder Louis des Funes beim Angeln.
Es gibt so viele alte, sehenswerte Filmschätzchen……Beim ÖRR hilft nur ignorieren bis zum Abschalten.